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Die Mannings

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.12.20151. Auflage
Ein großer Familien- und Gesellschaftsroman aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von Fred M. Stewart mitreißend erzählt. Schicksalhaft miteinander verbunden, kämpfen die Männer und Frauen der Mannings um ihre Eigenständigkeit, um Macht und Reichtum, bis sie sich - fast zu spät - auf die Kraft des Zusammenhalts besinnen. Ihre Geschichte ist ein Beispiel für das Paradies und die Hölle, die sich der Mensch auf Erden bereitet. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Fred M. Stewart (1932-2007), Bestsellerautor, hat zahlreiche Gesellschaftsromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden.
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Produkt

KlappentextEin großer Familien- und Gesellschaftsroman aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von Fred M. Stewart mitreißend erzählt. Schicksalhaft miteinander verbunden, kämpfen die Männer und Frauen der Mannings um ihre Eigenständigkeit, um Macht und Reichtum, bis sie sich - fast zu spät - auf die Kraft des Zusammenhalts besinnen. Ihre Geschichte ist ein Beispiel für das Paradies und die Hölle, die sich der Mensch auf Erden bereitet. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Fred M. Stewart (1932-2007), Bestsellerautor, hat zahlreiche Gesellschaftsromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105608951
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum15.12.2015
Auflage1. Auflage
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1337 Kbytes
Artikel-Nr.1873674
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Teil Die Wurzeln des Imperiums
1900-1905

1

Es war der 4. Juli 1900. Der erste Nationalfeiertag im neuen Jahrhundert. In der Stadt Elkins, Ohio, flatterten, wie überall, unzählige Sternenbanner; die Blaskapelle der Oberschule marschierte durch die Hauptstraße und blies aus vollen Lungen «Columbia, Perle des Ozeans». In ihren rotweißen Uniformen machte sie einen sehr schmucken Eindruck. Dann kam eine Veteranen-Abordnung in frischgebügelten, nur leicht nach Mottenkugeln riechenden Uniformen, die sich tapfer bemühte, im Takt zu bleiben. Ihnen folgte in einem schönen Einspänner Bürgermeister Eugene Pierson. Er dankte dem jubelnden Publikum, das die Straße säumte, indem er unentwegt an den Rand seines Strohhutes tippte, nach rechts und links lächelte und innerlich zu Gott flehte, die Parade möge bald zu Ende sein, auf daß er die verdammte Julihitze Ohios bei einem eiskalten Bier vergessen könne. Neben ihm saß der Gastredner des Tages, der Kongreßabgeordnete Adrian Tutwiler, ein sympathisch wirkender zweiunddreißigjähriger Mann, der Vertreter der Hanna Coal Company gewesen war, ehe sein persönlicher Charme und seine Hingabe an die Republik Ohio die Aufmerksamkeit seines Chefs, Mr. Hanna, auf sich gezogen hatte. Daher verbrachte er den Sommer damit, die Wähler bei jeder Gelegenheit an seinen unermüdlichen Kampf für ihre Interessen zu erinnern ... Es folgten die Feuerwehr, Frauenvereine, Kirchenvereinigungen, kurz: es war eine großartige Parade, dem ungewöhnlichen Anlaß durchaus angemessen! Schließlich war der Aufbruch in das neue, das «amerikanische» Jahrhundert zu feiern, das schon jetzt vor Energie, Muskelkraft, hochfliegenden Hoffnungen fast aus den Nähten barst, ganz zu schweigen von der wachsenden Unersättlichkeit und der damit verbundenen Korruption. «Das christliche Jahrhundert» hatte Reverend Sims es in seiner letzten Sonntagspredigt genannt, «das demokratische Jahrhundert» die Lokalzeitung Star Chronicle. Der Abgeordnete Tutwiler gedachte es in seiner heutigen Rede als «Jahrhundert des beispiellosen Aufstiegs und der unbegrenzten Möglichkeiten» zu preisen. Dabei brauchte er ja nicht unbedingt zu erwähnen, daß ein Fabrikarbeiter durchschnittlich weniger als 500 Dollar pro Jahr verdiente und jeder achte Amerikaner in irgendeinem Elendsviertel dahinvegetierte.

In Elkins jedenfalls dachte heute kein Mensch an Elendsviertel oder Lohnstatistiken. Die Parade brachte jedermann in Hochstimmung, das neue Jahrhundert ebenfalls, und später sollte es im Matahoochi-Park Freibier und nach Anbruch der Dunkelheit ein Riesenfeuerwerk geben.

Auch Mark Manning war bester Laune. Er war zweiundzwanzig, ein flotter, gutgebauter, attraktiver Bursche, dem eine Spur von schlechtem Ruf anhing, auch wenn er aus einer ehrbaren, wenngleich armen Familie stammte. Seine Eltern (schottisch-irischen Ursprungs) waren zeitlebens gottesfürchtige, schwer arbeitende Leute gewesen. Abgesehen davon, daß sie gescheit und zielstrebig gewesen waren, deutete nichts in ihrem Leben darauf hin, daß ihrem Sohn Mark aufgrund seiner Erbanlagen eine atemberaubende Karriere bevorstehen könnte. Seine Mutter war im zweiten Kindbett gestorben, mit dem Kind, und die Leute sagten, dies sei wohl der Hauptgrund, warum Mark schon ab «vier» wild aufwachsen durfte. Sein Vater hatte in seinem Kummer jegliches Interesse an der Erziehung des nunmehr Einzigen verloren und nötigte ihn nicht einmal mehr zum Kirchenbesuch. In der Schule wich Mark keiner Keilerei aus, sofern er sie nicht sogar selbst anfing, was seine späteren Kritiker als frühe Anzeichen eines rücksichtslosen Charakters ansahen. Nachsichtigere Zeitgenossen beurteilten ihn freundlicher: Marks «schlechter Ruf» beruhte auf nichts als Abenteuerlust, gutem amerikanischen Pioniergeist, und wenn seine Streiche von den Betroffenen auch nicht immer witzig gefunden wurden, bezeugten sie doch geistige Regsamkeit und natürliche Führungseigenschaften.

Die Lehrer klagten, Mark stelle trotz seines Lippenbekenntnisses, an Gott zu glauben, seine eigenen Moralgesetze auf, statt denen seiner Kirche zu folgen. Kurzum, er war, zumindest in den Augen der besseren Leute, ein unsicherer Kantonist. Und während der Pubertät gar wurde er der Schrecken aller ehrbaren Mütter ehrbarer Mädchen, obwohl letztere insgeheim von seiner frechen Selbstsicherheit und seinen humorvollen Einfällen recht angetan waren. Vor allem sah er so unverschämt gut aus! Sein wohlproportionierter Athletenkörper maß 1 Meter 85, und sein dichtes, rotgolden leuchtendes Haar war, wie man tuschelte, Arabella Keys Verderben gewesen, jener armen Arabella, die sich bereits in den Rotkopf vergaffte, als Mark erst sechzehn war, und die bald danach verdächtig und stetig zugenommen hatte. Die Familie Key war dann ziemlich abrupt nach Cleveland übergesiedelt. Mr. Key erklärte, ihm sei unerwartet die Beförderung auf einen höheren Posten bei der Eisenbahn angeboten worden.

Mit achtzehn besuchte Mark ein kleines College nahe der Grenze von Westvirginia, wo er als Sportler glänzte und auch sonst gute Noten errang, wenngleich die Fakultät zu bedenken gab, Mark leite seine «angeborenen Führereigenschaften» nicht immer «moralisch konstruktiven» Zwecken zu. Wie sein Vater auf solche Beurteilungen reagierte, blieb unerkannt, denn er starb schon während Marks zweitem Studienjahr an Lungenentzündung und hinterließ dem Sohn ein kleines Sparguthaben von 1852 Dollar. Mark verkaufte die Farm für zusätzlich 5000 Dollar in bar und begann dieses Nestei zu bebrüten, indem er während der Semesterferien kreuz und quer durch den Mittelwesten fuhr und alles mögliche verkaufte, vom Haaröl bis zur Rheumasalbe. Und kaum war er erfolgreich mit dem College fertig, wandte er seine Energien endlich etwas «Konstruktivem» zu: er kaufte Bancrofts Fahrradladen an der Ecke der Fünften und der Hauptstraße von Elkins, und obwohl jedermann dem jungen Draufgänger eine Pleite prophezeite, kam er bemerkenswert gut voran. Schon ein paar Wochen nach seiner Geschäftsübernahme änderte sich die öffentliche Meinung über «diesen Manning». Wie es schien, wollte er ein seßhafter Bürger werden. Außerdem mußte man ihm zubilligen, daß niemand fleißiger arbeitete und niemand so offenkundig an den Großen Amerikanischen Traum glaubte, und darauf kam es heute, am 4. Juli 1900, schließlich an, nicht wahr? Wenn er doch nur die Finger von «dieser Farr» gelassen hätte ...

Besagte «Farr», die mit Mark der Parade zuschaute, war Sheila, die Tochter einer Irin namens Maryann Farr, die dem Trunk ergeben sein sollte und ein Restaurant in Bahnhofsnähe besaß. Sheilas Moral wurde von der Stadt ungefähr so eingestuft wie die der mütterlichen Kundschaft - Eisenbahner, Junggesellen, andere fragwürdige Typen ... und Mark Manning. Sheila hielt das Lokal in Schwung und galt daher allgemein als käuflich, wiewohl ihr eigentlich nichts Greifbares vorzuwerfen war als ihre Jugend, Anziehungskraft und aufregend hübsche Figur.

Das Verdammungsurteil entbehrte jeder Grundlage. Sheila war Marks Verführungskünsten zwar erlegen, erstens, weil sie sich in ihn verliebt hatte, und zweitens, weil sie die Spießer gern mal schockierte, aber das hieß noch lange nicht, daß sie für jeden zu haben war. Sie war Mark nun schon seit zwei Jahren ausschließlich und bedingungslos treu.

Die Parade zog weiter durch die Hauptstraße und bog dann rechts in die Elm Street ein, wo die «Vornehmen», d.h. Begüterten, im Schatten alter Bäume wohnten. Die Zuschauermenge wälzte sich hinterher. Hier war es wenigstens eine Spur kühler. Der Lärm der Blaskapelle hallte von pompösen weißen Villenfassaden wider, auf deren verschnörkelten Veranden ältere Mitglieder der führenden Familien in Schaukelstühlen, wohlversehen mit Limonade und Papierfächern (die meist aus Jenkins´ Bestattungsinstitut stammten), gemächlich den Vorbeizug der Parade miterlebten. Krach, krach, bum bum! Tatarata! Was für eine herrliche Parade! Was für ein glorreicher Nationalfeiertag!

«Der ungeeignetste Tag für ein Schäferstündchen», raunte Mark Sheila zu, als sie inmitten der Masse durch die Elm Street zogen.

«Mark!»

«Bist du anderer Meinung?»

«Wenn du mich schon fragst: auf jeden Fall ist´s zu heiß. Und wie ich dich kenne, wirst du gerade heute nichts riskieren.»

Klingeling machte die Feuerwehrglocke, bumbum machte die große Pauke. In einiger Entfernung zischten und knallten ein paar Frösche oder vorzeitige Raketen. Mark und Sheila erreichten die größte der Prunkvillen, einen viktorianischen, mit unzähligen Erkern und Türmchen verzierten Bau. Der ausgedehnte Rasen war durch schmiedeeiserne Gitter und Fliederbüsche fast der Sicht entzogen. Mark erhaschte im Vorübergehen nur einige flüchtige Durchblicke auf hohe, spitzenverhangene Fenster, die obendrein durch gestreifte Markisen vor jedem Sonnenstrahl geschützt waren. Drinnen schien sich nichts zu regen, aber Mark wußte genau, daß selbst in diesem Haus Leben war. Irgendwo saß sie wahrscheinlich an ihrem Bechsteinflügel und übte, ohne sich um die Parade und die ganze Stadt zu kümmern, wie es ihre Gewohnheit war. (Vielleicht aus Scheu?) Und ihr Vater saß ... wo? Vermutlich in seinem Arbeitszimmer, in monatealte deutsche Zeitungen vertieft, die er sich, so der Postvorstand, in dicken Packen und mit unglaublichen Unkosten vom Norddeutschen Lloyd via New York aus der Alten Welt schicken ließ. Oder las er seinen geliebten Heine? Oder was sonst? Was lasen gebildete Juden? Uralte...

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Autor

Fred M. Stewart (1932-2007), Bestsellerautor, hat zahlreiche Gesellschaftsromane geschrieben, von denen einige verfilmt wurden.