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Holly. Die gestohlenen Tagebücher

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
160 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am13.06.2016
Holly: Jede Frau hat ein Geheimnis.
Seit Wochen beschäftigt die Holly-Redaktion nur eines: Wieso ist die illustre Chefredakteurin Annika Stassen verschwunden, und wie soll es jetzt weitergehen? Ausgerechnet Christa von Hutten wird zu Holly zurückgebeten. Sie ist mit einem der schillerndsten Fotografen der Welt verheiratet, alles an ihr ist Glamour - die Partys, die Affären, die Drogen - doch man hatte sie damals sang- und klanglos vor die Tür gesetzt. Bricht nun die Zeit der Rache an? Und es kommt noch schlimmer: Stassens Sekretärin hat Tagebuch geführt - dessen brisanter Inhalt: Intrigen, Affären, Feindschaften, Aufstiege und Abstiege, Nettes und Schmutziges. Die Bücher fallen in die Hände eines Mannes, der dieses Wissen für sich zu nutzen gedenkt ...



Anna Friedrich ist ein Pseudonym. Gäbe es sie wirklich, würde sie in Hamburg leben.
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Produkt

KlappentextHolly: Jede Frau hat ein Geheimnis.
Seit Wochen beschäftigt die Holly-Redaktion nur eines: Wieso ist die illustre Chefredakteurin Annika Stassen verschwunden, und wie soll es jetzt weitergehen? Ausgerechnet Christa von Hutten wird zu Holly zurückgebeten. Sie ist mit einem der schillerndsten Fotografen der Welt verheiratet, alles an ihr ist Glamour - die Partys, die Affären, die Drogen - doch man hatte sie damals sang- und klanglos vor die Tür gesetzt. Bricht nun die Zeit der Rache an? Und es kommt noch schlimmer: Stassens Sekretärin hat Tagebuch geführt - dessen brisanter Inhalt: Intrigen, Affären, Feindschaften, Aufstiege und Abstiege, Nettes und Schmutziges. Die Bücher fallen in die Hände eines Mannes, der dieses Wissen für sich zu nutzen gedenkt ...



Anna Friedrich ist ein Pseudonym. Gäbe es sie wirklich, würde sie in Hamburg leben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641205225
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum13.06.2016
Reihen-Nr.2
Seiten160 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1929213
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe



Montag, 2. März

1

Es ist ihre Morgenstunde. Es ist zwei Minuten vor acht Uhr, um acht wird die Tür seines Schlafzimmers aufgehen. Paul und sie lieben die Genauigkeit, so war es immer. Hübsch sieht er aus, der Tisch, den sie angerichtet hat. Sein weißes Lieblingsgeschirr, das er damals aus dem Taj Mahal in Bombay mitgehen hat lassen. Mitgehen heißt: Er fragte beim Hoteldirektor, ob er dieses Geschirr, sechsundzwanzig Teile von allem, für ein Fotoshooting benutzen könne. Natürlich, große Freude, große Ehre. Kam nie wieder zurück, reiste stattdessen nach Berlin, an den Fasanenplatz, passt noch besser hierher als ins Taj Mahal.

Wie lange wohnen sie jetzt schon hier? Neun, zehn Jahre? Christa von Hutten überlegt kurz. Genau sein, bitte. Sie hört Pauls Stimme in ihren Ohrwindungen. Im Mai werden es 12 Jahre. 1. Mai 2003 war der Einzug, abends feierten sie eine ihrer Partys. Der Erste Mai war damals in Berlin berüchtigt für die Straßenschlachten mit linken Autonomen. Solche Begleitmusik liebte Paul für seine Partys.

Die Teekanne dampft, Darjeeling Risheehat, ein sehr guter Tee für den Morgen, aber nicht der beste, es muss ja für den Rest des Tages noch Steigerungsmöglichkeiten geben. Ein bisschen Lachs, eine kleine Kaviardose auf einer Glasschüssel, gefüllt mit Eis. Dazu Toast. Nichts weiter. Gestern hat Paul einen halben Toast mit Kaviar gegessen. Immerhin.

Es ist acht Uhr. Christa hört die Tür. Und dann steht Paul in der Küche, heute hat er den blauen Bademantel angezogen, den aus Los Angeles. Er gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie riecht sein Parfüm, Drake, das berühmte Drake, er hat sich kräftig eingesprüht, um alle anderen möglichen Gerüche wegzusprühen. »Guten Morgen, Christa«, sagt er. Niemand kann ihren Namen so aussprechen wie er. Er setzt sich hin.

»Guten Morgen, Paul.«

Nichts Liebling, nichts Kätzchen, Kosenamen sollen andere vergeben.

»Gibts was Neues von Jacky?«, fragt er.

Jacky Richards, ein berühmter Fotografenkollege von Paul, ist vor zwei Tagen in London verhaftet worden. Er soll ein Model während eines Shootings sexuell belästigt und vergewaltigt haben. Die Schlagzeilen in den letzten Tagen waren voll von der Sache. Aus Richards, dem genialen Fotografen, war Richards, das Sexmonster geworden. Immer neue Mädchen melden sich zu Wort: Auch ich war ein Opfer des bösen Richards â¦

»Er hat Jake Miller als Anwalt genommen. Angeblich soll er bald auf Kaution freikommen. Das Mädchen war vollgepumpt mit Drogen, mit dem Dreh versuchen sie es jetzt: Sie hätte wirres Zeug im Drogenrausch behauptet.« Sie gießt ihm Tee ein.

Paul verdreht die Augen. Richards war ihm schon immer widerlich gewesen. Immer die gleiche Masche: Drogen und Sex, freiwillig oder nicht freiwillig, das war ihm egal. Und trotzdem war der Skandal jetzt auch widerlich, denn jahrzehntelang haben alle immer mitgespielt, die Mädchen, die Modefirmen, die Magazine, und alles nur, weil er der große Jacky Richards war. So ist er halt, der Richards. Und: Aber seine Fotos sind genial. Was sie nie waren. Und jetzt? Was ist jetzt mit den genialen Bildern?

»Alle stornieren jetzt die Fotoaufträge. Jacky ist erledigt. Alle heulen mit den Wölfen. Und ich auch«, sagt Christa, »er sollte für uns eine Bademodenstrecke fotografieren. Geht nicht, habe ich abgesagt. Ich habe keine Lust mich vor ihn zu stellen.«

»Gut so«, sagt Paul. Er nimmt einen Toast, bricht ihn in der Mitte und streicht auf die eine Hälfte Kaviar drauf, ohne Butter. »Vielleicht nimmt er sich im Gefängnis das Leben, das wäre für alle das Beste.«

Es ist ganz still in der Küche. Draußen ist es noch dunkel, und es wirkt so, als würde dieses Dunkel alle Geräusche ersticken. Keine Musik läuft, kein Jazz, nicht morgens, nicht in ihrer Morgenstunde.

»Wie geht es dir«, fragt er, »wie war dein Tag?« Sie sehen sich in diesen Tagen nur am Morgen, wenn sie abends nach Hause kommt, ist er zu benebelt, da ist er zu weit weg, um zu sprechen.

Christa geht es nicht gut. Die ersten Tage bei Holly waren die Hölle für sie. Die verzweifelte Sehnsucht nach Paul, krank zu Hause und eigentlich auch nicht erreichbar, aber trotzdem das Gefühl: Ich will da sein. Und dann die Leute in der Redaktion, die sich damals fast alle mehr oder weniger schäbig verhalten hatten, bei ihrem Rauswurf, zumindest nach ihrem Empfinden. Und jetzt sind sie alle verklemmt oder schleimig oder, ach, was soll s? Und die Termine, ununterbrochen, im Akkord. Eine Entscheidung nach der anderen. Was wird Titel? Welche Titelfarbe? Welches Mädchen? Welche Geschichte kommt ins Heft, welche nicht? Sie fühlt sich wie hinter einer Nebelwand, nichts kommt durch. Die Themen kotzen sie eher alle an. Außer das eine Gespräch mit der kleinen Sibel. Das fand sie spannend. Die wird mal ne richtig Gute. Na, vielleicht liegt es auch am Thema. Der Tod. Ist es schon so weit?

Christa geht es nicht gut, und sie sagt es auch. »Alle meine Gefühle gehen durcheinander, Wut, Angst, Rache, und irgendwie bin ich gelähmt und will nur zurück nach Hause. Zu dir.« Sie streicht über seine Hand.

Paul lächelt. »Das läuft dir nicht weg. Ich bin da. Und ich halte schon durch, keine Sorge.« Er sagt: »Mir hat in solchen Krisen immer geholfen, sich auf ein Gefühl zu konzentrieren. Vergiss die anderen. Und bleib bei dem Gefühl, deklinier es durch, geh sämtliche Verzweigungen. Ich mache das jetzt gerade auch. Wirst sehen, es hilft.«

»Was war dein Gefühl gestern?«, fragt sie.

»Angst«, sagt er.

Sie trinken Tee, sie isst, und sie schweigen ein wenig. Dann sagt Paul: »Wenn es nicht läuft, ist der Alltag immer ätzend. Auch da wieder: Konzentrier dich auf eine Sache. Und wenn es nur eine Kleinigkeit ist, mach sie so, als könntest nur du sie so machen. Sei in einem Moment ganz du selbst. Und wenn es die Art ist, wie du den Pförtner begrüßt.«

Christa nickt, steht auf. Sie ist noch nicht fertig angezogen. Oder genauer: Sie will ihren Look nochmal überprüfen, vor dem Spiegel im Schlafzimmer. Das geht gerade jeden Morgen so. Anziehen. In den Spiegel schauen. Alles wieder ausziehen. Nochmal von vorn. Irgendwann denken: so geht s doch! Und dann, ganz kurz, bevor sie losmuss, nochmal umziehen. Heute war die vorläufige Entscheidung zugunsten einer grauen Woll-Flanell-Hose von Stella McCartney gefallen, dazu die weiße Bluse von Jil Sander. Sieht immer noch gut aus.

Irgendwann ist es kurz vor neun, und sie verlässt das Haus. Vorher eine kurze Umarmung, Pauls Arme zittern, ein Kuss. In ein paar Minuten kommt der Arzt zu Paul, der alte Doktor Lott, der Freund. Und gegen Mittag kommt die Physiotherapeutin, ein ziemlich junges Mädchen, ziemlich hübsch. Früher hätte sie wetten können, dass irgendwann Paul angefangen hätte sie zu fotografieren und sie irgendwann gefragt hätte, ob sie sich nicht ausziehen will. Nein, so hätte er es nicht formuliert. Er hätte gesagt: Wollen wir jetzt ein bisschen mutiger werden? Sie hatte sie verachtet, diese Art seiner Spielereien, aber jetzt, jetzt wäre sie wirklich froh, er hätte die Kraft nochmal dazu, zu solch einem Unsinn.

Vor der Tür steht ihr schwarzer Alfa Spider. Baujahr 1972, richtig wacklig geworden mit den Jahren. Im Winter ziehts rein, am Cabrioverdeck, so wie jetzt. Eiskalt. Und der Motor braucht ewig, bis er richtig warm wird. Sie benötigt ohne größeren Stau knapp 20 Minuten in die Redaktion. So richtig warm im Auto ist es dann immer noch nicht.

Im Radio läuft Klassikradio, eine neue Bacheinspielung von Igor Levit, dem neuen Klavierstar. Wäre der mal ne Geschichte für Holly?, denkt sie kurz. Doch dann denkt sie: Wie kann ich diesen Tag prägen, was kann ich tun, was nur ich so machen kann? Ihr fällt wieder diese seltsame Rechnung ein, die sie gestern schon den ganzen Tag geärgert hat. 26.000 Euro, gestellt von einer Firma im Netz, die sich DOXTEN nennt. Keiner wusste, was das für eine Rechnung ist. Bis Thea rausfand, die Rechnung hat was mit der Verlegerin zu tun. Und schließlich ließ die Sekretärin von Elisabeth Salditt ausrichten, die Rechnung ist in Ordnung, bitte zahlen. Es gehe um ein interessantes digitales Projekt, das mit Annika Stassen abgesprochen war. Thea versuchte dann auf Christas Bitte hin irgendwie Spuren von DOXTEN im Netz zu finden, ohne Erfolg. Außer einer Notiz, und die kam ausgerechnet von Europol, der Europäischen Polizeiorganisation: »Das Ermittlungsverfahren gegen DOXTEN wurde eingestellt.«

26.000 Euro? In Zeiten, wo jede längere Busreise von Verlagscontrollern extra abgezeichnet werden muss, wo jeder Cent umgedreht wird, auf der Suche nach neuen Einsparmöglichkeiten. Wenn Salditt damit zu tun hat, warum zahlt es dann der Verlag nicht anstatt der Redaktion? Da stimmt irgendwas nicht. Das ist es, denkt Christa, mein Projekt, diese Rechnung kläre ich auf. Sie wird nicht gerne für dumm verkauft, auch nicht von Elisabeth Salditt.

Sie fährt in die Parkgarage, vorbei am Pförtner, der wirklich Herr Gutenmorgen heißt und immer und immer wieder den Kopf darüber schütteln kann, warum sie so einen alten Wagen fährt. Sie stellt ihr Auto auf dem reservierten Parkplatz K17 ab, geht die kleine Treppe hoch und sieht vorne am Aufzug Lars Meier, den Artdirector. Den vielgesichtigen Lars. Sie verlangsamt den Schritt, sie hat keine Lust mit ihm in den Aufzug zu steigen. Lars verschwindet hinter der stählernen Schiebetür, gut. Was ist das eigentlich für ein Mensch? Sie hat es über all die Jahre nicht herausgefunden.

Christa von Hutten betritt ihr Büro. »Guten Morgen, Thea«, sagt sie. »Guten...


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