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Weihnachtsgeschichten am Kamin 29

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am24.10.20141. Auflage
Der Weihnachtsklassiker - gehört zum Fest wie Tannenbaum und Plätzchenbacken. Kinder und Eltern sitzen mit leuchtenden Augen und gespitzten Ohren am Tannenbaum, die Plätzchen sind verteilt, und Großvater hat schon die Lesebrille auf der Nase. Jetzt noch schnell die Kerzen angezündet, und das Beste an der Weihnachtszeit kann beginnen: Nichts ist schöner, als mit der ganzen Familie beisammen zu sein und gemeinsam Weihnachtsgeschichten zu lauschen!

Für Barbara Mürmann ist als Herausgeberin der «Weihnachtsgeschichten am Kamin» das ganze Jahr Weihnachten. Zum Glück, denn sie liebt dieses besondere Fest. Seit vielen Jahren besorgt sie mit Hingabe und Sorgfalt die Auswahl für die erfolgreiche Anthologie. Barbara Mürmann, geboren in Goslar, lebt in Hamburg. Dort leitet sie den Arezzo Musikverlag.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR7,99

Produkt

KlappentextDer Weihnachtsklassiker - gehört zum Fest wie Tannenbaum und Plätzchenbacken. Kinder und Eltern sitzen mit leuchtenden Augen und gespitzten Ohren am Tannenbaum, die Plätzchen sind verteilt, und Großvater hat schon die Lesebrille auf der Nase. Jetzt noch schnell die Kerzen angezündet, und das Beste an der Weihnachtszeit kann beginnen: Nichts ist schöner, als mit der ganzen Familie beisammen zu sein und gemeinsam Weihnachtsgeschichten zu lauschen!

Für Barbara Mürmann ist als Herausgeberin der «Weihnachtsgeschichten am Kamin» das ganze Jahr Weihnachten. Zum Glück, denn sie liebt dieses besondere Fest. Seit vielen Jahren besorgt sie mit Hingabe und Sorgfalt die Auswahl für die erfolgreiche Anthologie. Barbara Mürmann, geboren in Goslar, lebt in Hamburg. Dort leitet sie den Arezzo Musikverlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644526419
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum24.10.2014
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.29
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1448323
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Der schwedische Weihnachtsbaum

Uwe Pohl


Über Nacht hatte es geschneit. Paul schätzte, dass es mindestens acht Zentimeter waren, als er aus dem Fenster des kleinen Holzhauses schaute. Die Büsche und Bäume sahen in der ersten Morgensonne wie überzuckert aus, und durch eine Lücke zwischen zwei großen Kiefern hatte er einen phantastischen Blick auf die See. Die vorgelagerten Felsen, von einem Gletscher während der letzten Eiszeit glattgeschliffen, waren ebenfalls zugeschneit. Aber die Dezembersonne hatte noch Kraft und hatte auf den Felsen schon einige Flecken vom Schnee befreit. Gestern Abend hatte es noch wie aus Kübeln geregnet, und er hatte Mühe gehabt, trotz des kräftigen Geländewagens durch den aufgeweichten Weg zum Holzhaus zu kommen. Aber als er und Jesper, sein Sohn, zu Bett gingen, war das Thermometer bereits wieder gefallen, und der Hagel prasselte auf das Dachfenster.

Mit der Fahrt von Hamburg hierher hatte es wunderbar geklappt. Die Fähre von Puttgarden nach Rödby fuhr pünktlich, und die Straßen nach Kopenhagen waren, weil es ein Wochentag war, nicht sehr voll. Als sie über die Öresundbrücke nach Malmö fuhren, genoss er die Aussicht. Es war das erste Mal, dass er die Brücke nutzte, und er war erstaunt, wie viel Zeit er gegenüber der Fahrt mit der Fähre sparte. Als sie in Roenneby ankamen, wurde es schon dunkel, und Regen setzte ein. In einem Supermarkt kauften sie noch schnell das Nötigste. Es waren nur noch ein paar Tage bis zum Weihnachtsfest, und das Innere des Marktes wurde mit Weihnachtsmusik beschallt. Überall blinkte und glitzerte es, und als Paul ein Paket mit Müsli aus einem Regal nahm, rief eine heisere Stimme: «Ho, ho, ho!» Sie waren froh, als sie wieder im Wagen saßen. Er jedenfalls, ob das bei Jesper mit seinen zwölf Jahren auch so war, wusste er nicht genau. Er trat aus der Haustür des gelben Holzhauses und nahm sich den Schneebesen, der an der Seite des Hauses stand. Gerade als er ansetzen wollte zu fegen, hörte er das Telefon klingeln und rannte in den Flur.

«Ja?», keuchte er atemlos ins Telefon.

«Paul», sagte seine Frau mit vorwurfsvoller Stimme, «du wolltest doch anrufen, wenn ihr angekommen seid. Ich hab mir schon Sorgen gemacht!»

Mist! Das hatte er total vergessen, und Jesper hatte auch nichts gesagt. Solveig, seine Frau, hatte es ihm noch extra auf den Weg mitgegeben: «Nicht vergessen: anrufen!»

Etwas Ähnliches war ihm schon einmal am Anfang ihrer Ehe passiert. Er war mit seinem Wagen unterwegs gewesen und hatte eine Panne gehabt. Solveig war damals total verzweifelt. Sie konnte zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt kein Deutsch, nur ihre Muttersprache, Schwedisch. Er hatte ihr nicht Bescheid gegeben, und sie hatte sich schwergetan bei den Telefonaten mit seinen Mitarbeitern, Freunden und der Polizei. Das war jetzt anders, sie konnte fließend Deutsch, aber trotzdem hätte er anrufen können.

Schnell erfand er eine, seiner Meinung nach, gute Ausrede und sagte kleinlaut: «Das Wetter war dermaßen schlecht, wir waren froh, hier heil angekommen zu sein, und da habe ich ...!»

«Ich verzeihe dir, ich verzeihe dir wirklich», sagte Solveig, er merkte sogar am Telefon, dass sie grinste, «es kann nur besser werden. Aber ihr könntet mir eine große Freude machen, wenn ihr schon mal dort oben seid.»

Solveig war in der Provinz Blekinge geboren und hatte von ihren Eltern dieses Holzhaus in Schweden geerbt. Es lag in Korsanäs, einem kleinen Ort in der Nähe von Roenneby. Ganz in der Nähe war die Ostsee, auf die er jetzt schaute. Und so kam es, dass sie ihre meisten Sommerurlaube in Blekinge verbrachten. Sie verlebten hier auch bei ihren gelegentlichen Kurzurlauben immer schöne Zeiten. Auch Jesper fühlte sich in Schweden sehr wohl, war in Korsanäs groß geworden und hatte hier sogar schwimmen gelernt. Nur in diesem Jahr war es nicht möglich, Weihnachten in ihrem Ferienhaus zu verbringen, weil Solveig gleich nach den Feiertagen arbeiten musste. Sie war Krankenschwester und hatte ihren Dienst nicht tauschen können. So war er mit Jesper nach Blekinge nur aufgebrochen, um das Ferienhaus winterfest zu machen, danach wollten sie wieder zurück, um gemeinsam Weihnachten in Hamburg zu verbringen.

«Was für eine Freude können wir dir denn machen?», fragte Paul vorsichtig.

«Ihr könntet mir einen Weihnachtsbaum mitbringen. Wenn wir schon in Hamburg feiern, dann mit einem heimatlichen schwedischen Baum. Oder?»

«Wenn es weiter nichts ist», sagte Paul und schaute Jesper an, der inzwischen aufgestanden war und mitgehört hatte. Dieser nickte großzügig und machte mit den Fingern das Viktory-Zeichen.

Am nächsten Morgen war die Temperatur noch weiter gefallen, und es schneite heftig. Paul war mit Jesper unterwegs in einem kleinen Wäldchen. Die Bäume knackten und knisterten im Wind, denn gestern Abend hatte es geregnet, und die Zweige hatten sich durch das Gewicht des Eises nach unten gebogen. Paul und Jesper stapften durch den Wald und hatten die Köpfe gesenkt, um sich vor dem nassen Schnee zu schützen, bis sie zu einer kleinen Lichtung kamen. Dort, mitten auf diesem freien Fleck Erde, stand er. Prächtig gewachsen und nicht ganz zweieinhalb Meter hoch. Der ideale Baum, fand Paul und schaute zu Jesper rüber. Der hatte den Baum auch entdeckt und lief zu ihm hin.

«Der ist toll, den nehmen wir», rief er, «der ist auch nicht zu groß. Den kriegen wir prima auf das Auto gebunden!»

Als Paul mit der Säge näher kam, bemerkte er rund um den Baum kleine, zierliche Abdrücke von Schuhsohlen, wie von Kinderschuhen. Das mussten frische Spuren sein.

«Merkwürdig», sagte Paul und wies mit dem Finger auf die Abdrücke. Jesper schaute kurz hin und zuckte mit den Schultern.

«Den nehmen wir», bestimmte Jesper, «und keinen anderen.» Er schaute sich um. «Es ist ja auch kein besserer da.»

Als Paul die Säge ansetzte, meinte er ein leises Jammern zu hören, als wenn ein Kind weinte. Er horchte noch ein Weilchen, aber es war nur das Knistern der Bäume und der leichte Wind zu vernehmen. Er musste sich wohl verhört haben, dachte er und schaute zu Jesper. Aber der guckte nur gleichmütig. Paul setzte wieder an und sägte, bis der Baum sanft zu Seite fiel. Sie brachten ihn zum Haus und legten ihn dort ab.

Während Jesper drinnen aufräumte, vernagelte Paul die Fensterläden, denn im letzten Jahr hatte es in der Gegend mehrere Einbrüche gegeben. Als sie mit allem fertig waren, hörte es auf zu schneien, und der Himmel über der See wurde sternenklar. Sie gingen zeitig zu Bett, denn morgen in der Früh sollte es wieder nach Hamburg zurückgehen.

Als Paul am nächsten Morgen zu der dem Wald zugewandten Seite des Hauses ging, um den Baum zu holen, war dieser nicht da. Schlicht und einfach weg. Er umrundete das gesamte Ferienhaus, aber der Baum war nicht zu finden. Erst als er zur Sauna schaute, die fast in dem Wäldchen stand, sah er ihn. Irgendjemand hatte ihn dorthin getragen oder gezogen. Schleifspuren waren im noch frischen Schnee zu sehen und seltsamerweise auch wieder mehrere kleine Fußabdrücke. Er schnappte sich den Baum, zog ihn zum Auto und zurrte ihn an der Dachreling des Wagens fest. Jesper hatte inzwischen die Hütte abgeschlossen und stieg zu ihm ins Auto. Sie fuhren den Feldweg entlang, und Paul schaute seitlich aus dem Fenster. Ihm war so, als ob aus dem angrenzenden Dickicht kleine, knorrige, faltige Gesichter schauten. Aber als er die Hauptstraße erreicht hatte, war das schon wieder vergessen, und Jesper hatte auch nichts gesagt.

Am Abend kamen sie zu Hause an, und Solveig war von dem Weihnachtsbaum ganz begeistert.

«Wo habt ihr den denn geschlagen?», wollte sie wissen, und als Paul es ihr erzählte, erblasste sie. Die gesamte Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen.

«Das hättet ihr nicht machen dürfen,» flüsterte sie, «nicht dort.»

«Wieso?», fragte Paul. «Das Wäldchen gehört doch zu unserem Grund, und dort können wir schlagen, was wir wollen. Da brauchen wir niemanden zu fragen.»

«Das stimmt zwar», flüsterte Solveig weiter, «aber an dieser Stelle, in der Mitte dieser Lichtung, ist der Versammlungsplatz der Trolle, ganz Korsanäs weiß das.»

Paul winkte ab: «Quatsch, Trolle gibt´s doch überhaupt nicht. Und wenn, dann haben sie jetzt eben keinen Baum mehr und müssen sich einen neuen suchen.»

Für ihn war die Sache damit erledigt, doch er musste an die Gesichter am Feldweg denken. Jesper schaute ihn schräg an, sagte aber nichts.

Am Morgen des Heiligen Abends schaute Paul nach dem Weihnachtsbaum. Er lag unter dem Dach ihres Carports. Das Eis und der Schnee waren abgetaut, und der Baum glänzte in nassem Grün. Und roch immer noch herrlich nach Wald. Paul befestigte den Tannenbaumständer, schraubte ihn fest und trug den Baum dann in das Wohnzimmer. Doch die Zimmerdecke war mit ihren immerhin zweieinhalb Metern Höhe zu niedrig für den Baum. Die Spitze bog sich und drohte abzubrechen. Mist, wir hatten ihn doch ausgemessen, dachte er. Er schraubte alles wieder auseinander und sägte draußen mindestens dreißig Zentimeter ab. Dann trug er den Baum wieder in die gute Stube. Wunderbar, diesmal passte er.

Solveig hatte schon den Baumschmuck vom Dachboden geholt. «Dann kannst du ja heute Nachmittag alles schmücken», sagte sie lächelnd und klopfte Paul liebevoll auf die Schulter, weil sie wusste, dass er das gern machte. Ganz akribisch hängte er stets einen Lamettafaden nach dem anderen an die Zweige. Und wehe, jemand kritisierte die Anordnung des Schmuckes!

Nach dem Mittagsschläfchen ging Paul ins Wohnzimmer, um mit dem Schmücken zu beginnen. Starr vor Schreck blieb er in der Tür stehen. Die Tanne ragte bis an...
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Für Barbara Mürmann ist als Herausgeberin der «Weihnachtsgeschichten am Kamin» das ganze Jahr Weihnachten. Zum Glück, denn sie liebt dieses besondere Fest. Seit vielen Jahren besorgt sie mit Hingabe und Sorgfalt die Auswahl für die erfolgreiche Anthologie. Barbara Mürmann, geboren in Goslar, lebt in Hamburg. Dort leitet sie den Arezzo Musikverlag.