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Blues in New Orleans

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
416 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am21.11.20141. Auflage
'Blues in New Orlean' wurde als bester Kriminalroman des Jahres mit dem Edgar-Allan-Po-Preis ausgezeichnet. Die junge Skip Langdon, einzige Frau bei der Polizei von New Orleans und erst seit kurzer Zeit im Dienst, soll wegen ihrer privaten Verbindungen zur lokalen High Society an der Aufklärung eines aufsehenerregenden Falles mitwirken: Während der großen Karnevalsparade ist ein stadtbekannter Banker erschossen worden. Spannend, witzig, kultig: ein Krimi aus Julie Smiths preisgekrönter New-Orleans-Serie um die unkonventionelle junge Polizistin Skip Langdon!mehr

Produkt

Klappentext'Blues in New Orlean' wurde als bester Kriminalroman des Jahres mit dem Edgar-Allan-Po-Preis ausgezeichnet. Die junge Skip Langdon, einzige Frau bei der Polizei von New Orleans und erst seit kurzer Zeit im Dienst, soll wegen ihrer privaten Verbindungen zur lokalen High Society an der Aufklärung eines aufsehenerregenden Falles mitwirken: Während der großen Karnevalsparade ist ein stadtbekannter Banker erschossen worden. Spannend, witzig, kultig: ein Krimi aus Julie Smiths preisgekrönter New-Orleans-Serie um die unkonventionelle junge Polizistin Skip Langdon!
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955306151
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum21.11.2014
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1724927
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Der Boston Club
1

Bitty würde man stützen müssen, und weiß der Himmel, was Henry anstellte. Wenn sie selbst auch noch auf die Nase fiel, hatten drei Leute von dreien total versagt. Wenigstens sie sollte auf den Beinen bleiben. Außer ihr war Chauncey sowieso allen scheißegal. Vielleicht Tolliver nicht, aber er gehörte nicht zu den St. Amants.

Wie viele Drinks waren zuviel? Drei hatte sie intus, vielleicht vier, und es war noch vor elf. Es würde noch eine knappe Stunde dauern - fast bis Mittag -, bis die Parade vorbeikam und anhielt, damit ihr Vater seiner jugendlichen Königin zuprosten konnte. Sie mußte langsamer machen - schließlich war sie nicht die Trinkerin in der Familie Aber es war Karneval. Wer würde überhaupt etwas merken?

Wahrscheinlich alle. Weil heute aller Augen auf den St. Amants lagen. In anderthalb Stunden würde die Hälfte der Bevölkerung zum Balkon hochstarren, auf Rex´ reizende Familie, die ihrem Patriarchen zuwinkte und wahrscheinlich wie ein Haufen Flüchtlinge aus den fünfziger Jahren aussah - bis zu den Frisuren und den Kleidern. Alle drei im Kostüm oder Anzug - Sohn Henry, Ehefrau Bitty und Tochter Marcelle. Ehefrau und Töchter des Rex trugen immer ein Kostüm, und die Königin war immer eine Debütantin und Tochter einer wichtigen Persönlichkeit. Dieses Jahr war es Brooke Youngblood, Mitglied von Kappa an der Louisiana State University - auch sie im Kostüm.

Marcelle fragte sich, ob man eine Frau im Kleid oder in Hosen überhaupt auf den Balkon lassen würde. Aber diese Frage stellte sich gar nicht erst. Man ging auch nicht im kleinen Schwarzen zu seinem ersten Ball.

Marcelle trug ein Kostüm mit schwarzrosa Hahnentrittmuster, einen knielangen Rock mit kurzer, enger Jacke. Falls sie es jemals wieder anzog, würde sie den Rock vorher um mindestens fünf Zentimeter kürzen. Brooke Youngblood hatte einen Rock mit Kellerfalten an und trug eine Pagenfrisur.

Weil Marcelle schon Ende zwanzig war, blieb ihr der Pagenschnitt erspart, aber sie hatte ihr kurzes schwarzes Haar glattkämmen müssen. Heute hatte sie weder Gel noch Schaum, noch Farbspülung verwendet. Sie sah wie Papis braves kleines Mädchen aus, auch wenn sie es nicht war, was jeder wußte.

Nicht daß es irgend jemanden interessiert hätte. Ihre Mutter jedenfalls nicht. Was Bitty interessierte, mußte bernsteinfarben und flüssig sein. Und Henry, der war eine noch größere Schlampe als Marcelle. Aber Chauncey wäre überhaupt nicht aufgefallen, daß seine Tochter erwachsen war, wenn sie nicht bereits einen vierjährigen Sohn hätte. Er würde ihr noch immer das Haar zerzausen und Himbeereis kaufen. Als sie klein war, ging er mit ihr spazieren und kaufte ihr Eiswaffeln. Das war so ziemlich die einzige angenehme Erinnerung an ihre Kindheit.

Marcelles Glas war immer noch halbvoll. Chaunceys wegen, dachte sie. Chaunceys wegen konnte sie sich noch eine ganze Stunde an ihrem Drink festhalten. Es war merkwürdig still hier. Ein gleichmäßiger Stimmenpegel und das leise Klingen der Gläser waren die einzigen Geräusche. Man merkte kaum etwas vom Mardi Gras, und in gewisser Weise fand er hier ja auch gar nicht statt. Die Party im Boston Club hatte so lächerlich wenig mit all dem zu tun, was sonst an diesem Tag in der Stadt los war. Kein Mensch war kostümiert - wenn man von den beiden Frauen aus Mississippi im Clownskostüm absah. Die hatte jemand mitgebracht.

Und niemand randalierte, niemand benahm sich daneben oder sah auch nur betrunken aus, obwohl Marcelle annahm, daß mindestens fünfzig Prozent der Gäste mit einem Alkoholpegel angekommen waren, der weit über der Promillegrenze für Autofahrer lag. Das waren die Leute, die sich auch alkoholisiert unter Kontrolle hatten und so taten, als ob ihre Leber unverwüstlich wäre. Ihr Großvater zum Beispiel. Sie hatte ihn in ihrem ganzen Leben noch nie betrunken gesehen, obwohl er immer ein Glas in der Hand hielt und alle seine Küsse nach Bourbon schmeckten. Der alte Knabe hatte in den letzten vierzig Jahren ganz ordentlich abgekippt. Was seinem sicheren Auftreten anscheinend nichts anhaben konnte - die alten Trottel, die sich regelmäßig in diesen dunkel getäfelten Räumen zusoffen, hatte er Zeit seines Lebens in den Schatten gestellt. Wie schade, daß Bitty seine Fähigkeit nicht geerbt hatte, im sturzbesoffenen Zustand aufrecht stehenzubleiben.

Marcelle fragte sich, wo ihr Großvater war, und hoffte, daß er ihr nicht über den Weg lief. Aber er lief sowieso nicht mehr viel. Wahrscheinlich hatte er einen ledernen Ohrensessel gefunden und saß da im Kreise seiner Speichellecker. Das Abbild einer Kröte auf einem Blatt - Wanst und Brustkorb riesig, winzige Beine, großer, häßlich fleckiger Kopf und scharfe, gefährliche kleine Augen. Kein Wunder, daß Bitty jemanden geheiratet hatte, der so anders war, so elegant und zuvorkommend.

Ach, Chauncey, hoffentlich machen dir Henry und Bitty nicht alles kaputt. Oder ich, wer weiß. Das ist absolut drin. Aber was soll man hier machen, außer trinken? Hier ist es so öde.

Geschlagen schlenderte Marcelle zur Bar und holte sich ihren vierten Drink an diesem Morgen. (Vielleicht war es auch ihr fünfter.) Eigentlich, fiel ihr auf, war der Raum hübsch - überhaupt nicht öde. Fast wie ein Wintergarten. Ansonsten sah der Club so aus, wie sie sich einen Herrenclub in der St. James Street in London vorstellte - dunkles Holz, Ledersessel, Orientteppiche. Stattlich. Elegant. Im Moment mit lauter Forsythien und hübschen Frühlingsblumen dekoriert. Der Boston Club war für seine kunstvollen Blumenarrangements am Mardi Gras berühmt. Marcelle mußte fast lächeln.

Im Venus Club und bei Endymion trugen die Damen (880 an der Zahl) fremdländischen Federschmuck auf dem Kopf, aber den Mardi-Gras-Indianern mit ihrem Federschmuck konnten sie nicht das Wasser reichen. Und die Indianer wurden ihrerseits von den Transvestiten weit übertroffen. Doch wenn man sich beim Boston Club richtig ins Zeug legte, ließ man ein paar Blumen kommen.

Marcelle sah sich um und fragte sich, warum sie die Atmosphäre so öde fand. Vielleicht lag es wirklich an den Kleidern. Die Männer trugen alle dunkle Anzüge - nur das Empfangskomitée war im Cut. Die Kostüme und Seidenkleider der Frauen sahen aus, als hätten sie ebensoviel wie Marcelles Auto gekostet, und waren von ausgesucht tadellosem Geschmack. Marcelle allerdings fand sie fade - kein Rocksaum endete wesentlich über oder unterhalb des Knies.

In diesen dunklen, dumpfen Räumen fühlte man sich wie auf einem Mittelstreifen in der Stadt. Auf neutralem Boden. So nannte man in New Orleans die Mittelstreifen, die die Straßen teilten. Der Satz schien plötzlich zu beschreiben, was an der ganzen Sache faul war - jeder versuchte, neutral zu bleiben. Man mußte neutral aussehen, sich neutral benehmen, ein gelangweiltes Gesicht machen - während die ganze Familie zusammenbrach, obwohl der Vater Karnevalskönig war. Plötzlich fand sie es komisch. Der Drink begann zu wirken.

»So ist es schon besser.« Das war Jo Jo Lawrence, strohblondes Haar und Schultern wie ein Footballspieler. Er rempelte sie leicht an und schüttete dabei Weißwein über ihre rosa Seidenbluse. »O Gott, das tut mir leid.« Er betupfte sie mit einem Papiertaschentuch und berührte dabei sanft ihre Brust.

»Ist schon gut.« Marcelle strich sich selbst über die Bluse. »Ist nur Weißwein. Wird kaum zu sehen sein, wenn es trocken ist.« Sie sah zu ihm auf. »Wie ist es schon besser?«

»Mit dem kleinen Lächeln. Ich habe dich beobachtet. Warum so traurig am Mardi Gras? Und ausgerechnet diesmal?«

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram, Jo Jo!«

»Ich habe gehört, daß deine Scheidung durch ist.«

Marcelle antwortete nichts. Manchmal wünschte sie sich, sie hätte Jo Jo geheiratet. Nach Lionels Wutausbrüchen, wenn er getrunken hatte, fand sie Jo Jo mit seiner nichtssagenden Liebenswürdigkeit wesentlich anziehender als damals auf der High School. Sie konnte sich ohnehin nicht erinnern, warum sie Lionel geheiratet hatte. Oder warum sie Jo Jo nicht geheiratet hatte. Wahrscheinlich hatte er sie nicht gefragt. Sie waren sowieso zu jung gewesen. Aber er war der erste, mit dem sie ins Bett gegangen war - bloß war es kein Bett gewesen, sondern das Seeufer.

»Wie wär´s mit einem Kuß für Jo Jo? Auf die alten Zeiten?«

Warum nicht? Er war so ziemlich der einzige Mann in der Stadt, den sie in den letzten sechs Monaten nicht geküßt hatte. Warum nicht Jo Jo? Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen.

Er küßte sie zart, liebevoll. Dann nahm er sie in die Arme und küßte sie richtig. Mitten im Boston Club, vor allen Leuten. Aber wer achtete schon darauf? Sie hätte sich gewundert, wenn es jemand bemerkt hätte. Einen kleinen Kuß doch nicht. Jeder küßte jeden an Karneval. Niemand würde sich erinnern, wen er selbst geküßt hatte, und noch viel weniger, wer wen geküßt hatte. Es konnte passieren, daß man am Aschermittwoch in der Kirche neben jemandem saß, mit dem man Gott weiß was getrieben hatte, ohne sich auch nur dunkel daran zu erinnern.

Jo Jos Körper fühlte sich überraschenderweise angenehm vertraut an. Vertraut und trotzdem verboten. Jo Jo war inzwischen verheiratet. Aber alle anderen waren auch verheiratet, und das schien sonst niemanden zu stören. Sogar ihren eigenen Vater nicht. Marcelle hatte es auch nie gestört.

Es muß zwei Wochen her sein, seit ich mit einem Mann geschlafen habe - eigentlich ein Rekord für mich.

Jo Jo preßte seinen schweren Körper gegen sie und schob sie nach hinten auf die Wand, auf die nächste Tür zu, sein Atem verströmte den Duft von...
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