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Die Seelen der Toten

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am27.11.2014
Die Seelen der Toten lassen Detective Inspector John Rebus keine Ruhe: In seinen nächtlichen Träumen sucht ihn sein kürzlich verstorbener Freund heim, und tagsüber plagt ihn sein schlechtes Gewissen. Denn er trägt die Hauptschuld daran, dass in einem Fall von Kindsmissbrauch der Täter bereits vor dem Prozess von Presse und Öffentlichkeit verurteilt wurde - eine heikle Situation für die Edinburgher Polizei. Zudem soll er den soeben aus dem Gefängnis entlassenen Serienmörder Cary Oakes überwachen. Doch Oakes setzt alles daran, sich Rebus zu entziehen, und beginnt ein makaberes Versteckspiel mit ihm ...

Ian Rankin, geboren 1960, ist Großbritanniens führender Krimiautor. Seine Romane sind seit Jahren fester Bestandteil der internationalen Bestsellerlisten. Er wurde mit dem Order of the British Empire geehrt, außerdem erhielt er den British Book Award und zahlreiche andere renommierte Preise. Er lebt in Edinburgh.
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Produkt

KlappentextDie Seelen der Toten lassen Detective Inspector John Rebus keine Ruhe: In seinen nächtlichen Träumen sucht ihn sein kürzlich verstorbener Freund heim, und tagsüber plagt ihn sein schlechtes Gewissen. Denn er trägt die Hauptschuld daran, dass in einem Fall von Kindsmissbrauch der Täter bereits vor dem Prozess von Presse und Öffentlichkeit verurteilt wurde - eine heikle Situation für die Edinburgher Polizei. Zudem soll er den soeben aus dem Gefängnis entlassenen Serienmörder Cary Oakes überwachen. Doch Oakes setzt alles daran, sich Rebus zu entziehen, und beginnt ein makaberes Versteckspiel mit ihm ...

Ian Rankin, geboren 1960, ist Großbritanniens führender Krimiautor. Seine Romane sind seit Jahren fester Bestandteil der internationalen Bestsellerlisten. Er wurde mit dem Order of the British Empire geehrt, außerdem erhielt er den British Book Award und zahlreiche andere renommierte Preise. Er lebt in Edinburgh.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641113933
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum27.11.2014
Reihen-Nr.10
SpracheDeutsch
Dateigrösse3454 Kbytes
Artikel-Nr.1549398
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

John Rebus tat gerade so, als betrachtete er die Erdmännchen, als er den Mann sah und wusste, dass es nicht der richtige war.

Seit fast einer Stunde versuchte Rebus, durch angestrengtes Blinzeln einen Kater zu verscheuchen, was so ziemlich der größte Kraftakt war, zu dem er sich momentan aufraffen konnte. Er hatte sich auf Bänke gesetzt und an Wände gelehnt und sich immer wieder die Stirn abgewischt, obwohl Edinburghs Vorfrühling ein sehr naher Verwandter des Mittwinters war. Sein Hemd klebte ihm feucht am Rücken und spannte jedes Mal unangenehm, wenn er aufstand. Das Wasserschwein hatte ihn fast mitleidig angesehen, und im lang bewimperten Auge des geduckten weißen Nashorns, das so regungslos dastand, dass es in einer Einkaufspassage nicht weiter aufgefallen wäre, aber dennoch in seiner Isoliertheit eine gewisse Würde ausstrahlte, schien etwas wie Wiedererkennen und Mitgefühl aufgeblitzt zu sein.

Rebus fühlte sich isoliert und in etwa so würdevoll wie ein Schimpanse. Er hatte seit Jahren nicht mehr den Zoo besucht; er meinte, das letzte Mal sei gewesen, als er mit seiner Tochter hergekommen war, um ihr Palango, den Gorilla, zu zeigen. Sammy war so klein gewesen, dass er sie auf den Schultern getragen und dabei ihr Gewicht kaum gespürt hatte.

Heute trug er lediglich ein verstecktes Funkgerät und ein Paar Handschellen bei sich. Er fragte sich, wie sehr er wohl auffallen mochte dadurch, dass er sich die ganze Zeit in einem so kleinen Bereich aufhielt und die Attraktionen weiter den Hang hinauf und hinunter mied und immer wieder mal zum Kiosk ging, um sich eine Dose Irn-Bru zu besorgen. Die Pinguinparade war gekommen und gegangen, ohne dass er sich von der Stelle gerührt hätte. Seltsamerweise mussten die Zoobesucher erst sensationslüstern weiterziehen, ehe das erste Erdmännchen erschien, sich auf die Hinterbeine stellte und sich mit schlankem schwankendem Rumpf sichernd umsah. Inzwischen waren zwei weitere aus ihrem Bau aufgetaucht und zogen, die Nasen am Boden, ihre Kreise. Dem schweigsamen Mann, der auf der niedrigen Umfassungsmauer ihres Geheges saß, schenkten sie nur wenig Beachtung; zogen in Abständen an ihm vorbei, während sie immer wieder dieselbe Ellipse von harter, festgestampfter Erde erkundeten, und machten lediglich dann einen Satz zurück, wenn er sich mit dem Taschentuch über das Gesicht wischte. Er spürte, wie das Gift in seinen Adern brodelte: nicht der Alkohol, sondern ein frühmorgendlicher doppelter Espresso aus einem der umfunktionierten Polizeikioske in der Nähe der Meadows. Er war auf dem Weg zur Wache gewesen, wo ihn die Mitteilung erwartete, dass heute Tierparkstreife auf dem Dienstplan stand. Der Spiegel auf der Toilette hatte nicht das geringste Taktgefühl bewiesen.

Greenslade: »Sunkissed You´re Not.« Überleitung zu Jefferson Airplane: »If You Feel Like China Breaking«.

Aber es hätte schlimmer kommen können, hatte sich Rebus gesagt und stattdessen seine Gedanken auf die zentrale Frage des Tages gerichtet: Wer vergiftete die Tiere des Edinburgher Zoos? Tatsache war, dass irgendjemand es tat. Irgendein grausamer und berechnender Mensch, der bis dato der Aufmerksamkeit der Überwachungskameras wie der Wärter entgangen war. Die Polizei hatte eine ungefähre Personenbeschreibung, und Trage- und Manteltaschen der Besucher wurden stichprobenartig durchsucht. Aber was sich jeder - vielleicht mit Ausnahme der Medien  - wirklich wünschte, war eine Festnahme, vorzugsweise bei gleichzeitiger Sicherstellung toxischen Beweismaterials.

Vorerst hatte man, wie die Tierparkleitung erklärte, die paradoxe Situation, dass der Giftmörder sich positiv auf die Besucherzahlen auswirkte. Bislang waren keine Trittbrettfahrer zu verzeichnen gewesen, aber Rebus fragte sich, wie lange die noch auf sich warten ließen ...

Als Nächstes wurde die Fütterung der Seelöwen angekündigt. Rebus, der einige Zeit vorher an ihrem Becken vorbeigeschlendert war, fand es für eine dreiköpfige Familie nicht gerade groß. Das Erdmännchengehege war mittlerweile von Kindern umringt, während die Erdmännchen selbst wieder verschwunden waren, was bei Rebus eine seltsame Befriedigung darüber hinterließ, ihrer Gesellschaft für würdig befunden worden zu sein.

Er entfernte sich, aber nicht allzu weit, und ging in die Hocke, um sich einen Schnürsenkel aufzuziehen und wieder zuzubinden - eine Prozedur, mit der er die Viertelstunden zelebrierte. Zoos und dergleichen hatten nie auch nur den geringsten Reiz auf ihn ausgeübt. Als Kind hatte er überdurchschnittlich viele Tiere verschlissen: Seine Schildkröte war trotz des auf dem Panzer aufgemalten Namens ihres Eigentümers auf Nimmerwiedersehen verschwunden; mehreren Wellensittichen war es nicht vergönnt gewesen, dem juvenilen Stadium zu entwachsen; und sein einziger Goldfisch (er hatte ihn auf dem Jahrmarkt in Kirkcaldy gewonnen) hatte zeit seines Lebens gekränkelt. Da er in einer Etagenwohnung lebte, war er als Erwachsener nie in die Versuchung geraten, sich eine Katze oder einen Hund zuzulegen. Zu reiten hatte er exakt einmal versucht, worauf er mit Rücksicht auf seine wund gescheuerten Schenkel gelobt hatte, mit diesem edlen Sport und der dazugehörigen Tierart künftig höchstens auf dem Weg eines Wettscheins Umgang zu pflegen.

Die Erdmännchen waren ihm aber aus einer Reihe von Gründen sympathisch gewesen: wegen ihres menschlich klingenden Namens; der Komik ihrer Rituale; ihres Selbsterhaltungstriebs. Jetzt hingen irgendwelche Kids bäuchlings über die Mauer und strampelten mit den Beinen in der Luft. Rebus stellte sich eine Umkehrung der Rollen vor: Gehege voller Kinder, die von vorüberschlendernden Tieren beäugt wurden und dabei herumtollten und kreischten und die ihnen zuteil werdende Aufmerksamkeit genossen. Nur dass den Tieren jede menschliche Neugier fehlen würde. Sie würden sich von keiner Zurschaustellung von Behändigkeit oder Zärtlichkeit rühren lassen, nicht begreifen, dass da ein Spiel stattfand oder dass jemand sich ein Knie aufgeschürft hatte. Tiere würden keine Zoos bauen, würden kein Bedürfnis danach verspüren. Rebus fragte sich, warum Menschen das taten.

Mit einem Mal erschien ihm die ganze Anlage absurd: ein Stück Land in bester Wohnlage, ausschließlich für die Vorführung des Ungewohnten bestimmt... Und dann sah er die Kamera.

Sah sie, weil sie sich an der Stelle des Gesichts befand, das hätte da sein sollen. Der Mann stand auf einem grasigen Hang, vielleicht zwanzig Meter von ihm entfernt, und drehte am Einstellungsring eines ziemlich langen Teleobjektivs. Der Mund unter dem Fotoapparat war ein schmaler konzentrierter Strich, der sich leicht kräuselte, während Daumen und Zeigefinger die Tiefenschärfe regulierten. Der Mann trug eine schwarze Jeansjacke, eine zerknitterte Baumwollhose und Laufschuhe. Eine verblichene blaue Baseballkappe saß ihm nicht auf dem Kopf, sondern hing, während er fotografierte, an einem freien Finger. Er hatte schütteres braunes Haar und eine runzlige Stirn. Das Ahaerlebnis kam, sobald er die Kamera senkte. Rebus drehte sich sofort weg und sah auf das Motiv des Fotografen: Kinder. Kinder, die sich in das Erdmännchengehege reckten. Von denen man lediglich Schuhsohlen und Beine sah, Röcke und von hochgerutschten T-Shirts und Pullovern halb entblößte Rückenpartien.

Rebus kannte den Mann. Der Kontext erleichterte das Wiedererkennen. Er hatte ihn wahrscheinlich seit vier Jahren nicht mehr gesehen, aber solche Augen konnte man nicht vergessen, und diesen Hunger, der die Wangen rötete und dabei alte Aknenarben deutlicher hervortreten ließ. Vor vier Jahren waren die Haare länger gewesen, hatten sich über missgestalteten Ohren gekräuselt. Rebus suchte nach einem Namen, während er in seine Tasche nach dem Funkgerät griff. Der Fotograf nahm die Bewegung wahr, seine Augen begegneten Rebus´ Blick, der sich schon abwandte. Das Wiedererkennen war beidseitig. Das Objektiv wurde abgeschraubt und in eine Umhängetasche gesteckt. Ein Objektivdeckel rastete in der Gehäuseöffnung ein. Und dann setzte sich der Mann in Bewegung, ging flotten Schritts hangabwärts. Rebus riss das Funkgerät heraus.

»Er geht von mir aus talwärts, Westseite des Klubhauses. Schwarze Jeansjacke, helle Hose ...« Rebus beschrieb ihn weiter, während er ihm folgte. Der Fotograf drehte sich um, sah ihn und trabte los, durch die schwere Fototasche behindert.

Das Funkgerät erwachte zum Leben, Beamte machten sich auf den Weg zum angegebenen Bereich. Vorbei an einem Restaurant und einer Cafeteria, vorbei an Händchen haltenden Paaren und Eiscreme vertilgenden Kindern. An Pekaris, Ottern, Pelikanen vorbei. Es ging dauernd bergab, wofür Rebus dankbar war, und der ungewöhnliche Gang des Mannes - ein Bein war etwas kürzer als das andere  - erleichterte es ihm, den Abstand zu verringern. Der Weg verengte sich genau an der Stelle, an der der Menschenstrom dichter wurde. Rebus konnte nicht genau erkennen, was den Stau verursachte, dann hörte er ein Aufplantschen, gefolgt von Beifallsrufen und Applaus.

»Seelöwenbecken!«, schrie er ins Funkgerät.

Der Mann drehte sich halb um, sah das Funkgerät an Rebus´ Mund, wandte sich wieder nach vorn und sah Köpfe und Körper, hinter denen sich jede Menge weitere Beamte verbergen konnten. Anstelle der bisherigen berechnenden Ruhe lag jetzt Angst in seinen Augen. Er hatte die Situation nicht mehr unter Kontrolle. Rebus war schon fast bei ihm, als der Mann zwei Zuschauer beiseite stieß und über die niedrige Steinmauer kletterte. Auf der anderen Seite des Beckens erhob sich eine Felsnase, auf deren Gipfel, über zwei schwarze Plastikeimer gebeugt, die...

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Ian Rankin, geboren 1960, ist Großbritanniens führender Krimiautor. Seine Romane sind seit Jahren fester Bestandteil der internationalen Bestsellerlisten. Er wurde mit dem Order of the British Empire geehrt, außerdem erhielt er den British Book Award und zahlreiche andere renommierte Preise. Er lebt in Edinburgh.