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Highway to Hellas

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am01.09.20141. Auflage
Paladiki steht unter Schock: Die Deutschen kommen, um zu schnüffeln! Jörg Geissner - unfreiwilliger Neu-Single und Vollblutspießer - soll die korrekte Verwendung eines Kredits überprüfen. Doch angekommen auf Paladiki beginnt für den Banker eine Odyssee. Angeführt von dem gewitzten Gigolo Panos führen die Inselbewohner den Deutschen an der Nase herum. Geissner muss gegen ihre Schikanen kämpfen wie gegen die Köpfe der Hydra. Doch schließlich kommt er den Einheimischen näher und ihm wird klar: Der Ausgang seiner Reise entscheidet über die Zukunft der Insel. Geissner muss sich die Frage stellen, wem gegenüber er sich wirklich verantwortlich fühlt: Seiner Bank oder den Menschen von Paladiki ...

Moses Wolff, geboren 1969, ist Autor, Schauspieler und Komiker. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin »Titanic« und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne »Schwabinger Schaumschläger Show«. 2015 erhielt er den Schwabinger Kunstpreis. Gemeinsam mit Arnd Schimkat hat er den mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle verfilmten Romans »Highway to Hellas« verfasst. Moses Wolff wohnt in der Münchner Isarvorstadt.
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Produkt

KlappentextPaladiki steht unter Schock: Die Deutschen kommen, um zu schnüffeln! Jörg Geissner - unfreiwilliger Neu-Single und Vollblutspießer - soll die korrekte Verwendung eines Kredits überprüfen. Doch angekommen auf Paladiki beginnt für den Banker eine Odyssee. Angeführt von dem gewitzten Gigolo Panos führen die Inselbewohner den Deutschen an der Nase herum. Geissner muss gegen ihre Schikanen kämpfen wie gegen die Köpfe der Hydra. Doch schließlich kommt er den Einheimischen näher und ihm wird klar: Der Ausgang seiner Reise entscheidet über die Zukunft der Insel. Geissner muss sich die Frage stellen, wem gegenüber er sich wirklich verantwortlich fühlt: Seiner Bank oder den Menschen von Paladiki ...

Moses Wolff, geboren 1969, ist Autor, Schauspieler und Komiker. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin »Titanic« und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne »Schwabinger Schaumschläger Show«. 2015 erhielt er den Schwabinger Kunstpreis. Gemeinsam mit Arnd Schimkat hat er den mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle verfilmten Romans »Highway to Hellas« verfasst. Moses Wolff wohnt in der Münchner Isarvorstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492967815
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum01.09.2014
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2386 Kbytes
Artikel-Nr.1477226
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2 Panagiotis Kritikakis saß vor seinem kleinen Minimarkt und rauchte eine Zigarette. Mit schräg gelegtem Kopf blickte er auf den Stapel internationaler Groschenromane, der vor dem kleinen Häuschen an der Hafenkante von Paladiki-Ort lag und den er schon lange einmal alphabetisch sortieren wollte. Doch seine Kunden - im Sommer überwiegend Touristen - brachten stets ein solch verheerendes Chaos in seinen Laden, dass er es immer wieder bleiben ließ. Nach drei Tagen wären die Bücher ohnehin wieder völlig durcheinander.

Langsam inhalierte er den Rauch seiner Zigarette. In den letzten Jahren hatte er sein Sortiment immer weiter aufgestockt. Neben Zeitschriften, Lebensmitteln und einer großen Auswahl an alkoholischen Erfrischungsgetränken gab es auch Bürobedarf, Tabakwaren, schöne, lustige oder frivole Postkarten, DVDs, Anglerbedarf, Gesellschaftsspiele, Reiseführer, CDs, gerahmte Gemälde, Kondome und weitere Drogerieerzeugnisse, Andenken aller Art, Sandalen, Tupperware, Flossen, Taucherbrillen und ausgesucht schöne Bademode für sie und ihn.

In seinem Shop war den ganzen Vormittag schon wenig los gewesen. Es war Anfang Juni, die Saison hatte gerade begonnen, und täglich stiegen neue Touristen von der Fähre. Panagiotis, der von allen nur Panos genannt wurde, war zuversichtlich, dass dieser Sommer ein guter werden würde. Die letzten beiden Jahre waren schwierig gewesen. Nicht so sehr für ihn als für die Insel insgesamt. Einige Hotels und Restaurants hatten das Ausbleiben der Sommergäste vom Festland nicht überlebt, und natürlich hatte auch er Einbußen gehabt. Viele Einwohner Paladikis, allen voran die Rentner und Familien, kauften weniger bei ihm, nachdem ihnen die Pensionen und Zuschüsse dramatisch gekürzt worden waren. Wie stark diese Einbußen waren, wusste er nicht genau. Er hatte noch nie Buch geführt, obwohl das neuerdings gesetzlich vorgeschrieben war. Doch die Gesetze scherten Panos nicht. Athen war weit weg, und auf Paladiki hatte man seit Menschengedenken eigene Gesetze. Sie regelten das Zusammenleben, das Erleben und das Ableben, wie Panos gerne sagte, und in besonders schwierigen Zeiten auch das Überleben auf der Insel. Davon abgesehen, wer sollte die Einhaltung dieser neuen Gesetze schon überwachen? Die Polizei? Die einzige Polizeistation im Umkreis von zweihundert Kilometern befand sich auf der regionalen Hauptinsel, mit dem Boot immerhin eine Dreiviertelstunde entfernt. Die drei dort stationierten Polizisten hatten bei den Inselbewohnern einen Ruf wie die Zöllner bei Jesus: korrupte Arschlöcher. Sollten die sich mal lieber um die echten Probleme kümmern, dachte Panos grimmig, als er aufstand, um sich ein Getränk aus dem Laden zu holen. Probleme gab es schließlich zuhauf, seitdem die EU-Troika, allen voran Deutschland, über sein Land bestimmte, als wäre Griechenland eine unmündige Kolonie. Und diese drei gottlosen Idioten steckten ihre ganze Kraft in den Schutz der bestehenden Besitzverhältnisse. Das bedeutete: Es wurde dem gedient, der ihnen am meisten Geld in das Umschlägchen, das »fakelaki«, steckte. Auch deswegen empfand Panos es als Zumutung, sich von der staatlichen Obrigkeit sagen zu lassen, was er zu tun oder zu lassen habe.

Ansonsten aber war Panos - trotz seines manchmal rauen Auftretens - ein friedfertiger Mensch. Er hatte ein freundliches Gesicht und lange Koteletten, die in Griechenland »favorites« heißen, und er liebte seine kleine Insel Paladiki mit einer Inbrunst, die er nicht in Worte fassen konnte. Wahrscheinlich hatte das Ausmaß seiner Liebe auch damit zu tun, dass er als Fünfjähriger für acht Jahre nach Deutschland in eine Stadt namens Dortmund »verschleppt« worden war, wie er es nannte. Im ersten Jahr, so schien es ihm im Rückblick, hatte es jeden Tag vierundzwanzig Stunden lang geregnet. Die folgenden Jahre war es nicht viel besser gewesen. Abartiges, jahrelanges Heimweh hatte ihn geplagt, und immer wenn seine Eltern mit ihm nach den Sommerferien, die sie bei seinem Großvater auf Paladiki verbracht hatten, wieder nach Deutschland hatten aufbrechen müssen, hatte sich Panos bis zur Besinnungslosigkeit widersetzt. Mit dreizehn hatten seine Eltern endlich ein Einsehen gehabt, und er hatte bei seinem Großvater auf Paladiki bleiben dürfen, einem stolzen, wenngleich melancholischen, weil früh verwitweten Mann, der eine kleine Bäckerei betrieben hatte. Seitdem hatte Panos Paladiki nur noch zweimal verlassen. Das erste Mal, als er zu einem Spiel seiner geliebten Fußballmannschaft AEK nach Athen gefahren war, um die weniger geliebten Fans der gegnerischen Mannschaft Panathinaikos ordentlich aufzumischen. Das zweite Mal hatte er seinem Bruder Kostas anlässlich dessen Hochzeit in Volos einen Besuch abgestattet. Damit war es aber auch genug gewesen. Wozu sollte er diesen Ort verlassen? Er liebte den Wind, die Kräuter und die umgefallenen Säulen am Fuß des kleinen Hügels neben der Reihe von Eukalyptusbäumen. Er verehrte die Zypressen, die Pinien und die kleine Tanne am Ortseingang, die ein georgischer Fremdenlegionär einst eigenhändig gepflanzt hatte. Außerdem das große Feld Minze im Hinterland, das er von seinem Großvater geerbt hatte und das im heißen Sommer 2003 zu einer Streitigkeit zwischen ihm und dem Betreiber der damals ansässigen und bereits im Jahr darauf wieder geschlossenen Bar Entaxi geführt hatte. Der Gastronom hatte immer frühmorgens, als er Panos noch in tiefem Schlaf wähnte, büschelweise Minzblätter stibitzt, um mit ihnen abends Cocktails für die Touristen zuzubereiten. Er hatte nicht eingesehen, wieso er beim Getränkehändler dafür hohe Geldbeträge zahlen sollte, wenn man die Minze umsonst pflücken konnte. Panos jedoch war stolz auf seine Minzwiese und sorgte regelmäßig durch eigenhändiges Düngen für ihr prächtiges Gedeihen. Er hatte den Barbesitzer aufgefordert, ihn an den Einnahmen aus den Cocktails zu beteiligen, und als Panos Druck gemacht hatte, hatte man sich schließlich darauf geeinigt, dass er jederzeit umsonst dort trinken dürfe.

Das konnte Panos gut: trinken. Und Druck machen. Er war ein kräftiger Mann um die vierzig und besaß eine Ausstrahlung, die Entschiedenheit ausdrückte. Wenn ihm etwas nicht passte, suchte er die Konfrontation und scheute auch vor Handgreiflichkeiten nicht zurück. Zwar hatte er bereits ein wenig angegraute Haare, doch das fiel kaum auf, da Panos meistens eine schwarze Baseballkappe trug, die er nur von Zeit zu Zeit lüftete, wenn ihm zu warm wurde oder wenn er einer Aussage besonderes Gewicht verleihen wollte. Fremden gegenüber war er schweigsam, im Freundeskreis dafür stets zu Scherzen aufgelegt. Außerdem war er kein Kostverächter. Zumindest nicht, wenn es um Frauen, Bier oder gutes Essen ging. Nur das Rauchen nervte ihn etwas, wegen des Hustens. Er hatte es bereits öfters aufgeben wollen, allerdings war es ihm immer nur für ein paar Stunden gelungen. Schon mehrmals hatte er hochspektakulär eine fast volle Zigarettenschachtel in ein offenes Feuer oder ins Meer geworfen, um sich zu beweisen, dass es das jetzt mit der Raucherei gewesen war. Doch kaum stand ein Glas Bier vor ihm, war auch die nächste Packung am Start.

Er liebte die Frauen, und viele Frauen fühlten sich von ihm angezogen. Touristinnen waren sein Spezialgebiet. Ihm fielen immer spontan lustige Storys ein, die er ihnen erzählen und mit denen er sie für sich gewinnen konnte. Im Alter von zwanzig Jahren hatte er eine Begegnung mit einer irischen Blondine gehabt. An jenem Abend hatte er ein wenig den Boden unter den Füßen verloren, da er das Flunkern unnötig übertrieben hatte: Um der sommersprossigen, feenhaften Frau zu gefallen, erzählte er, er sei Pilot bei Olympic Airways, einer renommierten griechischen Fluglinie. Ihr gefiel das, und sie wollte im Laufe des Abends immer mehr von seinen Fliegergeschichten hören. Ihm aber wurde das Lügen lästig. In der Hoffnung, die Situation würde sich klären und in Gelächter auflösen, übertrieb er über alle Maßen und erzählte ihr, dass es seine Spezialität sei, mit seiner Linienmaschine im Kanal von Korinth unter der Autobrücke hindurchzufliegen. Doch selbst das glaubte die Irin ihm bewundernd und schmiegte sich noch fester in seine Arme. Als sie die Insel verließ, um an einer Busreise zu den antiken Anlagen von Delphi teilzunehmen, musste ihr Bus ebenjene Brücke überqueren, von der Panos gesprochen hatte. Schockiert sah sie, wie schmal der Kanal war und dass ein Unterfliegen der Autobrücke praktisch unmöglich war. Heulend rief sie bei ihm an - was damals noch schwierig gewesen war, da es auf Paladiki nur etwa fünf Fernsprecher gegeben hatte, aber sie hatte die Nummer der Bäckerei seines Großvaters gehabt und ihn an die Strippe bekommen. Er rechnete damit, eine ordentliche Standpauke zu bekommen, doch zu seinem größten Erstaunen schluchzte sie vor Sorge um ihn und flehte ihn an, zugunsten ihrer Liebe solch ein gefährliches Unterfangen doch bitte in Zukunft zu unterlassen. Panos versprach es ihr. Sie sollte ihn schließlich in guter Erinnerung behalten. Gesehen hatte er sie trotzdem nie wieder. Das war normal. Zuerst schrieben ihm die Frauen wöchentlich Liebesbriefe, die er nie beantwortete. Im Winter wurden es dann schon deutlich weniger, und nur die hartnäckigsten blieben dran. Aber auch dann hielt er still. Ein paarmal war es passiert, dass die eine oder andere Frau im darauffolgenden Jahr wieder vor seinem Laden gestanden hatte, aber damit hatte er immer umzugehen gewusst. Meistens flammte die Liebe dann noch einmal auf. Gar nicht mochte er hingegen, wenn ihn Jahre später eine seiner Liebschaften samt Ehemann und Kindern aufsuchte und wie einen alten Freund behandelte. Das war in seinen Augen das Taktloseste,...

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Autor

Arnd Schimkat, geboren 1969, ist Schauspieler und Drehbuchautor. Er spielte in zahlreichen Rollen für das deutsche Kino und Fernsehen, unter anderem in den Kinofilmen "Nordwand", "Otto's Elven" und "Vaterfreuden". Arnd Schimkat wohnt in München-Pasing.Moses Wolff, geboren 1969, ist Autor, Schauspieler und Komiker. Er schreibt regelmäßig für das Satiremagazin Titanic und ist Mitveranstalter der erfolgreichen Münchner Lesebühne "Schwabinger Schaumschläger Show". Moses Wolff wohnt in der Münchner Isarvorstadt.