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Die letzte Brezn

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am10.11.2014Auflage
Skandal in Grafenau! Auf einer Parkbank an der Seepromenade entdecken nächtliche Spaziergänger eine männliche Leiche. Schnell spricht es sich herum: Bei dem Toten handelt es sich um einen eigenbrötlerischen Glasbläser, der im Ort wenig Freunde hatte. Hauptkommissarin Franziska Hausmann, unterwegs in ganz anderer Mission, wundert sich. Denn mit dem Tod des Glasbläsers geht eine Welle der Erleichterung durch die Kleinstadt im Bayerischen Wald.

Katharina Gerwens wuchs in einem Dorf im Münsterland auf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Katze in Niederbayern. Gemeinsam mit Herbert Schröger verfasste sie eine Reihe von Niederbayern-Krimis, die im fiktiven Ort Kleinöd spielen. Allein veröffentlichte sie bereits mehrere Krimis, unter anderem die Reihe um Franziska Hausmann, die im Bayerischen Wald spielt.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextSkandal in Grafenau! Auf einer Parkbank an der Seepromenade entdecken nächtliche Spaziergänger eine männliche Leiche. Schnell spricht es sich herum: Bei dem Toten handelt es sich um einen eigenbrötlerischen Glasbläser, der im Ort wenig Freunde hatte. Hauptkommissarin Franziska Hausmann, unterwegs in ganz anderer Mission, wundert sich. Denn mit dem Tod des Glasbläsers geht eine Welle der Erleichterung durch die Kleinstadt im Bayerischen Wald.

Katharina Gerwens wuchs in einem Dorf im Münsterland auf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Katze in Niederbayern. Gemeinsam mit Herbert Schröger verfasste sie eine Reihe von Niederbayern-Krimis, die im fiktiven Ort Kleinöd spielen. Allein veröffentlichte sie bereits mehrere Krimis, unter anderem die Reihe um Franziska Hausmann, die im Bayerischen Wald spielt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492967518
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum10.11.2014
AuflageAuflage
Reihen-Nr.1
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1725 Kbytes
Artikel-Nr.1486021
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1. Kapitel

Bis zu diesem Mittwochmorgen hatte Clemens Ortmair geglaubt, ihn werde es nicht treffen. Ihn nicht und auch nicht seine Frau. Solche wie er machten es immer allen recht und hatten weder finstere Geheimnisse noch irgendwelche verbotenen Räume, in die niemand hineinsehen durfte.

In seiner Familie war zu allen Zeiten über alles gesprochen worden. Auch wenn manche Dinge vielleicht besser nicht an die Öffentlichkeit gekommen wären, beispielsweise das unglaubliche Verhalten seines Großvaters, der auf dem Sterbebett weder mit seiner vierzig Jahre jüngeren zweiten Ehefrau noch dem eiligst herbeigerufenen Pfarrer sprechen wollte, sondern stattdessen seinem Enkel Clemens angeschafft hatte, den prächtigsten Hahn aus dem Hühnerstall zu holen.

»Und dass du mir fei bloß koa Henna ned bringst«, hatte er ihm noch hinterhergerufen, doch Clemens kannte den Lieblingshahn seines Opas genau und wusste zudem, wie sich ein Hahn von einem Huhn unterschied. Wenig später hatte der Vierundneunzigjährige das Federkleid seines besten Freundes gestreichelt und gemurmelt: »Mach's guat, Oida, und lass nix obrenna.«

Bevor sich der Alte in die Ewigkeit verabschiedete, gab er noch einen zufriedenen, ja fast glücklichen Seufzer von sich, drückte die Hand seines Lieblingsenkels und ergötzte sich daran, wie der Gockel mit seinen staubigen Krallen über das weiße Bettzeug stolzierte und selbstbewusst die Schwanzfedern spreizte.

Derweil hatte Clemens' Stiefoma, die jünger war als sein Vater, vor der Tür auf den letzten Atemzug ihres Mannes gelauert und ihr Schicksal als Ganzes, besonders aber ihr vertanes Leben an der Seite dieses Deppen beklagt. Die Onkel und Tanten und auch Clemens' Eltern im Nebenraum schwiegen und starrten auf ihre gefalteten Hände. Wie im Wartezimmer des Todes, dachte Clemens später, wobei allein der Großvater eine Audienz beim Sensenmann erhalten hatte.

Tatsächlich hatte der Tod nicht mehr lange auf sich warten lassen, ebenso wenig wie das Donnerwetter, das wenig später über den damals elfjährigen Clemens hereingebrochen war. »Du machst auch an jeden Blödsinn mit, den der Alte dir anschafft, du Depp, du damischer. Bring sofort den Gockel in den Stall z'ruck«, wurde er von seiner Stiefoma und den Eltern gerügt, während die restliche Verwandtschaft flüsternd und raschelnd in das Sterbezimmer einbrach und nach der Hand des Verstorbenen griff. Als müsse sie sich vergewissern, dass der Alte auch tatsächlich von ihnen gegangen sei.

Hoch und heilig hatte Clemens allen schwören müssen, niemandem diese wirklich peinliche Geschichte mit dem Hahn zu erzählen, aber am nächsten Tag wusste es dennoch fast jeder in Grafenau. Gerade wenn man etwas verbergen wollte, kam das garantiert als Erstes ans Licht.

Als der mittlerweile dreiunddreißigjährige Clemens Ortmair an jenem Vormittag diesen rätselhaften Gegenstand vor seiner Tür fand, ahnte er, dass auch er künftig zu jener Liga gehören würde, die etwas zu verbergen hatte. An diesem Novembermorgen begann er, alles infrage zu stellen. Selbst die Neuigkeiten des Grafenauer Anzeigers, der hochkant im Briefkasten steckte, hatten ihre fraglose Verbindlichkeit verloren.

Denn was sollte dieser gläserne hellgrüne Minisarg auf seiner Türschwelle bedeuten? Und warum gerade bei ihm? Einen ersten spontanen Impuls, das Ding mit einem Fußtritt wegzukicken, konnte er gerade noch unterdrücken. Das hätte Scherben gegeben und ein Geräusch, bei dem selbst jene Nachbarn, die bisher noch nichts von dieser fatalen Morgengabe wussten, aufhorchen würden.

»Du wirst des Zeichen a no kriagn«, hatte ihm jemand vor noch gar nicht so langer Zeit zugeraunt. Es war so schnell gegangen, dass er den weissagenden Flüsterer im Dunkeln nicht erkannt hatte. Auf seinem Heimweg hatte er kopfschüttelnd über diese alberne Drohung gelächelt. Was für ein Zeichen denn? Er doch nicht! Jetzt aber, da Clemens Ortmair das Ding da vor sich sah, ahnte er, was gemeint gewesen sein könnte.

Grauer Nebel hing an diesem kalten Morgen über Grafenau. Seit Tagen war die Sonne nicht mehr richtig herausgekommen, und dennoch ging von diesem etwa sechzig Zentimeter langen Objekt ein derart kaltes Leuchten aus, dass es ihn mitten ins Herz traf. Als wäre es ein für ihn bereitgestellter Sarg.

Mit zitternden Händen faltete er die Zeitung auseinander und wickelte den Glaskasten darin ein.

»Wo bleibst du denn?«, rief seine Frau aus der Küche.

»Bin schon da!«, rief er und versuchte, besonders fröhlich zu klingen, während er dem Kaffeeduft folgte.

Doch Ute ließ sich nicht täuschen. »Ist was?«

»Nein, nein.« Clemens schüttelte besonders heftig den Kopf. »Was soll schon sein?«

»Wo ist die Zeitung?«

»Richtig, die ist noch draußen. Hab ich vergessen, warte, ich hol sie.« Er verließ die Küche, wickelte die gläserne Bedrohung wieder aus dem Grafenauer Anzeiger und verbarg sie unter der ersten Stufe der dunkelgrauen Granittreppe, die als geschwungenes S vom Erdgeschoss in den ersten Stock führte.

»Du hast doch was?« Ute Ortmair zog die Stirn kraus. »Schlechte Nachrichten in der Zeitung? Macht deine Firma etwa pleite?«

»Nein, natürlich nicht.« Er wärmte sich beide Hände an der Kaffeetasse und beobachtete, wie seine Frau im Stehen die Tageszeitung durchblätterte.

»Da ist doch was!« Sie klang gleichzeitig besorgt und gereizt.

Demonstrativ blickte er aus dem Fenster. Sollte er ihr sagen, dass zwar nichts Schlimmes in der Zeitung stand, dafür aber das Vorzeichen ihres gemeinsamen Unterganges darin eingewickelt gewesen war? Was für ein theatralischer Gedanke. Und lächerlich obendrein. Er würde Ute nicht damit belasten. Und hatte das Ganze überhaupt mit ihnen zu tun? Es könnte doch auch ein Irrtum sein. Dieser Verrückte, von dem seit einigen Wochen in Grafenau gemunkelt wurde, konnte sich vertan und ein ganz anderes Haus gemeint haben.

»Nun sag schon, da ist doch was!« Ute schob ihm den Korb mit den Semmeln zu.

»Nein, da ist nichts.« Seine Stimme klang lauter als beabsichtigt. »Ich habe einen schweren Tag vor mir. Da wird man sich ja wohl innerlich drauf vorbereiten dürfen.«

»Ist ja schon gut.« Sie nickte gekränkt. »Man wird sich ja wohl noch Sorgen machen dürfen!«

Das einzig Schwierige an diesem Tag, dachte Clemens Ortmair auf dem Weg in die Arbeit, würde die »Recherche« sein. Er musste herausfinden, auf wessen Schwelle noch ein solches Ding gelegen hatte, und sich mit demjenigen in Verbindung setzen.

Ortmair versuchte, sich an die vielen Gesprächsschnipsel zu erinnern, die er auf dem Flurfunk seiner Spedition aufgeschnappt hatte. Hätte er nur besser zugehört, anstatt sich mit vornehmer Demut auf Zahlen und Formeln zu konzentrieren. Gerade als das Acht-Uhr-Läuten der Kirchturmuhr erklang, dämmerte ihm ein Name: Florian Simbacher. War nicht vor gar nicht so langer Zeit gemunkelt worden, dass auch der eine unerwünschte Morgengabe bekommen und gleich beiseite geschafft habe? Vielleicht auch einen gläsernen Sarg?

Doch wie sollte er am besten vorgehen? Spräche er den Florian direkt darauf an, so würde der garantiert alles ableugnen, so redegewandt, wie der war. Andererseits wäre es auch unklug, sich gleich selbst als Sargempfänger zu outen, überlegte Clemens Ortmair mit gerunzelter Stirn. Warum hatte er das Ding eigentlich seiner Frau verschwiegen, und warum hatte er sie heute Morgen nicht wie sonst umarmt? Ihm schien es, als hätte das Objekt schon jetzt den ersten Giftpfeil auf ihr gemeinsames Glück gerichtet.

Seufzend öffnete er die Tür zum Verwaltungstrakt der Spedition und schlurfte mit hochgezogenen Schultern durch den langen Flur in sein Büro. Während der Computer hochfuhr, goss er die Usambaraveilchen auf der Fensterbank und entfernte, wie fast jeden Morgen, die vertrockneten Blütenblätter.

Die Kaffeemaschine in der fensterlosen Teeküche war schon zu vier Fünfteln durchgelaufen. Er war also nicht der Erste. Clemens angelte sich seinen persönlichen eidottergelben Becher aus dem Regal, nahm aus dem Kühlschrank die Milchtüte mit seinen Initialen und beschloss, das Problem gleich anzugehen. Es brachte ja nichts, die Geschichte immer weiter vor sich herzuschieben. Und wie er den Simbacher Flori kannte, so stand der ganz bestimmt schon in seinem Laden und räumte für die Wintersaison um. Bis zum ersten Schnee war es ja nun wirklich nicht mehr lange hin.

Resolut verschloss er seine Bürotür von innen, griff zum Telefon und rief bei Florian an.

»Simbacher, Sport und Chic auf einen Klick, was kann ich für Sie tun?«

Es hatte keinen Sinn, lange drumrum zu reden, und so fiel Clemens mit der Tür ins Haus. »Du, bei mir hat heute Morgen so ein komisches Ding vor der Tür gestanden. Und da hab ich mir gedacht, dass du mir sicher helfen kannst.«

Der modebewusste Sportsmann am anderen Ende der Leitung schluckte, seufzte bedeutungsvoll und schwieg.

»Also, ich also ich hab mir gedacht, ich melde dir das einfach mal«, stotterte Clemens. Dieses gerade mal sechzig Zentimeter lange Glasding machte ihm Angst, und er wusste, dass es auch den anderen Angst gemacht haben musste.

Selbst dem Simbacher Florian, der sich nun laut und vernehmlich räusperte, bevor er sagte: »Aha, dann sind es also fünf. Hatte ich's doch befürchtet. Mehr werden es wohl auch nicht. Wenn ich ganz ehrlich bin: Eigentlich hast gerade du uns noch gefehlt. Weißt du was, ich und du und die drei anderen, wir treffen uns heut auf d'Nacht im Gasthaus Zur Brezn. Siebzehn Uhr. Da gibt's ein...


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Autor

Katharina Gerwens wuchs in einem Dorf im Münsterland auf. Nach ihrer Ausbildung zur Journalistin arbeitete sie in verschiedenen Verlagen und ist heute als freie Autorin tätig. Sie lebt mit Mann und Kater in Niederbayern. Gemeinsam mit Herbert Schröger verfasste sie die Niederbayern-Krimis "Stille Post in Kleinöd", "Die Gurkenflieger von Kleinöd", "Anpfiff in Kleinöd", "Rufmord in Kleinöd" und "Selig in Kleinöd" sowie zuletzt allein die beiden Westfalen-Krimis "Schürzenjäger" und "Westfälische Affären".