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Das Science Fiction Jahr 2014

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
976 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am08.09.2014
Aufbruch in die Zukunft
Wie viel Zukunft steckt eigentlich in unserer Gegenwart? Dass eine Raumsonde einmal ein Foto der Erde umrahmt von den Ringen des Saturn schießen wird, das war vor Jahren noch Science Fiction - und heute ist es Realität. Kein anderes Genre hat die Grenzen unserer Vorstellungskraft so erweitert wie dieses. Im neuen Heyne Science Fiction Jahr können Sie einen Blick auf die Ideen werfen, die unsere Gegenwart von morgen prägen werden ...
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Produkt

KlappentextAufbruch in die Zukunft
Wie viel Zukunft steckt eigentlich in unserer Gegenwart? Dass eine Raumsonde einmal ein Foto der Erde umrahmt von den Ringen des Saturn schießen wird, das war vor Jahren noch Science Fiction - und heute ist es Realität. Kein anderes Genre hat die Grenzen unserer Vorstellungskraft so erweitert wie dieses. Im neuen Heyne Science Fiction Jahr können Sie einen Blick auf die Ideen werfen, die unsere Gegenwart von morgen prägen werden ...
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641145736
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum08.09.2014
Seiten976 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse50766 Kbytes
Artikel-Nr.1480513
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


David Brin

SINGULARITÄTEN UND ALBTRÄUME

Die Bandbreite unserer Zukünfte ist weit gespannt - aber wie immer in der Menschheitsgeschichte sollten wir uns vor den Extremen hüten

Um ihnen heute Nacht angenehme Träume zu bescheren, möchte ich einige denkbare Szenarien für die kommende Zeit erörtern - Veränderungen, die sich innerhalb der nächsten zwanzig Jahre ereignen könnten, im Zeitraum einer Generation; Szenarien, die von einigen der klügsten Denker der Gegenwart ernsthaft in Betracht gezogen werden. Mögliche Transformationen des menschlichen Lebens auf der Erde. Vielleicht sogar dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

Was wäre beispielsweise, wenn Biologen und Biochemikern mit ihren Laboren das Gleiche gelänge, was die Kybernetiker mit ihren Computern geschafft haben? Wenn sie ihre gewaltigen biochemischen Anlagen von hausgroßen Kolossen zu rundum kompakten Einheiten verkleinern, billiger und leistungsfähiger, als man sich das heute vorstellen kann? Ist nicht eben das mit den gigantischen Computern vergangener Zeiten geschehen, sodass Ihr Handy heute mehr Rechenleistung erbringt und fortschrittlicher ist als alle Computer der NASA zur Zeit der Mondmissionen zusammen? Diejenigen, die diese Veränderung vorhersahen, konnten auf der Welle der neuen Technologien surfen. Einige haben einen Haufen Geld dabei gemacht.

Biologen haben bereits große Fortschritte auf dem Weg zu dieser Veränderung erzielt. Nehmen wir beispielsweise die DNS-Sequenzierung, die - in den Anfangszeiten des Humangenomprojekts - für jede einzelne Probe Hunderte von Millionen Dollar kostete. Dieser Vorgang ist nun derart automatisiert - und hat sich dabei sehr viel schneller miniaturisiert, als es das Moore'sche Gesetz vorhersagt -, dass bald zu jeder Vorsorgeuntersuchung eine vollständige Gen-Auswertung gehören wird.

Nun stelle man sich anhand einfacher Extrapolation die weitere Entwicklung vor, in deren Verlauf ein komplettes biochemisches Labor von Hausgröße zu einem preiswerten Gerät verkleinert wird, das auf jedem Schreibtisch Platz hat. Ein Molekül-Mac, wenn man so will. Die Möglichkeiten sind zugleich wundervoll und beängstigend. Wenn sich Medikamente und Therapien von einem fähigen medizinischen Assistenten schnell modifizieren lassen, sollte das uns allen zugute kommen.

Aber wird es dann nicht auch das biochemische Äquivalent zu einem »Hacker« geben? Stellen sie sich eine Zukunft vor, in der junge Leute überall auf der Welt jede beliebige organische Verbindung analysieren und synthetisieren können. Falls es dazu kommt, sollten wir lieber darauf hoffen, dass sich im gleichen Zug auch die künstliche Intelligenz und die Robotik weiterentwickeln … sodass wir uns unsere Hamburger bei Maschinen bestellen können. Ich werde dann zumindest in keinem Fast-Food-Restaurant mehr essen, das übellaunige menschliche Heranwachsende beschäftigt, die anstelle toller Rezepte einfach ihre heimischen Molekular-Synthesizer zum Einsatz bringen. Sie etwa?

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich würde darauf wetten, dass, sollten wir jemals Molekül-Macs auf unseren Schreibtischen stehen haben, neunundneunzig Prozent ihrer Produkte neutrale bis positive Auswirkungen haben werden, genau wie der Großteil der Software, die kreative junge Innovatoren heutzutage entwickeln. Aber wenn wir uns schon in der Welt der Bits und Bytes über das eine Prozent bösartige Hacker und Cyber-Saboteure Sorgen machen - was soll dann erst geschehen, wenn diese Art von »Kreativität« sich der Ursubstanz des Lebens zuwendet? Ganz zu schweigen von der Möglichkeit des Missbrauchs durch größere Organisationen - Terrorgruppen, außer Kontrolle geratene Großunternehmen oder diktatorische Regime.

Die Lage erscheint noch besorgniserregender, wenn wir uns der nächsten Stufe jenseits der Biotechnologie zuwenden. Bereits jetzt sind allerlei Bedenken darüber im Umlauf, was passieren wird, wenn die Nanotechnologie - in Form ultra-kleiner Maschinen, die Produkte nach genauen Bauplänen Atom für Atom zusammensetzen - erst einmal richtig Fahrt aufnimmt. Molekulare Herstellungsverfahren könnten hypereffiziente Fabriken zur Folge haben, die mit einer schwindelerregenden Rate materiellen Reichtum produzieren. Nano-Reparatursysteme könnten in die Blutbahn eindringen, um Krankheiten zu heilen oder Körperfunktionen aufs Feinste abzustimmen. Visionäre sagen voraus, dass diese Technologie es uns ermöglichen könnte, den Planeten vor den früheren Fehlern der Menschheit zu retten, indem sie das Recycling hartnäckiger Giftstoffe beschleunigt. Die Geräte auf unseren Schreibtischen werden am Ende vielleicht Universalfabriken sein, die praktisch jedes Rohmaterial in jedes gewünschte Produkt verwandeln können.

Andererseits (so fürchten einige) könnten außer Kontrolle geratene Nanomaschinen die ultimative Umweltverschmutzung darstellen. Eine sich selbst vervielfältigende Plage, die alles in Reichweite verschlingt und die Erdoberfläche möglicherweise in »grauen Schleim«1 verwandelt. In seinem Roman »Blutmusik« stellt Greg Bear das Für und Wider nanotechnologischer Möglichkeiten ausgewogen dar, während das reißerische Buch »Beute« von Michael Crichton gemäß der üblichen Formel des Autors das Bild einer geheimnisvollen Organisation zeichnet, die in ihrer Arroganz und Hybris die technologische Entwicklung ungeachtet möglicher Nachteile oder Folgen vorantreibt. (Tatsächlich ist die Ursache der Bedrohungen bei allen typischen Crichton-Plots immer unkluge Geheimniskrämerei, ein Thema, auf das wir noch zurückkommen werden.)

In der Betrachtung all dieser Technologien muss unsere Hauptfrage immer diejenige sein, die in der Vergangenheit über die Kernkraft aufgeworfen wurde - ob wir als Menschen mit dem Tempo unserer technologischen Entwicklung mithalten können. Wenn man eine einzige Sorge auswählen sollte, die die Menschen über alle oberflächlichen ideologischen Differenzen und Glaubensunterschiede hinweg teilen, dann lautete sie wohl:

»Ist es nicht ein Jammer, das unsere Weisheit nicht mit unserer technologischen Entwicklung mithalten kann?«

Während dieses Klischee auf der Ebene des einzelnen Menschen und sogar in Bezug auf größere Entitäten wie Firmen, staatliche Behörden oder politische Parteien - ganze Nationen - offenkundig zutrifft, möchte ich behaupten, dass das auf der höheren Ebene der menschlichen Zivilisation als Ganzes nicht so eindeutig der Fall ist. »Weisheit« sollte anhand von Ergebnissen und Verfahren bemessen werden, nicht anhand der Wahrnehmung oder des Denkens irgendeiner Einzelperson, sei sie auch ein Guru oder ein Weissager.

Man denke an das Endergebnis des Kalten Krieges - eine Zeit entsetzlicher Spannungen und Ängste, in der man sich praktisch sicher war, dass das Experiment unseres Planeten mit intelligenten Lebensformen sich als schrecklicher Fehler erweisen würde. Und doch stellte sich dieses Zeitalter zur Überraschung aller übellaunigen Zyniker als erstes bekanntes Beispiel dafür heraus, dass die Menschheit ein Mittel zur massiven Gewaltanwendung in die Finger bekommen kann … um sich dann weitestenteils vom Abgrund des selbstverschuldeten Untergangs abzuwenden. Ja, wir haben durchaus noch immer die Mittel zur völligen Selbstvernichtung! Aber zwei Generationen beispielloser Zurückhaltung lassen erahnen, dass wir immerhin in einer Hinsicht etwas weiser geworden sind. Unsere diesbezüglichen Fortschritte kann man etwa so zusammenfassen: »He, wie wäre es, wenn wir uns heute mal nicht in die Luft jagen?«

Toll - wir sind also gelegentlich dazu in der Lage, das Offensichtliche einzusehen. Aber sind wir bereit für ein neues Zeitalter, dessen Dilemmata nicht mal ansatzweise so unkompliziert sind? In Zukunft geht die schlimmste Gefahr für die Zivilisation vielleicht nicht so sehr von eindeutig identifizierbaren und benennbaren Widersachern aus, die in einem ganz bestimmten, standardisierten Wettstreit gewinnen wollen, sondern eher von einer allgemeinen Demokratisierung der Mittel, mit denen Schaden angerichtet werden kann. Neue, über das Internet verbreitete und billig anzuwendende Technologien werden immer mehr Menschen Zugang zu Zerstörungswerkzeugen verschaffen - Werkzeuge, die diese Menschen aufgrund tatsächlicher oder eingebildeter Missstände, aus Gier, Empörung oder einfach, weil es sie gibt, auch einsetzen werden.

Das Retro-Rezept: Abschwörung

Angesichts des Ansturms von Bio- und Nanotechnologie, künstlicher Intelligenz und derlei mehr hegen manche nur noch geringe Hoffnungen, dass eine entschieden offene menschliche Gesellschaft überleben kann. Für diese Pessimisten - beispielsweise Aktivisten konservativ-fundamentalistischer religiöser Bewegungen - scheint die Ablehnung wissenschaftlichen und technischen Fortschritts etwas ganz Natürliches zu sein. Aber die Abkehr von rasenden Veränderungsprozessen - die Idee des Abschwörens - hat auch an verschiedenen anderen Orten Fuß gefasst und gewinnt überall auf der politischen und philosophischen Landkarte an Zuspruch, insbesondere bei der extremen Rechten und Linken.

Man nehme die Romane und Aussagen von Margaret Atwood, Autorin von »Der Report der Magd« und »Oryx und...

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