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Hostienfrevel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am01.09.20141. Auflage
Ein bewegender und spannender historischer Roman aus dem mittelalterlichen Freiburg Begine Serafina hat sich in ihrer neuen Heimat gut eingelebt. Da erschüttert ein schlimmer Frevel Freiburg. Entweihte Hostien - im Münster, dem heiligsten Ort der Stadt! Der alte Kreuzbruder des Gotteshauses - grausam ermordet! Der Verdacht fällt auf einen jüdischen Schuster, der unter der Folter auch alles gesteht, was man von ihm hören will. Serafina indes hat einen anderen Verdächtigen im Blick. Doch dann geschehen Dinge, die Serafina an ihrem heimlichen Verbündeten, dem Stadtarzt Achaz, zweifeln lassen ... Nach «Das Aschenkreuz» der zweite Band in der historischen Krimiserie um die scharfsinnige Begine Serafina.

Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen «Die Hexe von Freiburg», «Die Tochter der Hexe», «Turm aus Licht», «Der dunkle Himmel». Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextEin bewegender und spannender historischer Roman aus dem mittelalterlichen Freiburg Begine Serafina hat sich in ihrer neuen Heimat gut eingelebt. Da erschüttert ein schlimmer Frevel Freiburg. Entweihte Hostien - im Münster, dem heiligsten Ort der Stadt! Der alte Kreuzbruder des Gotteshauses - grausam ermordet! Der Verdacht fällt auf einen jüdischen Schuster, der unter der Folter auch alles gesteht, was man von ihm hören will. Serafina indes hat einen anderen Verdächtigen im Blick. Doch dann geschehen Dinge, die Serafina an ihrem heimlichen Verbündeten, dem Stadtarzt Achaz, zweifeln lassen ... Nach «Das Aschenkreuz» der zweite Band in der historischen Krimiserie um die scharfsinnige Begine Serafina.

Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen «Die Hexe von Freiburg», «Die Tochter der Hexe», «Turm aus Licht», «Der dunkle Himmel». Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644510715
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum01.09.2014
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1085 Kbytes
Artikel-Nr.1381084
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


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Kapitel 2

 

Eigentlich hatte Serafina eine gute Kindheit verlebt. Im berg- und waldreichen Hinterland der Habsburgerstadt Radolfzell am Bodensee war sie auf dem Dorf groß geworden, mit allen Pflichten und Entbehrungen, die Kinder auf dem Land hinzunehmen hatten, aber auch mit vielen Freiheiten. Da ihr Vater, Petermann Stadler, Schultes war und somit ein angesehener Mann, hatten sie auch in kargen Jahren niemals hungern müssen. Und das, obwohl das ganze Haus voller Kinder war und noch dazu eine unverheiratete alte Muhme mitversorgt werden musste.

Sie selbst war die Drittgeborene, nach zwei Brüdern. An ihre Mutter erinnerte sie sich kaum, verlor sie doch zwei Geburten später im Kindbett ihr Leben. Da war Serafina gerade erst vier oder fünf Jahre alt gewesen. Der kleine Säugling folgte der Mutter schon kurz nach der Taufe in die Ewigkeit, und so lebte ihr Vater eine Zeitlang als Witwer allein mit seinen beiden Söhnen Peter und Nikolaus, die schon kräftig auf den Feldern und bei der Stallarbeit mithalfen, sowie Serafina und der nachgeborenen Elisabeth. Damit sich jemand um die Mädchen kümmerte, hatte ihr Vater schließlich seine unverheiratete Base Irmgart auf den Hof geholt, die bald schon mit eiserner Hand regierte. Serafina musste ihr beim Kochen, Putzen und Waschen zur Hand gehen, lernte Brot zu backen, zu buttern, Fleisch zu pökeln und Feldfrüchte einzumachen. Hin und wieder entkam sie dem strengen Blick ihrer Muhme, wenn sie hinausgeschickt wurde, um Löwenzahn für die Hasen und Ziegen zu pflücken oder Beeren, Pilze und Kräuter zu sammeln. Oder im Herbst dann die Nüsse, die für den Winter zu Öl gemahlen wurden.

Die alte Irmgart war es auch gewesen, die ihrem Vater in den Kopf setzte, sich wieder zu verheiraten. Petermann Stadler war ein stattlicher und kluger Mann, den Serafina zeitlebens bewundert hatte. Er wusste über alles Bescheid: über den Lauf der Gestirne, darüber, wie man Bier braute, wie Schleif- und Papiermühlen arbeiteten oder was die Köhler in ihren Meilern draußen im Wald taten. Trotz der Arbeit auf dem Hof und seiner Aufgaben als Dorfschultes hatte er noch immer die Zeit gefunden, seinen beiden Knaben Lesen, Schreiben und ein klein wenig Rechnen beizubringen. Serafina hatte diese Welt der Zahlen und Buchstaben mehr als aufregend gefunden und nach einigem Betteln bei den Unterrichtsstunden still dabeisitzen dürfen. Sie würde nie vergessen, wie ihr Vater Mund und Augen aufgesperrt hatte, als sie ihm eines Abends stockend aus der Heiligen Schrift vorgelesen hatte, wobei sie natürlich keinen Deut all dieser lateinischen Worte verstand.

Wie eine alte Kupplerin hatte ihre Muhme Irmgart eines Tages ein junges Mädchen aus Radolfzell ins Haus geschleppt - nicht sonderlich hübsch, aber gesund und kräftig. Jung genug, um dem nicht mehr ganz so jungen Petermann Stadler noch weiteren Nachwuchs gebären zu können. Auch wenn der Herrgott so manches der Kinder wieder zu sich genommen hatte - auch ihren älteren Bruder Nikolaus, der an den Pocken starb -, so lebten doch mit der neuen Mutter bald sieben Kinder im Haus, aufgeteilt auf zwei Schlafkammern unterm Dach, die sie noch mit der Magd und der Muhme teilten.

Da fiel es nicht weiter auf, dass auch Ursula, Serafinas beste Freundin von Kindesbeinen an, bei ihnen ein und aus ging, als würde sie dazugehören. Die zarte und ein wenig kränkliche Tochter des Schmieds hatte als Einzige im ganzen Dorf keine Geschwister: Ihre Mutter hatte nach ihr eine Fehlgeburt erlitten und konnte seither keine Kinder mehr bekommen. Hierüber war die Frau der Melancholie verfallen, würdigte ihre einzige Tochter keines Blickes, und auch ihr Ehegefährte wurde mehr und mehr zu einem bärbeißigen Sonderling. Diesem freudlosen Haus entfloh Ursula nur allzu oft, ging es doch beim Dorfschultes meist fröhlich zu. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass Serafinas Stiefmutter ihre angeheirateten Kinder nicht sonderlich mochte und sich, eitel und putzsüchtig, wie sie war, zeitlebens zurück in die Stadt sehnte.

So war Serafina älter und größer geworden, hütete die jüngeren Geschwister, bestellte ganz allein den Gemüsegarten, kümmerte sich um Essen und Vorräte und fand doch immer wieder Zeit, mit Ursula und den anderen Kindern durch die Gegend zu streifen. Am Ende pflegte sie die alte Irmgart bis zu deren Tode - da war sie schon zu einem hübschen jungen Mädchen herangewachsen, mit ebenmäßigen Gesichtszügen und einem feingezeichneten Mund. Dazu hatte sie von der Mutter das kräftige dunkle Haar und vom Vater die tiefblauen Augen geerbt. Sie selbst war sich ihres Aussehens nicht bewusst, bemerkte aber sehr wohl die begehrlichen Blicke, die sie seitens der Männerwelt auf sich zog.

Das war auch die Zeit, in der die Stiefmutter sie am liebsten im Haus eingesperrt hätte und ihren Streifzügen durch die Wiesen und Wälder kurzerhand ein Ende machte.

«Du weißt gar nicht, was da draußen alles geschehen kann - kein Mensch kommt dir zu Hilfe, wenn ... wenn ...»

«Wenn was?» Serafina hatte ihre Stiefmutter herausfordernd angesehen.

«Nun ja, wenn eben die Mannsbilder an dich gehen und mit dir Dinge tun, die du nicht verstehst. Und die dich ins Verderben stürzen.»

Da hatte sie fast laut lachen müssen. Weder ihr noch den anderen Mädchen hier im Dorf hätte man erklären müssen, was in der Natur der Sache lag: Die Rüden bestiegen die läufigen Hündinnen, die Bullen die Kühe, und die Menschen taten, kaum dass sie erwachsen waren, ebendasselbe. Auch ihre Stiefmutter und ihr Vater liebten sich, wenn sie des Samstags nach dem wöchentlichen Bad in ihrer Kammer verschwanden, mit unüberhörbarem Stöhnen, was ihre Brüder oft genug nachäfften, unter dem allseitigen Gelächter der anderen.

Ohnehin hatte Serafina längst keinen Spaß mehr an Kindereien wie Bäche aufstauen oder Waldhütten bauen. Viel spannender war nun, was im Dorf geschah. Nach den Sonntagsgottesdiensten, wenn die Männer im Wirtshaus verschwanden und die Frauen zu Hause in ihren Küchen, trafen sich die Jungen unter der Linde, neckten sich und beäugten sich, wobei sich so mancher Anlass zu einem verstohlenen Kuss fand. Erst recht bei den Dorffesten oder zu Ostern und zur Kirchweih beim Tanz, an Pfingsten beim Wettlauf und Ringstechen, am Johannifeuer zur Sommersonnwende, zur Weinernte, zum Schlachtfest um Martini und im Winter dann nach der Arbeit in den Spinnstuben - Gelegenheiten, einander näherzukommen, gab es zuhauf.

Im Gegensatz zu der schüchternen Ursula fand Serafina nichts dabei, dass die Burschen aus dem Dorf nun ganz anders mit ihnen umgingen als früher. Wobei es, was Serafina betraf, große Unterschiede gab: Die einen starrten sie, wo immer sie auftauchte, unverhohlen an, nicht selten mit einem blöden Grinsen im Gesicht, die anderen blickten scheu zur Seite oder wurden rot bis über beide Ohren, wenn Serafina sie anlachte. Mitunter, wenn zu viel Bier im Spiel war, konnten die frecheren unter den Burschen auch unflätig und grob werden. Doch Serafina wusste sich zu wehren. Obschon sie immer noch recht zierlich und klein gewachsen war, war sie kräftig, wendig und zäh. Das hatte sie schon als Kind so manche Rauferei gewinnen lassen.

Diese unbeschwerte Zeit fand ein jähes Ende, als ihre Stiefmutter sie mit vierzehn Jahren fortschickte, in Stellung als Magd bei einer ihrer weitläufigen Verwandten in Radolfzell. Serafina hatte Rotz und Wasser geheult beim Abschied von den Geschwistern und erst recht von ihrer Freundin.

«Das ist nun mal der Lauf der Dinge», versuchte Ursula sie zu trösten. «Und besser Dienstmädchen in einem feinen Bürgerhaushalt als Stallmagd auf einem verlotterten Hof. Wahrscheinlich hast du sogar ein Riesenglück.»

«Aber warum musst du nicht fort?»

«Weil ich das einzige Kind bin und mich zudem um die kranke Mutter kümmern muss. Glaub mir, das ist auch nicht immer schön.»

So war Serafina denn an Martini, wenn das Gesinde gemeinhin seine neue Stellung antrat, losgewandert, bei kaltem Nieselregen und mit brennendem Schmerz in der Brust. Ihr Vater hatte sie begleitet, ein Handpferd mit ihrem wenigen Gepäck am Strick, wortlos und ebenso traurig wie sie selbst.

 

Das Haus von Bäckermeister Frühauf befand sich an der Gasse zwischen Obertor und Markt. Es war um einiges größer und vornehmer als alle Häuser, die Serafina je von innen gesehen hatte, mit seinem ausladenden steinernen Sockel, der Backstube und Lager beherbergte, und den vielen Räumen in den Stockwerken darüber. Und doch fühlte sich Serafina eingesperrt wie in einem Kerker, denn außer zum Kirchgang und hin und wieder zum Markt kam sie oft tagelang nicht hinaus. Und wenn, sah sie sich ringsum von kahlen Mauern und Hauswänden umgeben. Die Arbeit hingegen war nicht leichter und nicht schwerer als gewohnt: Sie ging der Hausherrin in der Küche zur Hand, war für Feuerholz und Frischwasser zuständig, putzte täglich Backstube, Küche, die vier Schlafkammern und die gute Stube. Ein solcher Raum war ihr bislang unbekannt gewesen und schien ihr gänzlich überflüssig, hatte doch bei ihnen das gemeinschaftliche Leben in der großen Küche stattgefunden.

Frei hatte sie nur am Sonntagnachmittag bis Sonnenuntergang, indessen war das die Zeit, mit der sie am wenigsten anzufangen wusste. Sie kannte keine Menschenseele in Radolfzell, zumal die Anverwandten ihrer Stiefmutter kein einziges Mal zu ihnen aufs Dorf herausgekommen waren, und sie mochte auch niemanden kennenlernen. Den meisten Städtern nämlich galten die Dörfler als dreckig, roh und einfältig, und das ließen die Nachbarn sie auch spüren. So litt sie stumm an Heimweh, den ganzen Herbst und...
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Astrid Fritz studierte Germanistik und Romanistik in München, Avignon und Freiburg. Als Fachredakteurin arbeitete sie anschließend in Darmstadt und Freiburg und verbrachte mit ihrer Familie drei Jahre in Santiago de Chile. Zu ihren großen Erfolgen zählen «Die Hexe von Freiburg», «Die Tochter der Hexe», «Turm aus Licht», «Der dunkle Himmel». Astrid Fritz lebt in der Nähe von Stuttgart.