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Tränen des Mondes

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
608 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am03.08.20121. Auflage
Wo die schillernden »Tränen des Mondes« gefunden werden, die australischen Austernperlen, dorthin zieht es im 19. Jahrhundert Seeleute, Vagabunden und Piraten. Und hier begegnen sich auch die energische Olivia und der Abenteurer John Tyndall. Gemeinsam wollen sie mit der Perlenfischerei ihr Glück machen. Bis Johns tot geglaubte Frau auftaucht und nicht nur Anspruch auf das Vermögen ihres Mannes erhebt ...

Di Morrissey ist die erfolgreichste Autorin Australiens. Als Journalistin arbeitete sie für Frauenmagazine, Radio und Fernsehen, schrieb Drehbücher und Theaterstücke und wirkte an zahlreichen TV-Produktionen mit. Sie lebt heute auf einer Farm in Byron Bay, New South Wales. Di Morrissey wurde im Zuge der Australien Book Industry Awards für ihr Verdienst in der australischen Buchbranche der Lloyd O'Neil Award verliehen und damit für ihr Lebenswerk geehrt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR6,99

Produkt

KlappentextWo die schillernden »Tränen des Mondes« gefunden werden, die australischen Austernperlen, dorthin zieht es im 19. Jahrhundert Seeleute, Vagabunden und Piraten. Und hier begegnen sich auch die energische Olivia und der Abenteurer John Tyndall. Gemeinsam wollen sie mit der Perlenfischerei ihr Glück machen. Bis Johns tot geglaubte Frau auftaucht und nicht nur Anspruch auf das Vermögen ihres Mannes erhebt ...

Di Morrissey ist die erfolgreichste Autorin Australiens. Als Journalistin arbeitete sie für Frauenmagazine, Radio und Fernsehen, schrieb Drehbücher und Theaterstücke und wirkte an zahlreichen TV-Produktionen mit. Sie lebt heute auf einer Farm in Byron Bay, New South Wales. Di Morrissey wurde im Zuge der Australien Book Industry Awards für ihr Verdienst in der australischen Buchbranche der Lloyd O'Neil Award verliehen und damit für ihr Lebenswerk geehrt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426417355
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum03.08.2012
Auflage1. Auflage
Seiten608 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1308 Kbytes
Artikel-Nr.1247561
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erstes Kapitel

Sydney 1995


Lily saß im Schlafzimmer ihrer Mutter auf dem Fußboden und kam sich wie ein Eindringling vor. Um sie herum lagen Schubladen voller Unterwäsche, persönliche Papiere, Schmuck, zwei Hutschachteln mit Reiseandenken und allerlei Erinnerungsstücke. Auf dem Bett türmten sich Schuhe und Kleidungsstücke. Der Duft von »Blue Grass«, dem Parfüm ihrer Mutter, hing in der Luft, und Lily wünschte, sie könnte weinen.

Sie hatte das Aussortieren der persönlichen Dinge ihrer Mutter so lange wie möglich hinausgeschoben. Nun, da seit dem Begräbnis mehrere Wochen vergangen waren und die Wohnung verkauft werden sollte, duldete die Angelegenheit keinen Aufschub mehr.

Es wurde allmählich dämmerig. Lily stand auf, machte Licht und goss sich ein Glas Wein ein.

Wie hatte es nur geschehen können, dass sie ihrer eigenen Mutter nie wirklich nahegekommen war und sich nicht bewusst geworden war, dass sie keine Familie besaß? Sie hatte ihre Mutter geliebt, sie war so offensichtlich anders als andere Mütter, und Lily wünschte sich jetzt von Herzen, sie hätte ihre Mutter besser gekannt. Wirklich gekannt - die wichtigen Stationen ihres Lebens, was sie erlebt, was sie begeistert, was sie verletzt hatte. Ihre unerfüllten Träume. Was in ihr vorging, als Lily geboren wurde. Über solche Dinge hatten sie nie miteinander gesprochen. Sie hatte ihre Mutter nie gefragt, und die hatte nie etwas gesagt. Und jetzt war es zu spät. Die Hoffnungslosigkeit dieser Tatsache rief in Lily ein Gefühl der Schuld, des Versagens und der Enttäuschung hervor. Georgiana, ihre verrückte, rastlose Mutter, hatte ihr Leben mit Reisen und Dramen erfüllt und ihr immer wieder gesagt, wie glücklich sie sich schätzen könnten, nicht durch Familienbande gehalten zu werden. Nur sie beide gegen den Rest der Welt. Und Lily hatte ihr geglaubt - bis sie selbst eine Familie gründen und in der Gewissheit leben wollte, künftig an ein und demselben Ort bleiben zu können.

Wie gern hätte Lily die Familie ihrer Mutter gekannt, wie gern ihren Vater und dessen Familie. Georgiana hatte mehrere Ehemänner verschlissen, einschließlich Lilys Vater. Sie hatten sich während des Kriegs kennengelernt. Er war ein charmanter amerikanischer Marineoffizier, sie jung und abenteuerlustig. Nach einer kurzen Zeit des Werbens und einer, wie ihre Mutter es abfällig nannte, »mickrigen« Hochzeit, war sie als Kriegsbraut an Bord gegangen.

Lily wurde 1947 in Kalifornien geboren, doch das Leben in Torrence, Kalifornien, schien nicht dem zu entsprechen, was Georgiana sich nach dem Genuss amerikanischer Filme vorgestellt hatte. Sie ließ sich scheiden, als Lily noch im Krabbelalter war, und sah keine Veranlassung, mit ihrem Ex-Mann noch irgendwelchen Kontakt zu pflegen. Sie erzog Lily in dem Glauben, dass ihr Vater kein Interesse an einer Tochter gezeigt hatte, die er kaum kannte. Und was die Schwiegereltern anging, hatte Georgiana sich nur geschüttelt und wieder einmal betont, wie glücklich sie beide seien, frei wie die Vögel zu leben und sich ihre Freunde selbst aussuchen zu können, anstatt sich mit unbequemen Anverwandten herumschlagen zu müssen.

Lilys Kindheits- und Jugenderinnerungen bestanden aus Internatsschulen und Ferien mit ihrer Mutter an exotischen Orten. Dies waren die kostbaren Momente, die nur ihnen beiden gehörten. Georgiana behelligte Lily niemals mit Stiefvätern, und Lily brach jedes Mal das Herz, wenn sie am Ende der Ferien ihre unternehmungslustige Mutter verlassen und ins Internat zurückkehren musste.

Georgiana hatte ihrerseits nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie ein schwieriges und wildes Kind gewesen war und ihrer Mutter viel Kummer bereitet hatte.

»Ich ging lieber ins Internat, als da im Westen festzusitzen. Du wirst es mir eines Tages danken, dass ich dich in gute Schulen geschickt habe, glaube mir«, pflegte sie zu Lily zu sagen.

Georgiana lehnte jedes Gespräch über die »Familie« ab und beschränkte sich auf Anekdoten oder wenig schmeichelhafte Bemerkungen, wie etwa die, dass sie damals als Kriegsbraut in Amerika ihre Herkunft lieber verschwieg. »Wie sich dann herausstellte, wäre das unnötig gewesen. Seine Leute waren die reinsten Hinterwäldler.«

So hatte Lily ihre Kindheit in der Obhut anderer Menschen verbracht, immer wieder unterbrochen von verschiedenen Reisen und Aufenthalten in tropischen Somerset-Maugham-Hotels. Egal, wohin sie reisten, Georgiana hatte gewöhnlich innerhalb kürzester Zeit einen Schwarm von Verehrern um sich, Hilfe von allen Seiten und unterhaltsame Gesellschaft.

Das Einzige, was Georgiana je über ihre eigenen Eltern verlauten ließ, war, dass ihr Vater noch vor ihrer Geburt im Ersten Weltkrieg in Frankreich gefallen war und dass ihre Mutter im Westen gelebt hatte, einer Gegend, die Georgiana von ganzem Herzen hasste. Sie machte allen das Leben derartig schwer, dass man sie gezwungenermaßen in Perth in ein Internat steckte, wo es ihr weitaus besser gefiel. Sobald es ging, war sie nach Sydney gezogen, hatte dort als Sekretärin gearbeitet und ihren zukünftigen amerikanischen Ehemann kennengelernt.

So weit Lilys Wissensstand über ihre Herkunft. Es gab eine verschwommene Erinnerung an einen Besuch bei ihrer Urgroßmutter in Perth. Lily erinnerte sich an einen herrlichen Garten und eine liebe alte Dame. Wie oft hatte sie dorthin zurückgewollt, doch irgendwie schien das nie mit Georgianas Plänen in Übereinstimmung zu stehen. Dann war Lily auf eine teure Privatschule in Sydney geschickt worden und hatte ihre Verwandte nie mehr wiedergesehen. Ungerührt hatte Georgiana ihr verkündet, Westaustralien läge noch weiter hinter dem Mond als das übrige Australien.

Selbstbezogen, wie Kinder sind, hatte Lily ihre Mutter nie mit Fragen über ihre Familie behelligt. Als sie mit ihrer eigenen Tochter Samantha schwanger war, hatte sie Georgiana in einem Brief gefragt, ob es mögliche Erbkrankheiten in der Familie gäbe. Georgiana hatte Lilys Ängste beiseitegeschoben und erklärt, sie wüsste so gut wir gar nichts über die Krankheitsgeschichte von Lilys Vater und würde auch deswegen keinen Kontakt mit seiner Familie aufnehmen, selbst wenn sie wüsste, wo sie lebte. In ihrem Antwortbrief hatte Georgiana wörtlich gesagt:


Das Leben beginnt mit der Geburt. Vergiss allen Ballast, du kannst ja sowieso nichts mehr ändern. Ich habe versucht, dich frei zu erziehen. Du wirst herausfinden, was du wissen musst, wenn die Zeit dafür reif ist. Manchmal kann zu viel Wissen auch schmerzhaft sein.


Lily konnte mit dieser Bemerkung wenig anfangen, war sich aber bewusst, dass sie von ihrer Mutter mehr nicht bekommen würde. Ihr damaliger Mann Stephen meinte, sie sollte sich den Kopf nicht weiter darüber zerbrechen. Er war froh, dass seine exzentrische, launische Schwiegermutter ihr eigenes Leben führte, und begegnete ihr mit unermesslicher Geduld, was ihn bei Georgiana nicht gerade beliebt machte. Als er und Lily sich scheiden ließen, war Georgiana entzückt, konnte sie doch künftig bei ihren Besuchen Lilys und Samis ungeteilter Aufmerksamkeit gewiss sein, ohne die lästigen Unterbrechungen und Einmischungen durch »diesen Mann«.

Lily bestand jedoch darauf, dass Stephen Kontakt mit Sami hielt. »Ich hatte kein männliches Vorbild in meinem Leben, und ein Mädchen braucht seinen Vater.«

Ihr Ex-Mann, ein Akademiker, der mit den Widrigkeiten des alltäglichen Lebens wenig vertraut war, war ein liebevoller, wenn auch entfernter Vater - entfernt, weil sie nicht in derselben Stadt lebten.

Lily seufzte. Hätte sie doch darauf gedrungen, dass Georgiana ihr mehr über ihre Familie erzählte. Sie brannte darauf, alles über die Herkunft ihrer Mutter zu wissen, und nun war es zu spät. Zu spät, um ihre rebellische, flatterhafte, unabhängige Mutter zu verstehen, die ihr Leben in vollen Zügen genossen hatte. Nicht einmal »Mutter« hatte sie sie nennen dürfen. Georgiana fand, das mache sie alt. Selbst im reiferen Alter hatte Georgiana weiterhin unbekümmert geflirtet und immer viel jünger ausgesehen, als sie wirklich war. Und ihre Enkeltochter musste sie Georgie nennen, keinesfalls Oma.

Damals hatten Lily und Sami sich darüber amüsiert, aus heutiger Sicht fand Lily, dass die kapriziösen Launen ihrer Mutter nur dazu dienten, Aufmerksamkeit zu erhaschen.

In ihrer Jugendzeit wurde Lily von ihren Freunden um ihre glamouröse, lustige und leicht überspannte Mutter beneidet. In Wahrheit war Georgiana selbstsüchtig und egozentrisch gewesen und hatte sie, wie Lily heute erkennen musste, um ihre Familie gebracht.

Als sie sich so ihrem Kummer hingab, wurde ihr allmählich bewusst, dass sie genau das tat, was sie Georgiana vorwarf - sie schloss alle anderen aus. Sie hatte Sami den Tod der Großmutter so schonend wie möglich beigebracht. Ihre Tochter war daraufhin mit dem Flugzeug aus Melbourne gekommen, um an dem schlichten Begräbnis teilzunehmen. Da jedoch die Prüfungstermine nahe bevorstanden, hatte Lily sie gedrängt, gleich wieder an die Universität zurückzukehren.

Erst jetzt machte sie sich Gedanken darüber, wie ihre Tochter mit diesem ersten unerwarteten Todesfall in ihrem kleinen Familienverband fertigwürde. Sie beide sollten ihren Kummer teilen. Lily fand es nicht richtig, dass in der heutigen Gesellschaft das Trauern als Privatangelegenheit angesehen wurde. Wo blieb das Ritual, wo das Wehklagen, das Teilen und gemeinsame Ertragen des Schmerzes, die Tradition des Todes, wie sie in anderen Kulturen gepflegt wurde? Fiel ihr der Abschied von ihrer Mutter deshalb so schwer?

Der Gedanke versetzte Lily einen bitteren Stich. Sie stand auf und öffnete den Kleiderschrank ihrer Mutter. Außer den satinbezogenen Kleiderbügeln gab es nichts in dem...
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Autor

Di Morrissey ist die erfolgreichste Autorin Australiens. Als Journalistin arbeitete sie für Frauenmagazine, Radio und Fernsehen, schrieb Drehbücher und Theaterstücke und wirkte an zahlreichen TV-Produktionen mit. Sie lebt heute auf einer Farm in Byron Bay, New South Wales.Di Morrissey wurde im Zuge der Australien Book Industry Awards für ihr Verdienst in der australischen Buchbranche der Lloyd O'Neil Award verliehen und damit für ihr Lebenswerk geehrt.