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Gangster in der Aula

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
336 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am30.10.20151. Auflage
Gangsters und Opfers «Seit gestern Abend schneit es. Aber der Schnee bleibt nicht liegen. Die Straßen sind voller Matsch und Granulat. In der überhitzten U-Bahn schmelzen die Schneeflocken auf den Mänteln, Wasser tropft auf die Sitze. Ich habe mich in eine kleine Pfütze gesetzt. Jetzt ist meine Hose nass. Ich hasse diese Jahreszeit. Nichts ist schlimmer als die Woche vor Weihnachten. Jetzt heißt es: Durchhalten bis zu den Weihnachtsferien.» Die Adventszeit neigt sich langsam dem Ende zu. Aber Frau Freitag ist alles andere als besinnlich zumute. Die Schüler stressen, die Kollegen husten, der Vertretungsplan wird immer länger. Und selbst Frl. Krise ist mit ihrem vorweihnachtlichen Dekofimmel kaum zu ertragen. Es kommt noch schlimmer: Drei Bankräuber, von der Polizei in Aktion überrascht, flüchten sich in die benachbarte Schule. Dort tobt gerade die Weihnachtsfeier. Schüler und Lehrer werden als Geisel genommen. Es dauert nicht lang, und die Nerven liegen blank. Auf beiden Seiten ...

Frl. Krise wurde 1948 am Niederrhein geboren, ihre Eltern waren Lehrer. Nach dem Studium, Biologie und Kunst, arbeitete sie an Gesamtschulen in Hessen und Berlin, mittlerweile ist sie pensioniert. Sie hat zwei Töchter mit einem Lehrer und ist jetzt mit einem Nicht-Lehrer liiert. Ihr erstes Buch, «Ghetto-Oma», erzählt von unglaublichen Schulgeschichten und erklomm die Bestsellerliste.
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Produkt

KlappentextGangsters und Opfers «Seit gestern Abend schneit es. Aber der Schnee bleibt nicht liegen. Die Straßen sind voller Matsch und Granulat. In der überhitzten U-Bahn schmelzen die Schneeflocken auf den Mänteln, Wasser tropft auf die Sitze. Ich habe mich in eine kleine Pfütze gesetzt. Jetzt ist meine Hose nass. Ich hasse diese Jahreszeit. Nichts ist schlimmer als die Woche vor Weihnachten. Jetzt heißt es: Durchhalten bis zu den Weihnachtsferien.» Die Adventszeit neigt sich langsam dem Ende zu. Aber Frau Freitag ist alles andere als besinnlich zumute. Die Schüler stressen, die Kollegen husten, der Vertretungsplan wird immer länger. Und selbst Frl. Krise ist mit ihrem vorweihnachtlichen Dekofimmel kaum zu ertragen. Es kommt noch schlimmer: Drei Bankräuber, von der Polizei in Aktion überrascht, flüchten sich in die benachbarte Schule. Dort tobt gerade die Weihnachtsfeier. Schüler und Lehrer werden als Geisel genommen. Es dauert nicht lang, und die Nerven liegen blank. Auf beiden Seiten ...

Frl. Krise wurde 1948 am Niederrhein geboren, ihre Eltern waren Lehrer. Nach dem Studium, Biologie und Kunst, arbeitete sie an Gesamtschulen in Hessen und Berlin, mittlerweile ist sie pensioniert. Sie hat zwei Töchter mit einem Lehrer und ist jetzt mit einem Nicht-Lehrer liiert. Ihr erstes Buch, «Ghetto-Oma», erzählt von unglaublichen Schulgeschichten und erklomm die Bestsellerliste.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644556218
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum30.10.2015
Auflage1. Auflage
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse834 Kbytes
Artikel-Nr.1699497
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I. Akt

Dienstag, 08.12., 7.15 Uhr

Es riecht nach Bier und Pisse, wie jeden Morgen. U-Bahn-Fahren nervt.

«Dit jeht janich!», murmelt der Typ mir gegenüber nun schon seit zwei Stationen. Er schüttelt den Kopf. «Dit jeht janich.»

Niemand reagiert.

Ich auch nicht. Diese Irren in der U-Bahn ... Und überhaupt die U-Bahn ...

Seit gestern Abend schneit es. Aber der Schnee bleibt nicht liegen. Die Straßen sind voller Matsch und Granulat. Der Schnee auf den Mänteln schmilzt in den überhitzten U-Bahn-Waggons und tropft auf die Sitze. Ich habe mich in eine kleine Pfütze gesetzt. Jetzt ist meine Hose nass. Ich hasse diese Jahreszeit. Nichts ist schlimmer als die Wochen vor Weihnachten. Wenn man morgens rausgeht, ist es noch dunkel, und wenn ich aus der Schule komme, auch. Ständig friert man. Die Schüler und die Kollegen husten. Der Vertretungsplan wird immer länger. Jetzt heißt es nur noch durchhalten bis zu den Weihnachtsferien. Noch zwölf Tage. Noch dreiundvierzig Unterrichtsstunden. Und wahrscheinlich noch zehnmal Vertretung. Der Pommer, der macht sich doch bestimmt wieder ein paar schöne Tage zu Hause. Letzte Woche war der nur am Mittwoch da. Und diese Neue - Frau Meier-Mühlhoff - ist auch nicht besser. Noch kein halbes Jahr an unserer Schule und schon jede zweite Woche krank.

«Ihr könnt mich Nicki nennen ... oder Niks - so nennt mich meine Band.» Niks, meine Band - oh yeah. Lehrerin - das mach ich doch nur als Hobby, eigentlich bin ich Musikerin. Blablabla ... Und wie sie rumläuft! Die Hosen viel zu eng und immer in Turnschuhen. Jeden Tag ´ne neue Farbe. Und auf den Konferenzen - ich würde mich doch erst mal zurückhalten, wenn ich irgendwo neu anfange - aber nein, Frau Müller-Mühlhoff ist gleich voll dabei und lässt sich sofort in tausend Gremien wählen. Auf der ersten Gesamtkonferenz fragte sie doch echt, ob es denn an der Schule einen Chor gäbe. Der Fischer meinte Nein, und die blöde Brendel traute sich nicht zu sagen, dass sie seit fast einem Jahr versucht, die Schüler für eine Musik-AG zu begeistern. Mit mäßigem Erfolg. Rosa und Dilay aus meiner Klasse sind da auch nur ein paarmal hingegangen.

Am Morgen nach der Konferenz hingen in der ganzen Schule Plakate. «Unsere Schule sucht den Superstar». Und dann hat die Meier-Mühlhoff so eine Art Casting veranstaltet. Die Schüler waren alle ganz heiß drauf, sich anzumelden. Am Ende wurden nur zwölf Schüler ausgewählt. Rosa ist auch dabei. Dilay hat es nicht geschafft und musste eine Chemiestunde lang von Rosa und Melike getröstet werden.

Frau Brendel ist auch geknickt, denn seit Frau Meier-Mühlhoffs Chor angelaufen ist, kommt wohl fast niemand mehr in ihre Musik-AG. Sie hat aber Frau Nolte versprochen, bei unserer Kollegiumsfeier am Freitag etwas aufzuführen. Die Nolte sagt so was immer im Vorbeigehen: «Das Susannchen kann ja dann die Schüler ein paar Liedchen singen lassen, Frl. Krise macht die Deko und Frau Freitag backt mit ihrer Klasse Plätzchen.»

Plätzchen - den Zahn habe ich ihr gleich gezogen. Ich backe überhaupt nichts mit meiner Klasse. Wenn sie unbedingt will, dann kaufe ich ihr bei Aldi ein paar Kekse. Aber ich gehe bestimmt nicht mit sechsundzwanzig Schülern in die Küche. So eine Schnapsidee, die Weihnachtsfeier bei uns in der Schule zu machen. Sonst waren wir immer in irgendeinem Restaurant. Aber die Nolte meint, das sei zu unkommunikativ, und wir würden das kreative Potenzial unseres Kollegiums überhaupt nicht ausschöpfen. Und nun stresst sie uns alle schon seit Mitte Oktober mit dieser Scheißfeier.

«Dit jeht ja janich, janich, janich.» Der Mann auf der Bank mir gegenüber schüttelt den Kopf und kramt in einer Plastiktüte. Er sieht eigentlich ganz normal aus. Nicht wie ein Obdachloser. Er trägt eine gelbe Daunenjacke und Jeans. Die Jacke sieht teuer aus. «Janich, janich.» Dann guckt er plötzlich zu mir.

«Wat kiekst´n so?», schreit er mich an, und ich stehe sofort auf. Ich muss sowieso raus. Der Zug fährt langsam in den Bahnhof ein.

«Wat kiekst´n? Schlampe! Allet Schlampen! Dit jeht janich!»

Schlampe? Der spinnt ja wohl, mich hier so anzupöbeln. Aber ich sag mal lieber nichts. Nachher wird der noch handgreiflich - bei solchen weiß man ja nie. Ist mir nicht ganz geheuer - so ein zeternder Irrer im Nacken.

«WATT´N, SCHLAMPE??? HASTE DEINE TAGE, ODA WATT???», schreit er und spuckt dabei. Die Türen öffnen sich. Ich gucke ihm genau in die Augen.

«Nee. Hab ich nich!», zische ich ihn an. Dann setze ich einen lautlosen Pups frei, der sich olfaktorisch zu ihm ausbreiten wird, sobald die sich schließende Wagentür dem Gas den Weg in Richtung U-Bahnhof abgeschnitten hat. Blähungen und Pupse sind meine ständigen Begleiter, und der Einsatz dieser unsichtbaren Waffe ist mein einziger Spaß, seitdem ich aufgehört habe zu rauchen. Seit sechs Tagen gibt es in meinem Leben keine Zigaretten mehr. Seit sechs Tagen warte ich. Ich bin bereit, die wunderbare Welt der Nichtraucher zu erleben. Zu schmecken, zu riechen, zu atmen. Die Wunder können kommen. Bisher kamen nur Heißhunger, Blähungen und diese sehr, sehr schlechte Laune.

12.30 Uhr

Irgendwo in diesem Regal habe ich doch im letzten Jahr die Lichterketten abgelegt. In so einem Faltkarton von der Post, daran erinnere ich mich noch genau. Das Regal ist ein einziges Chaos. Jeder, der nicht weiß, wohin mit seinem Zeug im Lehrerzimmer, lädt es hier ab. In den unteren Fächern steht nichts von mir. Da muss ich wohl auf einen Stuhl klettern und auch ganz oben suchen.

Puh, schön staubig!

«Sorry, Frl. Krise, aber wenn du schon auf meinen Stuhl steigen musst, dann könntest du dir wenigstens die Schuhe ausziehen!»

«Oh! Stimmt! Tut mir leid, Olaf. Ganz kleinen Moment noch, ich will nur mal gucken, ob ... ah, da ist er ja schon! Kannst du mir die Schachtel gerade mal abnehmen, bitte?»

Kollege Büchner, Verzeihung, Dr. Olaf Büchner guckt not amused, als er zögernd die Arme nach dem angestaubten gelben Karton ausstreckt. Dafür wische ich, nachdem ich vom Stuhl runtergesprungen bin, mit der Hand flüchtig über die Sitzfläche. Der soll sich mal nicht so anstellen, der Mann, meine Schuhe sind doch ganz sauber.

«Was ist da drin? Das ist so leicht.»

«Lichterketten. Für die Weihnachtsdekoration meiner Klasse!»

Olaf drückt mir den Karton in die Hand, dreht sich wortlos um und geht ans Spülbecken unserer kleinen provisorischen Küchenzeile. Jetzt wäscht der sich tatsächlich die Hände! Na ja, wenn man immer schwarze Hosen zu blütenweißen Hemden trägt, muss das wohl sein.

Weiße Hemden zu längeren grauen Haaren und ein gebräunter Teint, das macht was her ... Schlecht sieht er nicht aus, dieser neue Kollege. Groß und schlank und dann immer so teure Lederjacken ... Da könnten sich der Voss und der Pommer mal eine Scheibe von abschneiden. Die mit ihren karierten Hemden und den ausgebufften Jeans.

Olaf trocknet sich die Hände mit einem Tempotuch ab - das Handtuch ist ihm wohl zu eklig - und fragt: «Weihnachtsdeko in der Klasse? Dafür hast du Zeit?»

«Die Zeit muss man sich schon nehmen!», sagt Monika Nolte, die eine Tasse in die Spülmaschine stellt, und guckt streng.

Olaf gibt einen komischen Ton von sich. Nach Zustimmung hört sich das nicht an.

«In der Grundschule vielleicht!», sagt er dann.

Herr Dr. Büchner hat mit solchen Kindereien offensichtlich nichts am Hut - na ja, er ist ja auch Studienrat. Davon spricht er zwar nicht, aber man spürt es trotzdem. Ein schweres Schicksal hat ihn an unsere Schule verschlagen. Ich glaube, er kam aus Rheinland-Pfalz oder Hessen nach Berlin und konnte sich die Schule nicht aussuchen. In den ersten Wochen war er ziemlich geschockt - solche Schüler kannte er nur aus dem Fernsehen. Und erst das Leistungsniveau! Er unterrichtet Deutsch und Geschichte, zwei Fächer, in denen unsere Schüler nicht gerade brillieren. Und jetzt muss er auch noch Erdkunde geben. Ein Abstieg, in seinen Augen!

Das mit dem Doktor kam bei uns auch nicht so gut an. «Ist er Arzt?», fragten die Schüler völlig verständnislos, und einige Kollegen - besonders der Pommer - mokierten sich über seinen Titel.

Die Lichterketten sind miteinander verknotet. Typisch. Das kommt, wenn man die Sachen so lieblos wegpackt. Hoffentlich sind sie überhaupt noch intakt.

«Frl. Krise, du könntest die Lichterketten doch in der Aula anbringen! Lichterketten und Kerzen, das wäre sehr stimmungsvoll!» Monika stellt sich neben mich und fährt liebevoll mit ihrer Hand über die Birnchen.

«Meinetwegen, aber dann muss der Rudolf mir helfen! Die Fenster in der Aula sind mir zu hoch.» Unser Hausmeister wird sich über einen Haufen Mehrarbeit freuen. Aber er ist ja auch eingeladen. Dafür hat Monika gesorgt.

«Weihnachten - das Fest der Geschäfte», sagt Herr Dr. Büchner und schiebt seine randlose Brille zurecht. «Das sagt meine Frau immer. Recht hat sie. Dass ihr so darauf abfahrt, wundert mich.»

Oh, Mann - seine Frau. Die ist Psychiaterin und ihr zuliebe ist er überhaupt nur nach Berlin gezogen. Die hat nämlich hier eine «phantastische Stelle» an der Charité bekommen, und dafür muss Herr Doktor nun bei uns leiden.

Monika gibt mir einen kleinen Tritt mit dem Fuß, und ich verbeiße mir das...

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Autor

Frl. Krise wurde 1948 am Niederrhein geboren, ihre Eltern waren Lehrer. Nach dem Studium, Biologie und Kunst, arbeitete sie an Gesamtschulen in Hessen und Berlin, mittlerweile ist sie pensioniert. Sie hat zwei Töchter mit einem Lehrer und ist jetzt mit einem Nicht-Lehrer liiert. Ihr erstes Buch, «Ghetto-Oma», erzählt von unglaublichen Schulgeschichten und erklomm die Bestsellerliste.Frau Freitag, geboren 1968, unterrichtet Englisch und Kunst an einer Gesamtschule. Ihre Bücher «Chill mal, Frau Freitag!», «Voll streng, Frau Freitag!» und «Echt easy, Frau Freitag!» standen allesamt auf der Bestenliste.