Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Pestreiter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am20.10.2014
Der schwarze Tod kehrt zurück ...
Trier 1652: Auch vier Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg kommen die Menschen in Kurtrier nicht zur Ruhe. Ein geheimnisvoller Reiter verbreitet Angst und Schrecken, angeblich bringt er die Pest zurück. Der junge Schweizer Urs versucht deshalb verzweifelt, ein Heilmittel gegen die Krankheit zu finden. Währenddessen hofft seine Freundin Susanna, die aus ihrer Heimat im Saarland flüchten musste, mit seiner Hilfe die Schrecken ihrer Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Doch dann scheint Urs plötzlich nichts mehr von ihr wissen zu wollen ...

Deana Zinßmeister widmet sich seit einigen Jahren ganz dem Schreiben historischer Romane. Bei ihren Recherchen wird sie von führenden Fachleuten unterstützt, und für ihren Bestseller »Das Hexenmal« ist sie sogar den Fluchtweg ihrer Protagonisten selbst abgewandert. Die Autorin lebt mit ihrer Familie im Saarland.
mehr
Verfügbare Formate
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextDer schwarze Tod kehrt zurück ...
Trier 1652: Auch vier Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg kommen die Menschen in Kurtrier nicht zur Ruhe. Ein geheimnisvoller Reiter verbreitet Angst und Schrecken, angeblich bringt er die Pest zurück. Der junge Schweizer Urs versucht deshalb verzweifelt, ein Heilmittel gegen die Krankheit zu finden. Währenddessen hofft seine Freundin Susanna, die aus ihrer Heimat im Saarland flüchten musste, mit seiner Hilfe die Schrecken ihrer Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Doch dann scheint Urs plötzlich nichts mehr von ihr wissen zu wollen ...

Deana Zinßmeister widmet sich seit einigen Jahren ganz dem Schreiben historischer Romane. Bei ihren Recherchen wird sie von führenden Fachleuten unterstützt, und für ihren Bestseller »Das Hexenmal« ist sie sogar den Fluchtweg ihrer Protagonisten selbst abgewandert. Die Autorin lebt mit ihrer Familie im Saarland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641131555
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum20.10.2014
Reihen-Nr.2
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2489 Kbytes
Artikel-Nr.1366305
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Kapitel 3

Bendicht lag auf seiner Schlafstatt und starrte mürrisch in die Dunkelheit. Obwohl er abends das Zubettgehen so lange wie möglich hinauszögerte und sich als Letzter niederlegte, erwachte er lange vor den anderen. Ich werde alt, mutmaßte er, und seine nach unten gezogenen Mundwinkel hoben sich. Du wirst nicht alt, du bist bereits alt, griente er. Bendicht erinnerte sich, dass einst sein Vater ebenfalls über Schlafmangel geklagt hatte, da er jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe erwacht war. Damals meinte der Vater: »Das ist ein sicheres Zeichen, dass man alt wird.« Bendicht rechnete nach und erkannte, dass sein Vater damals im gleichen Alter gewesen sein musste wie er heute.

»Ach, was soll ich grübeln? Heißt es nicht Morgenstund´ hat Gold im Mund ?«, fragte sich Bendicht leise und schwang die Beine aus dem Bett. Sofort spürte er die morgendliche Kälte. »Es dauert nicht mehr lang, und der Winter ist da«, murmelte er und kleidete sich rasch an.

Er setzte sich an den schweren Holztisch in der Küche. Es war der wärmste Raum im Haus, da das Herdfeuer nie ausging.

»Der Vorteil, wenn man als Erster erwacht, ist die Stille im Haus«, murmelte er und genoss die Ruhe, den heißen Morgensud, den er sich aufgebrüht hatte, und das Buch, das aufgeschlagen vor ihm auf der blankgescheuerten Holzplatte lag. Da das Licht der Talglampe nur schwach die Buchseite beschien, kniff er die Augen leicht zusammen und fuhr mit dem rechten Zeigefinger die Zeilen entlang.

Bendicht wusste nicht, wie oft er diese Seiten schon gelesen hatte. Manche Abschnitte konnte er auswendig aufsagen. Trotzdem fürchtete er, etwas Entscheidendes überlesen, einen Hinweis übersehen zu haben. Auch heute las er Wort für Wort die Sätze - manche mehrmals. Er war so sehr in die Schriften vertieft, dass er nicht bemerkte, wie seine Schwägerin Barbli hinter ihn trat.

»Das müssen aber wichtige Schriften sein, wenn du schon vorm Morgengrauen darin liest.«

Mit einem Ruck wandte Bendicht den Kopf der Schwägerin zu und blickte sie erschrocken an. »Barbli«, sagte er mit vorwurfsvollem Ton und klappte das Buch zu. »Wie kannst du mich so erschrecken?«

»Was liest du?«, wollte sie wissen und kam einen Schritt näher. »Ist das das Buch von Urs?«, fragte sie.

Bendicht nickte. »Ich habe es deinem Sohn vor eurer Abreise aus unserer Heimat geschenkt. Es ist das Buch des Paracelsus, in dem er seine Ansichten, Lehren und Erkenntnisse niedergeschrieben hat.« Als er den fragenden Blick seiner Schwägerin sah, erklärte Bendicht: »Paracelsus hat vor mehr als einhundert Jahren gelebt und war Arzt, Astrologe, Mystiker, Alchimist, Philosoph und Laientheologe.«

»Er scheint ein vielseitiger und weiser Mann gewesen zu sein«, sagte Barbli und blätterte in dem Buch.

»Nicht nur das! Er soll sogar Schweizer gewesen sein - jedenfalls die eine Hälfte von ihm«, verriet Bendicht der Schwägerin.

Sie blickte überrascht auf. »Wie das?«

»Angeblich kam sein Vater aus dem Reich, und seine Mutter aus dem Ort Einsiedeln im Kanton Schwyz. Wie es heißt, hat Paracelsus an der Universität in Basel Medizin studiert.«

»Offenbar kommen aus unserer alten Heimat nicht nur die besten Soldaten, sondern auch hervorragende Gelehrte«, bemerkte Barbli.

»Dasselbe habe ich damals auch zu deinem Sohn Urs gesagt, als er mich über Paracelsus ausfragte«, schmunzelte Bendicht, doch dann wurde seine Miene ernst. »Du weißt, Barbli, dass dein Sohn Arzt und nicht Soldat werden möchte?«

Seine Schwägerin seufzte vernehmlich. »Nicht schon wieder dieses Thema!«, bat sie. Doch als sie den sturen Blick ihres Schwagers sah, erklärte sie: »Natürlich weiß ich vom Verlangen meines Sohnes, in deine Fußstapfen zu treten. Ich bin ja nicht blind! Jeder kann sehen, wie viel Zeit Urs mit dir verbringt und wie er dein Wissen regelrecht in sich aufsaugt. Aber du kennst die Ansichten deines Bruders, und Jaggi möchte, dass sein Sohn ihm nacheifert!«

Nun seufzte Bendicht. »Ja, ich kenne seine Ansichten. Jaggi ist wie ein sturer Esel. Er weicht nicht eine Handbreit von seiner Meinung ab.«

»Es ist eure Familientradition, dass die Söhne Soldaten werden«, versuchte Barbli den Wunsch ihres Mannes zu verteidigen.

»Unfug«, ereiferte sich Bendicht. »Ich bin kein Soldat geworden.«

»Was dein Bruder dir nach so vielen Jahren noch immer verübelt.«

»Nicht jeder taugt fürs Soldatenleben. So wie Jaggi mit Leib und Seele seine Uniform trägt und in Kriege zieht, so bin ich Arzt und versuche, Leben zu retten. Und mit ebensolcher Inbrunst ist euer Sohn der Medizin zugetan. Urs ist wissbegierig, kann Zusammenhänge schnell erfassen und folgerichtig denken. Es wäre eine Schande, wenn er diese Talente auf dem Schlachtfeld vergeuden würde.«

»Bendicht! Zügle deine Worte! Schließlich geben Soldaten auf dem Schlachtfeld ihr Leben, damit Bürger wie wir überleben können.«

»Zum Glück sind nach diesem unsäglich langen Krieg friedliche Zeiten angebrochen. Ich hoffe, dass sie ewig dauern und wir niemals mehr Soldaten in den Kampf schicken müssen«, brummte Bendicht.

»Du weißt, mein lieber Schwager, dass man Soldaten auch benötigt, um den Frieden zu sichern«, wies ihn Barbli lächelnd zurecht.

»Natürlich weiß ich das!« Bendichts Stimme klang verärgert. »Aber Urs ist nun mal für das Soldatenleben ungeeignet - ebenso wie ich es bin. Mein Vater hat dies erkannt und mich ziehen lassen. Ich wünschte, Jaggi würde das bei seinem Sohn ebenfalls erkennen.«

Barbli blickte nachdenklich auf das Buch. Um Bendicht abzulenken, bat sie: »Erzähl mir mehr von diesem Paracelsus, der dich so sehr beeindruckt, dass du schon vor dem Tageserwachen in seinem Buch liest.«

Bendicht forschte im Gesicht seiner Schwägerin. Als er ehrliche Neugier darin erkannte, erklärte er: »Paracelsus war seiner Zeit weit voraus. Seiner Meinung nach ist ein Arzt erst dann ein vollendeter Arzt, wenn er verstanden hat, dass die Übereinstimmung von Natur- und Gotteserkenntnis der Schlüssel der Medizin ist. Die Betrachtung des Großen und Ganzen ist notwendig, ebenso der ganzheitliche Blick. Paracelsus war davon überzeugt, dass die wechselseitige Übereinstimmung zwischen der Welt als Makrokosmos und dem Menschen als Mikrokosmos ...« Bendicht musste über Barblis verwirrten Gesichtsausdruck schmunzeln und erklärte ihr: »Er greift bei dieser Aussage zum Beispiel auf äußere Eigenschaften wie Form und Farbe von Pflanzen zurück. So führt er auf, dass stachlige Disteln gegen Stechen in der Brust, herzförmige Blüten gegen Herzkrankheiten und höckrige Wurzeln gegen Geschwülste des Aussatzes helfen. Darüber hinaus befürwortete er die medizinische Lehre der Benediktinerin Hildegard von Bingen, die sich schon im elften Jahrhundert mit Pflanzen- und Heilkunde und vielem mehr beschäftigt hat. Ihre Lehre zu erklären würde jedoch zu weit führen. Paracelsus´ Erläuterungen sind nicht einfach zu verstehen. Seit Jahren lese und erforsche ich seine Schriften.«

»Bist du auch seiner Meinung?«

Bendicht überlegte und wackelte zaghaft mit dem Kopf.

»Manchem vertraue ich, manchem nicht. Aber vor allem hoffe ich, einen Hinweis zu erkennen, wie man die Pest heilen kann.«

»Die Pest?«, fragte Barbli erschrocken. Ihr Schwager konnte sehen, wie ein Schauer durch ihren Körper lief.

Bendicht nickte. »Vor vielen Jahren - ich war noch ein Jüngling - half ich meinem damaligen Lehrmeister Sebastian Feldmann und dem Jesuiten Friedrich Spee, Soldaten, die von der Pest befallen waren, zu versorgen. Mein Meister und der Jesuitenpater starben damals am schwarzen Tod. Seitdem will ich wissen, warum ich nicht von der Pestilenz befallen wurde, obwohl ich die Kranken gepflegt und versorgt hatte.«

»Vielleicht hat Gott noch etwas mit dir vor und hat dich deshalb nicht zu sich gerufen«, meinte Barbli mit ernster Miene.

»Von der Seite habe ich es nicht betrachtet. Mag sein, dass du recht hast, liebe Schwägerin. Vielleicht ist meine Zeit auf Erden noch nicht abgelaufen, damit ich ein Heilmittel gegen die Pestilenz finde«, überlegte Bendicht. Bei diesem ungewohnten Gedanken spürte er ein Kribbeln durch seinen Körper strömen und seinen müden Geist beleben.

Barbli erkannte das Leuchten in seinem Blick. »Wenn dir das tatsächlich gelingt, würdest du der Menschheit einen großen Dienst erweisen«, erklärte sie.

»Seit Jahren versuche ich, eine Lösung zu finden, doch mein Vorgehen war erfolglos, weshalb ich neue Wege beschreiten muss.« Bendicht schielte unsicher zu seiner Schwägerin und ärgerte sich über sich selbst, da er sich zu dieser Äußerung hatte hinreißen lassen. Er hoffte, dass Barbli nicht weiter darauf eingehen würde.

Doch seine Schwägerin war nicht dumm. Sie betrachtete ihn nachdenklich. Er konnte ihrem forschenden Blick nicht standhalten und wandte sich räuspernd ab.

»Sag, dass der Teufel meine Gedanken fehlgeleitet hat«, flüsterte sie mit bleichem Gesicht.

»Wie meinst du das?«, fragte Bendicht und erhob sich.

»Hast du vor, Pestkranke zu untersuchen?«

»Nein«, kam seine Antwort so schnell wie der Schuss aus einer Flinte.

»Schwöre es beim Leben meiner Kinder!«, forderte sie.

Bendicht blickte seine Schwägerin bestürzt an. »Das kannst du nicht von mir verlangen!«

»Doch, das kann...


mehr