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Die Nachfahren

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.12.20151. Auflage
Ein ganzes Jahrhundert - vier Generationen - umspannt dieser großartige Gesellschaftsroman, der an den Brennpunkten des Geschehens in Europa und Amerika spielt und die Strömungen und Hoffnungen, die Enttäuschungen und Höhepunkte von hundert Jahren lebendiger Familiengeschichte widerspiegelt. Ein schillerndes Kaleidoskop dramatischer Ereignisse, faszinierender Menschen und mitreißender Schicksale, unübertroffen virtuos erzählt von Fred M. Stewart, dem Autor des Erfolgsromans »Die Unbeugsamen«. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Fred M. Stewart (1932-2007), Bestsellerautor, hat zahlreiche Gesellschaftsromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden.
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Produkt

KlappentextEin ganzes Jahrhundert - vier Generationen - umspannt dieser großartige Gesellschaftsroman, der an den Brennpunkten des Geschehens in Europa und Amerika spielt und die Strömungen und Hoffnungen, die Enttäuschungen und Höhepunkte von hundert Jahren lebendiger Familiengeschichte widerspiegelt. Ein schillerndes Kaleidoskop dramatischer Ereignisse, faszinierender Menschen und mitreißender Schicksale, unübertroffen virtuos erzählt von Fred M. Stewart, dem Autor des Erfolgsromans »Die Unbeugsamen«. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Fred M. Stewart (1932-2007), Bestsellerautor, hat zahlreiche Gesellschaftsromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105608708
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1171 Kbytes
Artikel-Nr.1873663
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vorspiel

Das kleine Mädchen hatte keine Ahnung, warum sie ins Arbeitszimmer der Mutter Oberin gerufen wurde. Die siebenjährige Prinzessin Sylvia Maria Pia Angelica Toscanelli war im Kloster zwar als Tunichtgut berüchtigt - wenn sie nicht während der Vesper einschlief oder übermütige Karikaturen von den Nonnen zeichnete, stibitzte sie Plätzchen aus der Küche -, aber in den letzten Tagen war sie erstaunlich brav und aufmerksam gewesen. Sie hatte einen Grund für ihr gutes Betragen: Es war Ende Juni, und in weniger als einer Woche würde ihr Vater nach St. Ursula kommen, um sie für die Sommerferien nach Hause zu holen, und Sylvia wollte nicht, daß ein schlechtes Zeugnis von Mutter Umbertina ihre langersehnten Ferien überschattete. So kam es, daß die Kleine, als Schwester Giovanna sie aus der Geographiestunde holte, um sie in Mutter Umbertinas Arbeitszimmer zu bringen, sich den Kopf zerbrach, was die Vorladung bedeuten konnte.

Das Kloster St. Ursula war im 16. Jahrhundert als Stiftung der Medici gegründet worden. Es lag in den Bergen südlich von Florenz, und seine prächtigen Bauten und Gärten waren Sylvia zur zweiten Heimat geworden, seit ihr Vater sie im vergangenen Jahr, 1858, dorthin geschickt hatte. Die Nonnen waren zumeist gütig, und obwohl es im Konvent streng zuging, fanden Sylvia und die anderen Mädchen genügend Gelegenheit zu Späßen und Streichen. Die Mädchen stammten aus den vornehmsten Florenzer Familien, doch nur wenige waren von edlerer Abkunft als Sylvia, deren Ahnentafel sich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen ließ und sowohl einen Papst wie auch eine Reihe von Kardinälen aufzuweisen hatte. Lediglich an Geld mangelte es den Toscanellis, doch im Florenz jener Zeit war Geld eher suspekt - etwas für die borghesi oder die Mittelklasse. Sylvia verschwendete gewiß keinen Gedanken daran. Das Leben im Palazzo Toscanelli an der Via de San Gallo oder in der Sommervilla in den lieblichen Hügeln bei Fiesole im Nordosten von Florenz war komfortabel, wenn nicht gar luxuriös. Die Toscanellis mochten knapp an Bargeld sein, aber an Dienstboten und den Bequemlichkeiten des täglichen Lebens fehlte es nicht. Und wenn Fürst Filiberto, Sylvias Vater, auch nur eine einzige Kutsche besaß - mit zerschlissener Polsterung -, so war er dennoch der bestgekleidete Mann in Florenz und seine Generalsuniform, wie viele behaupteten, die bestgeschnittene Uniform in der Armee des Königs von Piemont, Viktor Emanuel II.

Abgesehen von ihrer Ahnentafel, besaßen die Toscanellis noch etwas, das mit Geld nicht zu erwerben war: gutes Aussehen. Fürst Filiberto war das Schönheitsideal eines Offiziers - hochgewachsen und schneidig -, und seine Gemahlin, Fürstin Caroline, hatte zu den großen Schönheiten Mailands gezählt. Sylvia erinnerte sich nur undeutlich an ihre Mutter, die bei einem Eisenbahnunglück ums Leben kam, als Sylvia erst fünf war. Doch sie hatte die Porträts im Palazzo betrachtet und über das blonde Haar und die blauen Augen der Mutter gestaunt. Sie selber hatte das dunkle Haar und die grünen Augen des Vaters geerbt, und schon mit sieben Jahren war sie eine solche Schönheit, daß so manche Nonne um ihre unsterbliche Seele bangte. Ein dermaßen gutes Aussehen konnte nur Unheil heraufbeschwören. Doch sie trösteten sich mit dem Gedanken, daß Silvia, ungeachtet ihres Hanges zu Übermut und gelegentlichen Zornesausbrüchen, im allgemeinen von gutem Charakter zu sein schien. Sie besaß überdies einen hohen Grad an Intelligenz, und kaum jemand bezweifelte, daß sie eines Tages eine glänzende Partie machen würde.

Als Schwester Giovanna sie in Mutter Umbertinas spartanisches Arbeitszimmer führte, traf Sylvia dort zu ihrer Überraschung ihre Tante Mathilda an. Die dicke Tante Mathilda war eigentlich eine unverheiratete Kusine, die nach dem Tod seiner Frau von Fürst Filiberto ins Haus geholt worden war, um dem Haushalt vorzustehen und sich um Sylvia zu kümmern.

«Tante Mathilda!» rief Sylvia aus, verwundert, daß ihre Tante einen schwarzen Schleier trug.

«Sylvia, mein liebes Kind.»

Sylvia lief zu ihr, und sie wurde umarmt und geküßt. Tante Mathilda duftete gewöhnlich gut - nach Kölnisch Wasser oder Verbena - aber jetzt roch sie nach Branntwein. Und sie weinte.

«Was ist? Was ist geschehen?»

«Mein Liebes, es hat eine Schlacht stattgefunden - vor zwei Tagen, bei Solferino. Es war ein großer Sieg für uns und die Franzosen, aber es gab viele Verwundete ... schreckliche Verluste ...»

Geistesabwesend bemerkte Sylvia Mutter Umbertina, die um ihren Schreibtisch herumkam und ihre Hand ergriff. «Dein Vater, liebes Kind, ist gefallen», sagte die Mutter Oberin. «Er war ein großer Held. Wenn Italien einst in einer einzigen Nation vereint ist, wird man deines Vaters als eines Märtyrers für das Vaterland gedenken.»

Es dauerte ein paar Augenblicke, bis das in ihren kindlichen Verstand hineingesickert war: Ihr geliebter, wunderbarer, stattlicher, mittelloser Vater ... tot?

Sie war wie betäubt. Sie weinte nicht. Sie starrte Tante Mathilda an, dann Mutter Umbertina. Dann flüsterte sie: «Sie lügen.»

Es war das erste Mal - und eines der wenigen Male - in ihrem langen Leben, daß Prinzessin Sylvia Toscanelli sich weigerte, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.

 

«Massa geben dem ollen Jeb fünfzig Dollar», sagte der zerlumpte Sklave mit dem struppigen weißen Bart, «und der olle Jeb zeigen ihm den vergrabenen Schatz.»

Soldat Augustus Dexter vom Dritten New Yorker Freiwilligencorps dachte, der alte Schwarze müsse schwachsinnig oder betrunken sein. Oder beides.

«Was für ein vergrabener Schatz?» fragte er, indem er die Zigarre anzündete, die er in der Schreibtischschublade in der Bibliothek des zerstörten Herrenhauses der Plantage außerhalb von Savannah gefunden hatte. Es war der 23. Dezember 1864, und General Shermans Truppen hatten vor zwei Tagen Savannah genommen. Gus Dexter, der stämmige Sohn eines Lehrers aus Elmira im Staate New York, war aufgrund seiner Reitkünste zum Kurier ernannt worden. Er befand sich auf dem Rückweg von Atlanta, wohin er von General Sherman persönlich mit einigen Geheimpapieren geschickt worden war. Müde und ohne große Eile, da er nicht vor dem Morgen in Savannah zurück sein mußte, hatte er beschlossen, die Nacht auf der Veranda des ausgebrannten Herrenhauses zu verbringen. Niedergebrannte Plantagen waren in diesen Tagen kein seltener Anblick, und wie viele andere Yankee-Soldaten war auch Gus einer kleinen Plünderung nicht abgeneigt. Erstaunlich, was man dabei alles finden konnte; allerdings war in diesem Haus bislang nichts als diese schale Zigarre zu holen gewesen. Und nun ein vergrabener Schatz? Der alte Schwarze mußte verrückt sein. Gus griff nach seinem Pistolenhalfter. Bei diesen Sklaven konnte man nie wissen.

«´ne Diamanthalskette und zwei Ohrgehänge mit Rubinen und ´ne Diamantbrosche so groß wie ´n Hühnerei», sagte der alte Jeb. «Miss Annabel hat´s vorigen Monat in ´nem Steinkrug im Garten vergraben, bevor sie mit dem Massa auf und davon ist nach Florida. Hat gedacht, keiner hätt´s gesehen, aber der olle Jeb kann nich so gut schlafen und hat gehört, wie sie mit ihrem Spaten auf ´nen Stein traf. Kling! hat´s gemacht. Und ich guck aus´m Fenster, und da seh ich sie.» Der alte Mann lachte gackernd und bestärkte damit Gus´ Überzeugung, daß er einen Verrückten vor sich hatte. Mach ich mir halt meinen Spaß mit ihm, dachte er. Gibt ja sonst nichts zu tun.

«Miss Annabel hat ihren Schatz wohl vergraben, weil sie sich vor uns Yankees fürchtete?» fragte er.

«Oh, die hat sich vor mehr gefürchtet als vor euch Yankees. Der war bange vor Banden und Indianern in Florida und vor Räubern ... Sie war der größte Angsthase von ganz Georgia.»

«Soso. Du hast also gesehen, wie sie den Krug im Garten vergrub. Woher weißt du, was drin ist?»

Der alte Mann machte ein verdattertes Gesicht. «Hab ihn ausgegraben und reingeguckt!» sagte er, als sei das selbstverständlich. «Als sie weg waren.»

«Hast ihn ausgegraben und reingeguckt», wiederholte Gus. «So, und warum holst du dir nicht selber diesen sagenhaften vergrabenen Schatz? Warum willst du mir das Zeug für fünfzig Dollar verkaufen? Ist das etwa Imitation?»

«Was is´n das?»

«Imitation. Fälschung.»

«Nix da, is alles echt! Jesses! Miss Annabel hat den schönsten Schmuck in ganz Georgia. Is berühmt für ihren Schmuck.»

«Dann frag ich dich noch mal: Warum nimmst du ihn nicht?»

Der Sklave schaute verblüfft. «Ich? Ich nehm den Schmuck, und dann kommen Massa heim und kriegen es spitz, und der olle Jeb wird grün und blau geprügelt. Nee, Sir. Den Krug rühr ich nich an. Und überhaupt, was soll der olle Jeb mit Schmuck? Etwa tragen? Verscherbeln kann ich ihn nich. Dann stecken sie mich bestimmt ins Loch. Sperren mich ein und schmeißen den Schlüssel weg. Aber Sie? Nix hindert ´nen Yankee, das Zeug zu nehmen. Alle Welt weiß doch, daß die Yankees Diebe sind.»

Gus Dexter grinste. «Freut mich zu hören, daß wir einen so ausgezeichneten Ruf haben. Ich will dir mal was sagen, Jeb: Ich glaube, du bist ein Lügner und ein Halunke, aber du hast ´ne feine Phantasie.»

«Hab nix ausgedacht! Nee, Sir! Ich kann´s beweisen. Warten Sie hier. Der olle Jeb is in zehn Minuten wieder da.» Er humpelte von der Veranda und bog ums Haus. Es war inzwischen ganz dunkel geworden. Gus ging ins Haus, fand zwei Kerzen, nahm sie mit hinaus und zündete sie an....
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