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Holla die Waldfee!

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am21.10.20161. Auflage
Holla die Waldfee! Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält. Aber der grummelige Berufszauberer mag Menschen sowieso nicht besonders. Seit Jahren tingelt er mäßig erfolgreich mit seinen Auftritten von Altersheim zu Einkaufszentrum. An und für sich würde ihn all das gar nicht stören. Wäre da nicht sein Erzfeind Sebastian, der mit seiner spektakulären Zaubershow in ganz Schweden Erfolge feiert. Ausgerechnet mit Charlotta an seiner Seite, Antons Exfreundin. Früher waren Anton und Sebastian befreundet und haben gemeinsam gezaubert, nun sieht Anton überall die riesigen Plakate, die Sebastians und Charlottas Tournee ankündigen und auf denen groß in silbernen Buchstaben «Together in Magic Forever» steht. Es liegt auf der Hand: Für Anton läuft es nicht gut. Im Grunde läuft es überhaupt nicht. Aber niemand ist besser darin als er, sich das Leben schönzureden. Bis er sich eines Nachts im Wald verirrt und ein seltsames Mädchen trifft. Danach scheint Anton plötzlich vom Pech verfolgt zu werden. Als ernsthafter Zauberer glaubt Anton natürlich nicht an Magie. Aber langsam dämmert ihm, dass er etwas an seinem Leben ändern muss ...

Lars Vasa Johansson, geboren 1966 in Stockholm, ist Drehbuchautor, Musiker und einer der gefragtesten script doctors in Schweden. Er war an diversen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt und arbeitete außerdem als Schlagzeuger und Komponist. 'Anton hat kein Glück' ist sein erster Roman.
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Produkt

KlappentextHolla die Waldfee! Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält. Aber der grummelige Berufszauberer mag Menschen sowieso nicht besonders. Seit Jahren tingelt er mäßig erfolgreich mit seinen Auftritten von Altersheim zu Einkaufszentrum. An und für sich würde ihn all das gar nicht stören. Wäre da nicht sein Erzfeind Sebastian, der mit seiner spektakulären Zaubershow in ganz Schweden Erfolge feiert. Ausgerechnet mit Charlotta an seiner Seite, Antons Exfreundin. Früher waren Anton und Sebastian befreundet und haben gemeinsam gezaubert, nun sieht Anton überall die riesigen Plakate, die Sebastians und Charlottas Tournee ankündigen und auf denen groß in silbernen Buchstaben «Together in Magic Forever» steht. Es liegt auf der Hand: Für Anton läuft es nicht gut. Im Grunde läuft es überhaupt nicht. Aber niemand ist besser darin als er, sich das Leben schönzureden. Bis er sich eines Nachts im Wald verirrt und ein seltsames Mädchen trifft. Danach scheint Anton plötzlich vom Pech verfolgt zu werden. Als ernsthafter Zauberer glaubt Anton natürlich nicht an Magie. Aber langsam dämmert ihm, dass er etwas an seinem Leben ändern muss ...

Lars Vasa Johansson, geboren 1966 in Stockholm, ist Drehbuchautor, Musiker und einer der gefragtesten script doctors in Schweden. Er war an diversen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt und arbeitete außerdem als Schlagzeuger und Komponist. 'Anton hat kein Glück' ist sein erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644224216
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum21.10.2016
Auflage1. Auflage
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1193 Kbytes
Artikel-Nr.1926474
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Wenn es gut lief, absolvierte ich pro Jahr an die hundert Auftritte, verteilt über das ganze Land. Ich fuhr, wohin mein Navi mich führte, und manchmal wusste ich kaum, in welcher schwedischen Provinz ich mich gerade befand. Um eine Kleinstadt von der anderen unterscheiden zu können, machte ich mir einen Spaß daraus, verschiedenste nutzlose Fakten über die von mir bereisten Orte zu sammeln. Karlsborg beispielsweise ist für seine Miniaturen bekannt, wie den niedrigsten Küchentisch Schwedens, den kleinsten Vogelkäfig Skandinaviens oder auch einen der kürzesten Schnürsenkel der Welt.

Kurz vor dem Stadtzentrum von Karlsborg liegt das Altersheim Igel, das in einem vierstöckigen braunen Gebäude aus den Achtzigern untergebracht ist. In den vergangenen zwei Jahren war ich hier bereits drei Mal aufgetreten.

Als ich in den frischgestrichenen, aber dennoch trostlosen Aufenthaltsraum kam, standen darin bereits um die zwanzig Stühle, zwischen denen einige Plätze für Rollstühle frei gelassen worden waren. So weit, so gut. Mein Blick fiel auf einen Putzmann, der gerade um die Stühle herumsaugte. Der Staubsauger machte einen Höllenlärm. Ich stellte meinen schweren schwarzen Zauberkoffer mit den Metallbeschlägen auf dem Boden ab und warf einen befremdeten Blick auf die Fläche, die eigentlich für meinen Auftritt vorgesehen war. Dort befanden sich nämlich zwei Tischtennisplatten, auf denen halbfertige Puzzles ausgebreitet lagen. Die junge Altenpflegerin, die darauf bestanden hatte, mich in den Raum zu begleiten, obwohl ich den Weg bereits kannte, erklärte mir, dass die Bewohner gerade erst begonnen hätten, die Puzzles zu legen, weshalb es doch sinnvoll wäre, wenn die Tischtennisplatten an Ort und Stelle stehen bleiben könnten.

Aufgrund meiner Größe von einem Meter neunzig bin ich es gewohnt, auf Menschen hinabzuschauen. Auch die Altenpflegerin mit ihren knallrot gefärbten Haaren bildete hier keine Ausnahme, da sie fast zwei Köpfe kleiner war als ich. Erst starrte ich aufgebracht zum Putzmann hinüber, um ihn dazu zu bringen, den lärmenden Staubsauger auszuschalten, allerdings ohne Erfolg, da er mir den Rücken zugewandt hatte. Dann warf ich der Altenpflegerin einen wütenden Blick zu.

«Ich bin dreihundert Kilometer weit gefahren und habe nichts als ein paar Bissen einer fast abgelaufenen Cremeschnitte im Magen. Sie müssen also entschuldigen, wenn ich etwas irritiert klinge. Aber wo soll hier Ihrer Meinung nach bitte schön mein Auftritt stattfinden?»

Ich breitete die Arme aus, um ihr mit einer dramatischen Geste zu signalisieren, dass einfach nicht genug Platz war - weder auf der Fläche mit den Stühlen noch dort, wo die Tischtennisplatten aufgestellt waren. Die Altenpflegerin erkundigte sich, ob es möglich wäre, dass das Publikum in einem Kreis säße. Vielleicht könne ich ja in der Mitte stehen und dort zaubern. Bei dem Lärm hörte ich ihre Worte kaum. Ich gestikulierte wild in Richtung Putzmann, woraufhin dieser mich endlich bemerkte.

«Könnten Sie bitte den Staubsauger ausschalten? Ich versuche hier zu arbeiten. Ich putze ja auch nicht um Sie herum, wenn Sie versuchen zu arbeiten, oder?»

Der Putzmann brummelte vor sich hin, schaltete den Staubsauger aus und verließ schlurfend den Aufenthaltsraum. Die rothaarige Altenpflegerin wiederholte ihre Frage und wollte wissen, ob es für mich in Ordnung wäre, in der Mitte des Sitzkreises aufzutreten. Ich zuckte mit den Achseln. Schon rein aus Prinzip bereitete mir die Tatsache große Probleme, dass zwei unfertige Puzzlespiele wichtiger waren als meine Bühne, aber ich war schließlich ein ernsthafter Zauberer und keiner dieser Fernsehclowns mit Tänzerinnen, aufwendigen Requisiten und sonstigem Hokuspokus, bei dem das Publikum in einem gewissen Winkel zur Bühne sitzen musste.

«Klar kann ich in der Mitte stehen. Wollen wir zuerst gemeinsam die Stühle an Ort und Stelle rücken, und dann schauen Sie nach meinem Imbiss?»

«Ich geh jetzt nach Hause. Hab Feierabend.»

«Es war aber abgemacht, dass ein kleiner Imbiss für mich bereitsteht, wenn ich am Veranstaltungsort eintreffe. So sieht es jedenfalls der Vertrag vor. Darin ist übrigens auch zu lesen, dass am Auftrittsort eine Fläche zur Verfügung steht, auf der ich zaubern kann. Beispielsweise eine Bühne oder ein kleiner freier Bereich ohne Tischtennisplatten.»

«In der Cafeteria kann man belegte Brote kaufen.»

«Gut, dann stelle ich die Stühle bereit, und Sie holen mir derweil ein paar belegte Brote.»

«Ich geh jetzt nach Hause. Hab Feierabend. Belegte Brote gibt´s in der Cafeteria.»

Angesichts ihrer unsensiblen roboterhaften Antwort schüttelte ich nur den Kopf.

«Kein Problem. Dann stelle ich die Stühle bereit, und anschließend schaue ich, ob ich in der Cafeteria ein paar belegte Brote auftreiben kann. Dann brauchen Sie gar nichts zu tun. Ist das ein Angebot?»

Meine Ironie überstieg offenbar bei weitem den Verstand der rothaarigen jungen Dame. Sie nickte nur zufrieden, begann auf ihrem Handy herumzutippen und zog ab.

 

Mein letzter Auftritt vor dem Mittsommerwochenende, das mein Leben verändern sollte, war ein voller Erfolg. Nach einem Trick, bei dem ich ein Sektglas aus einem Zylinder gezaubert hatte, fragte ich die alten Leute im Publikum, ob sie nicht Lust hätten, ein wenig gemeinsam zu singen. So etwas machte ich normalerweise nicht, doch ich dachte mir, dass ein paar Mittsommerlieder wie «Die kleinen Frösche» oder «Die kleine Krähe» dem Anlass angemessen wären. Das Publikum reagierte begeistert und wartete darauf, dass ich begann.

«Ach, da ist mir gerade etwas eingefallen. Ich habe nämlich heute Geburtstag. Ich erwarte zwar nicht, dass Sie mir ein Ständchen bringen, aber wir könnten doch zusammen ein Lied singen, dessen Text Sie alle kennen. Was halten Sie davon?»

Ich stimmte «Hoch soll er leben» an. Die Senioren konnten den Takt nicht halten und wurden immer langsamer, obwohl ich meinen Zauberstab als Taktstock einsetzte. Da nach dem Lied keiner von ihnen die Initiative zu einem vierfachen Hurra ergriff, musste ich es auch diesmal selbst anstimmen. Ein Mann im Rollstuhl erlitt während der Hurrarufe einen Hustenanfall und gab ein Röcheln von sich, das die ganze weitere Vorstellung begleitete. Es war ziemlich nervtötend.

Wenn man vor älteren Leuten auftritt, sollte man lieber keine Kartentricks vorführen, die darauf aufbauen, dass sich einer der Zuschauer eine Spielkarte merkt, da es leicht zu Verwirrungen kommen kann. Von der Gesangseinlage abgesehen, brachte ich deshalb die einstudierten Nummern, die ich seit meiner Teenagerzeit Tausende von Malen vor jedem nur denkbaren Publikum wiederholt hatte. Vor alten Leuten, jungen Leuten, nüchternen oder auch betrunkenen. Ein Violinist kann sein ganzes Leben lang dieselben klassischen Stücke spielen, ohne dass man ihm unterstellt, er würde in seiner Entwicklung stagnieren, und genauso verhielt es sich mit mir und meinen bewährten Zaubertricks.

Die Herausforderung lag für mich gerade darin, sie immer weiter zu verfeinern und zu perfektionieren, und zwar die technische wie die visuelle Präsentation. Auch die Tagesform spielte eine entscheidende Rolle. Manchmal dauerte ein Trick etwas länger oder kürzer als am Tag darauf, genau wie es auch mit einem Musikstück der Fall ist.

Manche Zauberer nennen sich Illusionisten und präsentieren aufwendige Shownummern mit Lichteffekten und Rauch, Tänzerinnen und jeder Menge humoristischen Einlagen, «denkwürdigen» Monologen und anderem Schnickschnack, für den die breite Masse offenbar bereit ist, viel Geld auszugeben. So etwas war nichts für mich. Ein guter Zauberer benötigt auf der Bühne keine beweglichen Spiegelwände, hydraulischen Rampen oder eine aparte Assistentin, die das Publikum ablenkt. Wenn ich ein unbegrenztes Budget hätte, würde ich vermutlich ein paar etwas größere und spektakulärere Nummern vorführen, doch ich legte Wert auf den persönlichen Kontakt mit dem Publikum und auf die Tatsache, dass die Leute aus nächster Nähe sehen konnten, wie ich agierte.

 

Nach der Vorstellung rief mich mein Agent Pontus Bergström an. Sein Stall von Künstlern bestand aus einigen Kabarettisten und Schriftstellern, die Lesungen veranstalteten, zwei DJs, diversen Dokusoap-Stars, einem Hypnotiseur und mir.

«Hallo, Anton. Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Welche willst du zuerst hören?»

Ich bat ihn, mit der guten anzufangen.

«Ich habe am Wochenende einen Wettbewerb im Luftpistolenschießen gewonnen! Die Siegerprämie waren zehn Pfund Kaffee und zwei Kilo exklusives Rinderfilet.»

Ich hatte bis dahin nicht einmal gewusst, dass Pontus in seiner Freizeit Schießsport betrieb. Doch ich gratulierte ihm und bat ihn, mir die schlechte Nachricht zu nennen.

«Skövde und Vänersborg haben abgesagt.»

«Was?» war alles, was ich nach einer Weile verblüfften Schweigens hervorbrachte.

«Leider. Basmati hatte kurzfristig eine Lücke in ihrer Planung, und für die Betriebsfeier in Vänersborg wollten die dann doch lieber sie haben. Und das Einkaufszentrum in Skövde will irgendein Event mit den lokalen Basketballerinnen ausrichten. Da konnten sie dich nicht auch noch unterbringen.»

«Aber wir haben doch einen Vertrag, oder? Können sie es sich denn einfach anders überlegen?»

In diesem Jahr hatte ich zwar weniger Auftritte als in all den Jahren zuvor, aber es war noch keiner abgesagt worden. Bis heute.

«Ich weiß, es ist absolut tote Hose, aber ich muss flexibel sein und will den Leuten nichts aufschwatzen, was sie nicht haben wollen....
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Autor

Lars Vasa Johansson, geboren 1966 in Stockholm, ist Drehbuchautor, Musiker und einer der gefragtesten script doctors in Schweden. Er war an diversen Film- und Fernsehproduktionen beteiligt und arbeitete außerdem als Schlagzeuger und Komponist. "Anton hat kein Glück" ist sein erster Roman.Ursel Allenstein, 1978 geboren, übersetzt u.a. Sara Stridsberg, Johan Harstad und Tove Ditlevsen. 2011 und 2020 erhielt sie den Hamburger Förderpreis, 2013 den Förderpreis der Kunststiftung NRW und 2019 den Jane-Scatcherd-Preis für ihre Übersetzungen aus den skandinavischen Sprachen.