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Die Flucht der Magd

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
604 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am02.11.20161. Auflage
Opulenter historischer Roman um eine junge Magd, ein adeliges Kind, die verfluchte Lanze des Longinus und den Machtkämpfen zwischen Kirche und Krone. Rhyntal 1322: Die Leibeigene Hanna wird als Magd auf die Burg Montfort gebracht, wo sie von nun an für den Grafen arbeitet. Bald macht das Gerücht die Runde, dass es in der Dachkammer spukt. Doch die neugierige Hanna entdeckt, dass es sich dabei um einen entführten Jungen handelt. Um das Leben des Jungen zu retten, beschließt Hanna ihre gemeinsame Flucht ins ferne Rhyntal. Doch der Arm des Grafen reicht weit...

Doris Röckle-Vetsch, geb. 1963, lebt mit ihrer Familie in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Nebst ihrer Tätigkeit im medizinischen Sektor gehört ihre Leidenschaft dem Schreiben historischer Geschichten und Romane.Sie veröffentlichte bereits mehrere Kurzgeschichten in diversen Schreibstar-Anthologien und im Landverlag Langnau. 2010 gewann sie den Literaturwettbewerb des Kulturvereins Schloss Werdenberg.Von der Mystik des Alpenrheintals und seinen Burgen gefangen, lässt sie das Mittelalter nicht mehr los.
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Produkt

KlappentextOpulenter historischer Roman um eine junge Magd, ein adeliges Kind, die verfluchte Lanze des Longinus und den Machtkämpfen zwischen Kirche und Krone. Rhyntal 1322: Die Leibeigene Hanna wird als Magd auf die Burg Montfort gebracht, wo sie von nun an für den Grafen arbeitet. Bald macht das Gerücht die Runde, dass es in der Dachkammer spukt. Doch die neugierige Hanna entdeckt, dass es sich dabei um einen entführten Jungen handelt. Um das Leben des Jungen zu retten, beschließt Hanna ihre gemeinsame Flucht ins ferne Rhyntal. Doch der Arm des Grafen reicht weit...

Doris Röckle-Vetsch, geb. 1963, lebt mit ihrer Familie in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Nebst ihrer Tätigkeit im medizinischen Sektor gehört ihre Leidenschaft dem Schreiben historischer Geschichten und Romane.Sie veröffentlichte bereits mehrere Kurzgeschichten in diversen Schreibstar-Anthologien und im Landverlag Langnau. 2010 gewann sie den Literaturwettbewerb des Kulturvereins Schloss Werdenberg.Von der Mystik des Alpenrheintals und seinen Burgen gefangen, lässt sie das Mittelalter nicht mehr los.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426442166
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum02.11.2016
Auflage1. Auflage
Seiten604 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1593 Kbytes
Artikel-Nr.1941269
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Prolog

Abt Ulrich von Sax hatte diese Stelle mit Bedacht gewählt, auch wenn das endlose Warten an den Nerven zehrte. Der Wald war zu dieser Jahreszeit kaum ein Ort, an dem sich jemand freiwillig aufhielt. Es war nicht nur der beißende Wind, der jegliches Getier in seine Höhlen verbannte, auch der modrige Geruch machte das Warten zur Qual. Der Nebel wurde mit jedem Atemzug dichter und bald würde man weder Bäume noch Weg erkennen.

Der Schrei einer Eule zerriss die Stille. Eulenrufe galten als schlechte Omen, das wusste auch der Mann in der braunen Mönchskutte. Mit einem Blick in Richtung der Eiche, in deren Geäst er die Eule vermutete, scheuchte er den Gedanken mit einer Handbewegung zur Seite. Aberglauben und Fantastereien hatten bei ihm keinen Platz. Mit einem Ruck drehte er sich zu seinen Begleitern um.

Die Söldner kauerten mit grimmigen Mienen unter einem Felsvorsprung. Auf den wettergegerbten und mit Narben übersäten Gesichtern der Männer konnte Abt Ulrich von Sax die Gier sehen und genau diese Gier brauchte es, um Skrupel erst gar nicht aufkommen zu lassen. Seine eigenen Gefolgsleute hätten sich seinem Befehl womöglich widersetzt oder zumindest unnötige Fragen gestellt. Diese Männer taten es nicht. Für sie zählte einzig und allein die prallgefüllte Geldkatze, die sie nach Erhalt des Auftrages ihr Eigen nennen würden. Danach würden sich ihre Wege scheiden und so Gott wollte, würde er sie niemals mehr zu Gesicht bekommen.

Die berüchtigten Söldner jenseits der Berge für diese heikle Aufgabe zu gewinnen war ein genialer Einfall gewesen, er lobte sich im Stillen dafür.

Abt Ulrich von Sax ging langsam auf den Unterstand zu. Er hatte es sich seit Jahren zur Gewohnheit gemacht, jegliche Gefühle hinter einer starren Maske zu verbergen, so zuckte auch jetzt kein Muskel in seinem Gesicht.

»Vielleicht hat es sich Abt Benedetto doch anders überlegt, schließlich hätte er schon vor Stunden hier eintreffen müssen!«, knurrte ihm einer der Söldner entgegen. Als müsste er seinen Unmut noch untermalen, spuckte er einen grünlichen Schleimklumpen auf einen der Steinbrocken.

»Er wird kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche«, erwiderte Abt Ulrich von Sax. »Doch willst du auf deinen Anteil verzichten, steht es dir frei zu verschwinden.«

Der Angesprochene wollte erst etwas erwidern, überlegte es sich dann aber doch anders und schwieg. Ein Blick in die Runde seiner Kumpane machte ihm deutlich, dass diese nur danach gierten, seinen Anteil unter sich aufzuteilen.

Abt Ulrich von Sax sandte ein stummes Stoßgebet gen Himmel. Sollte der Tiroler Abt tatsächlich nicht kommen, wäre nicht nur seine Autorität gegenüber seinen Begleitern infrage gestellt, auch seine Familie wäre dem Untergang geweiht. Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass er sich eine Niederlage hätte leisten können. Sein fingierter Ruf aus Rom musste einfach Wirkung zeitigen! Schließlich hatte er jedes Wort sorgfältig abgewogen, hatte Drohung und Verlockung gleichermaßen bedacht. Sollte dieser Frevel je entdeckt werden, sein Leben wäre keinen Pfifferling mehr wert, aber das wäre es wohl ohnehin nicht, sollten die Söldner nicht bald zum Einsatz kommen. Die Eidgenossen waren bekannt für ihre Skrupellosigkeit, und Geduld gehörte nicht zu ihren Tugenden. Die Männer würden mit Sicherheit keine Sekunde zögern, ihn anstelle des Tiroler Abtes über die Klinge springen zu lassen, nur um ihre Mordlust zu befriedigen.

Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Der Konvoi war im Anzug. Das stundenlange Bangen und Hoffen hatte ein Ende. »Ihr wisst, was ihr zu tun habt«, wandte er sich hastig an seine Begleiter.

Die Söldner griffen blitzschnell zu ihren Waffen und verteilten sich lautlos inmitten der Nebelschwaden.

»Es darf keine Zeugen geben!«, mahnte Abt Ulrich, raffte seine Kutte und verschwand im Dickicht.

Der Konvoi bestand lediglich aus einer Kutsche und drei Reitern. Bekannt dafür, äußerst spartanisch zu reisen, hatte Abt Benedetto auch dieses Mal auf großes Gefolge verzichtet. Selbst der Ruf aus Rom hatte ihn nicht zu Prunk verleiten können.

Die Söldner preschten so unverhofft aus dem Unterholz, dass sich die Pferde aufbäumten. Noch bevor die kirchlichen Gefolgsleute auch nur den Hauch einer Möglichkeit erhielten, ihre Schwerter aus den Halterungen zu ziehen, bohrten sich die Lanzen der Söldner bereits in ihre Lenden. Das Wiehern der Pferde erstarb mit den Schreien der Männer. Als die Kutschentür mit harter Hand aufgerissen wurde, trieben die regungslosen Leiber bereits im Fluss.

»Was wollt ihr von mir?«, ertönte es mit brüchiger Stimme aus dem Inneren der Kutsche.

Ohne auf die Frage des verstörten Klerikers einzugehen, packten zwei der Söldner den Mann und zerrten ihn ins Freie. Kreidebleich und am ganzen Körper zitternd, stand Abt Benedetto da. Von seinen Gefolgsleuten war nichts mehr zu sehen, einzig ihr Blut färbte den Waldboden rot.

»Ich bin ein Mann Gottes. Wenn ihr euch ... wenn ihr euch an mir vergeht, vergeht ihr euch an Gott!«, wimmerte er und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. Als er die Schwertspitze an seinem Hals fühlte, geriet er ins Straucheln und fiel der Länge nach hin. Die Söldner lachten, als er auf allen vieren zu entkommen versuchte.

Das war der Augenblick, auf den Abt Ulrich von Sax gewartet hatte. Er drückte seinen Rücken durch und trat mit versteinerter Miene aus dem Dickicht.

Sie kannten sich, er und Abt Benedetto, wenn auch nur flüchtig. Vor vielen Jahren waren sie sich auf einem Konzil begegnet.

»Ihr?«, fragte Abt Benedetto erstaunt und erschrocken zugleich. »Was in Gottes Namen soll das Ganze?« Als sein Gegenüber nicht auf die Frage einging, sondern ihn stattdessen nur spöttisch musterte, versuchte Abt Benedetto mühsam, auf die Beine zu kommen.

»Ich bin auf dem Weg nach Rom. Der Papst höchstpersönlich hat nach mir schicken lassen«, verkündete er.

Abt Ulrich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. Das stundenlange Warten hatte seine Geduld erschöpft, das Letzte, was er jetzt wollte, war ein sinnloser Disput mit einem Mann, der seiner nicht würdig war.

»Ach ja, der Ruf aus Rom«, bemerkte er spöttisch. »Kaum zu glauben, dass Ihr auf diesen Schwindel hereingefallen seid!«

Jegliche Farbe wich aus Abt Benedettos Gesicht. Die Erkenntnis, dass die Bulle aus Rom eine Finte gewesen und er blind darauf hereingefallen war, traf ihn im Innersten.

»Was wollt Ihr von mir?«, fragte er kaum hörbar.

»Die Heilige Lanze. Gebt sie mir und Ihr seid ein freier Mann!«

»Die Lanze? Welche Lanze?« Ein Lauern trat in seine Augen, als er den Abt des Klosters Sankt Gallen musterte.

»Ihr wisst, von welcher Lanze ich spreche. Versucht nicht, mich für dumm zu verkaufen!«, brauste Abt Ulrich auf, dabei machte er einen Schritt auf seinen Kontrahenten zu, packte ihn am Ärmel und zog ihn so dicht zu sich heran, dass er dessen Angst zu riechen glaubte. »Denkt Ihr wirklich, ein Wicht wie Ihr sei würdig, die Lanze des Longinus sein Eigen zu nennen? Die Lanze gebührt Männern, die bereit sind, die Welt zu verändern, Männern wie einst Karl dem Großen, der mithilfe der Reliquie die heidnischen Franken in die Flucht schlug, und nicht einem unbedeutenden Abt aus den Tiroler Bergen, der nicht einmal einen Verräter in den eigenen Reihen erkennt.«

Die Kälte in Abt Ulrichs Stimme ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er zu allem bereit war, um die heilige Reliquie in seine Hände zu bekommen.

Abt Benedettos Befreiungsversuch geriet zu einem hilflosen Zappeln. Er war dem Sankt Galler Abt nicht nur körperlich unterlegen, auch sein Verstand schien auszusetzen. Ein Stöhnen entwich seinen Lippen.

»Die Lanze für euer Leben!«, zerriss Abt Ulrichs tiefer Bariton die Stille.

»Niemals!« Abt Benedetto gab sich einen Ruck und blickte seinem Gegenüber unter Aufbringung seiner letzten Kräfte direkt ins Gesicht.

Abt Ulrich von Sax lachte auf. Er ließ seinen Abtbruder so abrupt los, dass dieser wie ein Sack zu Boden fiel. Mit verschränkten Armen stand er vor seinem Opfer und fixierte den Mann mit eiskaltem Blick.

»Wie Ihr wollt!«

Auf sein Zeichen preschten zwei der Söldner herbei und packten den verzweifelt um sich schlagenden Kleriker an Händen und Füßen. Ehe sich Abt Benedetto versah, wurde er von vier kräftigen Armen in die Höhe gerissen. Sein Jammern schien die Söldner zu amüsieren. Ihr Lachen hallte durch die Stille des Waldes. Mit Schrecken sah Abt Benedetto das Seil, das einer der Männer eben um einen Ast schwang, dann wurde ihm auch schon der Boden unter den Füßen weggezogen und er baumelte kopfüber am Ast der Eiche. Dass ihm dabei die Kutte in Richtung seines Kopfes rutschte und den Blick auf sein Gemächt freigab, steigerte den Hohn seiner Angreifer, die selbst vor blasphemischen Schimpftiraden gegen Papst und Curie nicht zurückschreckten.

Abt Ulrich von Sax wartete lange, ehe er dem Schauspiel ein Ende setzte. Er gönnte den Eidgenossen den Spaß, schließlich hatten sie auch lange genug darauf gewartet. »Die Lanze!« Seine Stimme hatte einen gefährlichen Unterton erreicht. Der Starrsinn seines Abtbruders brachte ihn an den Rand seiner Beherrschung.

Abt Benedetto versuchte verzweifelt, seine Blöße mit den Händen zu bedecken. Fast schien es, als habe er die Worte seines Gegenübers nicht verstanden.

Abt Ulrichs Geduld war jetzt zu Ende. Er trat einen Schritt auf den Gepeinigten zu.

»Ihr wollt es nicht anders. Meine Männer werden das Schauspiel genießen und glaubt mir, sie haben einen langen Atem.«

Abt Benedetto biss die Zähne aufeinander und wandte den Kopf energisch zur Seite.

Sein Abtbruder würde den Märtyrer nicht lange...
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Doris Röckle-Vetsch, geb. 1963, lebt mit ihrer Familie in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Nebst ihrer Tätigkeit im medizinischen Sektor gehört ihre Leidenschaft dem Schreiben historischer Geschichten und Romane.Sie veröffentlichte bereits mehrere Kurzgeschichten in diversen Schreibstar-Anthologien und im Landverlag Langnau. 2010 gewann sie den Literaturwettbewerb des Kulturvereins Schloss Werdenberg.Von der Mystik des Alpenrheintals und seinen Burgen gefangen, lässt sie das Mittelalter nicht mehr los.