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Das letzte Wort

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am28.08.20151. Auflage
Die Dramaturgie des Tötens Die ruppige Kommissarin Vera Stanhope ist niemand, der leicht Freundschaften schließt. Doch ihre Nachbarin hat sie sofort ins Herz geschlossen. Als Joanna vermisst wird, macht sie sich höchstpersönlich auf die Suche. Die Spur führt zum Writers House, wo gerade ein Krimi-Workshop stattfindet. Dort hat man es längst nicht mehr mit fiktiven Mordfällen zu tun: Im Wintergarten wurde ein Dozent erstochen. Angeblich von Joanna. Doch die beteuert ihre Unschuld. Kein leichter Fall für Vera: Jeder der Kursteilnehmer hatte Grund, den Mann zu hassen. «Eine Kommissarin, die man einfach mögen muss!» (Freundin)

 Ann Cleeves lebt mit ihrer Familie in West Yorkshire und ist Mitglied des «Murder Squad», eines illustren Krimi-Zirkels. Für ihren Kriminalroman «Die Nacht der Raben» erhielt sie den «Duncan Lawrie Dagger Award», die weltweit wichtigste Auszeichnung der Kriminalliteratur. 2017 wurde sie für ihr exzellentes Lebenswerk mit dem «Diamond Dagger» ausgezeichnet. Sowohl die «Vera Stanhope»-Reihe, als auch Cleeves zweite Serie um das Shetland-Quartett, sind verfilmt worden.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR19,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie Dramaturgie des Tötens Die ruppige Kommissarin Vera Stanhope ist niemand, der leicht Freundschaften schließt. Doch ihre Nachbarin hat sie sofort ins Herz geschlossen. Als Joanna vermisst wird, macht sie sich höchstpersönlich auf die Suche. Die Spur führt zum Writers House, wo gerade ein Krimi-Workshop stattfindet. Dort hat man es längst nicht mehr mit fiktiven Mordfällen zu tun: Im Wintergarten wurde ein Dozent erstochen. Angeblich von Joanna. Doch die beteuert ihre Unschuld. Kein leichter Fall für Vera: Jeder der Kursteilnehmer hatte Grund, den Mann zu hassen. «Eine Kommissarin, die man einfach mögen muss!» (Freundin)

 Ann Cleeves lebt mit ihrer Familie in West Yorkshire und ist Mitglied des «Murder Squad», eines illustren Krimi-Zirkels. Für ihren Kriminalroman «Die Nacht der Raben» erhielt sie den «Duncan Lawrie Dagger Award», die weltweit wichtigste Auszeichnung der Kriminalliteratur. 2017 wurde sie für ihr exzellentes Lebenswerk mit dem «Diamond Dagger» ausgezeichnet. Sowohl die «Vera Stanhope»-Reihe, als auch Cleeves zweite Serie um das Shetland-Quartett, sind verfilmt worden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644568716
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum28.08.2015
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.4
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse900 Kbytes
Artikel-Nr.1791906
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel Eins

Vera Stanhope stieg aus Hectors altem Landrover und spürte sofort wieder die Last ihres Gewichts in den Beinen. Hectors Landrover. Ihr Vater war nun schon seit Jahren tot, aber immer noch betrachtete sie ihn als seinen Wagen. Sie blieb kurz stehen und ließ den Blick übers Tal schweifen. Auch das hatte ihr Vater ihr hinterlassen: dieses Haus. Scheiß auf den ganzen Rest, dachte sie, vielleicht sollte ich ihm ja allein deswegen verzeihen. Es war Oktober, und der Abend zog schon herauf. In der eiskalten Luft hing der Geruch von schwelendem Holz. Die meisten Bäume waren bereits kahl, und die Singschwäne waren auf den kleinen See zurückgekehrt.

Auf dem Heimweg von der Arbeit hatte sie beim Supermarkt vor Kimmerston haltgemacht, und auf dem Beifahrersitz stapelten sich die Einkaufstüten. Sie warf einen schuldbewussten Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass die Luft rein war. Ihre Nachbarn waren militante Umweltschützer, die den Gebrauch von Plastiktüten für eine Sünde hielten, und nach einem Tag im Büro ertrug sie einfach keinen tiefschürfenden Vortrag über die Rettung des Planeten mehr. Doch auf dem Hof nebenan war niemand zu sehen. Auf einem Streifen Unkraut pickten ein paar Hühner herum. Alles war still, und wenn Jack in der Scheune arbeitete, war immer laute Rockmusik zu hören. Oder ein jaulender Blues. Sie holte die Tüten aus dem Landrover und stellte sie auf der Türschwelle ab, um ihre Schlüssel zu suchen.

Doch die Tür war schon offen. Ihr ganzer Körper spannte sich an, und gleichzeitig spürte sie einen Schauer der Erregung. Ausgeschlossen, dass sie zur Arbeit fuhr, ohne die Tür abzusperren. An diesen ganzen romantischen Quatsch, dass man auf dem Land ruhig seine Türen offen lassen könne, hatte sie noch nie geglaubt. Verbrechen passierten auch in ländlichen Gemeinden. Sie kannte die Berichte und wusste, dass in den hübschen Mittelklasseschulen in Northumberland ebenso viele Drogen konsumiert wurden wie in den städtischen Highschools. Auf dem Lande konnten es die Lehrer nur besser unter den Teppich kehren. Mit dem Ellbogen stieß sie die Tür auf und dachte, ein Einbruch wäre nun wirklich das Letzte, was sie brauchen könne. Bei ihr gab es nicht viel, was man hätte klauen können. Jeder Einbrecher, der etwas auf sich hielt, hätte beim Anblick ihrer Secondhandklamotten, ihres armseligen Computers und des zehn Jahre alten Fernsehers die Nase gerümpft. Aber der Gedanke, ein Fremder könnte im Haus sein, war ihr zuwider. Und dann müsste sie ja auch die Spurensicherung rufen, und die würden das reinste Chaos hinterlassen und Fingerabdruckpuder auf allen Oberflächen. Danach würden sie wieder ins Büro gehen und allen erzählen, in was für einer Rumpelkammer sie lebte.

Trotz ihres beträchtlichen Gewichts bewegte sie sich leise. Diese Fähigkeit hatte sie schon als Kind erworben. Im Flur blieb sie stehen und lauschte. Im Haus rührte sich niemand. Es sei denn, die Einbrecher waren ebenso leise wie sie. Aber da war ein Geräusch, das Knacken von Zweigen. Irgendwo brannte ein Feuer. Der Geruch von schwelendem Holz kam aus ihrem Haus, nicht von den Cottages im Tal, wie sie zuerst gedacht hatte. Doch das hier war kein Brand, der außer Kontrolle geraten war. Nirgendwo im Haus war Rauch. Nirgendwo tosten die Flammen. Da, wo sie stand, war es nicht heiß.

Sie öffnete die Tür zu ihrem kleinen Wohnzimmer und sah Jack, ihren Nachbarn, auf dem bequemsten Stuhl sitzen. Auf dem Stuhl, wo Hector immer gesessen hatte. Jack hatte die Holzscheite angezündet, die sie im Kamin schon zurechtgelegt hatte, und blickte in die Flammen. Der Schreck und die Anspannung, die sie verspürt hatte, als sie ins Haus gekommen war, fielen von ihr ab, und jetzt wurde Vera wütend. Verdammte Hippies! Sie hatte ihnen einen Schlüssel für Notfälle gegeben und nicht, damit sie in ihrem Haus ein und aus gehen konnten, wann immer ihnen danach war. Sie kannten keinen Respekt vor der Privatsphäre anderer Leute.

«Was zum Teufel machen Sie da eigentlich?»

Jack hob den Kopf, und sie sah, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Sie stieß einen leisen Fluch aus. Was war passiert? Irgendeine Krise daheim? Ein Todesfall in der Familie? Es war ein Fehler gewesen, Bekanntschaft mit ihren Nachbarn zu schließen. Lass die Leute in dein Leben, und schon wollen sie was von dir. Sie hasste es, wenn jemand etwas von ihr wollte.

Dann erinnerte sie sich daran, wie oft Jack und Joanna die Zufahrt vom Schnee freigeschaufelt hatten, damit sie runter ins Tal zur Arbeit fahren konnte. An die Nächte, in denen sie sich uneingeladen zu ihnen hinübergeschlichen hatte, um ein paar Flaschen Selbstgebrautes zu mopsen, wenn sie dringend was zum Trinken brauchte. Die Abende, an denen sie alle drei am Küchentisch saßen, zusammen aßen und über irgendeinen dämlichen Witz lachten.

Er machte eine Kopfbewegung zum Feuer hin. «Tut mir leid», sagte er. «Es war verdammt kalt. Und zu Hause wollte ich nicht warten, nachdem ich mich dazu durchgerungen hatte, mit Ihnen zu reden.»

«Was ist los, Jack? Was ist passiert?»

Er schüttelte den Kopf. «Es geht um Joanna. Ich weiß nicht, wo sie steckt.»

Jack stammte aus Liverpool, ein sanftmütiger, gutherziger Kerl. Früher war er bei der Handelsmarine gewesen und durch die Welt gereist, er hatte genug Geschichten auf Lager, um einen vom Abendessen bis in feuchtfröhliche Morgenstunden hinein bestens zu unterhalten. Irgendwann hatte er begonnen, vom Landleben zu träumen, und als er vierzig wurde, kaufte er den kleinen Hof, der an Veras Haus grenzte. Er war in der Stadt groß geworden, und seine einzige Berührung mit dem Leben auf dem Lande waren seine jährlichen Pilgerfahrten zum Glastonbury Festival gewesen, aber irgendwie schaffte er es. Er arbeitete von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und noch darüber hinaus. Oft, wenn sie von einem schwierigen Fall kurz vor Mitternacht heimkam, hörte Vera ihn noch in der Scheune und steckte ihren Kopf durchs Tor, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. Und diese lose Bekanntschaft ermöglichte es ihr, zu glauben, dass ihre Kollegen unrecht hatten. Sie hatte sehr wohl Freunde. Sie hatte ein Leben jenseits der Arbeit.

«Was meinen Sie damit?» Vera versuchte, geduldig zu bleiben, obwohl sie einem Mann, der weinte, immer am liebsten eine runterhauen würde.

«Sie ist jetzt seit zwei Tagen verschwunden. Ohne ein Wort. Ich glaube, sie ist krank. Aber sie will nicht darüber sprechen.»

«Inwiefern krank?» Kurzes Schweigen. «Krebs?» Ihre Mutter war an Krebs gestorben, als Vera klein war, und noch immer scheute sie wie abergläubisch davor zurück, das Wort auszusprechen.

Er schüttelte den Kopf. Sein langsam grau werdendes Haar war in einem Pferdeschwanz zurückgebunden. «Ich glaube, es sind ihre Nerven. Eine Depression. Sie ist am Montag verschwunden, als ich auf dem Bauernmarkt in Morpeth war. Sie muss sich ein Taxi genommen haben. Sie hat gesagt, sie braucht etwas Raum für sich.»

«Sie hat Ihnen gesagt, dass sie geht?»

Wieder schüttelte er den Kopf. «Nein, sie hat eine Nachricht hinterlassen.» Er zog einen Zettel aus seinen Jeans, schob auf dem Tischchen neben sich einen Becher mit fünf Tage altem Kaffeesatz beiseite und legte die Nachricht so hin, dass Vera sie lesen konnte.

Vera erkannte die Handschrift. Joanna kommunizierte oft über kleine Nachrichten. Violette Tinte und gestochen scharfe, leicht geneigte Buchstaben, markant und schön. Habe den Klärbehälter geleert. - In der Scheune ist ein Päckchen. - Lust, heute Abend zum Essen rüberzukommen? In dieser hier stand: Bin ein paar Tage weg. Brauche etwas Platz für mich. Im Topf ist Suppe. Mach dir keine Sorgen. Keine Unterschrift, nicht mal ein J. Kein Kuss.

«Ein paar Tage», sagte Vera. «Sie kommt wieder. Oder sie ruft an.»

Er sah düster zu ihr hoch. «Sie hat ihre Pillen nicht genommen.»

«Was für Pillen?» Vera wusste, dass Jack Dope rauchte. Sein ganzes Haus roch danach. Manchmal, wenn er ein paar Bier zu viel intus hatte, drehte er sich auch bei ihr einen gigantischen Joint, ohne daran zu denken, dass er sie damit in Verlegenheit bringen könnte. Einmal hatte er ihn ihr sogar angeboten. Sie war versucht gewesen, hatte aber abgelehnt. Sie wusste, wie anfällig sie für Süchte aller Art war; besser, sie blieb bei legalen Lastern. Sie hatte angenommen, dass Joanna auch Dope rauchte, konnte sich aber nicht erinnern, sie jemals dabei gesehen zu haben. Joannas Droge war Rotwein, den sie aus einem großen, mattblauen Glas trank. «Das ist alles, was mir vererbt wurde», hatte sie einmal gesagt, während sie das Glas gegen das Licht hielt. «Alles, was ich noch von zu Hause habe.»

«Tabletten», sagte Jack. «Lithium. Damit sie seelisch nicht aus dem Gleichgewicht gerät.»

«Und deswegen machen Sie sich solche Sorgen?»

«Sorgen mache ich mir schon seit Wochen. Sie hat sich komisch verhalten. Hat nicht mehr mit mir geredet. Aber jetzt ist sie verschwunden.»

Schon als Vera die beiden zum ersten Mal gesehen hatte, war ihr klar gewesen, dass Jack Joanna anbetete. Immer wieder blickte er verstohlen zu ihr hinüber, blühte in ihrer Gegenwart auf. Joanna war eine stämmige Frau mit langem, weizenblondem Haar, das sie zu einem Zopf geflochten trug, der ihr den Rücken hinabfiel. Sie hatte ausdrucksvolle dunkle Augenbrauen. Einen breiten Mund und große braune Augen. Alles in ihrem Gesicht war groß und auffallend - und die Hände und Füße passten dazu. Sie trug riesige rote Lederschuhe, bunt geflickte Latzhosen und selbstgestrickte Pullover in leuchtenden Farben. Hätte man Vera gebeten, Joanna mit einem Wort zu...
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Autor

Ann Cleeves lebt mit ihrer Familie in West Yorkshire und ist Mitglied des «Murder Squad», eines illustren Krimi-Zirkels. Für ihren Kriminalroman «Die Nacht der Raben» erhielt sie den «Duncan Lawrie Dagger Award», die weltweit wichtigste Auszeichnung der Kriminalliteratur. 2017 wurde sie für ihr exzellentes Lebenswerk mit dem «Diamond Dagger» ausgezeichnet. Sowohl die «Vera Stanhope»-Reihe, als auch Cleeves zweite Serie um das Shetland-Quartett, sind verfilmt worden.Stefanie Kremer, geb. 1966 in Düsseldorf, arbeitet freiberuflich als Übersetzerin für Sachbücher und Belletristik aus dem Englischen und Französischen. Sie lebt südlich von München.