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12 erste Male

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am25.04.2016
Einer der aufregendsten Schritte auf dem Weg zum Erwachsensein und oft mit extrem hohen Erwartungen aufgeladen - das erste Mal. Damit verbunden sind aber auch Zweifel und Ängste: Ist das, was ich will, eigentlich normal oder bin ich ein Freak?
Zwölf ganz unterschiedliche Jugendliche kommen zum Thema erste Liebe und erstes Mal zu Wort. Ihre Erlebnisse reichen dabei von wunderschön bis absolute Katastrophe und zeigen dabei vor allem eins: Das »normale« erste Mal gibt es nicht, sondern ist für jeden einzigartig und darüber zu sprechen kein Grund, mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer zu flüchten.

Brigitte Blobel, 1942 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitete in Frankfurt als Redakteurin bei 'Associated Press'. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche und Erwachsene geschrieben. Ihre Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
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Produkt

KlappentextEiner der aufregendsten Schritte auf dem Weg zum Erwachsensein und oft mit extrem hohen Erwartungen aufgeladen - das erste Mal. Damit verbunden sind aber auch Zweifel und Ängste: Ist das, was ich will, eigentlich normal oder bin ich ein Freak?
Zwölf ganz unterschiedliche Jugendliche kommen zum Thema erste Liebe und erstes Mal zu Wort. Ihre Erlebnisse reichen dabei von wunderschön bis absolute Katastrophe und zeigen dabei vor allem eins: Das »normale« erste Mal gibt es nicht, sondern ist für jeden einzigartig und darüber zu sprechen kein Grund, mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer zu flüchten.

Brigitte Blobel, 1942 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitete in Frankfurt als Redakteurin bei 'Associated Press'. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche und Erwachsene geschrieben. Ihre Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641175023
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum25.04.2016
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1005 Kbytes
Artikel-Nr.1869573
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Protokoll eins - April 2015

»Dieser Sommer war die Hölle«, Julian, 15 Jahre

Den Kontakt zu Julian bekam ich über Olivia, die Ex meines Freundes.

»Wenn du einen coolen Typen brauchst, um ihn nach seinen sexuellen Erfahrungen zu fragen, musst du mit Julian reden«, hatte sie gemeint. »Der ist ein echter Draufgänger, kein bisschen verklemmt, sieht gut aus und wickelt die Mädels um den Finger.«

Woher sie das so genau wusste, fragte ich nicht, weil ich mir nicht schon vorher ein Urteil über diesen Julian bilden wollte. Ich bin der Ansicht, dass es für dieses Projekt besser ist, mit Jungen und Mädchen zu sprechen, die ich nicht vorher schon kannte. Menschen, von deren Leben ich bis zum Beginn des Gesprächs gar nichts weiß.

Der erste Telefonkontakt mit Julian war stockender verlaufen, als ich nach Olivias Worten erwartet hatte. Er machte in dem Telefonat keineswegs den Eindruck eines Draufgängers, sondern zeigte sich eher zögerlich und erschrocken.

»Worüber genau werde ich denn befragt?«, fragte er. »Und was ist, wenn mir deine Fragen auf den Sack gehen?«

Ich beruhigte ihn. »Das wird weder eine Sitzung beim Psychologen noch ein Verhör nach Polizeimethoden«, erwiderte ich lachend. »Wir führen einfach nur ein lockeres Gespräch.«

Julian und ich hatten uns für das Interview in seiner Heimatstadt Düsseldorf am Ratinger Tor verabredet. Er meinte, er würde nach der Schule dort immer mit seiner Clique abhängen, um, wie er sagte, »zu sehen, was so abgeht«. Vom Ratinger Tor aus wollten wir zu Fuß zu der Wohnung gehen, in der er mit seiner Mutter lebt.

Das Ratinger Tor ist übrigens das einzige noch erhaltene Stadttor Düsseldorfs und wegen seiner Säulenarchitektur berühmt. Vor dieser Kulisse wirken alle Touristen, Spaziergänger und Passanten klein und unwichtig. Auch die Gruppe von Jugendlichen, die mit ihren Skateboards auf dem Platz herumalbern. Es sind fünf Jungen, denen man mit jeder Bewegung und jedem Witz, den sie reißen, anmerkt, dass sie mitten in der Pubertät sind. Gleichzeitig wollen sie als Clique Aufmerksamkeit erzeugen, jeder einzelne von ihnen wirkt jedoch aus der Nähe betrachtet auf seine eigene Art linkisch und unsicher.

Der Junge in Baggy-Jeans und Kapuzenpulli, der die anderen um eine halbe Kopflänge überragt, ist Julian. Man merkt schnell, dass er nicht der Leader der Clique ist. Er benimmt sich, wohl weil er ahnt, dass ich ihn bereits aus der Distanz beobachte, eher zurückhaltend, hört zu, wenn die anderen reden, lacht, wenn einer einen Witz macht, und übt dabei das dynamisch federnde Auf- und Abspringen vom Board.

Als ich mich mit meiner Kameraausrüstung nähere, löst Julian sich sofort von der Gruppe und deutet mit einem Kopfnicken die Richtung an, in die wir uns bewegen sollen. Es geht in die Altstadt. Er fährt auf seinem Skateboard, ich versuche mit meiner schweren Ausrüstung mit ihm Schritt zu halten. Er fährt in eine der schmalen Altstadtgassen. Kopfsteinpflaster, hier parken die Autos dicht an dicht. Er führt mich vorbei an einem französischem Café, aus dem es nach frischen Croissants duftet, einer Änderungsschneiderei und einem Blumenladen mit einem großen Fleurop-Zeichen. Über Julians linker Schulter baumelt ein abgewetzter Rucksack, aus dem ein Hockeyschläger ragt.

Er umkreist in rasantem Tempo einen Lieferwagen und steigt vor der Hausnummer 23 von seinem Skateboard. Zum ersten Mal dreht er sich um, wartet auf mich, ohne mich direkt anzusehen. Für mich sieht es fast so aus als habe er es sich anders überlegt und wolle unsere Verabredung im letzten Moment noch absagen.

»Hi«, knurrt er.

»Hallo Julian. Alles okay?«, sage ich.

Er zuckt mit den Schultern. »Geht so.«

Ich gehe zum direkten Angriff über. »Hast du es dir vielleicht anders überlegt?«, frage ich. »Dann hättest du mir das auch vorhin am Ratinger Tor schon sagen können.«

Er schüttelt den Kopf, streckt sich. »Nee Quatsch, wieso?«

»Na ja«, sage ich zögernd, »du hast mir vor deinen Kumpels nicht mal Hallo gesagt und mich dann wie ein Schaf hinter dir hertrotten lassen.« Je mehr ich darüber nachdenke, desto ärgerlicher werde ich. »Ich meine, ich habe mir extra ein Auto geliehen und komme von Köln hierher ... höflich ist das nicht gerade.« Doch kaum ausgesprochen, bereue ich meine Worte schon wieder. Das ist kein gelungener Einstieg für ein intimes Interview. Schließlich will ich etwas von ihm. Er soll, bitteschön, vor mir sinnbildlich gesprochen die Hosen runterlassen. Und da sollte ich Vertrauen aufbauen und nicht mit lächerlichen Anschuldigungen kommen.

Aber Julian nimmt das erstaunlicherweise nicht krumm. Er entschuldigt sich. »War vielleicht doch keine gute Idee, dass meine Freunde dich alle gesehen haben. Ich wollte da nur schnell weg.«

Ich betrachte die Haustür, neben der mehrere handgeschriebene Klingelschilder angebracht sind.

»Hier wohnst du also?«

»Hier bin ich sogar geboren. Die Schwester meiner Mutter ist Hebamme. Und Hausgeburt fanden die wohl so hippiemäßig romantisch. Ich stell mir so eine Hausgeburt als eine Riesensauerei vor. Warte, ich hab den Schlüssel irgendwo.«

Er wühlt mit der rechten Hand in seiner Hosentasche, mit der linken zieht er die Kapuze vom Kopf und schüttelt sich wie ein Hund. Er hat braune, lockige Haare und sehr helle, grüne Augen. Wenn sich eines Tages seine Gesichtsakne erledigt hat, ist er bestimmt ein extrem attraktiver Typ. Das scheint er auch selbst zu ahnen.

»Kann ich dir jetzt wenigstens mit dem Zeug da helfen?«, fragt er und nimmt mir die Tasche von der Schulter.

»Vorsicht, da ist meine Kamera drin«, warne ich. Er lacht. »Ich denke, die halten viel aus?«

Wir durchqueren einen engen Flur mit Regalen, in denen viele beschriftete Schuhkartons stehen. »Meine Mutter hat einen ausgewachsenen Schuhtick«, sagt Julian augenrollend. »Für was anderes hat sie nie Geld. Da hinten ist mein Zimmer.«

Julian steht in seinem Zimmer und hält einen grau-schwarz getigerten Kater im Arm, während er sich im Raum umschaut, als versuche er, sein Zimmer mit den Augen der Kamera zu sehen. »Sonst sieht es hier nicht so ordentlich aus. Ich hab für euch aufgeräumt.« Er hebt den Kater hoch über seinen Kopf. Dieser scheint das gewöhnt zu sein und verhält sich ruhig. »Der heißt übrigens Momo«, sagt Julian. »Ein echter Straßenkater. Nachts zieht er immer um die Häuser.« Er lässt sich zusammen mit dem Kater auf sein Bett fallen und albert mit ihm rum. Der Kater beachtet mich nicht.

»Also«, sage ich, als die beiden nicht aufhören, »wir können anfangen. Die Kamera ist bereit. Ton auch.«

Sofort richtet Julian sich auf und setzt sich fast artig hin, mit durchgedrücktem Kreuz.

»Ja, also«, grinst er verlegen, »irgendwie schwer, einen Anfang zu finden bei so einem Thema.« Er schaut seinen Kater an, als könne der die Situation retten. »Ich meine: Bisher hat mich oder meine Freunde noch niemand zum Thema Sex ausgequetscht.«

»Heißt das, ihr redet nicht über Sex? Auch nicht in deiner Clique?«

»Doch, klar. Aber das ist dann mehr so Gefrotzel. Angeberei, Aufschneiderei. Da will man der coole Macker sein.« Er lacht verlegen.

»Worum geht´s dann da so?«

Julian grinst. »Na, um Chicas natürlich.«

»Chicas?«

»Das ist Spanisch für Mädchen. Ich sag immer Chicas, klingt nicht so abgefahren wie Tussis oder Cutes, Chicks oder Boobies oder was weiß ich.«

»Boobies? Nie gehört.«

Julian schaut mich fassungslos an. »Kennst du nicht? Das sind Frauen, die so Monsterbrüste haben, vor denen man Angst kriegt. Wie die Frauen im Playboy.«

»Liest du den Playboy?«

Julian verzieht das Gesicht. »Lesen? Ist da auch was zu lesen drin?« Er bückt sich und holt unter dem Bett eine mit Teddybärmotiven beklebte Pappkiste hervor, deren Deckel mit einem dreifachen Gummiband fixiert ist. Die Kiste ist halb voll mit Magazinen wie Playboy und Pornoheften. Jede Menge Brüste und Hintern. »Da hab ich früher meine Matchboxautos drin gehabt. Meine Mutter denkt wahrscheinlich, die sind da immer noch drin ...«

Ich blättere ein bisschen in den Heften. Julian bekommt einen roten Kopf. »Ich wollte das Zeug schon lange wegwerfen«, sagt er hastig, als er mir den Karton wieder wegnimmt. »Komm, gib wieder her. War nur zum Spaß. Ich wollte das längst entsorgen.«

»Ich dachte, Pornos guckt man jetzt im Internet?«

»Eben. Klar.«

»Irgendwo stand, dass jeder zweite Junge zwischen zwölf und fünfzehn schon Pornos im Internet geguckt hat«, sage ich.

Julian reißt die Augen auf. »Wieso nur Jungs? Die Chicas gucken auch Pornos. Vielleicht nicht jede zweite.«

»Woher weißt du das?«

»Man hört ja manchmal, was die so tuscheln vor dem Unterricht, und was für Links die so weitergeben.«

»Aber du sammelst noch die netten alten Pornohefte.«

Julian wird rot. »Die hab ich mir nicht gekauft! Ich hab die Hefte von einem Kumpel zur Konfirmation gekriegt. War ein Witz. Oder auch nicht. Na ja, die kommen auf den Müll.« Er schiebt die Kiste mit den Füßen achtlos unter das Bett.

»Also mit deinen pubertierenden Kumpels«, sage ich munter, »wie laufen die Gespräche da ab?«

»Na ja, da prahlt man rum mit seinen Erfolgen und Erfahrungen, auch wenn die meistens gefaked sind.«

»Über das erste Mal?«, frage ich.

»Das erste oder zweite oder zehnte, was weiß ich, da gibt keiner zu, dass er noch nie mit einem...

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Autor

Brigitte Blobel, 1942 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitete in Frankfurt als Redakteurin bei 'Associated Press'. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche und Erwachsene geschrieben. Ihre Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.