Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Liebe einer Frau

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
224 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am29.05.20131. Auflage
Nobelpreis für Literatur 2013 Alice Munro vermag es wie niemand sonst, so viel Realität, so viel Verstrickung auf so wenigen Seiten unterzubringen. Sie weiß ihre Figuren auf so knappem Raum so präzise auszuloten, den Leser so geschickt über das scheinbar Alltägliche mitten ins Dunkle, Geheimnisvolle der menschlichen Psyche zu stoßen. Ihre Storys sind Kammerspiele des Gefühls, spektakulär im scheinbar Unspektakulären - sprachliche Meisterstücke. Alice Munro hält alles in der Schwebe, erlöst uns nicht vorschnell aus unserer Unsicherheit, sondern webt uns ein in ihr erzählerisches Netz: ihr einziges Zuhause.

Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario.  Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: ?Himmel und Hölle?, ?Die Liebe einer Frau?, ?Der Traum meiner Mutter?, ?Tricks?, ?Wozu wollen Sie das wissen??, ?Zu viel Glück?, ?Tanz der seligen Geister?, ?Offene Geheimnisse?, ?Glaubst du, es war Liebe??, ?Das Bettlermädchen?, ?Der Mond über der Eisbahn?, ?Liebes Leben?, ?Was ich dir schon immer sagen wollte?, ?Die Jupitermonde?, ?Ferne Verabredungen. Die schönsten Erzählungen? und Munros einziger Roman ?Kleine Aussichten?. Literaturpreise (Auswahl):Canada-Australia Literary Prize (1977)Commonwealth Writers' Prize (1991)Giller Prize for Fiction (1998 und 2004)Man Booker International (2009)Trillium Award (2013)Nobelpreis für Literatur (2013)
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR9,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR8,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextNobelpreis für Literatur 2013 Alice Munro vermag es wie niemand sonst, so viel Realität, so viel Verstrickung auf so wenigen Seiten unterzubringen. Sie weiß ihre Figuren auf so knappem Raum so präzise auszuloten, den Leser so geschickt über das scheinbar Alltägliche mitten ins Dunkle, Geheimnisvolle der menschlichen Psyche zu stoßen. Ihre Storys sind Kammerspiele des Gefühls, spektakulär im scheinbar Unspektakulären - sprachliche Meisterstücke. Alice Munro hält alles in der Schwebe, erlöst uns nicht vorschnell aus unserer Unsicherheit, sondern webt uns ein in ihr erzählerisches Netz: ihr einziges Zuhause.

Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario.  Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: ?Himmel und Hölle?, ?Die Liebe einer Frau?, ?Der Traum meiner Mutter?, ?Tricks?, ?Wozu wollen Sie das wissen??, ?Zu viel Glück?, ?Tanz der seligen Geister?, ?Offene Geheimnisse?, ?Glaubst du, es war Liebe??, ?Das Bettlermädchen?, ?Der Mond über der Eisbahn?, ?Liebes Leben?, ?Was ich dir schon immer sagen wollte?, ?Die Jupitermonde?, ?Ferne Verabredungen. Die schönsten Erzählungen? und Munros einziger Roman ?Kleine Aussichten?. Literaturpreise (Auswahl):Canada-Australia Literary Prize (1977)Commonwealth Writers' Prize (1991)Giller Prize for Fiction (1998 und 2004)Man Booker International (2009)Trillium Award (2013)Nobelpreis für Literatur (2013)
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104026855
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum29.05.2013
Auflage1. Auflage
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1267 Kbytes
Artikel-Nr.1277255
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I. Skagerrak

Die Stelle hieß Skagerrak. Früher hatte hier eine Mühle gestanden, umgeben von einer kleinen Ansiedlung, aber bereits zu Ende des vorigen Jahrhunderts war all das verschwunden, und auch vorher hatte der Ort es nie zu Bedeutung gebracht. Viele Leute glaubten, er sei nach der berühmten Seeschlacht im Ersten Weltkrieg benannt, aber in Wahrheit war schon viele Jahre, bevor diese Schlacht überhaupt stattfand, alles verfallen.

Die drei Jungen, die an einem Samstagmorgen im Frühling des Jahres 1951 hierher kamen, glaubten wie die meisten Kinder, dass der Name von den alten Holzbohlen stammte, die aus der Erde des Flussufers ragten, und von den dicken Brettern, die im nahegelegenen Wasser hochstanden und eine ungleichmäßige Palisade bildeten. (Es waren die Überreste eines vor dem Beton-Zeitalter errichteten Staudamms.) Die Bohlen und ein Haufen Mauersteine und ein Fliederbusch und ein paar große, von Krebsknoten verformte Apfelbäume und der flache Graben des Mühlgerinnes, der sich jeden Sommer mit Brennnesseln füllte, waren die einzigen Überreste dessen, was hier einmal gestanden hatte.

Es gab einen Weg oder eher einen Pfad, der von der Landstraße hierher führte, aber er war nie geschottert worden und erschien auf Landkarten nur als gepunktete Linie, ein öffentlicher Weg. Im Sommer wurde er recht häufig benutzt, von Leuten, die zum Baden an den Fluss fuhren, oder nachts von Pärchen, die einen Ort zum Parken suchten. Der Wendeplatz lag vor dem Graben, aber alles war so von Brennnesseln und in nassen Jahren obendrein von Bärenklau und Schierling überwuchert, dass die Autos manchmal das ganze Stück bis zur Straße zurücksetzen mussten.

Die Reifenspuren, die ins Wasser führten, waren an diesem Frühlingsmorgen leicht zu entdecken, wurden aber von den Jungen nicht bemerkt, denn die drei dachten nur ans Schwimmen. Wenigstens würden sie es so nennen, sie würden in die Stadt zurückkehren und behaupten, dass sie am Skagerrak geschwommen seien, noch bevor der Schnee vom Boden verschwunden war.

Hier flussaufwärts war es kälter als in den Untiefen nahe der Stadt. Die Bäume am Ufer hatten noch kein Blatt ausgetrieben - das einzige Grün, das man sah, kam von den Bärlauchflecken auf dem Boden und den Sumpfdotterblumen, frisch wie Spinat, die jeden kleinen Wasserlauf zum Fluss hinunter säumten. Und auf dem gegenüberliegenden Ufer unter ein paar Zedern sahen sie das, wonach sie besonders Ausschau hielten - eine lange, niedrige, hartnäckige Schneewehe, grau wie Stein.

Noch nicht vom Boden verschwunden.

Also würden sie ins Wasser springen und die Kälte wie Eisdolche spüren. Eisdolche, die hinter ihren Augen aufschossen und von innen auf ihre Schädeldecken einstachen. Dann würden sie ein paarmal Arme und Beine bewegen und sich hinaushangeln, am ganzen Körper zitternd und mit klappernden Zähnen; sie würden die tauben Gliedmaßen in die Kleider stecken und die Schmerzen spüren, wenn das aufgeschreckte Blut den Körper zurückeroberte, und die Erleichterung, ihre Prahlerei wahr gemacht zu haben.

Die Reifenspuren, die ihnen nicht auffielen, führten geradewegs durch den Graben - in dem jetzt nichts wuchs, nur das platte, tote, strohfarbene Gras des Vorjahres war noch da. Durch den Graben und in den Fluss, ohne den Versuch einer Umkehr. Die Jungen stiefelten darüber hinweg. Aber inzwischen waren sie nah genug am Wasser, um etwas zu entdecken, was wesentlich fesselnder war als Reifenspuren.

An einer Stelle schimmerte das Wasser hellblau, und das war keine Spiegelung des Himmels. Es war ein komplettes Auto, es lag schräg im Mühlteich, die Vorderräder und die Motorhaube staken im schlammigen Grund, der Buckel der Kofferhaube durchbrach fast die Wasseroberfläche. Hellblau war zu jener Zeit eine ungewöhnliche Farbe für ein Auto, und seine bauchige Form war ebenfalls ungewöhnlich. Sie erkannten es sofort. Das kleine englische Auto, der Austin, bestimmt der Einzige im ganzen Land. Er gehörte Mr. Willens, dem Optiker. Er sah wie eine Witzfigur aus, wenn er darin fuhr, denn er war ein kleiner, aber dicker Mann, mit breiten Schultern und großem Kopf. Er wirkte immer in sein kleines Auto hineingezwängt wie in einen platzenden Anzug.

Das Auto besaß ein Schiebedach, das Mr. Willens bei warmem Wetter öffnete. Es stand jetzt offen. Was sich im Innern befand, konnten sie nur schwer erkennen. Die Farbe des Autos machte seine Form gut sichtbar, aber das trübe Wasser verbarg alles, was weniger hell war. Die Jungen hockten sich ans Ufer, dann legten sie sich auf den Bauch, reckten wie Schildkröten den Kopf vor und spähten ins Wasser. Da war etwas Dunkles, Pelziges, etwas wie ein großer Tierschwanz, es ragte aus der Öffnung im Dach und bewegte sich träge im Wasser. Nicht lange, und es wurde als Arm ausgemacht, bedeckt vom Ärmel einer dunklen Jacke aus schwerem, haarigem Stoff. Wie es aussah, war in dem Auto der Leichnam eines Mannes - es musste der von Mr. Willens sein - in eine merkwürdige Stellung geraten. Die Kraft des Wassers - denn selbst im Mühlteich ging zu dieser Jahreszeit eine ziemlich starke Strömung - musste ihn irgendwie vom Sitz gehoben und umhergestoßen haben, sodass er oben ans Autodach kam und ein Arm hinausgeriet. Sein Kopf musste heruntergedrückt worden sein, gegen das Fenster der Fahrertür. Ein Vorderrad steckte tiefer im Grund als das andere, das Auto lag also auch seitlich schräg im Wasser. Und das hieß, eigentlich musste das Fenster der Fahrertür offen stehen und der Kopf von Mr. Willens herausragen. Aber es gelang ihnen nicht, den klar zu erkennen. Sie konnten sich nur sein Gesicht vorstellen, wie sie es kannten - ein großes, breites Gesicht, das oft ein dramatisches Stirnrunzeln zur Schau trug, aber nie ernsthaft einschüchterte. Sein dünnes, krauses Haar war rötlich oder messingfarben und quer über den Schädel gekämmt. Seine Augenbrauen waren dunkler als das Haupthaar, dick und struppig wie Raupen, die über den Augen klebten. Dieses Gesicht kam ihnen ohnehin grotesk vor, wie viele Gesichter von Erwachsenen, und sie hatten keine Angst, es vom Wasser aufgequollen zu sehen. Aber alles, was sie erspähen konnten, war dieser Arm mit der bleichen Hand. Die Hand sahen sie ganz deutlich, sobald sie sich daran gewöhnt hatten, ins Wasser zu schauen. Sie schwebte zitternd und unentschlossen, wie eine Feder, obwohl sie aussah wie aus Teig. Und ebenso normal, sobald man sich daran gewöhnt hatte, dass sie überhaupt dort war. Die Fingernägel waren alle wie blanke kleine Gesichter, mit ihrer verständigen, alltäglichen Begrüßungsmiene, ihrer vernünftigen Missachtung der gegenwärtigen Umstände.

»Mannometer«, sagten die Jungen. Mit zunehmendem Nachdruck und in einem Tonfall wachsender Hochachtung, sogar der Dankbarkeit. »Mannometer.«

 

Es war ihr erster Ausflug in diesem Jahr. Sie waren auf der Brücke über den Peregrine River hergekommen, einer einspurigen Brücke, die auf zwei Bögen ruhte und in der Gegend als Höllentor oder Todesfalle verschrien war - obwohl die Gefahr mehr mit der scharfen Kurve zu tun hatte, die die Straße an ihrem südlichen Ende nahm, als mit der Brücke selbst.

Es gab auch einen Gehweg für Fußgänger, aber den benutzten sie nicht. Sie konnten sich nicht daran erinnern, ihn jemals benutzt zu haben. Vielleicht vor vielen Jahren, als sie so klein waren, dass sie bei der Hand genommen wurden. Aber diese Zeit gab es für sie nicht mehr; sie weigerten sich, sie wiederzuerkennen, selbst wenn ihnen Beweise in Form von Schnappschüssen gezeigt wurden oder sie gezwungen waren, sich in Familiengesprächen etwas darüber anzuhören.

Sie gingen jetzt auf dem eisernen Sims entlang, der nicht neben dem Gehweg, sondern auf der anderen Seite der Brücke verlief. Er war ungefähr zwanzig Zentimeter breit und etwa dreißig Zentimeter über dem Brückenboden. Der Peregrine River trug die inzwischen geschmolzene Winterlast aus Eis und Schnee hastig hinaus in den Lake Huron. Er kehrte gerade erst in seine Ufer zurück, nach der alljährlichen Flut, die die Auen in einen See verwandelte, die jungen Bäume ausriss und alle Boote und Hütten innerhalb ihrer Reichweite zerschlug. Gesättigt mit Erdreich, das aus den ablaufenden Wiesen in den Fluss geschwemmt wurde, und beschienen vom bleichen Sonnenlicht, sah das Wasser aus wie kochender Karamellpudding. Aber wehe, du fielst hinein, dann verwandelte es dich in Eis und schleuderte dich hinaus in den See, wenn es dir nicht vorher an den Brückenpfeilern den Schädel zertrümmerte.

Autos hupten sie an - eine Warnung oder ein Tadel, aber sie kümmerten sich nicht darum. Sie gingen im Gänsemarsch, selbstvergessen wie Schlafwandler. Am Nordende der Brücke krabbelten sie hinunter zu den Auen und suchten die Pfade, die sie vom Vorjahr kannten. Die Flut lag so kurz zurück, dass es noch gar nicht leicht war, diesen Pfaden zu folgen. Sie mussten sich durch niedergeschlagenes Gestrüpp kämpfen und von einem schlammverkrusteten Grasbüschel zum anderen springen. Manchmal sprangen sie achtlos und landeten im Schlamm oder in Tümpeln, die das Flutwasser zurückgelassen hatte, und als ihre Füße erst einmal nass waren, passten sie nicht mehr auf, wo sie landeten. Sie stapften in den Schlamm und planschten durch die Tümpel, sodass ihnen das Wasser in die Gummistiefel floss. Der Wind war warm, er zerrte die Wolken auseinander zu aufgeräufelten Wollfäden, und über dem Fluss tummelten und stritten sich Möwen und Krähen. Bussarde kreisten in der Höhe und hielten Ausschau. Die Rotkehlchen waren gerade zurückgekehrt, und die Kuhvögel mit den orangegelben Flügeln schossen zu zweit umher und leuchteten in die Augen, als wären sie eben in Farbe getunkt worden.

»Hätt ´ne Zweiundzwanziger...
mehr

Autor

Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario. Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: >Himmel und HölleDie Liebe einer FrauDer Traum meiner MutterTricksWozu wollen Sie das wissen?Zu viel GlückTanz der seligen GeisterOffene GeheimnisseGlaubst du, es war Liebe?Das BettlermädchenDer Mond über der EisbahnLiebes LebenWas ich dir schon immer sagen wollteDie JupitermondeFerne Verabredungen. Die schönsten ErzählungenKleine Aussichten