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Neuigkeiten aus dem Paradies

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
222 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am20.05.20111. Aufl. 2011
Wer sagt, dass jedes Federvieh zwei Beine hat? Worin besteht der tiefere Sinn des Schlangestehens? Welche Bedeutung haben Mimosen am Weltfrauentag? Und wozu sind eigentlich Fotohandys gut?



Fragen über Fragen, auf die Andrea Camilleri überraschende Antworten bereithält. So entsteht ein Kaleidoskop an geistreichen Miniaturen zu ganz unterschiedlichen Aspekten des Lebens, die dem Leser einmal mehr mediterranes Flair nahe bringen, ihn teils zum Schmunzeln, teils zum Nachdenken anregen. Darüber hinaus sorgt Camilleris großes Talent im raffinierten Spiel mit unerwarteten Pointen für allerbeste Unterhaltung.
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Produkt

KlappentextWer sagt, dass jedes Federvieh zwei Beine hat? Worin besteht der tiefere Sinn des Schlangestehens? Welche Bedeutung haben Mimosen am Weltfrauentag? Und wozu sind eigentlich Fotohandys gut?



Fragen über Fragen, auf die Andrea Camilleri überraschende Antworten bereithält. So entsteht ein Kaleidoskop an geistreichen Miniaturen zu ganz unterschiedlichen Aspekten des Lebens, die dem Leser einmal mehr mediterranes Flair nahe bringen, ihn teils zum Schmunzeln, teils zum Nachdenken anregen. Darüber hinaus sorgt Camilleris großes Talent im raffinierten Spiel mit unerwarteten Pointen für allerbeste Unterhaltung.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838708812
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum20.05.2011
Auflage1. Aufl. 2011
Seiten222 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2186856
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
"ALS DIE TOTEN NICHT MEHR NACH HAUSE FANDEN (S. 79-80)

Bis 1943 wurde in der Nacht vom 1. auf den 2. November jedem sizilianischen Haus, in dem ein Kind lebte, von vertrauten Toten ein Besuch abgestattet. Das waren wohlgemerkt keine Gespenster in weißen Leintüchern und mit klirrenden Ketten, also nicht die, vor denen man sich fürchten musste, sondern die bekannten Menschen von den Fotos im Wohnzimmer, die sich mit ihrem lächelnden Fotografiergesicht und dem kunstvoll gebügelten Sonntagsstaat in nichts von den Lebenden unterschieden.

Bevor wir Kinder schlafen gingen, stellten wir einen Weidenkorb unters Bett (die Größe variierte je nach den finanziellen Möglichkeiten einer Familie); den füllten die lieben Verstorbenen nachts mit Süßigkeiten und Geschenken, die wir dann am 2. November beim Aufstehen fanden. Vor lauter Aufregung lagen wir schwitzend im Bett und konnten kaum einschlafen: Wir wollten sie sehen, unsere Toten, wenn sie auf Zehenspitzen ans Bett traten, uns streichelten, sich bückten und den Korb hervorholten. Nach einer unruhigen Nacht wachten wir im Morgengrauen auf und machten uns auf die Suche.

Denn die Toten spielten gern mit uns, sie wollten, dass wir Spaß haben, und stellten deshalb den Korb nicht an seinen Platz zurück, sondern versteckten ihn sorgfältig, und wir mussten überall im Haus suchen. Nie wieder werde ich solches Herzklopfen haben wie damals, wenn ich bei der Schatzsuche den übervollen Korb auf einem Schrank oder hinter einer Tür entdeckte. Die Spielsachen waren kleine Züge aus Blech, kleine Holzautos, Stoffpuppen, hölzerne Würfel, die sich zu Landschaften zusammensetzen ließen. Ich war acht Jahre alt, als Großvater Giuseppe, den ich in meinen Gebeten lange angefleht hatte, mir den legendären Meccano-Baukasten aus dem Jenseits brachte und ich vor Glück leichtes Fieber bekam.

Dazu gab es ganz bestimmte Süßigkeiten, die so genannten »Totensüßigkeiten«: Marzipan, das so modelliert und bemalt war, dass es wie Obst aussah, rami di meli, Plätzchen aus Mehl und Honig, und mustazzola, die mit gekochtem Most gebacken werden, und weitere Köstlichkeiten wie viscotti regina, tetù und carcagnette fehlte das »Zuckerpüppchen«, meist ein Trompete blasender Bersagliere oder eine knallbunte Ballerina im Tanzschritt. Vormittags gingen wir, frisch gekämmt und ordentlich gekleidet, mit der Familie auf den Friedhof, um die Verstorbenen zu besuchen und ihnen zu danken. Für uns Kinder war das ein Fest, wir liefen die Wege entlang, um unsere Freunde und Schulkameraden zu treffen: »Was hast du von den Toten gekriegt?«

Nur den Tatuzzo Prestìa, der genauso alt war wie wir, fragten wir an jenem 2. November nicht, als wir ihn gefasst vor dem Grab seines im Jahr zuvor verstorbenen Vaters stehen sahen, die Hand am Lenker eines glänzenden Dreirads. So erwiderten wir am 2. November den Besuch, den uns die Verstorbenen in der Nacht zuvor abgestattet hatten: Das war kein Ritual, sondern eine liebe Gewohnheit. Dann kam 1943 mit den amerikanischen Soldaten auch der Christbaum, und die Toten fanden im Lauf der Jahre immer seltener den Weg in die Häuser, in denen glückliche Kinder oder Enkel krampfhaft versuchten wach zu bleiben und auf sie warteten."
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