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Die Dämonen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am17.02.20141. Auflage
Adain ist ein Wiederkehrer, ein Dämon, der seine Form verändern kann, und der Einzige seiner Art, der die Schlacht von einst überlebt hat. Nachdem er jahrhundertelang die Lehren des Dämonenkönigs studiert hat, treibt ihn nun die Neugier aus der Tiefe. In Menschengestalt verschafft er sich Zutritt in jene zerstörte neue Welt, die nicht nur fremdartiges Leben erschaffen hat, sondern auch abscheuliche Gefahren. Und als Adain in den Besitz der wertvollsten Substanz der alten Zeit gelangt, sieht er den Moment für eine neue dämonische Invasion endlich gekommen.

Tobias O. Meißner, geboren 1967, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane werden von der Kritik hochgelobt. Meißner wurde von der Zeitschrift »Bücher« als einer der »10 wichtigsten Autoren von morgen« ausgezeichnet. Bei Piper sind u.a. die apokalyptischen Epen um »Die Dämonen« sowie die High-Fantasy-Trilogie um die »Sieben Heere« erschienen.
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Produkt

KlappentextAdain ist ein Wiederkehrer, ein Dämon, der seine Form verändern kann, und der Einzige seiner Art, der die Schlacht von einst überlebt hat. Nachdem er jahrhundertelang die Lehren des Dämonenkönigs studiert hat, treibt ihn nun die Neugier aus der Tiefe. In Menschengestalt verschafft er sich Zutritt in jene zerstörte neue Welt, die nicht nur fremdartiges Leben erschaffen hat, sondern auch abscheuliche Gefahren. Und als Adain in den Besitz der wertvollsten Substanz der alten Zeit gelangt, sieht er den Moment für eine neue dämonische Invasion endlich gekommen.

Tobias O. Meißner, geboren 1967, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane werden von der Kritik hochgelobt. Meißner wurde von der Zeitschrift »Bücher« als einer der »10 wichtigsten Autoren von morgen« ausgezeichnet. Bei Piper sind u.a. die apokalyptischen Epen um »Die Dämonen« sowie die High-Fantasy-Trilogie um die »Sieben Heere« erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492980494
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum17.02.2014
Auflage1. Auflage
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3151 Kbytes
Artikel-Nr.1919956
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

I

 

Adain konnte das Ende hören.

Wie ein leuchtender Regen und ein strahlender Sturm prasselte es über das Land. So viele Tote. All ihr Schreien verstummte. Berge wurden zu Wolken. Flüsse zu wehendem Dampf. Der Boden riss sich los aus seiner Verankerung und schoss brüllend empor in den Himmel, um von dort aus in Asche verwandelt zurückzukehren. Menschen, Dämonen, Tiere und andere, noch fremdere Lebensformen vergingen. So viel Vergeblichkeit und so viele unerreichte Ziele.

Adain begriff, dass etwas schiefgelaufen sein musste. Energielinien hatten sich aufeinander zubewegt, eine Konfrontation herbeiführend, oben im Norden, in der fernen Senke von Zegwicu. Doch dann war etwas geschehen. Eine weitere Linie, die vorher nicht als solche zu erkennen gewesen war, hatte sich hineingemischt. Die Linien hatten sich ineinander verschlungen und miteinander verknotet. Und dieser Knoten war geplatzt.

In seiner Höhle, in der schon seit Langem außer ihm niemand mehr war, blieb Adain vom Ende verschont. Während sich oben das neungeteilte Land Orison auflöste und dabei aschfahl wurde vor Schreck, trieb Adain sich im verwaisten Ratssaal herum und studierte die Kreideinschriften, die sämtliche Wände überzogen.

Alles Mögliche und Denkbare fand sich hier. Schriftzeichen unterschiedlicher Sprachen, einige von ihnen ausgestorben, andere vermutlich erfunden. Kreise, Spiralen und Dreiecke sowie die Formel zur Berechnung der Seiten eines Dreiecks. Verse von Gedichten, einige mit Reimen, andere vollkommen abstrakt. Bildergeschichten. Die Anfänge zweier Romane, von denen der erste mit »Der König« begann und der zweite mit »Der Himmel«. Bannsprüche und Beschwörungsformeln. Alchimistische Herleitungen. Numerologien und Benennungen der leuchtenden Städte des Himmels sowie sogar das Ordnen der leuchtenden Städte des Himmels zu bedeutsamen Bildern. Tier- und Landschaftsdarstellungen. Karten, Wegskizzen und Lagepläne. Risszeichnungen. Entwürfe von Mischwesen: Baupläne für mannigfaltige Dämonenleiber.

Während oben im Land das Ende tobte und wütete, blickte Adain an seinem eigenen Leib hinab: Er war schlank und nicht besonders groß. In seiner Nacktheit schimmerte er grün. Er war weder Frau noch Mann, und sein linker Arm und sein linkes Bein waren deutlich kürzer als sein rechter Arm und sein rechtes Bein. Wenn er ging, hinkte er stark, und wenn er sich etwas nehmen wollte, musste er mit links näher herangehen als mit rechts. Dafür waren seine Wimpern beinahe doppelt so lang wie die anderer Lebewesen, und die Wimpern immerhin - davon konnte er sich in einem Stück Felsen überzeugen, das glatt geschliffen war wie ein Spiegel - waren links und rechts gleich, brachten also Ruhe in Adains bizarre Asymmetrie und versahen sein Gesicht mit einem Ausdruck der Milde und Vergebung.

Adain war niemandem böse, auch nicht für die offensichtlichen Mängel seines Leibes.

Er selbst hatte es nicht anders gewollt.

Er war lieber einsam als unter anderen. Lieber unbedrängt als zusammengepfercht. Lieber in Finsternis als draußen, wo nun alles hell und tot glänzte wie geschmolzener Sand. Als der Bann gefallen war und jeder sich gegriffen hatte, was er nur hatte packen können, hatte Adain sich zurückgehalten und sich als einer der Letzten mit den Resten beschieden. Es hatte ihm nichts ausgemacht, deformiert und schwach zu sein. Er hatte ohnehin nicht vorgehabt, an diesem kindischen Feldzug teilzunehmen. Und wie es aussah, war seine Entscheidung richtig gewesen.

Zeit verging, und Adain studierte weiterhin die Inschriften. Draußen war es nun stiller und finsterer. Der Tod hatte sich eine Farbe gewählt und einen Klang: ein hohles Rauschen.

Adain vertiefte sich in Bilder und Formeln. In die Handschrift von Orison. In das eigenartige, geheime, fremde und dennoch so freigebig mitgeteilte und festgehaltene Wissen des mächtigsten Dämonen aller Zeiten.

Immer wieder, sogar in verschiedenen Ausprägungen, stieß Adain auf jene zentrale Prophezeiung, die über sämtliche Wände zugleich zu fließen schien und die alles mit allem in Verbindung brachte. Ein Text, der durch das Kürzen einer früheren Fassung entstanden war:

 

menschliche Magier

waren Dämonen,

um lebendig zu sein

Gier

und Freude

Lebenskraft

Zukunft

Weiterexistenz Freiheit

Orison war gestorben,

zu Licht zerflossen und wiederauferstanden

Das Land

ging an die Menschen

niemals

Und verschwand

die Dämonen

die Dämonen

Auf welche Zeit bezieht sich dieser Text, fragte sich Adain. Auf die Vergangenheit? Auf die Gegenwart? Oder vielleicht sogar auf die Zukunft oder auf eine mögliche Zukunft?

Zeit.

Zeit verlor sich.

Adain litt weder Hunger noch Durst. Ganz am Anfang, kurz nach dem ungestümen Ausbruch der Hunderttausend, hatte er sich noch Sorgen gemacht, denn König Orison höchstpersönlich hatte sich hier unten herumgetrieben und alles zusammengerafft, was sich an Lebenskraft und somit an Nahrung in der Höhle verfangen hatte. Nachdem Orison gegangen und aufgestiegen war, lag die Höhle leer. Einst war sie ein unendlicher Mahlstrom gewesen, ein mit wirbelnden Dämonen gefüllter Abgrund. Dann war sie still und hohl geworden, und Adain hatte den Hunger gefürchtet, bevor er begriff, dass er die Lebenskraft gar nicht mehr benötigte. Die Lebenskraft war freigesetzt worden wie die Dämonen auch. Die Lebenskraft war nun überall, in jedem Atemzug, den Adain tat, in jedem vielfach gebrochenen Lichtstrahl, der zu ihm nach unten fand, und in jedem abgehackten Echo, das seine nackten Schritte an die blanken Wände warfen.

Die Lebenskraft war das Dasein selbst. Das, was einen Menschen oder einen Dämon oder ein Tier oder eine Pflanze von einem Stein oder einem Sandkorn unterschied.

Adain brauchte nichts zu fürchten. Er brauchte keine Gier, um lebendig zu bleiben.

Er konnte die Zeit verstreichen lassen.

Und Zeit, Zeit, Zeit verfloss.

Ihn trieb nichts nach droben, nach draußen. Dort war doch ohnehin nichts mehr. Die Finsternis löste sich auf wie ein Albdruck und ließ nichts zurück außer Leere.

Manchmal jedoch lauschte Adain dennoch. Wenn die Stunden sich dehnten und ihm die Augen schmerzten vom Lesen in völliger Dunkelheit. Dann konnte er die Last von Gebäuden spüren und Unbeträchtlichkeiten, die sich in diesen Gebäuden regten. Insekten. Die winzigen Verwandten jener schrecklichen Rekamelkish, mit denen die Menschen sich verbündet hatten, um dem Heer der Dämonen entgegentreten zu können.

Adain gewann den Eindruck, ein paar Städte hätten das Ende überstanden. Im Windschatten zweier unterschiedlicher Gebirge war die rasende Vernichtung vorübergezogen an Aztreb und Icrivavez, an Tjetdrias, Cerru, Kirred und Witercarz. Aber selbst diese Städte standen weitestgehend ausgeschabt. Der Krieg hatte sie ihrer Bevölkerung beraubt. Es gab nur noch Insekten dort, zurückgelassenes Nutzvieh, den einen oder anderen freien Vogel - aber keine Menschen mehr und auch keine Dämonen.

Das änderte sich mit der Zeit.

Flüchtlinge, die sich vor dem furchtbaren, unüberschaubaren Krieg auf die See zurückgezogen hatten in Booten, auf Flößen und auf improvisierten Konstruktionen, die aus mehreren Booten große Flöße gemacht hatten und aus mehreren Flößen große Boote, kehrten wieder in das nun still gewordene Land und nahmen sich die fünf Küstenstädte zurück: Aztreb und Icrivavez im Süden sowie Tjetdrias, Cerru und Kirred im Osten. Nach Witercarz landeinwärts jedoch wagte sich niemand. Witercarz war dem Ursprung des Endes, der Senke von Zegwicu, zu nahe. Aber selbst in Witercarz regte sich etwas - Adain konnte es rascheln hören, wenn er ein Ohr auf den Boden presste. Es mochte ein paar überlebende Menschen gegeben haben, die in den Katakomben der von Felsen umgebenen Stadt die Angriffe des Dämonenheeres überdauert hatten. Oder es waren Dämonen, die sich zum Zeitpunkt des Endes tief unter der Erde befunden hatten, um zu plündern oder um Bodenschätze aus Gestein zu reißen. Adain wusste es nicht, und anfangs war sein Interesse für diese Vorgänge auch äußerst gering.

Zeit verströmte sich.

Jahre.

Etliche Jahre.

Adain formte seinen Körper um, einfach nur, weil er dies aus den Zeichnungen an den Wänden gelernt hatte. Er begriff noch nicht ganz, ob all die hunderttausend Dämonen, die dem Schlund entstiegen waren, ihre vielgestaltigen Umrisse und Ausprägungen dem König Orison verdankten oder ob sie - wie Adain das eigentlich für sich selbst in Anspruch genommen hatte - einen eigenen Willen bekundeten, indem sie zu Fleisch wurden. Aber auch das erschien ihm im Nachhinein unwichtig, denn die anderen waren alle tot. Orison selbst war tot. Orison war gestorben, zu Licht zerflossen. Und wiederauferstanden. Wiederauferstanden, wirklich? Wann? Und - wenn überhaupt - in welcher Form?

Adain trug Erinnerungen in sich an frühere Daseinsformen als Wurm, als Vogel und als Katze. Vor langer Zeit, noch bevor Orison alle Dämonen in den Mahlstrom gebannt hatte, um ihr Überdauern zu sichern, war Adain diese drei Tiere gewesen. Also nahm er diese drei Ausformungen nacheinander wieder auf. Sie waren ihm vertraut. Sie trugen sich wie eine maßgefertigte Bekleidung. So kroch er als grünlicher...
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Autor

Tobias O. Meißner, geboren 1967, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane werden von der Kritik hochgelobt. Meißner wurde von der Zeitschrift »Bücher« als einer der »10 wichtigsten Autoren von morgen« ausgezeichnet. Bei Piper sind u.a. die apokalyptischen Epen um »Die Dämonen« sowie die High-Fantasy-Trilogie um die »Sieben Heere« erschienen.