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Zu viel Glück

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am05.11.20131. Auflage
Nobelpreis für Literatur 2013 Zu viel oder zu wenig - für das Glück gibt es kein Maß, nie trifft man es richtig. Alice Munros Heldinnen und Helden geht es nicht anders, sie haben das Zuviel und Zuwenig erlebt: eine Balance ist nur schwer zu finden. Auf der Suche nach ihr macht Alice Munro ihre Leser zu Komplizen dieser spannenden Mission. »Ich bewundere Alice Munro. Ich bewundere die Direktheit ihres Erzählens, die Nüchternheit und Einfachheit ihrer Sprache. (...) Was für Geschichten, was für ein Werk!« Bernhard Schlink, Die Welt

Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario.  Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: ?Himmel und Hölle?, ?Die Liebe einer Frau?, ?Der Traum meiner Mutter?, ?Tricks?, ?Wozu wollen Sie das wissen??, ?Zu viel Glück?, ?Tanz der seligen Geister?, ?Offene Geheimnisse?, ?Glaubst du, es war Liebe??, ?Das Bettlermädchen?, ?Der Mond über der Eisbahn?, ?Liebes Leben?, ?Was ich dir schon immer sagen wollte?, ?Die Jupitermonde?, ?Ferne Verabredungen. Die schönsten Erzählungen? und Munros einziger Roman ?Kleine Aussichten?. Literaturpreise (Auswahl):Canada-Australia Literary Prize (1977)Commonwealth Writers' Prize (1991)Giller Prize for Fiction (1998 und 2004)Man Booker International (2009)Trillium Award (2013)Nobelpreis für Literatur (2013)
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR14,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextNobelpreis für Literatur 2013 Zu viel oder zu wenig - für das Glück gibt es kein Maß, nie trifft man es richtig. Alice Munros Heldinnen und Helden geht es nicht anders, sie haben das Zuviel und Zuwenig erlebt: eine Balance ist nur schwer zu finden. Auf der Suche nach ihr macht Alice Munro ihre Leser zu Komplizen dieser spannenden Mission. »Ich bewundere Alice Munro. Ich bewundere die Direktheit ihres Erzählens, die Nüchternheit und Einfachheit ihrer Sprache. (...) Was für Geschichten, was für ein Werk!« Bernhard Schlink, Die Welt

Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario.  Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: ?Himmel und Hölle?, ?Die Liebe einer Frau?, ?Der Traum meiner Mutter?, ?Tricks?, ?Wozu wollen Sie das wissen??, ?Zu viel Glück?, ?Tanz der seligen Geister?, ?Offene Geheimnisse?, ?Glaubst du, es war Liebe??, ?Das Bettlermädchen?, ?Der Mond über der Eisbahn?, ?Liebes Leben?, ?Was ich dir schon immer sagen wollte?, ?Die Jupitermonde?, ?Ferne Verabredungen. Die schönsten Erzählungen? und Munros einziger Roman ?Kleine Aussichten?. Literaturpreise (Auswahl):Canada-Australia Literary Prize (1977)Commonwealth Writers' Prize (1991)Giller Prize for Fiction (1998 und 2004)Man Booker International (2009)Trillium Award (2013)Nobelpreis für Literatur (2013)
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104030265
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum05.11.2013
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1529 Kbytes
Artikel-Nr.1327150
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Dimensionen

Doree musste drei Busse nehmen - einen nach Kincardine, wo sie auf den Bus nach London wartete, und dort dann noch auf den Nahverkehrsbus zu der Anstalt. Sie begann die Fahrt an einem Sonntag um neun Uhr morgens. Wegen der Wartezeiten zwischen den Bussen brauchte sie bis gegen zwei Uhr nachmittags, um die etwas über einhundert Meilen zurückzulegen. Das viele Sitzen, entweder in den Bussen oder auf den Busbahnhöfen, war nichts, was ihr etwas ausgemacht hätte. Ihre tägliche Arbeit gehörte nicht zu den im Sitzen ausgeübten Tätigkeiten.

Sie war Zimmermädchen im Blue Spruce Inn. Sie machte Badezimmer sauber, bezog Betten frisch, staubsaugte Teppichböden und putzte Spiegel. Sie mochte diese Arbeit, die bis zu einem gewissen Grade ihre Gedanken in Anspruch nahm und sie ermüdete, so dass sie nachts schlafen konnte. Sie fand selten eine wirklich schlimme Schweinerei vor, obwohl einige der Frauen, mit denen sie arbeitete, Geschichten erzählen konnten, dass einem die Haare zu Berge standen. Diese Frauen waren älter als sie und vertraten alle die Ansicht, sie solle versuchen, sich hochzuarbeiten. Sie sagten ihr, sie solle sich für einen Job hinter dem Empfangstresen ausbilden lassen, solange sie noch jung und ansehnlich sei. Aber sie war zufrieden mit dem, was sie tat. Sie mochte nicht mit anderen Menschen reden müssen.

Niemand von den Leuten, mit denen sie arbeitete, wusste, was passiert war. Oder falls doch, so ließ es sich niemand anmerken. Ihr Foto hatte in der Zeitung gestanden - man hatte das Foto benutzt, das er von ihr mit allen drei Kindern aufgenommen hatte, in ihren Armen Dimitri, das neue Baby, links und rechts von ihr Barbara Ann und Sasha, die zum Baby schauten. Ihr Haar war damals lang und lockig und braun gewesen, in seiner natürlichen Form und Farbe, wie er es mochte, und ihr Gesicht zaghaft und weich - ein Abbild weniger der Frau, die sie zu der Zeit war, als der Frau, die er in ihr sehen wollte.

Inzwischen war ihr Haar kurz geschnitten und blondiert und zu Stacheln gegelt, und sie hatte eine Menge abgenommen. Und sie benutzte jetzt ihren zweiten Vornamen: Fleur. Außerdem befand sich der Arbeitsplatz, den man ihr besorgt hatte, in einer Stadt, die ein ganzes Stück weit weg war von dem Ort, an dem sie gelebt hatte.

Sie unternahm diese Fahrt nun zum dritten Mal. Bei den ersten beiden Malen hatte er sich geweigert, sie zu sehen. Wenn er das wieder tat, würde sie es aufgeben. Sogar wenn er diesmal kam, konnte es sein, dass sie eine Zeitlang nicht mehr hinfahren würde. Sie hatte nicht vor, weich zu werden. Doch eigentlich wusste sie nicht, was sie tun würde.

Im ersten Bus war sie nicht allzu unruhig. Saß nur da und schaute in die Landschaft. Sie war an der Küste aufgewachsen, wo es so etwas wie Frühling gab, aber hier ging der Winter fast direkt in den Sommer über. Vor einem Monat hatte noch Schnee gelegen, und jetzt war es heiß genug, um mit bloßen Armen zu gehen. Blendende Tücher aus Wasser lagen auf den Feldern, und das Sonnenlicht ergoss sich durch die kahlen Zweige.

Im zweiten Bus fing sie an, nervös zu werden, und konnte nicht anders, als zu überlegen, welche der Frauen um sie herum dasselbe Ziel haben könnten. Frauen, die allein fuhren und meistens mit einiger Sorgfalt gekleidet waren, vielleicht, damit sie aussahen, als ob sie in die Kirche gingen. Die älteren sahen aus, als gehörten sie strengen, altmodischen Kirchen an, wo man einen Rock und Strümpfe und eine Kopfbedeckung tragen musste, während die jüngeren in einer flotteren Gemeinde hätten sein können, die Hosenanzüge, leuchtend bunte Schals, Ohrringe und toupierte Frisuren zuließ.

Doree passte in keine der beiden Kategorien. In den ganzen anderthalb Jahren, seit sie arbeitete, hatte sie sich kein einziges neues Kleidungsstück gekauft. Bei der Arbeit trug sie ihre Uniform und sonst ihre Jeans. Sie hatte sich abgewöhnt, Make-up aufzulegen, denn er hatte es nicht erlaubt, und jetzt hätte sie es zwar tun können, tat es aber nicht. Die Stacheln aus maisfarbenem Haar passten nicht zu ihrem knochigen, ungeschminkten Gesicht, aber das machte ihr nichts aus.

Im dritten Bus bekam sie einen Fensterplatz und versuchte, ruhig zu bleiben, indem sie Schilder las - die Straßenschilder und auch die mit Reklame. Sie war auf einen Trick gestoßen, mit dem sie sich ablenken konnte. Sie nahm die Buchstaben von irgendeinem Wort, das ihr ins Auge fiel, und probierte, wie viele neue Wörter sie daraus bilden konnte. »Restaurant« zum Beispiel, das ergab »Rest« und »Stau« und dann »Star« und »Raute« und »Natur« und »Tante« und - Moment - »Trauer«. Wörter gab es auf dem Weg hinaus aus der Stadt mehr als genug, denn sie kamen an Reklametafeln, Großmärkten und Parkplätzen vorbei, sogar an Ballons, die auf den Dächern verankert waren und für Ausverkäufe warben.

 

Doree hatte Mrs Sands nichts von ihren ersten beiden Versuchen gesagt und würde ihr wahrscheinlich auch von diesem nichts sagen. Mrs Sands, zu der sie immer am Montagnachmittag ging, sprach davon, voranzukommen, obwohl sie immer betonte, dass es Zeit brauche, dass man nichts überstürzen solle. Sie sagte, dass Doree ihre Sache gut mache, dass sie nach und nach ihre eigene Stärke entdecke.

»Ich weiß, dass diese Worte totgeredet worden sind«, sagte sie. »Aber sie sind trotzdem wahr.«

Sie wurde rot, als sie sich das Wort »tot« sagen hörte, aber sie machte es nicht durch eine Entschuldigung schlimmer.

Als Doree sechzehn war - nämlich vor sieben Jahren -, ging sie jeden Tag nach der Schule zu ihrer Mutter ins Krankenhaus. Ihre Mutter lag dort nach einer Rückenoperation, von der es hieß, sie sei ernst, aber nicht lebensgefährlich gewesen. Lloyd war einer der Pfleger. Mit Dorees Mutter verband ihn, dass beide alte Hippies waren, auch wenn Lloyd einige Jahre jünger war, und wann immer er Zeit hatte, kam er und plauderte mit ihr über die Konzerte und die Protestmärsche, an denen sie beide teilgenommen hatten, über unmögliche Leute, die sie gekannt hatten, über Drogentrips, die ihnen das Hirn weggeblasen hatten, und solche Sachen.

Lloyd war bei den Patienten beliebt, wegen seiner Witze und seiner zupackenden Art. Er war untersetzt, breitschultrig und beeindruckend genug, um manchmal für einen Arzt gehalten zu werden. (Nicht, dass ihm das gefiel - er vertrat die Ansicht, dass vieles in der Medizin Betrug sei und dass viele Ärzte Volltrottel seien.) Er hatte empfindliche rötliche Haut, helle Haare und kühne Augen.

Er küsste Doree im Fahrstuhl und sagte ihr, sie sei eine Blume in der Wüste. Dann lachte er über sich selbst und sagte: »Ungeheuer originell, was?«

»Du bist ein Dichter und weißt es nicht«, sagte sie, um freundlich zu sein.

Eines Nachts starb plötzlich ihre Mutter an einer Embolie. Dorees Mutter hatte viele Freundinnen, die Doree bei sich aufgenommen hätten - und eine Zeitlang blieb sie auch bei einer von ihnen -, aber es war der neue Freund Lloyd, dem sie den Vorzug gab. Als ihr nächster Geburtstag kam, war sie schwanger, dann verheiratet. Lloyd war noch nie verheiratet gewesen, obwohl er mindestens zwei Kinder hatte, deren Aufenthaltsorte er nicht genau kannte. Außerdem waren sie inzwischen sowieso erwachsen. Seine Lebensphilosophie hatte sich mit zunehmendem Alter geändert. Er glaubte jetzt an die Ehe, an Beständigkeit und null Geburtenkontrolle. Und er fand, dass es auf der Sechelt-Halbinsel, wo er mit Doree lebte, mittlerweile zu viele Leute gab - alte Freunde, alte Lebensweisen, alte Geliebte. Bald zog er mit Doree quer durchs Land in eine Stadt, die sie sich auf der Karte wegen ihres Namens ausgesucht hatten: Mildmay. Sie wohnten nicht in der Stadt; sie mieteten etwas in der Umgebung. Lloyd fand Arbeit in einer Eiscremefabrik. Sie legten einen Garten an. Lloyd hatte viel Ahnung davon, ebenso wie vom Tischlern und davon, wie man mit einem Holzofen umging und ein altes Auto in Gang hielt.

Sasha wurde geboren.

 

»Vollkommen natürlich«, sagte Mrs Sands.

»Wirklich?«, fragte Doree.

Doree setzte sich immer auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, nicht auf das geblümte Sofa mit den Kissen. Mrs Sands rückte dann ihren eigenen Stuhl neben den Schreibtisch, damit sie ohne irgendeine Barriere dazwischen miteinander reden konnten.

»Irgendwie habe ich erwartet, dass Sie das tun würden«, sagte sie. »Ich meine, ich an Ihrer Stelle hätte das wahrscheinlich getan.«

Anfangs hätte Mrs Sands so etwas nicht gesagt. Sogar noch vor einem Jahr wäre sie vorsichtiger gewesen, da sie wusste, wie Doree gegen die Vorstellung revoltiert hätte, dass jemand anders, irgendein anderer Mensch, an ihrer Stelle sein könnte. Jetzt wusste sie, dass Doree es einfach als einen Versuch auffassen würde, sogar nur einen bescheidenen, sie zu verstehen.

Mrs Sands war nicht wie einige von denen. Sie war nicht forsch, nicht dünn, nicht hübsch. Auch nicht zu alt. Sie war etwa so alt, wie Dorees Mutter jetzt wäre, obwohl sie nicht so aussah, als sei sie je ein Hippie gewesen. Ihre ergrauenden Haare waren kurz geschnitten, und auf einem ihrer Backenknochen thronte ein Leberfleck. Sie trug flache Absätze und weite Hosen und geblümte Tops. Sogar wenn diese Tops himbeerrot oder türkisgrün waren, entstand nicht der Eindruck, dass ihr wichtig sei, was sie anzog - eher, als habe ihr jemand gesagt, sie müsse sich aufhübschen, und sie habe sich daraufhin gehorsam etwas gekauft, was das ihrer Meinung nach bewirkte. Ihre große, freundliche, unpersönliche Ernsthaftigkeit entzog diesen...
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Alice Munro, geboren am 10. Juli 1931 in Wingham, Ontario, Kanada, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart. Sie erhielt 2013 die höchste Auszeichnung für Literatur, den Nobelpreis. Ihr umfangreiches erzählerisches Werk wurde bereits zuvor mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize, dem Book Critics Circle Award und dem Man Booker International Prize. Alice Munro starb am 13. Mai 2024 in Port Hope, Ontario. Im S. FISCHER Verlag bzw. FISCHER Taschenbuch Verlag liegen vor: >Himmel und HölleDie Liebe einer FrauDer Traum meiner MutterTricksWozu wollen Sie das wissen?Zu viel GlückTanz der seligen GeisterOffene GeheimnisseGlaubst du, es war Liebe?Das BettlermädchenDer Mond über der EisbahnLiebes LebenWas ich dir schon immer sagen wollteDie JupitermondeFerne Verabredungen. Die schönsten ErzählungenKleine Aussichten