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Tod an heiliger Stätte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
544 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am15.04.20101. Auflage
In St. Anselm, einem elitären Priester-seminar an der sturmzerfressenen Küste East Anglias, säen rätselhafte Todesfälle Misstrauen und Angst. Das bisher so wohl geordenete Leben in der der einsamen viktorianischen Klosteranlage gerät aus dem Gleich-gewicht. Commander Dalgliesh von Scotland Yard, zur diskreten Ermittlung angereist, wird schon in der ersten Nacht mit einem grässlichen Mord konfrontiert. Jetzt ist klar: Die frommen Zielen gewidmete Gemeinschaft beherbergt einen Menschen, der Böses will - und tut. Tod an heiliger Stätte von P. D. James: im eBook erhältlich!

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.
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Produkt

KlappentextIn St. Anselm, einem elitären Priester-seminar an der sturmzerfressenen Küste East Anglias, säen rätselhafte Todesfälle Misstrauen und Angst. Das bisher so wohl geordenete Leben in der der einsamen viktorianischen Klosteranlage gerät aus dem Gleich-gewicht. Commander Dalgliesh von Scotland Yard, zur diskreten Ermittlung angereist, wird schon in der ersten Nacht mit einem grässlichen Mord konfrontiert. Jetzt ist klar: Die frommen Zielen gewidmete Gemeinschaft beherbergt einen Menschen, der Böses will - und tut. Tod an heiliger Stätte von P. D. James: im eBook erhältlich!

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426404577
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum15.04.2010
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.11
Seiten544 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1021 Kbytes
Artikel-Nr.1436830
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1



Die Idee stammt von Pater Martin. Er hat mir geraten aufzuschreiben, wie das war, als ich die Leiche fand. Ich fragte: »Sie meinen, als ob ich einen Brief schreiben und alles einem Freund mitteilen würde?«

Pater Martin sagte: »Schreiben Sie es nieder wie eine erfundene Geschichte, als würden Sie neben sich stehen, das Geschehen beobachten und sich an das erinnern, was Sie taten, was Sie empfanden, als wäre all das jemand anderem widerfahren.«

Ich wusste, was er meinte, aber ich war nicht sicher, ob ich den rechten Anfang finden würde. »Alles, was passiert ist, Pater«, sagte ich, »oder nur den Spaziergang am Strand und wie ich Ronalds Leichnam entdeckte?«

»Was immer Sie erzählen möchten. Schreiben Sie über das Seminar und über Ihr Leben hier, wenn Sie wollen! Ich denke, das könnte Ihnen gut tun.«

»Hat es Ihnen gut getan, Pater?«

Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe, die Worte kamen mir einfach so in den Sinn, und ich sprach sie aus. Eigentlich war die Frage ja töricht und irgendwie auch ungehörig, aber er schien sie mir nicht zu verübeln.

Nach einer Pause sagte er: »Nein, mir hat es nicht wirklich geholfen, aber bei mir lag´s ja auch schon sehr lange zurück. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Ihnen anders ist.«

Ich nehme an, er dachte an den Krieg und an seine Gefangenschaft bei den Japanern, an all die schrecklichen Dinge, die im Lager passiert sind. Er spricht nie über den Krieg, aber warum sollte er auch mit mir darüber reden? Ich glaube allerdings, er spricht mit niemandem darüber, nicht einmal mit den anderen Patres.

Diese Unterhaltung fand vor zwei Tagen statt, als wir nach der Abendandacht mitsammen den Kreuzgang durchquerten. Zur Messe gehe ich nicht, nicht mehr seit Charlie tot ist, aber zur Abendandacht schon. Eigentlich mache ich das anstandshalber. Ich fände es nicht recht, im Seminar zu arbeiten, mich von den Patres bezahlen zu lassen, all ihre Gefälligkeiten anzunehmen und dann keinen Gottesdienst zu besuchen. Aber vielleicht bin ich da zu empfindlich. Mr. Gregory, der Griechischstunden gibt, bewohnt genauso ein Cottage wie ich, doch er geht nie zur Kirche, außer er will Musik hören. Ich werde von niemandem zum Kirchgang genötigt, sie haben nicht mal gefragt, warum ich nicht mehr zur Messe komme. Aber bemerkt haben sie es natürlich; sie merken alles.

Als ich wieder in meinem Cottage war, habe ich nachgedacht über das, was Pater Martin gesagt hat, und ob es nicht vielleicht eine gute Idee wäre. Das Schreiben ist mir nie schwer gefallen. In der Schule war ich gut im Aufsatz, und Miss Allison, unsere Englischlehrerin, war sogar der Meinung, ich hätte womöglich das Zeug dazu, Schriftstellerin zu werden. Aber ich wusste, dass sie sich irrte. Ich habe keine Phantasie, oder jedenfalls keine solche, wie ein Romancier sie braucht. Ich kann nichts erfinden. Ich kann nur über das schreiben, was ich sehe und tue und kenne - und manchmal über meine Gefühle, was nicht ganz so leicht ist. Und überhaupt wollte ich immer Krankenschwester werden, schon als Kind. Heute bin ich vierundsechzig und in Rente, aber hier in St. Anselm kann ich mich immer noch nützlich machen. Als Hausmutter behandele ich die leichteren Krankheitsfälle, und außerdem kümmere ich mich um die Wäsche. Keine schwere Arbeit, doch ich habe ein schwaches Herz und kann von Glück sagen, dass ich noch eine Beschäftigung habe. Die Patres tun alles, um mir die Arbeit zu erleichtern. Sogar einen Handwagen haben sie angeschafft, damit ich nicht in Versuchung komme, die schweren Wäschestapel zu schleppen. All das hätte ich wohl gleich eingangs erwähnen sollen. Ach, und ich habe noch nicht einmal meinen Namen genannt. Ich heiße Munroe, Margaret Munroe.

Ich glaube, ich weiß, warum Pater Martin meinte, es sei vielleicht hilfreich, wenn ich wieder anfinge zu schreiben. Er weiß, dass ich Charlie früher jede Woche einen langen Brief geschrieben habe. Außer Ruby Pilbeam ist er wohl der Einzige hier, der das weiß. Jede Woche setzte ich mich hin und überlegte, was seit dem letzten Brief passiert war, erinnerte mich an unwichtige Kleinigkeiten, die aber für Charlie nicht unwichtig sein würden: an die Mahlzeiten, die ich eingenommen, die Witze, die ich gehört hatte, an Geschichten über die Studenten und an das Wetter. Man würde nicht glauben, dass es viel zu schreiben gab von so einem stillen Ort an einer abgelegenen Felsenküste, aber es war erstaunlich, was ich alles erzählenswert fand. Und ich weiß, dass Charlie viel Freude hatte an meinen Briefen. »Schreib mir nur fleißig, Mum«, sagte er immer, wenn er auf Urlaub kam. Und ich habe geschrieben.

Als er gefallen war, schickte mir die Armee seine ganze Habe, und das Bündel Briefe war auch dabei. Nicht alle, die ich geschrieben hatte, er hätte nicht jeden einzelnen aufheben können, aber ein paar von den längsten hatte er doch behalten. Ich ging damit auf die Landzunge hinaus und machte ein Feuer. Es war ein windiger Tag, wie häufig an der Ostküste, und die Flammen sprühten und prasselten und drehten sich mit dem Wind. Verkohlte Papierfetzen stiegen auf und umflatterten mein Gesicht wie schwarze Motten, und der Rauch stach mir in die Nase. Was mich gewundert hat, denn es war doch nur ein kleines Feuerchen. Aber was ich eigentlich sagen will, ist, dass ich weiß, warum Pater Martin mir zu dieser Art Tagebuch geraten hat. Er dachte, wenn ich wieder anfange zu schreiben - egal was -, würde mir das vielleicht helfen, ins Leben zurückzufinden. Er ist ein guter Mensch, womöglich gar ein Heiliger, aber es gibt so vieles, was er nicht versteht.

Es ist ein seltsames Gefühl, so eine Art Tagebuch zu schreiben, ohne dass ich weiß, wer, wenn überhaupt jemand, es je zu Gesicht bekommen wird. Und ich weiß nicht recht, ob ich für mich schreibe oder für einen imaginären Leser, für den alles, was mit St. Anselm zu tun hat, neu ist und fremd. In dem Fall sollte ich vielleicht etwas über das Seminar erzählen, sozusagen den Ort der Handlung beschreiben. Gegründet wurde es 1861 von einer frommen Dame namens Agnes Arbuthnot, die dafür Sorge tragen wollte, dass »in der anglikanischen Kirche allzeit fromme und gebildete junge Männer zu katholischen Priestern geweiht« würden. Ich habe das in Anführung gesetzt, weil dies genau ihre Worte waren. In der Kirche liegt eine Broschüre über Miss Arbuthnot aus, daher weiß ich es. Sie stiftete die Gebäude, den Grund und fast ihr gesamtes Mobiliar sowie genügend Geld - so meinte sie zumindest -, um dem Seminar immer währende Unabhängigkeit zu garantieren. Aber das Geld reicht nie, und heute muss St. Anselm zum größten Teil von der Kirche finanziert werden. Ich weiß, dass Pater Sebastian und Pater Martin befürchten, die Kirche wolle das Seminar schließen. Über diese Sorge wird nie offen diskutiert, schon gar nicht mit dem Personal, auch wenn wir alle Bescheid wissen. In einer so kleinen und abgeschiedenen Gemeinschaft wie St. Anselm scheinen sich Neuigkeiten und Klatsch auch unausgesprochen zu verbreiten, gleichsam mit dem Wind.

Miss Arbuthnot stiftete nicht nur das Haus, sondern ließ dahinter auch noch den Kreuzgang mit den Unterkünften für die Studenten errichten sowie eine Reihe von Gästeappartements, die den nördlichen Flügel des Kreuzgangs mit der Kirche verbinden. Und für das Personal baute sie auf der Landzunge, etwa hundert Meter vom Haupthaus entfernt, vier im Halbkreis angeordnete Cottages, die sie nach den vier Evangelisten benannte. In St. Matthew, dem südlichsten, wohne ich. Ruby Pilbeam, die Köchin und Haushälterin, und ihr Mann, unser Faktotum, sind in St. Mark untergebracht. Mr. Gregory ist in St. Luke, und im nördlichsten Cottage, dem St. John, wohnt Eric Surtees, der Mr. Pilbeam zur Hand geht. Eric hält Schweine, aber nicht um St. Anselm mit Fleisch zu versorgen; das ist eher so ein Hobby von ihm. Bis auf ein paar Putzfrauen aus Reydon und Lowestoft, die stundenweise aushelfen, bilden wir vier das gesamte Personal, doch da wir nie mehr als zwanzig Kandidaten und nur vier Hauspatres haben, kommen wir gut zurecht. Keiner von uns wäre leicht zu ersetzen. Diese windumtoste, öde Landspitze ohne ein Dorf, ohne Pub und ohne Läden ist den meisten Leuten zu abgelegen. Mir gefällt es hier, aber selbst ich finde es bisweilen Furcht erregend und ein bisschen unheimlich. Das Meer höhlt die sandigen Klippen Jahr um Jahr stärker aus, und manchmal, wenn ich am Ufer stehe und aufs Meer hinausschaue, kann ich mir vorstellen, wie eine mächtige Flutwelle sich gischtschäumend aufbäumt und auf den Strand zurast, auf Türme und Zinnen niederdonnert, sich über die Kirche und die Cottages ergießt und uns alle hinwegspült. Das alte Dorf Ballard´s Mere liegt seit Jahrhunderten auf dem Meeresgrund begraben, und die Leute sagen, manchmal, in stürmischen Nächten, könne man das ferne Geläut der Kirchenglocken von den versunkenen Türmen hören. Und was das Meer nicht verschlungen hat, wurde 1695 durch eine große Feuersbrunst zerstört. Von dem früheren Dorf ist nichts erhalten geblieben außer der mittelalterlichen Kirche, die Miss Arbuthnot restaurieren ließ und dem Seminar eingliederte, und den beiden verfallenen roten Ziegelsäulen vor dem Haus, den einzigen Relikten des elisabethanischen Herrenhauses, das einmal dort gestanden hat.

Doch nun sollte ich wohl endlich zu Ronald Treeves kommen, dem Jungen, der gestorben ist. Schließlich geht es ja hier um seinen Tod. Vor der gerichtlichen Untersuchung hat mich die Polizei vernommen und gefragt, wie gut ich ihn...

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Autor

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.