Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Kleine Lügen erhalten die Familie

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
250 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am16.06.2017Auflage
Franzi hat drei Kinder und eine Affäre mit ihrem Exmann Michael. Zusammenleben können die beiden nicht mehr, so ganz aufeinander verzichten aber auch nicht. Und das muss ja niemand wissen. Was Franzi hingegen nicht weiß: wer ihr leiblicher Vater ist. Franzis Mutter hat in den siebziger Jahren Villen im Grunewald ausgeraubt. Und bei ihrem letzten Streifzug ein sehr wertvolles Gemälde mitgehen lassen - das jedoch bei ihrem Geliebten blieb. Zufällig findet sie heraus, dass Franzis Vater nun offenbar ganz in der Nähe lebt. Schlimmer noch: Franzi arbeitet für ihn. Und hat keine Ahnung, wer ihr Chef wirklich ist.

Katia Weber, 1978 in Bonn geboren, lebt nach Auslandsaufenthalten in Australien, Venezuela und Frankreich wieder in ihrer Heimatstadt. Sie ist freie Übersetzerin und Lektorin. Ihr erster Roman Kleine Lügen erhalten die Familie ist ebenfalls im Ullstein Taschenbuch erschienen.
mehr

Produkt

KlappentextFranzi hat drei Kinder und eine Affäre mit ihrem Exmann Michael. Zusammenleben können die beiden nicht mehr, so ganz aufeinander verzichten aber auch nicht. Und das muss ja niemand wissen. Was Franzi hingegen nicht weiß: wer ihr leiblicher Vater ist. Franzis Mutter hat in den siebziger Jahren Villen im Grunewald ausgeraubt. Und bei ihrem letzten Streifzug ein sehr wertvolles Gemälde mitgehen lassen - das jedoch bei ihrem Geliebten blieb. Zufällig findet sie heraus, dass Franzis Vater nun offenbar ganz in der Nähe lebt. Schlimmer noch: Franzi arbeitet für ihn. Und hat keine Ahnung, wer ihr Chef wirklich ist.

Katia Weber, 1978 in Bonn geboren, lebt nach Auslandsaufenthalten in Australien, Venezuela und Frankreich wieder in ihrer Heimatstadt. Sie ist freie Übersetzerin und Lektorin. Ihr erster Roman Kleine Lügen erhalten die Familie ist ebenfalls im Ullstein Taschenbuch erschienen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843714754
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum16.06.2017
AuflageAuflage
Seiten250 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1675 Kbytes
Artikel-Nr.2144252
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erstes Kapitel

»Riecht wie Frühling hier.«

Das hatte Oma Brunhilde gesagt, als sie Toni und seinen besten Freund Eli fast dabei ertappt hatte, wie sie einen Joint in Tonis Zimmer rauchten. Es war ihnen gerade noch gelungen, den Joint auszumachen, die Terrassentür aufzureißen und die Luft mit den Armen und einer Computerzeitschrift wegzufächern.

Zumindest teilweise.

»Warum habt ihr die Tür abgeschlossen?«, fragte Oma misstrauisch.

»Weil ich Wert auf Privatsphäre lege«, antwortete Toni wütend.

Die Worte trafen sie. Sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, doch ihre Mimik verriet sie. Toni fühlte sich sofort schlecht, aber er war zu stolz, um sich bei ihr zu entschuldigen. Noch drei Jahre, dachte er, dann bin ich nicht mehr in der Pubertät, und es ist wieder okay, vor meinen Freunden zivilisiert mit Familienmitgliedern umzugehen.

So lange musste sich Oma allerdings noch gedulden.

»Es gibt gleich Abendbrot. Möchtest du mitessen, Eli?«, fragte Oma, um das Thema zu wechseln.

Eli nickte und strahlte sie an.

»Gern! Ich habe tierischen Hunger.«

Toni beneidete ihn um seinen entspannten, freundlichen Tonfall und sein offenes Grinsen. Andersherum war es natürlich genauso für Toni, wenn er bei Eli zu Hause war. Dann verhielt sich Eli unmöglich, antwortete einsilbig oder grunzte, statt zu reden, und Toni genoss es, den wohlerzogenen, liebenswerten Jungen von nebenan zu mimen. Wäre auch noch schöner, wenn irgendjemand behauptete, seine Eltern hätten ihn schlecht erzogen.

Es kam allerdings immer seltener vor, dass er zu Eli ging. Eli war meistens bei Toni, denn dort hatten sie ihre Ruhe, insbesondere, seit Papa weg war und Mama wieder richtig arbeiten ging. Und Ruhe war verdammt wichtig (Essentiell, hätte Eli gesagt), vor allem, seitdem Werner angefangen hatte, sie mit Stoff zu versorgen.

Als Werner die erste Tüte Gras anschleppte, saß Toni gerade am Computer und chattete mit Alexa, 22 Jahre alt, Medizinstudentin aus Heidelberg und dem Foto nach zu urteilen total scharf. Alexa hatte lange hellblonde Haare und blaue Augen, denn genauso stellte sich Toni seine Traumfrau vor. Ungläubig starrte er auf den Bildschirm, weil Alexa gerade beschrieb, wie sie es am liebsten mochte. Das blieb nicht ohne Folgen.

Da kratzte es plötzlich an der Zimmertür.

Zwischen einem Klopfen und einem Kratzen bestand ein himmelweiter Unterschied, aber Toni erschrak so heftig, dass er das Geräusch nicht sofort einordnen konnte. Mama, Maria und Jana klopften. Der Einzige in der Familie, der kratzte, war Werner. In diesem Augenblick konnte Toni jedoch nur den einen Gedanken fassen: Jemand war im Begriff, die Zimmertür zu öffnen. Und das passte ihm aufgrund der Situation in seinem Schritt gar nicht in den Kram. Er starrte in Richtung Tür, hielt die Luft an und wartete.

Alexa wartete ebenfalls auf eine Reaktion. Ihre Chat-Nachricht blinkte beinahe vorwurfsvoll auf dem Bildschirm, und die drei Pünktchen hinter dem letzten anzüglichen Wort, das einem rote Hitzeflecken ins Gesicht jagte, ließen keinerlei Zweifel daran zu, dass Alexa »es« auch wollte, und zwar sofort.

Es kratzte erneut.

Toni stand auf. Als er die Tür öffnete und den wedelnden Hund zu seinen Füßen sah, hatte er immer noch diesen gewissen Gesichtsausdruck: schuldbewusst und wachsam. Dass er etwas Verbotenes getan hatte, war ganz offensichtlich.

Für jeden außer Werner.

Der stand vor Toni, die Hinterläufe leicht x-beinig eingeknickt, wie es nun mal so seine Art war, und himmelte Toni mit leuchtenden Augen an. Es war kein Geheimnis, dass Toni Werners favorisiertes Herrchen war. Er liebte auch Tonis kleine Schwester Jana, aber wenn ein Gewitter aufzog, verkrümelte sich Werner nicht unter ihrem Bett, sondern unter Tonis. Vielleicht lag es daran, dass unter Janas Bett zu viel Spielzeug herumlag.

Auch unter Tonis Bett lag immer viel Zeug. Sportschuhe, alte Schulhefte, Socken voller Staubflocken, Federbälle. Und manchmal eben der Hund.

Tonis körperliche Erregung war beinahe so schnell verflogen, wie sie gekommen war. Schade eigentlich.

Er bückte sich und streichelte den Hund zwischen den spitzen Ohren. Werner hatte kluge Augen. Das bedeutete nicht, dass er besonders klug war, aber er erweckte zumindest den Eindruck. Und wenn ihm danach war, hörte er aufs Wort.

»Na?«, meinte Toni und kraulte Werner noch ein bisschen mehr.

Werner schien nicht so recht bei der Sache zu sein. Er gab ein eigenartig ersticktes Winseln von sich und sah Toni erwartungsvoll an. Er machte ein paar Schritte, blieb in der Mitte des Zimmers stehen und drehte sich zu Toni um. Er winselte noch einmal.

»Was hast du denn?«

Werner tappte mehrmals auf der Stelle. Genau genommen sah er auch so aus, als hätte er etwas ausgefressen. Toni schloss vorsorglich die Tür.

Das war Werners Zeichen gewesen. Er ließ das durchsichtige Plastiktütchen aus dem Maul auf den Teppichboden fallen. Anschließend legte er sich daneben, ohne das kleine Paket aus den Augen zu lassen, und hechelte. Toni trat näher heran.

Er musste das Päckchen nicht hochheben und genauer betrachten, er wusste sofort, dass es Gras war. Es roch auch danach, denn Werner hatte mit seinen spitzen Eckzähnen mehrere Löcher in die handtellergroße Tüte gestanzt.

Toni betrachtete das kleine Wunder auf seinem Teppich und überlegte, wie viel Gramm das wohl waren. Das war sicher teuer gewesen.

»Wo hast du das denn her?«, fragte Toni.

Werner wedelte stolz mit dem Schwanz, verhielt sich sonst aber ruhig. Keine Frage, er würde seine Quelle nicht preisgeben. Das hatte er sicher bei der Polizei gelernt.

Werner war ein Schäferhund und in seinem früheren Leben mal Beamter gewesen, das wusste Toni von Tante Judith. Sie hatte Werner mitgebracht - und anschließend vergessen, wieder mitzunehmen. So formulierte Mama es immer.

Judith war Journalistin, die fleischgewordene Karla Kolumna mitsamt vergessenen Kugelschreibern irgendwo in der Frisur, zerstreut, fahrig, scharfzüngig und auch ein bisschen irre. Mamas jüngere Schwester war in jeder Hinsicht anders. Nicht nur anders als Mama.

Anders als Menschen.

Sie kannte eine ganze Menge Leute, aber wie der Kontakt zur Hundestaffel wieder zustande gekommen war ... Wahrscheinlich über den Nachbarn, Herrn Mauritz. Der war Kriminaloberkommissar oder so ähnlich.

Toni hob die Tüte auf und wog sie in der Hand. Aufmerksam verfolgten Werners schwarze Augen jede seiner Bewegungen. Er hatte Toni schon eine ganze Menge Geschenke von seinen Ausflügen durch die Nachbarschaft mitgebracht, vom abgetrennten Puppenarm bis zum mumifizierten Mäusekadaver. Es gab da nämlich ein kleines Problem mit Werner: Er büxte gern aus. Er hatte sich schon zahlreicher Halsbänder entledigt, Houdini-Style, konnte das Törchen im Gartenzaun öffnen und kam überhaupt durch so ziemlich jede Tür, die nicht abgeschlossen war, indem er die Klinken mit den Pfoten herunterzog. Toni nahm an, dass er diese Fertigkeiten während seiner Ausbildung zum Polizeihund erworben hatte.

Zum Glück blieb Werner nie lange fort. Gewöhnlich drehte er nur eine Runde um den Block, ein Hund auf Streife, der in seinem Quadranten Patrouille lief. Einige Nachbarn sahen es gelassen, weil sie wussten, dass Werner eher trantütig und gutmütig war. Andere wiederum regten sich jedes Mal fürchterlich auf und hatten auch schon damit gedroht, Anzeige zu erstatten, aber Mama schaffte es irgendwie immer, sie zu besänftigen. Und während sich Mama also mit den spießigen Fischers und Sieberts aus der Reihenhaussiedlung eine Straße weiter auseinandersetzte, sicherte Toni weiterhin Vogelreste und versteinerte Hundehaufen aus Werners Maul.

Dieses Mal war es anders. Werner schien klar zu sein, dass das hier etwas ganz Besonderes war.

»Das hast du fein gemacht«, sagte Toni und zauberte ein weiches, zerdrücktes Leckerli aus seiner Hosentasche.

Während Werner kaute und sich von Toni mit einer Hand kraulen ließ, betrachtete dieser die Plastiktüte eingehender, drehte sie, legte sie auf seinen Schreibtisch und grübelte weiter. Jemand musste die Tüte verloren haben und ärgerte sich wahrscheinlich gerade schwarz. Plötzlich schoss Toni ein anderer Gedanke durch den Kopf.

Diese Menge Gras war illegal.

Und darauf reimte sich: Mirdochegal.

Er hatte sogar irgendwo Blättchen und Filter. Bevor er sich daranmachte, einen Joint zu bauen, drehte er noch schnell den Schlüssel an seiner Zimmertür um. Werner leckte sich derweil die Pfoten. Ihn störte es offenbar nicht weiter, dass Mama das Leckerli aus der Hosentasche schon mal auf 30 Grad gewaschen hatte.

Toni ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen, schloss das Fenster auf dem Bildschirm, aus dem ihm der nächste nicht jugendfreie Kommentar von Alexa entgegenblinkte, und schickte Eli eine Nachricht, er solle schnell vorbeikommen. Aber nicht klingeln, durch den Garten.

Eli war schon seit dem Kindergarten Tonis bester Freund. Er wohnte nur zwei Straßen weiter und hatte eine superhübsche ältere Schwester, Elena. Eli und Ela. Nicht besonders einfallsreich, aber gut. Auf einer Party im letzten Sommer hatte Toni Ela beim Flaschendrehen küssen dürfen. Seitdem träumte er nachts manchmal von ihr. Der Kuss und die Träume waren schuld daran, dass Toni jetzt zuverlässig rot anlief, wenn er Ela sah.

Eli musste schon auf dem Weg zu Toni gewesen sein, denn keine zwei Minuten später klopfte es an die Terrassentür. Werners Kopf...


mehr