Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Das Science Fiction Jahr 2012

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
992 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am29.03.2013
Einzigartig und informativ - mehr Science Fiction geht nicht!
Wir sind rundum von Dingen umgeben, die jahrzehntelang als reinste Science Fiction galten: Raumfahrt, Nanotechnologie, Smartphones, Twitter ... Nie waren wir der Zukunft näher als jetzt. Welche Auswirkungen das auf Literatur, Wissenschaft und Medien hat, erfahren Sie im völlig neu überarbeiteten Science-Fiction- Jahr - randvoll mit Essays, Rezensionen, Interviews und Beobachtungen zum erfolgreichsten Genre der Welt.
mehr

Produkt

KlappentextEinzigartig und informativ - mehr Science Fiction geht nicht!
Wir sind rundum von Dingen umgeben, die jahrzehntelang als reinste Science Fiction galten: Raumfahrt, Nanotechnologie, Smartphones, Twitter ... Nie waren wir der Zukunft näher als jetzt. Welche Auswirkungen das auf Literatur, Wissenschaft und Medien hat, erfahren Sie im völlig neu überarbeiteten Science-Fiction- Jahr - randvoll mit Essays, Rezensionen, Interviews und Beobachtungen zum erfolgreichsten Genre der Welt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641099879
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum29.03.2013
Seiten992 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse14191 Kbytes
Artikel-Nr.1261330
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



»Was nicht ins Bewusstsein gebracht wird, kommt als Schicksal auf uns zu.«

C. G. Jung


Die modernen Geschichten über das Wunderbare, die man gemeinhin als Science Fiction bezeichnen könnte, habe ich bereits in jungen Jahren kennengelernt. Aufgewachsen bin ich vor allem in den Wäldern des kanadischen Nordens, wo meine Familie den Frühling, den Sommer und den Herbst verbrachte. Mein Zugang zu kulturellen Institutionen im Besonderen und Kulturgütern im Allgemeinen war begrenzt: Es gab nicht nur keine Elektrogeräte, keine Heizung, kein Wasserklosett, keine Schule und keinen Lebensmittelladen, es gab auch kein Fernsehen und - mit Ausnahme einiger russischer Kurzwellensender - kein Radio, kein Kino, kein Theater, keine Bibliotheken. Dafür aber jede Menge Bücher: von wissenschaftlichen Lehrbüchern bis zu Kriminalromanen und allem Möglichen dazwischen. Mir wurde nie gesagt, ich dürfe irgendetwas davon nicht lesen, wie ungeeignet es auch sein mochte.

Ich lernte früh lesen, weil ich Comicstrips in Zeitungen lesen wollte und sich niemand die Zeit nahm, sie mir laut vorzulesen. Damals wurden diese Comicseiten »funny papers« genannt, obwohl viele der Strips gar nicht lustig waren, sondern hochdramatisch, wie zum Beispiel Terry and the Pirates mit seiner Femme fatale, der »Dragon Lady«, die stets eine erstaunlich lange Zigarettenspitze in der Hand hielt, oder surreal wie Little Orphan Annie - wo waren nur ihre Augen geblieben? In meinem kindlichen Verstand warfen die Zeitungscomics viele Fragen auf, von denen manche bis heute unbeantwortet geblieben sind. Was genau geschah, wenn Mandrake the Magician seine »hypnotischen Gesten« vollführte? Warum rannte Princess Snowflower (in Steve Canyon ) mit Blumenkohl in den Ohren herum? Und wenn das kein Blumenkohl war, was war es dann?



Die Dragon Lady aus Terry and the Pirates - hier mit Schwert statt Zigarettenspitze



Ich war allerdings nicht nur Comicleserin, ich fing auch schon früh mit dem Schreiben und Zeichnen an - meine hauptsächliche Freizeitbeschäftigung in der Abgeschiedenheit, vor allem wenn es regnete. Fast nichts von meinen frühen Werken war naturalistisch, wie vermutlich bei den meisten anderen Kindern auch. Unter acht Jahren fühlt man sich eher von sprechenden Tieren angezogen, von Dinosauriern, Riesen und den verschiedensten fliegenden Menschen - seien es nun Feen, Engel oder Außerirdische -, als etwa von der Darstellung häuslicher Gemütlichkeit oder bukolischer Landschaften. »Malt eine Blume«, hieß es in der Schule, und gemeint war damit eine Tulpe oder eine Narzisse. Aber die Blumen, die wir eigentlich malen wollten, hatten mehr mit Venusfliegenfallen gemeinsam, nur dass sie viel größer waren und halb verdaute Arme und Beine aus den Fangblättern ragten.

Vor Kurzem habe ich meine frühen nicht-naturalistischen Tendenzen in Gestalt meiner Jugendwerke gesichtet, soweit davon noch etwas überdauert hat. Wenn ich »Jugendwerke« sage, meine ich damit nicht die frühreifen Gedichte eines William Blake oder John Keats, sondern das, was ich Mitte der Vierzigerjahre mit sechs oder sieben hervorgebracht habe. Meist drehte es sich um meine Superhelden: fliegende Kaninchen. Sie hießen Blue Bunny und White Bunny und waren zwei realen Stofftieren mit einfallslosen Namen nachempfunden, die tatsächlich durch die Luft flogen, und zwar dank der jahrhundertealten Technologie des »Werfens«. Allerdings dauerte es nicht lange, bis sich diese beiden schwächlichen Helden in zwei kriegerischere Geschöpfe namens Steel Bunny und Dotty Bunny verwandelten, die dank ihrer Capes eher wie Superhelden flogen. Auf das Cape von Steel waren Gitterstäbe gemalt, auf Dottys Punkte. So weit, so offensichtlich.

Meine Superheldenkaninchen waren blasse Kopien der weit üppiger ausgestatteten Kreationen meines älteren Bruders. Fliegende Kaninchen waren seine Erfindung, allerdings flogen sie bei ihm durch den Weltraum, waren mit fortschrittlichster Technologie ausgerüstet - Raumschiffe, Flugzeuge, Waffen, alles Mögliche - und kämpften nicht nur gegen ihre Erbfeinde, die bösen Füchse, sondern auch gegen Roboter, menschenfressende Pflanzen und todbringende Tiere. Der Planet, auf dem die Kaninchen meines Bruders lebten, hieß »Bunnyland« - Karnickelland; meine bewohnten einen geheimnisvolleren Ort namens »Mischiefland« - Unfugland. Wie war ich nur darauf verfallen?

Im Unfugland herrschte ein heilloses Durcheinander. Die Kaninchen schwebten mithilfe von Ballons durch die Luft - da es diese im Zweiten Weltkrieg nicht gab, faszinierten sie mich sehr. Außerdem hatte ich inzwischen »Der Zauberer von Oz« gelesen, in dem der Zauberer in einem Korb davonfliegt, der an einem riesigen Heißluftballon hängt. Nicht nur meine Kaninchen, sondern auch die Katzen, die sie als Haustiere hielten, wurden auf diese Weise transportiert. (Ich durfte keine Katze haben, obwohl ich mir sehnlichst eine wünschte, also hatten meine Kaninchen eine ganze Menge davon.) Die Kaninchen aßen die ganze Zeit nur Eiskrem, ein seltenes Vergnügen während des Krieges und der mageren Jahre danach. Und sie vollführten Kunststücke: Vor allem wirbelten sie mithilfe ihrer Flugcapes andauernd durch die Luft. Anderseits interessierten sie sich kaum dafür, mit Pistolen herumzuballern, Verbrecher zu verfolgen, die Welt zu retten und dergleichen, obwohl sie hin und wieder durchaus mit Schusswaffen herumfuchtelten und dabei finster grinsten. Allem Anschein nach wollten sie jedoch vor allem Spaß haben und andere Leute zum Narren halten.

Woher wussten wir Kinder von fliegenden Capes, Superkräften, anderen Planeten und dergleichen? Zum Teil aus den Superhelden-Comicstrips jener Zeit; zu den beliebtesten zählten Flash Gordon (Raumfahrt und Roboter), Superman, Captain Marvel (Superkräfte und fliegende Capes) und Batman, der sterblich war und dessen Cape keinen besonderen Zweck erfüllte - im Gegenteil, wahrscheinlich behinderte es ihn sogar, wenn er an einem Gebäude hinaufkletterte -, der jedoch mit Captain Marvel und Superman eine schwächliche Geheimidentität gemeinsam hatte, hinter der er sich verbarg. (Captain Marvel war Billy Batson, der verkrüppelte Zeitungsjunge; Superman war Clark Kent, der bebrillte Reporter; Batman war Bruce Wayne, der steinreiche Playboy, der im Hausrock herumlungerte.)

 

Das waren, vermischt mit dem »Zauberer von Oz«, einem Hauch griechischer Mythologie und unserem einzigen kleinen Buch über das Sonnensystem, wahrscheinlich die Ursprünge unserer zentralen Ideen. Für sich genommen war das Buch über das Sonnensystem harmlos, aber ich gebe zu bedenken, dass die Planeten damals noch relativ unerforscht waren - wer wusste schon, ob es da nicht außerirdisches Leben gab? In unserem Fall waren die Aliens natürlich sämtlich der Menschheit feindlich gesinnte Humanoide mit nur einem Auge und drei Fingern an den Händen oder Tiere mit rasiermesserscharfen Zähnen und der schlechten Angewohnheit, den Menschen irgendwo aufzulauern und sie abzuschlachten, außerdem Fische, die elektrische Blitze aus den Augen schießen oder mit Gas töten konnten, oder Pflanzen mit giftigen Stacheln und Knollen oder peitschenartigen Tentakeln und einem alles verschlingenden Verdauungstrakt. Da unser Vater Entomologe und begeisterter Naturforscher war, konnten wir beispielsweise wissenschaftliche Darstellungen des mikroskopisch kleinen Lebens in einem Teich betrachten, was unsere Vorstellungen von Marsianern, Venusianern, Neptunianern und Saturnianern beeinflusst haben mag.

Unseren Kaninchen stand der Sinn allerdings nicht danach, sich eine Geheimidentität zuzulegen: Da wir klein und jung waren, identifizierten wir uns sowieso schon mit Billy Batson, und ich vermute, dass es für uns bereits Verdoppelung genug war, unser kindliches Ich in ein fliegendes Kaninchen zu projizieren.

Aber woher hatten die Schöpfer der Superhelden in den Zeitungsstrips ihre Ideen?, frage ich mich jetzt. Ex nihilo nihil fit: Aus welchem Ur-Reservoir stammen diese frühen Superhelden? Offenbar gab es den einen oder anderen Genpool, der infrage kam: Superman stammte vom Planeten Krypton, war also - zum Teil - eindeutig ein Kind der Science Fiction der Dreißigerjahre, in der die Buchstaben K und Z und Y und X und Q - Kuriositäten des Alphabets - häufig vorkamen.

SHAZAM, das magische Wort von Captain Marvel, besteht aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Götter des klassischen Altertums oder anderer nichtklassischer Gestalten - Salomon, Herkules, Atlas, Zeus, Achilles und Merkur -, also ist er gewissermaßen ein Spross der antiken Mythologie. Tatsächlich hatte sich der Zauberer Shazamo, Captain Marvels Mentor, früher mit der Magierin Kirke herumgetrieben, die in der »Odyssee« die Gefährten des Helden in Schweine verwandelt. Seine Schöpfer haben offenbar die gleichen Bücher gelesen wie ich als Kind. (Wonder Woman hat dieselben Vorfahren, schließlich heißt sie Diana, nach jener Göttin der Jagd, die sich durch Keuschheit und einen silbernen Bogen auszeichnet, dessen Sehne - so was wissen wir nun mal! - zu Wonder Womans mächtigem Lasso wurde. In ihrer Jugend, sprich in den Comicheften der Vierziger, schmilzt Diana Prince, das Alter Ego von Wonder Woman, jedes Mal dahin und verliert ihre Superkräfte, wenn ihr geliebter Steve Trevor sie küsst; denn die Jungfräulichkeit ist eine weitere Eigenschaft des göttlichen Vorbilds.)



Verhängnisvoller Kuss: Wonder Woman und Steve Trevor



Batman dagegen verdankt alles, was er kann, technischen Tricks. Er ist nichts weiter als ein Mensch und deshalb...

mehr

Autor