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Vermisst

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.07.2016
Nachdem der dänische Finanzmanager Mogens Slotsholm Gelder veruntreut hat, flüchtet er von Kopenhagen nach Berlin. Doch dort verliert sich seine Spur: Niemand weiß mehr, wo Mogens steckt. Seine Schwester kontaktiert in ihrer Verzweiflung den Ermittler Ravn, der noch immer unter dem tragischen Tod seiner Freundin leidet. Um sich abzulenken, stürzt er sich in die Suche nach Mogens. Dabei erfährt er, dass kürzlich weitere Männer in Berlin verschwunden sind - sie fielen einem Serienmörder zum Opfer, der offenbar von einer düsteren Faszination für Wasser getrieben wird. Droht Mogens das gleiche schreckliche Schicksal? Um das herauszufinden, muss Ravn tief in der Vergangenheit Berlins graben ...

Michael Katz Krefeld, 1966 geboren, wohnt in Kopenhagen und Berlin. Er arbeitet als Creative Producer bei einer TV-Gesellschaft. Daneben schreibt er Drehbücher für namhafte dänische Fernsehserien. Sein erster Roman 'Die Anatomie des Todes' wurde in Dänemark als 'Bestes Krimidebüt' ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextNachdem der dänische Finanzmanager Mogens Slotsholm Gelder veruntreut hat, flüchtet er von Kopenhagen nach Berlin. Doch dort verliert sich seine Spur: Niemand weiß mehr, wo Mogens steckt. Seine Schwester kontaktiert in ihrer Verzweiflung den Ermittler Ravn, der noch immer unter dem tragischen Tod seiner Freundin leidet. Um sich abzulenken, stürzt er sich in die Suche nach Mogens. Dabei erfährt er, dass kürzlich weitere Männer in Berlin verschwunden sind - sie fielen einem Serienmörder zum Opfer, der offenbar von einer düsteren Faszination für Wasser getrieben wird. Droht Mogens das gleiche schreckliche Schicksal? Um das herauszufinden, muss Ravn tief in der Vergangenheit Berlins graben ...

Michael Katz Krefeld, 1966 geboren, wohnt in Kopenhagen und Berlin. Er arbeitet als Creative Producer bei einer TV-Gesellschaft. Daneben schreibt er Drehbücher für namhafte dänische Fernsehserien. Sein erster Roman 'Die Anatomie des Todes' wurde in Dänemark als 'Bestes Krimidebüt' ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641166526
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum18.07.2016
Reihen-Nr.2
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1967 Kbytes
Artikel-Nr.1869504
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



3

Hohenschönhausen, Berlin, 11. Juli 1989

Hausser drehte an dem runden Griff, der an einer der Schiffstüren befestigt war. Es quietschte, als er mit beiden Händen daran zog und die Tür schwer auf eine Seite der Kiste fallen ließ. Der beißende Gestank von Urin schlug ihm entgegen. Die bleiche schwergewichtige Gestalt, die halb versunken in dem verunreinigten Wasser hockte, warf sich Hausser entgegen. Das Halsband und die Ledermanschetten, die die Handgelenke des Mannes umschlossen, waren durch eine Kette mit dem Boden der Kiste verbunden und hielten ihn unbarmherzig fest. Hausser betrachtete den stämmigen Mann, der um die sechzig war. Seine Haut sah durchsichtig aus und schien sich nach den vielen Tagen im Wasser bereits aufzulösen. Die schwarze Körperbehaarung des Mannes klebte ihm wie ein nasses Fell am Rücken und an den Gliedern. »Lassen ... Sie mich frei ... ich ... bitte Sie ...«, stammelte er mit bläulichen Lippen.

»Identifizieren Sie sich, Gefangener!«

Der Mann blickte flehentlich zu Hausser hoch. »Nummer 1-6-6 ... bitte ... lassen Sie mich gehen.«

»Nichts täte ich lieber«, entgegnete Hausser. »Glaubst du etwa, es macht mir Spaß, hier meine Zeit zu vergeuden?«

Der Mann schüttelte den Kopf.

Hausser zog den Schlüsselbund aus der Tasche. Der Mann starrte wie hypnotisiert auf die Schlüssel, während er versuchte, Hausser seinen Arm mit der verschlossenen Manschette entgegenzustrecken. »Aber zuerst musst du mir die Wahrheit sagen.«

»Das ... das habe ich doch schon getan.«

Hausser schüttelte den Kopf. »Drei Monate lang hast du die Vernehmungsleiter angelogen, bist einer Lüge nach der anderen überführt worden. Sie haben dich mit Kaffee und Zigaretten versorgt, waren freundlich zu dir, und dennoch - oder vielleicht deswegen - hast du ihnen Lügen aufgetischt. Deshalb haben sie dich mir überlassen.«

»Aber ich bin unschuldig. Ich weiß nicht mal, was ich verbrochen haben soll. Das hat mir niemand gesagt.«

»Du weißt selbst am besten, was du verbrochen hast. Das müssen wir dir nicht sagen. Doch statt deine Taten zu bereuen und zu gestehen, hast du dich entschieden zu lügen. Sieh dich an. Sieh, in was für eine Lage du dich gebracht hast.«

Der Mann wollte seine Stellung in der Kiste verändern und versuchte, die Beine zu strecken, aber die Enge und die Ketten hinderten ihn daran. »Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt.«

»Du willst mir also sagen, dass ich lüge?« Hausser ließ seinen Blick von dem Schlüsselbund zu dem Mann wandern.

»Nein ... das ... Ich weiß ja nicht, was man Ihnen erzählt hat. Aber ich habe auf alle Fragen ehrlich geantwortet. Habe alles erzählt. Ehrenwort. Ich habe nichts zu verbergen. Ich bitte Sie ... ich halte das nicht mehr aus ...« Er begann zu schluchzen, seine schmale Brust hüpfte im Takt dazu.

»Leo!«, rief Hausser.

Leo hörte auf zu schluchzen, offenbar überrascht, dass ihn zum ersten Mal seit seiner Festnahme jemand beim Vornamen nannte und nicht nur mit einer Nummer in Verbindung brachte.

»Es ist einzig und allein deine Schuld, dass du in dieser Situation gelandet bist. Hättest du sofort die Wahrheit gesagt, wärst du jetzt nicht hier, sondern bei deiner Frau Gerda, bei deinen Söhnen Klaus und Johan und dem kleinen Stefan. Dann wüssten wir, dass wir uns auf dich verlassen können und dass du uns helfen willst. Helfen, den Klassenfeind zu bekämpfen und die Spione der Faschisten zu enttarnen. All die Leute, die unsere Partei und unser Vaterland bedrohen. So einfach ist das. Du allein hast alles kompliziert gemacht.«

»Aber ich will doch helfen ...«

»Unterbrich mich nicht!«

Leo biss sich auf die Lippen und starrte auf das trübe Wasser.

»Der einzige Grund, warum ich mit dir rede - warum ich dich nicht in deinen eigenen Ausscheidungen ertrinken lasse -, ist der, dass du mich bisher nicht angelogen hast. Ich bin gewillt, all die Lügen zu vergessen, die du meinen Kollegen erzählt hast. All die Zeit, die du vergeudet hast. All das Vertrauen, das du missbraucht hast. Deshalb denk jetzt gut nach, Leo, und wäge deine Worte sorgfältig ab.« Hausser zog die Brauen zusammen, sodass sie wie ein Schatten über seinem Nasenrücken lagen. »Ich kann Lügen nicht ausstehen. Ich verabscheue sie. Sie bereiten mir Übelkeit.« Hausser beugte sich vor und stützte seine Hände auf den Rand der Kiste. Der Schlüsselbund in seiner Hand scharrte an der Seite entlang, und Leo warf einen verstohlenen Blick darauf. Hausser senkte die Stimme. »Verstehst du, Leo? Verstehst du, was Lügen in mir auslösen?«

Leo nickte so eifrig, dass seine Ketten rasselten. »Was ... was wollen Sie wissen?«, stotterte er.

»Wie viel zahlen sie dir? All die, denen du zur Flucht verhilfst?«

Leos Blick flackerte. »Ich ... ich weiß ni...«

»Pass auf, dass dies nicht dein letzter Satz wird. Wenn du mich anlügst, schließe ich die Kiste und lasse dich in deiner eigenen Pisse ersaufen.«

»Tausend Dollar!«, rief er. »Manchmal auch mehr. Das kommt auf die Unkosten an.«

»Und wo graben deine Leute den nächsten Tunnel?«

Leo keuchte heftig, während er zögerte.

»Wo, Leo?« Hausser griff nach dem Deckel.

»Ruppiner Straße 8, da ist eine Autowerkstatt.«

Hausser nickte und ließ seinen Blick nachdenklich durch den Raum schweifen. »Ich glaube, die kenne ich. Die kümmert sich um die Fahrzeuge des Innenministeriums, nicht wahr?«

Leo nickte rasch. »Als wir damit anfingen, schien das eine gute Tarnung zu sein. Wir bekamen Hilfe von hochstehenden Parteifunktionären. Alle wollen jetzt gerne weg.«

»Und wie weit seid ihr?« Leo zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Aber es ist der längste Tunnel, der je geplant wurde, hundertsechsundvierzig Meter.« Er hörte sich fast ein wenig stolz an. »Es fehlte noch ein Stück, ungefähr vierzig Meter, als ... als ich festgenommen wurde. Wenn die Jungs nicht aufgegeben haben oder abgehauen sind, müssten sie eigentlich fertig sein.«

Hausser richtete sich auf. »Wie viele Verräter sollen durch diesen Tunnel geschleust werden?«

»Etwa fünfhundert, vielleicht mehr. In der heutigen Zeit ist das fast wie eine unterirdische Filiale von Interflug ... Entschuldigung, aber so ist die Realität.«

»Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Ich schätze trotz allem einen Mann, der seine Arbeit ernst nimmt. Selbst einen Menschenschmuggler. Einen Menschenschmuggler und Pädophilen wie dich.«

Leo fiel die Kinnlade herunter.

»Oh ja, Leo, wir wissen alles. Die Staatssicherheit hat ihre Augen überall. In Schlafzimmern und Hinterhöfen, in dunklen Parks und auf den leeren Schulsportplätzen. Überall dort, wo du dich mit den Jungpionieren vergnügt hast. All den Kindern, die du mit Süßigkeiten aus dem Westen gelockt hast.«

Hausser ließ den Schlüsselbund in seiner Tasche verschwinden und griff erneut nach dem Deckel.

»Was tun Sie da?«, rief Leo. »Ich sage doch die Wahrheit ...«

»Das werden wir jetzt überprüfen. Und bis dahin bleibst du, wo du bist.«

Hausser warf den Deckel zu. Als er an dem Handgriff drehte, übertönte das Scharren der Sperrhaken Leos verzweifeltes Schluchzen in der Kiste.

* * *

Drei Stunden später, als die Morgendämmerung einsetzte und der Regen nachließ, kehrte Hausser in die Haftanstalt Hohenschönhausen zurück. Erschöpft von der nächtlichen Arbeit gähnte er herzhaft, als er die Zelle betrat. Zusammen mit einer Einheit der Division VII, die für die operativen Aufgaben der Staatssicherheit zuständig war, hatte er die Gegend um die Autowerkstatt in der Ruppiner Straße observiert. Es war ihnen schnell klar geworden, dass Leos Männer trotz seines plötzlichen Verschwindens mit den Grabungsarbeiten für den Tunnel immer noch in vollem Gang waren. Mehrere Personen waren im Laufe der Nacht im Werkstattgebäude ein und aus gegangen, und am frühen Morgen hatte ein voll beladener Lastwagen das Gelände verlassen. Hausser war sich sicher, dass unter der Plane Erde und Gesteinsbrocken verborgen waren. Darum gab es auch keinen Grund, Leo noch länger warten zu lassen. Hausser setzte sich auf den Rand der Kiste, schaute durch das Bullauge und fing Leos flehentlichen Blick auf. Er hob die Stimme. »Du hast die Wahrheit gesagt, Leo. Für jemanden wie dich, der sein Leben der Lüge geweiht hat, muss das eine Befreiung gewesen sein. Ich habe versprochen, dich nicht ersaufen zu lassen, und an dieses Versprechen hätte ich mich auch gern gehalten. Das Problem ist nur, dass Müller hier«, Hausser zeigte auf den Mann mit dem kurz geschorenen Schädel, der am Wasserhahn stand, »dagegen ist, dass jemand lebend aus der Kiste herauskommt.« In diesem Moment drehte Müller den Hahn auf, sodass das Wasser durch den Schlauch ins Innere der Kiste lief. Als Leo das Eindringen des kalten Wassers spürte, begann er zu schreien und an seinen Ketten zu zerren.

Hausser legte den Zeigefinger an die Lippen, während er den Kopf schüttelte. »Es geht nicht anders. Diese Kiste ist unser Geheimnis. Das am besten gehütete Geheimnis des Staates.« Durch das Bullauge beobachtete Hausser, wie das Wasser allmählich stieg und schließlich Leos Kopf bedeckte. Er spürte, wie Leo seinen Rücken verzweifelt gegen den Deckel stemmte. Doch er kämpfte einen ungleichen Kampf gegen die massive Stahltür, und schließlich...


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Michael Katz Krefeld, 1966 geboren, wohnt in Kopenhagen und Berlin. Er arbeitet als Creative Producer bei einer TV-Gesellschaft. Daneben schreibt er Drehbücher für namhafte dänische Fernsehserien. Sein erster Roman "Die Anatomie des Todes" wurde in Dänemark als "Bestes Krimidebüt" ausgezeichnet.