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Schrippenblues

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am15.09.2014
'Die kommt eh nach a paar Wochen wieder. Was will die denn mit am Berliner? Allein die ganzen Verrückten in der Großstadt hält die doch ned aus.' Doch so einfach ist es leider nicht ... Als sein geliebtes Tinerl nach Berlin abhaut - noch dazu mit einem nikolausbärtigen Schlumpfmützenträger - sieht der Wildbach Toni keine andere Möglichkeit, als ihr hinterherzureisen, um sie schleunigst zurück in die Berge zu holen. So nimmt er den nächstbesten Zug und stürzt sich mitten hinein ins urbane Abenteuer. Aber ein echter Bergmensch hat es im Großstadtdschungel gar nicht so leicht ...

Moses Wolff, geb. 1969 in München, ist Autor, Schauspieler und Kabarettist. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin Titanic und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne »Schwabinger Schaumschläger«. Moses Wolff wohnt in der Isarvorstadt in München.
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Produkt

Klappentext'Die kommt eh nach a paar Wochen wieder. Was will die denn mit am Berliner? Allein die ganzen Verrückten in der Großstadt hält die doch ned aus.' Doch so einfach ist es leider nicht ... Als sein geliebtes Tinerl nach Berlin abhaut - noch dazu mit einem nikolausbärtigen Schlumpfmützenträger - sieht der Wildbach Toni keine andere Möglichkeit, als ihr hinterherzureisen, um sie schleunigst zurück in die Berge zu holen. So nimmt er den nächstbesten Zug und stürzt sich mitten hinein ins urbane Abenteuer. Aber ein echter Bergmensch hat es im Großstadtdschungel gar nicht so leicht ...

Moses Wolff, geb. 1969 in München, ist Autor, Schauspieler und Kabarettist. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin Titanic und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne »Schwabinger Schaumschläger«. Moses Wolff wohnt in der Isarvorstadt in München.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641093082
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum15.09.2014
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse939 Kbytes
Illustrationen33 schwarz-weiße Abbildungen
Artikel-Nr.1467890
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



riaßeich! Herzlich willkommen auf dem Berg! Ich geh davon aus, dass es mittlerweile alle begriffen haben und inzwischen jeder schon mal auf einem Berg war. All denen, denen der Berg neu ist, soll gesagt sein: Es gibt Regeln, an die man sich halten sollte, damit einem nichts passieren kann. Allerdings gilt dieser Grundsatz überall, auch in einer Großstadt, wie ich kürzlich erfahren musste.

Wir wohnen in einer hinreißenden Berggegend, ziemlich weit oben. Neulich saß ich vor meiner Hütte und ließ mich vom Blick auf die davorliegende Wiese unterhalten, wo das Gras ungemäht, und, obgleich mit Wildblumen übersät, unverblümt im Winde weht. Einzelne weiße Steine haben in vollster Harmonie ihren Platz zwischen den Halmen. Meine Hütte ist eine kleine, freilich aber gemütliche Behausung, versehen mit nur wenigen Einrichtungsgegenständen, dafür allerdings einigen religiösen Kunstwerken, allen voran eine geschnitzte Statue des heiligen Joseph, den ich seit jeher aufrichtig verehre und bewundere. Ein gemütliches Holzbett findet sich ebenfalls in meiner Behausung, außerdem ein blankgehobelter Tisch, verfertigt aus Fichtenholz, zwei Stühle, eine Flasche Schnaps und ein Kartenspiel, fertig! Mehr braucht man nicht in einem Eigenheim für das wahre Glück der Seele, solang man den himmlischen Mächten darin Wohnung zu geben bereit ist.

Hinter meiner Hütte steigt die Bergwiese steil an bis zum Rand der Wälder, über denen sich Berge und Himmel eindrucksvoll zu erheben wissen. Die Berggipfel sind gern mit Schneehauben bedeckt, im Hochsommer jedoch selten. Sie strahlen zu jeder Jahreszeit eine große majestätische Erhabenheit aus, die viele Menschen zu Recht ehrfürchtig erstarren lässt; doch sobald man ihnen Vertrauen entgegenbringt, dann, ja dann, vermögen sie jenen, die ihr Herz nicht verschließen, allerlei Weisheit, Inspiration und Freude zu schenken.

An manchen Stellen sind die Berge etwas abgewetzt, das liegt größtenteils an leichtfertigen, schlecht informierten »Bergsteigern« aus Großstädten wie zum Beispiel Berlin, die aus Unachtsamkeit hinabgestürzt und dabei an der Felswand entlanggeschrammt sind. Doch wie man bei uns sagt: »Mit Schwund muss man rechnen!«

Berlin. In meiner Vorstellung wird man in einer solchen Stadt wahnsinnig bei all der Reizüberflutung und den vielen Menschen, von denen jeder täglich darum kämpfen muss, nicht unterzugehen und seine Individualität zu wahren. Dass ich dort einmal hingeraten würde, hätte ich mir niemals vorstellen können. Wozu auch? Nun ja, der Verlauf der Geschichte wird es erklären …

An diesem Tag also, als ich auf der kleinen Bank vor meiner Hütte saß und auf die Wiese vor mir blickte, kam plötzlich ein Maulwurf zu Besuch, und ich sah ihm eine gute halbe Stunde dabei zu, wie er bald hier, bald dort ein hübsches Erdhügelchen auf die Wiese zauberte. Es entspannt mich immer enorm, anderen bei der Arbeit zuzusehen. Maulwürfe sind sehr zahme Tiere mit uraltem Wissen. Leider sehen sie nicht gut, beziehungsweise eigentlich überhaupt nicht, weil sie ja immer unter der Erde hausen. Daher können sie sich manchmal auch nicht gescheit wehren, wenn böse Kreaturen ihnen Übles zufügen wollen. Bei uns aber werden Maulwürfe (wie übrigens alle Tiere) gut behandelt und geschätzt.

Dieses blinde Kerlchen jedenfalls kam aus einem frisch gebuddelten Hügel heraus und reckte sein spitzes Näslein in die Höhe. Die feinen Barthaare glänzten im Sonnenlicht. Er schien etwas erschnuppert zu haben und krabbelte daraufhin leicht umständlich nach oben ins Freie. Dort streckte er sich erstmal, wie sich Menschen nach einem langen Tiefschlaf strecken. Maulwürfe machen das nach erledigter Buddel-Arbeit. Doch auf einmal rauschte es von oben: Eine Eule kam herabgeschossen, was mich sehr verwunderte, da Eulen normalerweise nachtaktive Tiere sind und hier tagsüber eigentlich überhaupt nichts verloren haben! Allem Anschein nach wollte sie sich den armen Knirps angeln. Ich kannte leider den Namen des Maulwurfs nicht, also rief ich ihn kurzerhand »Kamerad«.

»He, Kamerad, pass auf, da chemmt a Eule!«

Er blickte in meine Richtung, das heißt, sein Gesicht wandte sich mir zu. Blicken konnte er nicht, er war ja blind. Blitzschnell entschied er sich für die Flucht nach vorne. Die Eule, deren Angriff ich zu vereiteln suchte und die sich noch im Sturzflug befand, wendete mir den Kopf zu und sah mich erzürnt an. Eulen hassen es, wenn jemand den geregelten Lauf der Natur zu stören versucht. Was mir zugegebenermaßen eigentlich genauso geht. Der Maulwurf versteckte sich hinter einem Stein, über den er zufällig gestolpert war und den er aufgrund seines guten Tastsinns sogleich als möglichen Schutz erkannt hatte. Weil sehen konnte er ihn ja nicht, dies sage ich nur deshalb nochmals, um alle späteren Missverständnisse, die möglicherweise für viel Ärger sorgen könnten, ein für allemal auszuschließen. Die Eule aber ließ nicht locker.

»Verschwind hier, du Schwein!«, sagte ich zu der Eule, die jetzt richtig erzürnt wurde, weil Eulen es erst recht hassen, wenn man sie als Schwein bezeichnet. Schweine sind in der Welt der Eulen zwar heilig, aber als ein solches beschimpft zu werden, ging ihr dann doch zu weit, und sie schnaubte mir entrüstet zu. Ich sprang von meiner Bank auf und fuchtelte abwehrend mit der rechten Hand nach dem Federvieh, um es zu verscheuchen. Die Eule überlegte kurz, ob sie weiterhin nach dem armen Maulwurf jagen sollte, dann wurde es ihr aber scheints zu bunt, und sie flog von dannen oder, wie zu vermuten steht, auch von hinnen.

Viele moderne Menschen fragen ja grundsätzlich »Was hab ich davon?«, bevor sie anderen helfen, jemandem einen Gefallen tun oder auch nur freundlich schauen. Dieses Verhalten ist absolut verwerflich und übel, denn wir sind alle Geschöpfe des HERRN und haben die Pflicht, Gutes zu tun, ehrlich zu sein und uns um unsere Mitgeschöpfe zu kümmern, besonders wenn diese in Notlagen geraten. Wer nur an sich selbst denkt, mit dem wird es gewiss kein gutes Ende nehmen. Wer dagegen nach Glück strebt und sich dabei bemüht, immer redlich und charakterstark zu sein, wird sich vom Leben irgendwann reich beschenkt sehen. Natürlich gibt es Erdenbürger, die in Diktaturen oder ähnliche schlimme Verhältnisse hineingeboren werden, oder andere, die erst im Lauf des Lebens in furchtbare Verhältnisse geraten. Bekommt man so etwas mit, sollte man hinschauen und alles Menschenmögliche unternehmen, um diese armen Kreaturen aus ihrer Misere zu befreien. Und nicht nach dem eigenen Vorteil fragen. Da könnt ich mich ja allein beim Gedanken an solch schmähliches Verhalten schon wieder aufregen! So ist es jedenfalls bei uns Menschen und auch in der Tierwelt: Manche Tiere geraten in furchtbare Verkettungen und können sich selbst nicht emanzipieren. Daher muss man als guter Mensch manchmal eingreifen. Das ist doch wirklich nicht so schwer zu verstehen, oder?

Menschen und Tiere sollen im Einklang miteinander leben. Gut, zugegeben, manchmal muss man den Tieren zeigen, wer »die Hosen anhat«. Sonst glauben sie, sie könnten sich aufführen wie eine Horde betrunkener Australier. Sowohl bei den Australiern als auch bei den Tieren muss man in der Lage sein, sie in ihre Schranken zu weisen. Dies funktioniert leider nicht immer ohne Gewaltanwendung. Einmal ist beispielsweise bei uns im Dorf ein Tourist aus Finnland von einem Rebhuhn angegriffen worden. Das Rebhuhn war völlig übergeschnappt, hat auf den armen Mann eingebissen und ihm wirklich Angst gemacht. Da bin ich hingegangen und hab dem Rebhuhn eine saftige Ohrfeige gegeben, weil sich so was einfach nicht gehört! Der Mann war wie benommen und stammelte in seiner Verwirrung lauter sonderbares Zeug. Da hab ich ihm auch eine Ohrfeige gegeben, damit sein Kreislauf wieder in Ordnung kam. Man muss manchmal auch aus dem Bauch heraus handeln.

Abgesehen davon sollte man aber allen Lebewesen angemessenen Respekt erweisen.

Bei uns heroben gibt es ja eine Menge überliefertes Wissen, zum Beispiel, dass der Verzehr von Kühen gesünder ist als der von Schweinen, weil Schweinefleisch unter anderem für Antriebsschwäche sorgt. Mit Schweinen kann man aber gut herumtoben und Schlammschlachten austragen, sie sind lustige Kumpels, deshalb haben wir bei uns gern welche. Außerdem kann man aus ihnen einen schönen schmackhaften Speck machen, der trotz der dadurch hervorgerufenen Müdigkeit ganz wunderbar schmeckt. Mit Kühen kann man gemütlich auf einer Wiese herumliegen und das Geschehen der Natur beobachten. Sie sind sehr geduldige Zeitgenossen und phantastische Zuhörer.

Es gibt hier heroben einen außergewöhnlichen Mann: den Steinbichler Georg. Er ist ein Klettergenie und Erfinder diverser Sicherheitssysteme für Gurte. Gerne zitiert er Weisheiten seines großen Vorbildes Anderl Heckmair, dem Erstdurchsteiger der Eiger-Nordwand, die da zum Beispiel lauten: »Alkohol in Maßen genossen, schadet auch in größeren Mengen nicht« oder »Ein junges Weib frisst auch nicht mehr als ein altes«. Gemeinsam mit Freunden geht er gern in die Steilwand. Auch ich gehöre manchmal zu dieser Seilschaft. Das werden immer herrliche Ausflüge. Ansonsten führt der Georg gegen ein »kleines Entgelt« (wie er seinen Klienten, stets schlitzohrig mit dem angemessenen Ernste in seiner Mimik, zu vermitteln weiß) Besucher herum und zeigt ihnen versteckte Gipfel. Er hört auf den Namen »Action Schorsch«.

Der Action Schorsch verbringt viel Freizeit auf Kuhweiden und kennt die meisten einheimischen Kühe persönlich recht gut und ist mit fast allen per du. Ab und zu liest er gemeinsam mit dem Herrn Doktor den jungen Kühen aus den Werken von Wolf Haas vor (und selten auch mal älteren...


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