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Mehr Mut als Kleider im Gepäck

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am13.07.2015Auflage
Sie überschritten Grenzen von Ländern und gesellschaftliche Konventionen: Sieben Frauen unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung - unter ihnen Anna Leonowens, Gertrude Bell und Alexandra David-Néel - eroberten sich im 19. Jahrhundert mit bewundernswertem Mut und Pioniergeist ihren Platz in den exotischsten Gegenden der Erde. Ihre Reisen führten sie von den Wüsten Arabiens bis zu den Schneefeldern Sibiriens, ob als Schriftstellerin, Studentin der Archäologie oder als Lehrerin am Königshof von Siam.

Julia Keay (1946 - 2011) wuchs in England, der Schweiz und in Frankreich auf. Sie schrieb eine Reihe international beachteter Dokumentationsserien für die BBC. Bekannt wurde sie unter anderem mit ihrem Buch »Die Spionin, die es nicht gab - eine Biographie der Mata Hari«. Nach vielen Jahren im Fernen Osten lebte die Autorin bis zu ihrem Tod mit ihrem Mann in den Western Highlands von Schottland.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextSie überschritten Grenzen von Ländern und gesellschaftliche Konventionen: Sieben Frauen unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung - unter ihnen Anna Leonowens, Gertrude Bell und Alexandra David-Néel - eroberten sich im 19. Jahrhundert mit bewundernswertem Mut und Pioniergeist ihren Platz in den exotischsten Gegenden der Erde. Ihre Reisen führten sie von den Wüsten Arabiens bis zu den Schneefeldern Sibiriens, ob als Schriftstellerin, Studentin der Archäologie oder als Lehrerin am Königshof von Siam.

Julia Keay (1946 - 2011) wuchs in England, der Schweiz und in Frankreich auf. Sie schrieb eine Reihe international beachteter Dokumentationsserien für die BBC. Bekannt wurde sie unter anderem mit ihrem Buch »Die Spionin, die es nicht gab - eine Biographie der Mata Hari«. Nach vielen Jahren im Fernen Osten lebte die Autorin bis zu ihrem Tod mit ihrem Mann in den Western Highlands von Schottland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492970600
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum13.07.2015
AuflageAuflage
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1662 Kbytes
Artikel-Nr.1732266
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Emily Eden
Die Pflicht ruft

Freiwillig war Emily Eden bestimmt nicht unterwegs. Auslandsreisen waren das letzte, an das sie im Frühjahr 1835 dachte. Ganz im Gegenteil wollte sie mehr als alles andere endlich ein eigenes Heim. Es mußte gar nicht groß sein. Ein kleines Häuschen auf dem Land mit einem gemütlichen Wohnzimmer und einem Lehnstuhl am Kamin, mit Regalen für ihre Bücher, und Wänden, wo sie ihre Bilder aufhängen könnte; außerdem Platz für ihre Pflanzen und vielleicht sogar einen kleinen Garten, wo sie mit ihrem Hund spielen und Rosen und Glyzinien beschneiden konnte. Sie wünschte sich nur ein bißchen Ruhe und Bequemlichkeit für ihre späteren Jahre - sicherlich keine ungewöhnliche Vorstellung für eine alternde Jungfer.

Statt dessen zwangen sie die Umstände zu einem rastlosen Leben. Ihre Sachen waren alle in Kisten verstaut, sie wußte von einem Tag zum anderen nicht, in welcher Truhe eigentlich ihre Kleider waren, und - am schlimmsten von allem - langsam gingen ihr die verheirateten Schwestern aus, bei denen sie abwechselnd wohnen konnte. Alle fünf hatten sie mit herzlicher Gastfreundschaft aufgenommen, aber irgendwann wird eine jüngferliche Tante auch zur Last, egal, wie sehr man sie liebt.

Sie machte die Regierung für diese Schwierigkeiten in ihrem Privatleben verantwortlich. Seit im Jahr zuvor die politischen Geschicke der Liberalen und der Konservativen andauernd auf und ab gingen, war ihr Leben zu einer Karussellfahrt geworden. Es war schon schlimm genug, daß Lord Melbourne ihren Bruder George, Lord Auckland, zum Ersten Lord der Admiralität befördert hatte. Sie mußte weinen, als sie sich gezwungen sah, das schöne Haus in Greenwich zu verlassen, in dem sie mit ihrem Bruder zusammen lebte. Die riesige, zugige Repräsentationswohnung im Haus der Admiralität sagte ihr überhaupt nicht zu:

Alle behaupten, wir wären außerordentlich beneidenswerte Leute. Für George gilt das vielleicht, aber ich kann nicht von Glück sprechen, wo ich doch Greenwich verlassen muß. Es war mein ein und alles. Nunmehr an London gebunden zu sein ... ich hasse London! Und ich soll mir vorschreiben lassen, wen ich zum Abendessen einlade, ohne überhaupt die finanziellen Möglichkeiten zu haben, mich gesellschaftsfähig zu kleiden. Ich wünschte, die Regierung würde auch einmal in Betracht ziehen, daß trotz der Beförderung eines Mannes in eine hohe Position die Frauen im Hintergrund so arm wie eh und je bleiben.

Im Oktober 1834 kam dann das Gerücht auf, Lord Melbourne plane, George als Generalgouverneur nach Indien zu schikken. Es war wirklich nur Geflüster hinter der hohlen Hand, aber es genügte, um Emily in Angst und Schrecken zu versetzen. »Glücklicherweise ist die Gefahr vorbei«, schrieb Emily an ihre beste Freundin, Theresa Lister. »Ich wußte, das wäre zu schlimm, um wahr zu sein - obwohl es auch gefährlich ist, solche Überlegungen anzustellen, denn sie beschleunigen oft eine drohende Katastrophe. Aber dies war ein so extremer Fall, eine derart fürchterliche Vorstellung, daß man sie nur mit Gewalt wegschieben konnte. Selbst die Botany Bay wäre vergleichsweise noch ein Vergnügen gewesen. Wenigstens ist das Klima dort angenehm, und zudem kommt man noch in den Genuß, vorher eine nette kleine Straftat zu begehen. Aber nach Kalkutta...!« Angesichts ihrer Erleichterung schienen sogar die tristen Räumlichkeiten der Admiralität plötzlich eine gewisse häusliche Wärme auszustrahlen.

Sechs Monate später war die Regierung der Liberalen zusammengebrochen, Sir Robert Peel und seine schrecklichen Tories hatten die Macht übernommen, und der arme George hatte keine Stellung mehr. Obwohl das natürlich eine Enttäuschung war, bedeutete es zumindest, daß sie sich jetzt wieder aufs Land zurückziehen konnten. Doch selbst während Emily überall ihre Freude über diese Aussichten zum Ausdruck brachte, wußte sie doch insgeheim, daß es so nicht kommen würde. George beharrte darauf, daß es keinen Sinn hätte, sich irgendwo fest niederzulassen - die Tory-Regierung schwankte ziemlich und konnte sich wahrscheinlich nicht halten. Melbourne würde sicher wieder Premierminister werden, George konnte davon ausgehen, dann einen neuen Regierungsposten zu erhalten, und so wären sie wieder mit der Notwendigkeit einer häuslichen Veränderung konfrontiert. Besser abwarten, was kommt.

Emily war wieder ohne ein Dach über dem Kopf. In einem, wie sie meinte, völlig gefühllosen Ausbruch, versuchte George ihr klarzumachen, daß ihr bei mehr als der Hälfte der englischen Adelssitze alle Türen weit offen standen, falls sie bei keiner ihrer Schwestern mehr unterschlüpfen wollte. Er schien nicht zu verstehen, daß es weit weniger schön war, selbst im herrschaftlichsten Haus zu Gast zu sein als ein eigenes zu besitzen, und sei es nur »ein Zelt irgendwo unter einer Hecke, wo ich mein müdes Haupt betten kann«.

Doch das Schicksal hatte die Beschwörungen nicht vergessen, mit denen Emily ihm hatte ausweichen wollen. Im April 1835 gab es einen erneuten Regierungswechsel; Peel trat zurück, und Lord Melbourne wurde wieder Premierminister. Innerhalb der ersten beiden Wochen seiner Amtszeit bot er George einen neuen Posten an: Generalgouverneur in Indien. »Was soll ich dazu weiter sagen, außer daß wohl Gottes Wille geschieht«, schrieb Emily an Theresa. »Mir graut es vor dem Klima, und ich kann der Reise nur mit äußerstem Widerwillen entgegensehen.«

Von den vierzehn Kindern William Edens, des ersten Barons Auckland, hatten immer Emily und George die größte Nähe und Zuneigung füreinander empfunden. Beide heirateten nie und teilten vierzehn Jahre lang mit ihrer jüngsten Schwester Fanny ein Haus. Seit den Anfängen von Georges politischer Karriere als Abgeordneter auf den hinteren Rängen des Parlaments und nach dem Tod des Vaters an dessen Stelle im Oberhaus, in seinen Jahren als Präsident der Handelskammer und als Erster Lord der Admiralität hatte Emily die Rolle seiner Lebensgefährtin und Gastgeberin gespielt.

Deswegen hatte sie keine Angst vor der Aussicht, als First Lady in Kalkutta zu agieren. Die Familie Eden bewegte sich schon lange in den exklusivsten Gesellschaftskreisen, durch Blutsverwandtschaft oder Heirat war sie mit den besten Familien des Landes verbunden, nannte den Rest beim Vornamen und zählte auch die königliche Familie zu ihrer näheren Bekanntschaft. Trotz ihrer augenblicklichen Abneigung vor der Politik war Emily durchaus an politischen Dingen interessiert. Nichts machte ihr mehr Spaß als eine leidenschaftliche Debatte mit Georges Kabinettskollegen beim Abendessen. Die eigentliche Bedrohung war die Trennung von Freunden und Familie. Alles, was sie jemals über Indien gehört oder gelesen hatte, verleitete sie zu der Schlußfolgerung, das Land sei ein kultureller und gesellschaftlicher Friedhof. Sobald sie dahin verbannt wäre, glaubte Emily, gäbe es nichts mehr von all dem, was ihr Leben lebenswert machte - die neuesten Bücher und Theateraufführungen, die aktuelle Mode und vor allem der gesellschaftliche Klatsch. »Jeden Tag wird mir das Herz schwerer«, schrieb sie. »Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie mir zumute ist.«

Doch obgleich sie äußerstes Mitleid bekundeten und selber unter der bevorstehenden Trennung litten, ließen sich Emilys Freunde nicht beeindrucken. Sie wußten, daß Emily unglücklich war, wenn sie nichts zu klagen hatte, und umgekehrt: Je größer ihre Probleme, um so strahlender ihr Lächeln. Auch ihr Aussehen täuschte: Sie war klein, hatte lange, dunkle Haare und einen blassen Teint, der eher auf eine zarte Konstitution schließen ließ. Hinter dieser zerbrechlich wirkenden Fassade war sie allerdings ganz schön zäh, wie ihre Freunde wußten. Sie war klug, hatte eine scharfe Zunge, und da sie Leute, die ihrer Meinung nach Unsinn redeten, nicht leiden konnte, zitterten empfindlichere Naturen vor ihren schnellen Urteilen. Aber sie konnte auch warmherzig sein, sehr witzig und einfühlsam, und sie hatte einen wunderbar trockenen Humor. Diese Eigenschaften machten sie nicht nur zu einer unterhaltsamen, sehr geschätzten Freundin, sondern halfen ihr auch über alle Unannehmlichkeiten hinweg. Die Freunde daheim konnten sicher sein, daß sie ihnen sehr lebensnah von jedem einzelnen ihrer Abenteuer berichten würde.

Allein die Reise hin und zurück würde ein ganzes Jahr dauern. Da Georges Auftrag politischer Natur war, wäre er so lange Generalgouverneur, wie die Liberalen an der Regierung blieben. Emily wußte deshalb, daß sie sechs Jahre lang fort sein könnte. »Ein ungeheurer Einschnitt«, schrieb sie ihrer Schwester Eleanor, der Gräfin Buckinghamshire, »und noch dazu zum völlig falschen Zeitpunkt in meinem Leben. Die Jugendzeit Deiner Kinder werde ich verpassen, und unsere wird gänzlich vorbei sein. Wenn wir uns wiedersehen, bin ich schon eine ziemlich alte Frau.«

Erst 1857 übernahm die britische Regierung kurz nach dem Großen Aufstand der Sepoys* die direkte Herrschaft in Indien. Im Jahr 1835 war, zumindest nominell, die Ostindische Kompanie verantwortlich für die Belange jener Gebiete, die sich unter den Schutz der Briten gestellt hatten. Letztendlich aber lag die Macht über alles, was nicht die geschäftlichen Interessen der Kompanie betraf, beim India Office Board of Control (Kontrollbehörde für Indien) in Whitehall. Theoretisch erhielt der Generalgouverneur zwar seine Weisungen von dort, aber es war schlichtweg nicht praktikabel, daß jede Entscheidung in London fiel, wenn zwischen einer Anfrage aus Kalkutta und der Antwort aus London acht Monate vergehen konnten. Obwohl in Kalkutta ein Ministerrat dem Generalgouverneur mit Rat und Tat zur Seite stehen sollte, lag die Regierung von Britisch-Indien schließlich doch in den Händen eines...
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Autor

Julia Keay (1946 - 2011) wuchs in England, der Schweiz und in Frankreich auf. Sie schrieb eine Reihe international beachteter Dokumentationsserien für die BBC. Bekannt wurde sie unter anderem mit ihrem Buch "Die Spionin, die es nicht gab - eine Biographie der Mata Hari". Nach vielen Jahren im Fernen Osten lebte die Autorin bis zu ihrem Tod mit ihrem Mann in den Western Highlands von Schottland.
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Keay, Julia
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Budde, Ulrike
Übersetzung