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Der Tod in den Gassen von Konstanz

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
320 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.02.2023
Eine junge Hebamme ermittelt vor mittelalterlicher Kulisse. Konstanz, 1327: Während zwei Morde die Stadt in Atem halten, wird die junge Hebamme Hanna ins Haus des Tuchhändlers Eberlin gerufen. Dessen hochschwangere Frau Martha berichtet von einer seltsamen Veränderung ihres Gatten, der in mysteriöse Machenschaften verstrickt zu sein scheint. Hanna versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, und muss schon bald erkennen, dass sie es mit gefährlichen Männern zu tun hat, die bereit sind, bis zum Äußersten zu gehen.

Doris Röckle, geboren 1963, lebt mit ihrer Familie in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Neben ihrer Tätigkeit im medizinischen Sektor gehört ihre Leidenschaft dem Schreiben historischer Romane. Von der Mystik des Alpenrheintals und seinen Burgen gefangen, lässt sie das Mittelalter nicht mehr los.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextEine junge Hebamme ermittelt vor mittelalterlicher Kulisse. Konstanz, 1327: Während zwei Morde die Stadt in Atem halten, wird die junge Hebamme Hanna ins Haus des Tuchhändlers Eberlin gerufen. Dessen hochschwangere Frau Martha berichtet von einer seltsamen Veränderung ihres Gatten, der in mysteriöse Machenschaften verstrickt zu sein scheint. Hanna versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, und muss schon bald erkennen, dass sie es mit gefährlichen Männern zu tun hat, die bereit sind, bis zum Äußersten zu gehen.

Doris Röckle, geboren 1963, lebt mit ihrer Familie in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Neben ihrer Tätigkeit im medizinischen Sektor gehört ihre Leidenschaft dem Schreiben historischer Romane. Von der Mystik des Alpenrheintals und seinen Burgen gefangen, lässt sie das Mittelalter nicht mehr los.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783987070082
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum23.02.2023
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3566 Kbytes
Artikel-Nr.11109540
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Prolog

In der Nacht rüttelte der Wind so heftig an den Fensterverschlägen, dass an Schlaf nicht zu denken war. Sturmwinde zu Beginn des Winters waren ein schlechtes Omen. Warum nur standen die Ratsherren ständig im Streit mit dem Bischof? Bestimmt war der Wettersturz die Strafe für diese Versündigung, dachte so mancher brave Konstanzer Bürger.

Die junge Magd versuchte, das Schreien ihres Kindes zu bändigen. In ihrer Verzweiflung drückte sie dem Jungen ein Stück Leinentuch auf den Mund, doch das kleine Würmchen schrie dadurch nur noch lauter. Schon regten sich die beiden anderen Frauen, mit denen sie die Kammer teilte. Nicht mehr lange und sie würden ihrem Unmut mit Schimpftiraden Luft machen.

Seit der Geburt des Kindes war ihr Leben in diesem Haus zur Qual verkommen. Schnupfend rieb sich die junge Frau eine Träne aus den Augenwinkeln, dann rappelte sie sich langsam auf. Sie drückte das Kind fest gegen ihre Brust, in der Hoffnung, dass ihr Herzschlag es beruhigte.

»Sieh zu, dass der Balg endlich Ruhe gibt«, zischte es in diesem Augenblick von der gegenüberliegenden Bettstatt.

Trotz des dämmrigen Lichtes glaubte sie, das wütende Blitzen in den Augen der Obermagd zu sehen. Hastig stand sie auf und tippelte mit bloßen Füßen auf die Tür zu, das Kind noch eine Spur fester gegen die Brust drückend. Zum Glück war die andere Magd durch den Lärm nicht aufgewacht. Das Weibsbild hielt sich mit Schlägen nur selten zurück. Das kleine Würmchen hatte dies schon mehrmals zu spüren bekommen.

Erleichtert schlüpfte die Magd hinaus in die Diele. Der Sturm brachte das Haus zum Knarren, irgendwo schlug ein Holzladen auf und zu. Mittlerweile fror sie so entsetzlich, dass sie am ganzen Leib zitterte.

Die Geburt des Kindes lag gute fünf Wochen zurück, und doch schmerzte ihr Unterleib oftmals so heftig, dass sie die ihr aufgetragenen Arbeiten kaum erledigen konnte. Doch weder die Obermagd noch die Köchin nahm darauf Rücksicht. Für sie war sie ohnehin eine Hure, die den Herrn verführt hatte. Verführt - dass sie nicht lachte. Der Mann hatte ihr bei jeder sich bietenden Gelegenheit nachgestellt. Sie hasste ihn dafür, und doch konnte sie nicht weg von hier. Sie brauchte diese Stellung, ansonsten würde ihr Kind verhungern.

Hastig schlug sie mit der freien Hand das Kreuzzeichen, ehe sie leise nach unten in die Küche schlich.

Durch den Bretterverschlag drang ein wenig Mondlicht, sodass sie den Honigtopf auf der Anrichte schnell fand. Mit zittrigen Fingern tauchte sie das Leinenstück in die köstliche Süße und drückte den Stoffzipfel sanft zwischen die Lippen ihres Kindes. Das Schreien verstummte augenblicklich, und ein wohliges Schmatzen verriet, welche Wonne der kleine Junge in diesem Augenblick durchlebte. Sie beneidete ihn um diese Sorglosigkeit. Wie gern würde auch sie die Augen schließen und alles vergessen. Doch so einfach war das Leben nicht, nicht in diesem Haus. Jedermann wusste von den grapschenden Händen des Herrn, seiner Triebhaftigkeit und seiner Verschlagenheit, und doch stellte sich niemand auf ihre Seite.

Die junge Frau schniefte. Zärtlich strich sie ihrem Würmchen über die Stirn. Sie liebte das Kind, auch wenn es unter Gewalt gezeugt worden war. Noch nie hatte sie etwas Eigenes besessen, etwas, das nur ihr allein gehörte. Sie würde dieses Kind niemals hergeben, auch wenn der Herr es verlangte.

Ein Rascheln ließ sie herumfahren. Als von der hinteren Ecke ein Miauen zu hören war, entspannte sich ihr Körper. Der fette Hauskater nutzte die Sturmnacht für eine Jagd.

Hinauf in die Kammer wollte sie nicht mehr, auch wenn das Kind in ihren Armen längst zur Ruhe gekommen war. Also zog die Magd einen Hocker an den Herd und setzte sich darauf. Die nächtliche Kälte kroch ihre nackten Beine hoch. Sie seufzte. Bis zum Morgengrauen würden noch etliche Stunden vergehen.

Gähnend beobachtete sie das schemenhaft zu erkennende Gesichtchen ihres Kindes. Er war hübsch, ihr Sohn, trotz der Pein, die ihr der Herr zugefügt hatte. Die Erinnerung an seine Grobheit, wenn er sie wieder einmal hart im Keller hinter ein Weinfass gedrängt hatte, um ihr den Rock über die Hüften zu ziehen, schmerzte. Sie schloss die Augen und schluckte den Kloß in ihrer Kehle hinunter.

Irgendwann musste sie wohl doch eingeschlafen sein, denn als die Köchin die Tür mit Schwung aufstieß, fuhr sie erschrocken von ihrem Hocker hoch.

»Hast du etwa hier geschlafen?«, rümpfte die dicke Frau mürrisch die Nase, wobei sie auf das Fenster zuschlurfte, um den Bretterverschlag zu öffnen.

»Der Sturm hat den Jungen unruhig gemacht â¦ Und ich wollte â¦«, stammelte die Magd verlegen.

»Leg ihn in die Kiste und dann zieh dich ordentlich an. Halb nackt hier herumzulungern, da muss man sich nicht wundern, wenn Kerle die Gelegenheit ergreifen.« Die Köchin schüttelte missbilligend den Kopf. »Mach vorwärts, oder willst du, dass die Herrschaft dich in deinem Nachthemd sieht?«

Der Herr hatte sie schon ganz anders gesehen, durchfuhr es die junge Frau, doch sagte sie dies natürlich nicht laut. Stattdessen nickte sie nur hastig und legte das schlafende Kind in die grob gezimmerte Kiste hinter dem Tisch. Sie drückte ihm einen liebevollen Kuss auf die Stirn, dann rannte sie nach oben in die Kammer.

»Das Kind muss weg!«, zischte die Obermagd, als sie gleich darauf die Küche betrat. »Der Balg schreit die ganze Nacht. Wie sollen die Mägde so ihr Tagwerk erledigen, wenn ihnen vor Müdigkeit die Augen zufallen?«

»Ich werde sehen, was zu machen ist.« Die Köchin blickte missmutig auf die Gasse. Der Sturmwind zischte noch immer mit ungehinderter Wucht um die Ecken und wirbelte Unmengen von Unrat vor sich her. »Weit mehr zu schaffen macht mir im Augenblick das Wetter. Der Herd wird für Tage kalt bleiben. Nicht auszudenken, wenn das Kind der Herrin krank wird.«

Beinahe gleichzeitig schauten die beiden Frauen zur Decke. Über ihnen lag die Kinderstube. Das Kind der Herrin schrie viel, fast noch mehr als der kleine Wurm drüben in der Holzkiste. Die Herrin hatte das Kind eine Woche vor der Magd zur Welt gebracht.

»Die Amme wird schon gut für ihn sorgen«, entgegnete die Obermagd. »Und dass das Unwetter ausgerechnet jetzt über Konstanz hereinbricht, dafür kannst du ja schlecht etwas. Die Herrschaft wird das verstehen.«

»Dein Wort in Gottes Ohr.« Die Köchin schnaubte. »Sieh du zu, dass die Mägde ihre Arbeit heute ordentlich verrichten. Ich will keine Klagen vom Herrn hören über dreckige Böden oder Fettflecken an den Tischtüchern. Zudem mach ihnen ein für alle Mal klar, dass sie keine Lügen verbreiten sollen. Mir kam nämlich gestern auf dem Markt zu Ohren, dass bereits in der Stadt getratscht wird über den Balg dort.« Die Köchin wies mit dem Kinn in Richtung der Holzkiste. »Schnattergänse braucht die Herrschaft keine«, fügte sie brummig hinzu.

»Ich werde das Schandmaul zur Rede stellen, sei unbesorgt. Sollte wirklich eines der Weiber geschwatzt haben, wird es dies bitter bereuen. Meine Gertenhiebe haben schon so manches Maul gestopft.«

Die beiden Frauen waren sich einig. Sie dienten dem Herrn schon viele Jahre und wollten es auch weiterhin tun.

»Die Herrin hat auch so schon genug zu leiden«, fuhr die Köchin eine Spur versöhnlicher fort. »Die Geburt war hart. Ich habe gesehen, wie der Herr der Wehmutter den doppelten Lohn bezahlt hat.«

»Warum hat er denn ausgerechnet diese alte Vettel geholt?« Die Magd trat einen Schritt auf die Köchin zu und senkte ihre Stimme. »Bestimmt hätte eine der anderen Wehmütter unserer Herrin besser helfen können.«

Auf diese Frage wusste auch die Köchin keine richtige Antwort. Sie hatte sich über die Wahl des Herrn ebenfalls gewundert. Und sie wunderte sich zudem, warum niemand die Kinderstube betreten durfte. Außer der alten Wehmutter und der Amme hatte bislang keiner das Kind zu Gesicht bekommen. Die Tür zur Kinderstube blieb stets verschlossen.

»Womöglich wird der Sturm die Gerüchte noch anfeuern«, seufzte sie. »Das Beste wäre, der Balg hier würde sterben, dann wäre das Problem aus der Welt.« Sie goss etwas Milch in einen Becher und angelte sich anschließend einen Kanten Brot.

»Du meinst doch nicht etwa, dass wir es â¦« Die Obermagd drückte sich erschrocken eine Hand auf den Mund.

»Du blöde Kuh!«, schimpfte die Köchin. »Wehe, du setzt dieses Gerücht in die Welt!«

Die Obermagd warf den Kopf in den Nacken und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Ton der Köchin missfiel ihr. Sie wollte ihrem Ärger eben Luft machen, als auf der Diele Schritte zu hören waren. Hastig stoben sie auseinander.

»Hol dort drüben den Schmalztopf.« Die Köchin wies mit dem Kinn auf ein kleines Wandregal. »Sieh zu, dass die Herrin keinen Krümel des Morgenmahls übrig lässt, ansonsten wird sie die Messe morgen nicht durchstehen.«

Anderntags war Sonntag, und der übliche Kirchgang stand an. In der Küche wurden die letzten Handgriffe in aller Eile erledigt. Die unreine Zeit der Herrin war vorbei, sodass auch sie wieder an der Messe teilnehmen durfte. Der Sturm tobte nach wie vor mit aller Heftigkeit, und die Aufregung im Haus wuchs stetig.

Oben in der Kammer der Herrin machte sich eine besonders missliche Stimmung breit. Die Frau hatte sich in den Kopf gesetzt, den mit feinen Borten verzierten Samtrock anzuziehen. Die Nähte spannten so sehr, dass zu befürchten war, der Rock würde den Kirchgang nicht überstehen. Als der Herr mit tiefem Bariton zum Aufbruch drängte, schloss die Obermagd eben den letzten Hornknopf. Mit gesenkten Häuptern reihte sich das Gesinde anschließend im Innenhof hinter der Herrschaft ein. Einzig die junge Magd mit ihrem Balg...
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