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Visionen einer Stahlratte

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am28.08.2014
Das Spiel ist aus, Stahlratte!
Die Stahlratte ist nicht mehr die Jüngste, und so findet sich Jim di Griz unversehens in einem Gefängnis wieder - einem Knast für in die Jahre gekommene Verbrecher ...
In 'Visionen einer Stahlratte' hat Harry Harrison die Kurzgeschichten zusammengestellt, die er für seine besten hält. Neben den 'Goldenen Jahren einer Stahlratte' enthält dieser Sammelband noch sechzehn weitere Stories, darunter auch 'Mitbewohner', aus der Harrisons berühmter Roman 'New York 1999' hervorging.

Harry Harrison, 1925 in Stamford, Connecticut geboren, ist einer der großen Meister der Science Fiction. Mit zahllosen Romanen und Erzählungen hat er sich weltweit ein Millionenpublikum erobert, darunter 'New York 1999', der als 'Soylent Green' verfilmt wurde und heute als einer der bedeutendsten Klassiker des Genres gilt. Harry Harrison starb am 15. August 2012 im Alter von 87 Jahren.
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Produkt

KlappentextDas Spiel ist aus, Stahlratte!
Die Stahlratte ist nicht mehr die Jüngste, und so findet sich Jim di Griz unversehens in einem Gefängnis wieder - einem Knast für in die Jahre gekommene Verbrecher ...
In 'Visionen einer Stahlratte' hat Harry Harrison die Kurzgeschichten zusammengestellt, die er für seine besten hält. Neben den 'Goldenen Jahren einer Stahlratte' enthält dieser Sammelband noch sechzehn weitere Stories, darunter auch 'Mitbewohner', aus der Harrisons berühmter Roman 'New York 1999' hervorging.

Harry Harrison, 1925 in Stamford, Connecticut geboren, ist einer der großen Meister der Science Fiction. Mit zahllosen Romanen und Erzählungen hat er sich weltweit ein Millionenpublikum erobert, darunter 'New York 1999', der als 'Soylent Green' verfilmt wurde und heute als einer der bedeutendsten Klassiker des Genres gilt. Harry Harrison starb am 15. August 2012 im Alter von 87 Jahren.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641138868
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum28.08.2014
SpracheDeutsch
Dateigrösse877 Kbytes
Artikel-Nr.1482567
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Nach dem Sturm

 

Die Ebbe hatte einen festen Standstreifen freigeschwemmt, über den sich gut joggen ließ. Obwohl gerade erst am Horizont aufgetaucht, strahlte die Sonne warm auf mein Gesicht. Das nächtliche Unwetter war vorüber, aber noch immer rollten mächtige Wellen vom Atlantik herein und brandeten schäumend an den Strand. Der Tag versprach heiß zu werden; um so angenehmer war der kühle Sand unter den Füßen. Gischt spülte mir um die Füße. Joggend war ich im Frieden mit der Welt. Eine gute Zeit, so früh am Morgen.

Plötzlich wurde ich auf einen Gegenstand aufmerksam, der sich dunkel von der weißen Brandung abhob. Treibholz. Prima. Davon ließ sich im Winter ein schönes Feuerchen machen. Es war eine lange Planke. Ich watete darauf zu - und erschauderte.

Über der Planke hing ein Körper, der Körper eines Mannes.

Mir stand nicht der Sinn danach, eine Wasserleiche aus der Nähe zu betrachten. Ich zögerte und blieb stehen. Was sollte ich tun? Die Polizei rufen? Aber womöglich würde Planke samt Leiche zurück aufs Meer getrieben. Ich musste sie bergen, sträubte mich aber, näher ranzugehen. Eine Welle schwappte darüber weg. Zwischen den langen Haaren hing Seetang. Der Kopf hob sich und sackte zurück.

Er lebte noch.

War aber kalt wie der leibhaftige Tod, was ich zu meinem Entsetzen feststellen musste, als ich seine Hände ergriff, um ihn durch das flache Wasser an Land zu ziehen. Dort rollte ich ihn auf den Bauch, legte das Gesicht auf seinen Unterarm und stemmte mich ihm in den Rücken, rhythmisch und immer wieder, bis er zu husten anfing und würgend Wasser spuckte. Dann schnappte er nach Luft, und als ich ihn auf den Rücken wälzte, öffneten sich flatternd seine Lider. Die Augen waren blassblau und starrten ins Leere, ehe sie auf das Licht reagierten.

»Sie sind an Land und in Sicherheit«, sagte ich. »Ist alles in Ordnung?«

Er zog die Stirn kraus. Es schien, als habe er mich nicht verstanden. »Sprechen Sie Englisch?«

»Ja …«, röchelte er und fuhr mit dem Handrücken über die Lippen. »Wo bin ich?«

»In Manhasset, am Nordstrand von Long Island.«

»Das gehört doch zu den Vereinigten Staaten, oder?«

»Sind Sie Ire?«

»Ja, und verdammt weit von zu Hause weg.«

Mühsam richtete er sich auf, stand schwankend auf den Beinen und wäre der Länge nach hingestürzt, wenn ich ihn nicht aufgefangen hätte.

»Halten Sie sich an mir fest«, sagte ich. »Ich wohne ganz in der Nähe und werde Ihnen ein paar trockene Sachen zum Anziehen geben und was Warmes zu trinken.«

Wir erreichten die Veranda, wo er sich sogleich seufzend auf die Bank fallen ließ. »Ja, 'ne Tasse Tee würde mir jetzt gut tun.«

»Ich hab leider keinen Tee. Wie wär's mit Kaffee?«

»Ist mir auch recht, danke.«

»Mit Zucker und Milch?«, fragte ich und tippte die Bestellung in die Wähltasten an der Wand. Er nickte und kniff die Brauen zusammen, als ich einen dampfenden Becher aus dem Entnahmeschacht zum Vorschein holte. Vorsichtig nippte er daran und trank dann mit gierigen Schlucken, bis der Becher leer war.

»Ein hübscher Zaubertrick, den Sie da vorgeführt haben. Können Sie den wiederholen?«

Ich fragte mich, woher er wohl kam, da es schien, als habe er noch nie einen Getränkeautomaten gesehen. Ich warf den gebrauchten Becher in die Wiederaufbereitung und reichte ihm einen vollen.

»Aus Irland«, antwortete er auf meine unausgesprochene Frage. »Wir sind von Arklow aufgebrochen und waren fünf Wochen unterwegs, als uns der Sturm überraschte. Wir wollten nach Kanada und hatten gegerbte Felle geladen. Aber jetzt ist alles futsch, Ladung und Mannschaft. Gott sei ihr gnädig. Mein Name ist Byrne, Cormac Byrne.«

»Bil Cohn-Greavy. Wollen Sie nicht raus aus den nassen Klamotten?«

»Nur keine Umstände, Mr. Greavy. Es tut gut, hier in der Sonne zu sitzen …«

»Cohn-Greavy. Wir tragen hier die Namen beider Elternteile, de jure, und das schon seit mindestens hundert Jahren. Ich schätze, dass man auf der anderen Seite des Atlantik nur den väterlichen Namen weiterführt.«

»So ist es. In Irland bleibt alles beim alten. Aber hab ich richtig verstanden, dass man hier den Doppelnamen von Rechts wegen tragen muss?«

Ich nickte und wunderte mich darüber, dass ein einfacher Seemann den lateinischen Ausdruck verstand, den ich verwendet hatte. »Die feministische Partei hat in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein entsprechendes Gesetz durch den Kongress gebracht. Damals war Mary Wheeler Präsidentin. Entschuldigen Sie mich, ich muss mal kurz telefonieren. Ruhen Sie sich eine Weile aus. Ich bin gleich wieder da.«

Als Eigentümer eines Strandgrundstücks hatte ich die Verpflichtung, bei der Küstenüberwachung mitzuwirken. Ich besaß sogar eine Waffe, um jeden, der an Land zu kommen versuchte, abzuschrecken. Die Grenzen zu den Vereinigten Staaten sind streng gesichert. Ich musste also Meldung davon machen, dass ein schiffbrüchiger Matrose angespült worden war.

»Küstenwache. Dringend«, sagte ich, und sofort leuchtete der Bildschirm auf. Der grauhaarige Offizier vom Dienst musterte meine Kennung, die ihm automatisch zugespielt wurde.

»Berichten Sie, Cohn-Greavy.«

»Ich habe hier einen Mann, Sir. Er ist schiffbrüchig und an Land geschwemmt worden. Ein Ausländer.«

»Okay. Halten Sie ihn fest. Wir schicken eine Patrouille raus.«

Es war meine Pflicht, so zu handeln. Die Regierung hatte Gründe für ihre restriktive Einwanderungspolitik. Ich ging auf die Glastür zu. Als sie vor mir zur Seite glitt, hörte ich eine vertraute Stimme.

»Bist du's, Kriket?«

»Wer sonst?«

Sie war vom Strand heraufgekommen, die Beine voller Sand, so auch das Hinterteil. Sie trug wie die meisten Mädchen im Sommer nur ein Bikinihöschen. Die Brüste waren braungebrannt wie der Rest. Eine Schönheit; kam ganz auf ihre Mutter raus. Erst jetzt fiel mir auf, dass Byrne aufgestanden war und aufs Meer hinausschaute. Hals und Ohren waren puterrot. Ich stutzte, verstand aber dann und schmunzelte.

»Kriket, das ist Mr. Byrne aus Irland.« Er nickte flüchtig, blickte aber stur geradeaus. Ich winkte sie zu mir. »Hast du ein Weilchen Zeit? Ich würde dir gern was zeigen.«

Sie sah mich fragend an. Ich wartete, bis sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, und sagte: »Ich vermute, unser Gast ist den Anblick nackter Mädchen nicht gewöhnt.«

»Was soll das heißen, Paps? Ich hab doch was an.«

»Aber nur unten rum. Sei brav und zieh dir ein Hemd an. Ich wette hundert zu eins, dass die Mädchen da, wo er herkommt, nicht oben ohne rumlaufen.«

»Wie altmodisch«, empörte sie sich und verschwand im Schlafzimmer. Als ich auf die Terrasse zurückkehrte, setzte gerade ein großer weißer Hubschrauber vorm Haus zur Landung an. Der Ire machte Augen, als hätte er noch nie eine solche Maschine zu Gesicht bekommen. Vielleicht war's tatsächlich das erste Mal. Ein Hauptmann der Küstenwache sprang heraus, gefolgt von zwei Patrouillenbeamten. Sie eilten herbei. Der Hauptmann baute sich vor Mr. Bryne auf; er war einen Kopf größer als der Ire und musterte ihn vom Scheitel bis zur Sohle. Die beiden anderen hielten Abstand und legten die Hände auf ihre Pistolen.

»Ich hätte da ein paar Fragen«, sagte der Hauptmann. »Name? Geburtsort? Alter? Name des Schiffs? Wo registriert? Aus welchem Hafen sind Sie zuletzt ausgelaufen? Wie kommen Sie dazu, illegal an Land zu gehen …«

»Ich bin schiffbrüchig, Euer Ehren, schiffbrüchig«, sagte er mit weicher Stimme, ohne die Spur von Ironie. Trotzdem verdüsterte sich der Gesichtsausdruck des Hauptmanns. Er zückte seinen Handy, um die Antworten einzutippen.

»Sie bleiben vorläufig hier«, sagte er, als alle Daten aufgenommen worden waren, und wandte sich an mich. »Ich muss einen Anruf machen. Können Sie mir zeigen, wo das Telefon steht?«

Wozu brauchte er ein Telefon? Was er in den Handy eingegeben hatte, war längst im Zentralcomputer abgespeichert.

Außer Hörweite des Iren sagte er: »Wir haben Grund zur Annahme, dass es sich hier nicht bloß um einen einfachen Fall von Havarie handelt. Deshalb ist beschlossen worden, dass der Verdächtige, statt sofort in Gewahrsam genommen zu werden, erst einmal hierbleibt, damit Sie ihn beobachten können.«

»Unmöglich«, entgegnete ich. »Tut mir leid, ich muss arbeiten.«

Ich hatte den Satz kaum ausgesprochen, als er einen Befehl in den Handy tippte. Sekunden später setzte sich mein Drucker in Gang und spuckte ein Blatt Papier aus.

»Mr. Cohn-Greavy, Sie sind soeben in den aktiven Dienst der Küstenwache einberufen worden, haben Gehorsam zu leisten und sind gemäß Artikel zwei, Absatz eins der Notstandsverordnung von 2085 zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet. Zuwiderhandlung wird standesrechtlich geahndet.« Er drückte mir das bedruckte Stück Papier in die Hand. »Hier ist eine Kopie Ihres Auftrags. Der Verdächtige bleibt hier. Sämtliche Mikrophone hier im Haus sind eingeschaltet; jedes gesprochene Wort wird aufgezeichnet. Gespräche außerhalb des Hauses sind Ihnen streng untersagt. Sobald sich der Verdächtige vom Haus entfernt, haben Sie unverzüglich Meldung zu machen. Verstanden?«

»Ay ay, Sir.«

Er überhörte den spöttischen Unterton in meiner Stimme, drehte sich um und stapfte hinaus. Mir blieb keine Wahl. Ich biss die Zähne aufeinander und folgte. Auf der Terrasse schickte er die beiden Patrouillenbeamten vor in den Hubschrauber und wandte sich noch einmal an den Iren.

»Es werden zwar prinzipiell keine Einwanderer ins Land gelassen, aber für Schiffbrüchige gilt eine Sonderregelung. Bis eine...
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Harry Harrison, 1925 in Stamford, Connecticut geboren, ist einer der großen Meister der Science Fiction. Mit zahllosen Romanen und Erzählungen hat er sich weltweit ein Millionenpublikum erobert, darunter "New York 1999", der als "Soylent Green" verfilmt wurde und heute als einer der bedeutendsten Klassiker des Genres gilt. Harry Harrison starb am 15. August 2012 im Alter von 87 Jahren.