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Mildred Scheel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am30.10.20151. Auflage
Gegen den Strich - für die Menschen: das Porträt einer ungewöhnlichen Frau «Meine Mutter war der Schrecken eines jeden Protokollchefs. Sie sah es überhaupt nicht ein, den ganzen Abend neben einem hochdekorierten Ziegenbocksbeinoberunduntergeneralkriegskommandeursergeanten zu verbringen, wenn gleichzeitig eine viel mehr Spaß versprechende Künstlerin eingeladen war. Sie vertauschte die Tischkarten, und mein Vater raufte sich die silbernen Locken. Ich habe sie dafür geliebt und gleichzeitig bewundert.» Ärztin, alleinerziehende Mutter, Ehefrau des deutschen Außenministers Walter Scheel, später dann First Lady und Gründerin der Deutschen Krebshilfe - Mildred Scheel, eine der einflussreichsten Frauen der deutschen Nachkriegszeit, genoss national und international hohes Ansehen. Für viele Frauen ihrer Generation war sie ein Vorbild: klug, unabhängig, meinungsstark und tatkräftig. Bis heute wirkt ihr Engagement nach; sie enttabuisierte das Thema Krebs und rief eine der wichtigsten Gesundheitsorganisationen des Landes ins Leben. Ihre Arbeit für die Deutsche Krebshilfe war unermüdlich - umso tragischer, dass sie selbst 1985 an dieser tückischen Krankheit starb. 30 Jahre nach Mildred Scheels Tod erinnert sich ihre Tochter Cornelia in diesem sehr persönlichen Buch an ihre Mutter; an eine leidenschaftliche, warmherzige und kompromisslose Frau, die sich keine Sekunde um Konventionen scherte. «Eine Jahrhundert-Frau mit einer Jahrhundert-Idee.» Fritz Pleitgen

Cornelia Scheel wurde 1963 gebroen. Nachdem ihre Mutter Mildred Scheel 1969 den späteren Bundespräsidenten Walter Scheel geheiratet hatte, wurde sie von diesem adoptiert und erhielt damit dessen Nachnamen. Cornelia Scheel studierte zunächst Medizin und arbeitete anschließend für die Deutsche Krebshilfe, deren Präsidentin ihre Mutter von 1979 bis zu ihrem Tod 1985 gewesen war. Cornelia Scheel lebt und arbeitet heute in Köln und ist Autorin, Managerin von Hella von Sinnen und Vorsitzende des Mildred-Scheel-Förderkreises.
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Produkt

KlappentextGegen den Strich - für die Menschen: das Porträt einer ungewöhnlichen Frau «Meine Mutter war der Schrecken eines jeden Protokollchefs. Sie sah es überhaupt nicht ein, den ganzen Abend neben einem hochdekorierten Ziegenbocksbeinoberunduntergeneralkriegskommandeursergeanten zu verbringen, wenn gleichzeitig eine viel mehr Spaß versprechende Künstlerin eingeladen war. Sie vertauschte die Tischkarten, und mein Vater raufte sich die silbernen Locken. Ich habe sie dafür geliebt und gleichzeitig bewundert.» Ärztin, alleinerziehende Mutter, Ehefrau des deutschen Außenministers Walter Scheel, später dann First Lady und Gründerin der Deutschen Krebshilfe - Mildred Scheel, eine der einflussreichsten Frauen der deutschen Nachkriegszeit, genoss national und international hohes Ansehen. Für viele Frauen ihrer Generation war sie ein Vorbild: klug, unabhängig, meinungsstark und tatkräftig. Bis heute wirkt ihr Engagement nach; sie enttabuisierte das Thema Krebs und rief eine der wichtigsten Gesundheitsorganisationen des Landes ins Leben. Ihre Arbeit für die Deutsche Krebshilfe war unermüdlich - umso tragischer, dass sie selbst 1985 an dieser tückischen Krankheit starb. 30 Jahre nach Mildred Scheels Tod erinnert sich ihre Tochter Cornelia in diesem sehr persönlichen Buch an ihre Mutter; an eine leidenschaftliche, warmherzige und kompromisslose Frau, die sich keine Sekunde um Konventionen scherte. «Eine Jahrhundert-Frau mit einer Jahrhundert-Idee.» Fritz Pleitgen

Cornelia Scheel wurde 1963 gebroen. Nachdem ihre Mutter Mildred Scheel 1969 den späteren Bundespräsidenten Walter Scheel geheiratet hatte, wurde sie von diesem adoptiert und erhielt damit dessen Nachnamen. Cornelia Scheel studierte zunächst Medizin und arbeitete anschließend für die Deutsche Krebshilfe, deren Präsidentin ihre Mutter von 1979 bis zu ihrem Tod 1985 gewesen war. Cornelia Scheel lebt und arbeitet heute in Köln und ist Autorin, Managerin von Hella von Sinnen und Vorsitzende des Mildred-Scheel-Förderkreises.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644045415
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum30.10.2015
Auflage1. Auflage
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4774 Kbytes
Artikel-Nr.1547998
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


I Just Called To Say I Love You


Das Wagnis beginnt. Für ein paar Tage will ich im Sommer 2014 in den Süden der Republik reisen, um mehr über meine Mutter herauszufinden. Um mich überhaupt wieder an alles zu erinnern. Auch an das, was ich eigentlich schon weiß.

In München möchte ich eine enge Freundin meiner Mutter besuchen. Ich hoffe, von ihr zu erfahren, wie meine Mutter als Freundin war. Ich weiß, dass die beiden Frauen viel Zeit miteinander verbracht haben und dass der Kontakt nie abgerissen ist. Anschließend plane ich, in Bad Tölz meinen Patenonkel zu treffen. Er war bis zu dem Tag, an dem Walter Scheel mich adoptierte, mein Vormund gewesen. Das wurde bei einer alleinerziehenden Mutter in den sechziger Jahren wohl als notwendig erachtet. Einen leiblichen Vater gab´s auch, leider jedoch einen, der zum Zeitpunkt meiner Zeugung bereits verheiratet war und sich nicht wegen meiner Mutter und mir von seiner Frau trennen wollte. Aber an ihn will ich erst einmal nicht denken, dazu komme ich später noch.

 

Meine erste Etappe soll also München sein. In dieser Stadt erblickte ich am 28. März 1963 das Licht der Welt. In dieser Stadt lebte ich fünf Jahre allein mit meiner Mutter zusammen.

Am liebsten möchte ich jetzt, nach knapp 300 zurückgelegten Kilometern, wieder umkehren. Die Angst vor meinen Erinnerungen steigert sich von Minute zu Minute. Was werde ich wohl erfahren? Etwas, was mir womöglich nicht gefällt? Eine dunkle Vorahnung befällt mich.

Später werde ich wissen, dass sie berechtigt war.

Während ich auf der grauen Autobahn Kilometer für Kilometer hinter mir lasse, denke ich über meine Mutter nach. Schon das Datum, das sie für angemessen hielt, um auf die Welt zu kommen, war spektakulär gewesen. Sie wurde Silvester kurz vor Mitternacht geboren. Zeit ihres Lebens ärgerte sie sich, für ihre Ankunft nicht den Neujahrstag abgewartet zu haben, denn dann wäre sie ein Jahr jünger gewesen.

Tatsächlich besteht eine gewisse Uneinigkeit, ihr Geburtsjahr betreffend. In fast allen Veröffentlichungen wird das Jahr 1932 angegeben. Auf ihrem Grabstein aber steht: «Dr. med. Mildred Scheel, geborene Wirtz - Geb. 31. Dez. 1931.»

Sie selbst war bis zum Sommer 1970 der festen Überzeugung, sie sei am 31. Dezember 1932 zur Welt gekommen. Tatsächlich wurde sie aber ein Jahr früher geboren. Im Anschluss an die Volkszählung vom 27. Mai 1970 wandte sich ein findiger Beamter an sie und klärte sie über das Durcheinander auf. Er fand heraus, dass das Geburtsdokument, versehen mit dem Ausstellungsdatum 04.01.1932, unmöglich die Geburt vom 31.12.1932 verzeichnen konnte. Als mein Großvater Hubert Wirtz im neuen Jahr zum Standesamt gegangen war, hatte er es wohl mit einem wahrscheinlich verkaterten Mitarbeiter zu tun gehabt, der noch heftig unter den Nachwirkungen eines rauschenden Wochenendes litt. Da man mittlerweile das Jahr 1932 schrieb, trug er, geistig noch nicht voll auf der Höhe, diese Jahreszahl hinter den Geburtstag ein. Fortan fand sich dieses Datum auf allen Papieren und Dokumenten wieder, und meine Mutter sah keinen Grund, daran zu zweifeln. Ich kann nur vermuten, dass ihre Eltern sie in diesem Glauben ließen, da sich ja so ihr Wunsch, ein Jahr später geboren worden zu sein, heimlich doch erfüllt hatte.

Meine Mutter war also bis zum Sommer 1970 sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt siebenunddreißig war, und sie tat einen Teufel, das jetzt noch richtigzustellen. Ich kann sie da sehr gut verstehen. Auch mir gegenüber hatte sie ihr wahres Geburtsjahr erwähnt, und so staunte ich nicht schlecht, als mein Vater, der anscheinend eingeweiht war, beim Planen des Grabsteins auf das tatsächliche Datum bestand. Ausgiebig und heftig diskutierte ich mit ihm, um ihn zu überzeugen, dass auf dem Gedenkstein ihr Wunschdatum verewigt werden sollte. Leider ohne Erfolg. Er ist einfach in allen Dingen sehr korrekt - ein Beamter eben.

Ich hingegen möchte ihre kleine Legende aufrechterhalten und betrachte 1932 als ihr Geburtsjahr.

 

Als ich noch klein war, erzählte sie immer wieder gern, kaum habe sie ihren ersten Schrei getan, sei ein gigantisches Feuerwerk losgegangen. Allein ihr zu Ehren habe man es veranstaltet. Lange Zeit hatte mir das vollkommen eingeleuchtet. Lediglich die Tatsache, dass an meinen Geburtstagen in der Nacht so gar nichts los war, bedrückte mich jedes Jahr aufs Neue ein wenig.

Meine Mutter kam in der schönen Domstadt Köln zur Welt. Ihre Mutter, eine gelernte Modezeichnerin, war eine waschechte Amerikanerin. Anna Elsie Wirtz, geborene Brown, erblickte in New York am 12. November 1897 das Licht der Welt. Oma Elsie war die Tochter eines Weinimporteurs, der Deutschland verlassen und es an der amerikanischen Ostküste zu beachtlichem Wohlstand gebracht hatte. Ihr Vater bestand darauf, dass seine Tochter eine solide Ausbildung erhielt. Zu diesem Zweck schickte er sie im zarten Alter von vierzehn Jahren auf ein Internat in Wilhelmshöhe bei Kassel. Dort begegnete sie auf einem Sommerfest einem gewissen Johann Hubert Maria Baptist Wirtz, angehender Mediziner und ihr Tischherr. Dieser junge Mann war fünf Jahre älter als Elsie und entstammte einer alteingesessenen Brauereifamilie. Sein Geburtsdatum: 10. September 1892, sein Geburtsort: Pier im Kreis Düren.

Diese Begegnung und die Verbindung, die sich auf dem Internatsfest ergab, schien beide so nachhaltig zu beeindrucken, dass Elsie und Hubert sich am 2. Mai 1922 auf dem Standesamt in Köln das Jawort gaben. Zwei Jahre später wurde die erste Tochter geboren, Lilian. Kurz darauf bekamen sie einen Sohn, der jedoch unmittelbar nach seiner Geburt in Folge einer Spina bifida, einem offenen Rücken, verstarb. Das Ehepaar wünschte sich von Anfang an ein Geschwisterpaar. Immer wieder erzählte mir meine Mutter, dass mit dem Sohn die Familienplanung abgeschlossen gewesen sei. Sein früher tragischer Tod gab ihr die Chance zu leben.

Ich habe es leider versäumt, sie zu fragen, ob sie diese Tatsache belastet hat. Auch habe ich mir in jungen Jahren nie Gedanken darüber gemacht, was für einen schweren Schicksalsschlag meine Großeltern mit dem Tod des einzigen Sohnes erlitten hatten. Heute bin ich davon überzeugt, dass meine Mutter, vielleicht unbewusst, die schmerzhafte Lücke ausfüllen wollte. Der verstorbene Sohn sollte mit Sicherheit eines Tages die väterliche Praxis übernehmen. Die junge Mildred erfüllte, ja, sie übertraf sämtliche Erwartungen, die der Vater einst an seinen Sohn hatte. Die beiden verband ein inniges Verhältnis. Sie war ein ausgesprochenes Papakind, und er vergötterte seine jüngste Tochter. Jeden Abend setzte er sie auf seinen Schoß und erzählte ihr geheimnisvolle Märchen, erklärte ihr die Sterne oder beschrieb, wie der Mensch von innen aussieht.

Johann Hubert Wirtz war Röntgenologe, der erst in Köln und dann, in den letzten Kriegsjahren, in Amberg in der Oberpfalz praktizierte. Meine Mutter erzählte mir einmal, dass sie ihren Vater als kleines Mädchen regelrecht anbettelte, damit er sie mit in seine Praxis nahm. Solange sie noch nicht zur Schule ging, wollte sie ihren Vater so oft wie nur möglich dorthin begleiten. Er hatte das kleine fröhliche Mädchen gern um sich, und so verließen sie morgens häufig gemeinsam das Haus im Kölner Stadtteil Marienburg und fuhren in einem Buick zum Habsburgerring nahe der Kölner Oper. Dort befand sich die geräumige und beeindruckende Praxis ihres Vaters.

Die kleine Mildred war stets aufs Neue begeistert von der großen Zahl an Patienten, die sich bereits am frühen Morgen im Wartezimmer der Praxis eingefunden hatte. Etwa sechzig bis achtzig Männer, Frauen und Kinder begrüßten ihren Vater höflich und mit Respekt, fünfzehn Mitarbeiter warteten auf erste Anweisungen ihres Chefs. Mit seiner Ankunft verwandelte sich die Praxis in einen Ort emsiger Geschäftigkeit.

Das Sprechzimmer, das sie ebenfalls betreten durfte, war ein großer, imposanter Raum. Hinter einem mächtigen Schreibtisch saß ihr Vater. Er hatte die Gabe, seinen Patienten Sicherheit zu vermitteln und Vertrauen zu schaffen, was die Grundlage für ein offenes Gespräch zwischen Arzt und Patient ist, und er wandte sich seinen Patienten stets mit einer Mischung aus Offenheit und menschlicher Wärme zu, die für meine Mutter lebenslang Inbegriff und Voraussetzung ärztlichen Handelns war.

An diesem Ort wurde ihr schon in jungen Jahren vor Augen geführt, was es bedeutet, Kranken zu helfen, und schon damals wurde in ihr der Wunsch geweckt, es ihm eines Tages gleichzutun.

All ihre Puppen mussten sich zu diesem Zeitpunkt der einen oder anderen schweren Operation unterziehen. Um ein Puppenleben zu retten, musste schon mal die Amputation einer Gliedmaße vorgenommen werden. Auch lebenserhaltende Eingriffe am - zu ihrem großen Bedauern - nicht vorhandenen Herzen schienen unvermeidlich. Während die ältere Schwester Lilian ihre Puppen stets in feine, selbst genähte Kleider aus feinster Seide hüllte, hatte Mildred ausschließlich in Mull verbundene Invaliden in ihrem Kinderkrankenzimmer zu versorgen.

Oma Elsie schilderte mir einmal, wie Mildred am Weihnachtsabend 1938, kurz vor ihrem sechsten Geburtstag, unter dem Weihnachtsbaum ihre erste teure Käthe-Kruse-Puppe auspackte. Die Puppe hatte bewegliche Augen, das war zu der Zeit eine Sensation. Die kleine Dr. med. Mildred in spe war völlig begeistert und zog sich leise und vom Rest der Familie unbemerkt in ihr Zimmer zurück. Irgendwann registrierte meine Oma ihr Verschwinden und suchte ihre Tochter. Sie fand sie schließlich hoch konzentriert bei einer «großen Operation» am offenen Kopf der...
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Autor

Cornelia Scheel wurde 1963 gebroen. Nachdem ihre Mutter Mildred Scheel 1969 den späteren Bundespräsidenten Walter Scheel geheiratet hatte, wurde sie von diesem adoptiert und erhielt damit dessen Nachnamen. Cornelia Scheel studierte zunächst Medizin und arbeitete anschließend für die Deutsche Krebshilfe, deren Präsidentin ihre Mutter von 1979 bis zu ihrem Tod 1985 gewesen war. Cornelia Scheel lebt und arbeitet heute in Köln und ist Autorin, Managerin von Hella von Sinnen und Vorsitzende des Mildred-Scheel-Förderkreises.