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Die Seidendiebe

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
430 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am14.07.20161. Aufl. 2016
Sie rauben den wertvollsten Schatz Chinas. Um zu entkommen, bleibt ihnen nur eins: die Flucht über die Seidenstraße ...

Byzanz, A.D. 552: Im Auftrag des Kaisers reisen die Spione Taurus und Olympiodorus ins ferne Asien, um das Geheimnis der Seidenproduktion zu lüften. Tatsächlich gelingt es ihnen, Seidenraupen zu stehlen und in hohlen Wanderstäben zu verstecken. Als buddhistische Mönche verkleidet, versuchen sie, die Beute unbeschadet nach Byzanz zu bringen - achttausend Meilen die Seidenstraße entlang. Doch das Wissen um den kostbaren Stoff hält ganze Völker am Leben, deren Herrscher in Windeseile die Verfolgung aufnehmen. Bald hängt das Leben der beiden Byzantiner und ihrer geheimnisvollen Begleiterin Helian Cui am seidenen Faden ...



Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, das wahre Alter der Neandertaler oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Seidendiebe ist sein zweiter Roman.
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Produkt

KlappentextSie rauben den wertvollsten Schatz Chinas. Um zu entkommen, bleibt ihnen nur eins: die Flucht über die Seidenstraße ...

Byzanz, A.D. 552: Im Auftrag des Kaisers reisen die Spione Taurus und Olympiodorus ins ferne Asien, um das Geheimnis der Seidenproduktion zu lüften. Tatsächlich gelingt es ihnen, Seidenraupen zu stehlen und in hohlen Wanderstäben zu verstecken. Als buddhistische Mönche verkleidet, versuchen sie, die Beute unbeschadet nach Byzanz zu bringen - achttausend Meilen die Seidenstraße entlang. Doch das Wissen um den kostbaren Stoff hält ganze Völker am Leben, deren Herrscher in Windeseile die Verfolgung aufnehmen. Bald hängt das Leben der beiden Byzantiner und ihrer geheimnisvollen Begleiterin Helian Cui am seidenen Faden ...



Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, das wahre Alter der Neandertaler oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Seidendiebe ist sein zweiter Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732523443
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum14.07.2016
Auflage1. Aufl. 2016
Seiten430 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2193012
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Das Hühnerorakel verkündete Unheil. Umringt von einer Horde halbnackter Seefahrer scharrten zwölf schwarze Hennen über die Planken der Poseidonia. Die Köpfe der Vögel ruckten aufmerksam in alle Richtungen. Nur die Brotkrumen, die man ihnen hingeworfen hatte, ignorierten sie mit der Verachtung ptolemäischer Prinzessinnen.

Die Mannschaft sonderte ein Schweigen ab, das jedem Totenschiff zur Ehre gereicht hätte. Nicht einer der Seefahrer scheuerte sich die ledrige Haut, knackte mit den Fingerknöcheln oder knirschte mit den Zähnen. Alle Blicke waren auf die Glucken gerichtet, die sich jedoch nicht beeindrucken ließen. Gemächlich stolzierten sie an dem üppig ausgelegten Futter vorüber, ohne einen einzigen Brocken aufzupicken.

Ein dürrer Mann mit Stoppelhaar stieß sich vom Dollbord ab, zerbrach den Kreis des Orakels und den des Schweigens. Sein Gesicht war bleich wie Gischt, als er der Mannschaft zurief, sie solle die verfluchten Hühner endlich wieder in die Käfige sperren. Doch niemand rührte sich, um dem Befehl nachzukommen.

Stattdessen trat ein stämmiger Kerl mit stechendem Blick nach vorn und fasste den Dürren am Arm. »Kapitän, das Unglück hat sich an unseren Kiel geheftet. Wir dürfen nicht auslaufen.« Er deutete auf die Vögel. »Die Hühner sprechen die Sprache der Götter. Lässt du den Anker lichten, wird sich das Meer gegen uns erheben. Schwarze Wogen werden uns verschlingen und unsere entseelten Körper an die Strände speien.«

Der Kapitän wischte die Hand des Seemanns beiseite. »Still, Ruderknecht! Denkst du, ich weiß nicht, was es bedeutet, wenn die Hennen das Futter verschmähen? Hätte ich das Kommando, ich würde das Schiff bis zum Isisfest vor Anker liegen lassen, und wenn es mich einen Arm kosten würde.«

»So lass uns verschwinden! Dieser Taurus wird ein anderes Schiff auftreiben für seine unglückselige Fahrt in den Osten. Schau dich um! Der Hafen ist voller Seeleute, die Kuriere aus Byzanz für einen halben Solidus bis ans Ende der Welt fahren würden.«

»Aber nicht bis in den Hades.« Eine tiefe Stimme donnerte vom Anleger her über die Köpfe der Mannschaft hinweg, als käme sie geradewegs vom Olymp herab.

Ein Mann war dort aufgetaucht, gekleidet in das tiefe Blau und Rot der byzantinischen Emissäre, der Gesandten des Kaisers. Zwar wiesen ihn auch die Streifen auf seiner bis zu den Waden fallenden Tunika als Kaiserlichen aus, doch war seine Weste persischer Herkunft. Er mochte an die vierzig Jahre zählen. Sein langer schwarzer Bart war mit Ringen behangen und ebenso mit Olivenöl zum Glänzen gebracht worden wie das lange Haar, das den Kopf des Hochgewachsenen schmückte. Was ihn jedoch am stärksten von den Menschen im Hafen abhob, war ein schwarzes Stirnband, von dem Fransen herabhingen - ein Mandili, wie die Kreter es trugen.

»Taurus!« Der Kapitän beugte das Haupt. »Kommt an Bord. Die Poseidonia steht Euch zur Verfügung.«

»Was nutzt mir ein Schiff ohne Mannschaft, Triarch? So wenig wie ein Haus ohne Sklaven, nicht wahr?«

Die Seeleute, die endlich wieder zum Leben erwachten, durchbohrten Taurus mit Blicken. Fingerknöchel knackten, und von Salzluft zerfressene Zähne knirschten wie Wracks auf einer Sandbank.

Der Kapitän strich sich über den Bürstenschnitt und schielte zu seinen Männern hinüber. »Kein Haus, ein Palast soll die Poseidonia für Euch sein. Wer braucht schon Sklaven, wenn Fürsten ihm zu Diensten sind? Bitte, kommt an Bord, Taurus!«

Dieser deutete mit einem beringten Finger auf die Hühner. »Euer sogenannter Palast ist ein Hühnerstall. Soll ich unterwegs Eier ausbrüten?«

»Das ist das Hühnerorakel unseres Schiffes. Die Tiere wollen nicht fressen. Das bedeutet Unheil. Deshalb sind die Männer so nervös.«

»Das Hühnerorakel? Nun, wenn die Tiere nicht fressen wollen und das ein Problem ist, so kann ich Euch weiterhelfen.« Mit einem Satz sprang Taurus an Bord und packte mit flinken Fingern eine träge Henne. Der Vogel protestierte gackernd. »Habt Ihr schon daran gedacht, dass Eure Hühner nicht fressen, weil sie durstig sind?« Ohne eine Antwort abzuwarten, warf Taurus die Henne in hohem Bogen ins Hafenbecken.

Die Mannschaft stürzte nach Steuerbord, einige brüllten vor Wut, andere riefen dem rasch versinkenden Huhn Kommandos zu, die das verzweifelte Tier jedoch weder verstand noch befolgte. Wild schlug es mit den Flügeln und erreichte damit, dass das Hafenwasser umso schneller in sein Gefieder eindrang.

Als einer der Ruderknechte über Bord sprang, um die Henne zu retten, war es bereits zu spät. Der Vogel war ertrunken. Wie schwarzer Tang hing er in der Hand des Mannes.

»Und jetzt an die Ruder, ihr Hühnerhelden!« Taurus´ Stimme übertönte die aufgebrachte Mannschaft. »Sonst lernt das übrige Federvieh auch noch schwimmen. Und ihr dazu! Besser, ihr kocht aus euren Glucken ein Suppenorakel, damit sie den Gesandten des Kaisers nicht noch einmal von wichtigen Geschäften abhalten. Beim feurigen Pfuhl, der mit Schwefel brennt! Wo steckt mein Begleiter?« Mit einer Geste der Verachtung wischte sich Taurus eine Hühnerfeder von der Schulter.

Flüche auf Ägyptisch drangen vom Pier herüber, wo der Ruderknecht gerade aufgetaucht war. Wasser tropfte von seinem Körper herab und vermischte sich mit den Tränen, die ihm über das Gesicht rannen, als er das Schiff wieder betrat. In seinen Händen lag schlapp der Kadaver der ertrunkenen Henne, den er Taurus entgegenstreckte.

»Diese Henne«, hob er an, »habe ich selbst aus Delphi geholt, als sie noch ein Küken war. Sie war, wie ihre Schwestern, ein Liebling der Pythia, des delphischen Orakels höchstselbst. Vor meinen Augen hat die Seherin die Tiere nach dem Willen des Apoll gesegnet, dem Sohn des Osiris. So ein Huhn wirft man nicht einfach über Bord.« Die letzten Worte erinnerten an das Knurren eines Hundes.

Langsam wandte sich der Byzantiner dem Ägypter zu. »Eine Tragödie. Doch deine Kümmernis hat gerade erst begonnen.«

Kleine Wogen schwappten gegen das Schiff und ließen es schaukeln.

Taurus blickte den Ruderknecht finster an. »Das Orakel von Delphi ist vor mehr als hundertfünfzig Jahren von Kaiser Theodosius verboten worden. Ich habe bereits davon gehört, dass die alten Riten dort im Geheimen noch immer abgehalten werden. Solltest du also tatsächlich in Delphi gewesen sein und an einem Götzendienst teilgenommen haben, so hast du damit gegen das Gesetz verstoßen und gehörst bestraft - und zwar härter als deine teuflischen Hühner. Denn die sind immerhin nicht so dumm, dem Bruder des Kaisers ungefragt ein Verbrechen zu gestehen. Und jetzt an die Arbeit, bevor ich die Hafenwache rufen lasse!«

Der Ägypter ließ den Hühnerkadaver sinken. Einen Augenblick lang zögerte er, dann warf er das triefende Bündel zurück ins Hafenbecken.

»Seht!«, rief in diesem Augenblick der Kapitän. »Die Hühner fressen. Die Götter meinen es gut mit uns.«

Tatsächlich pickten die Hennen etwas von den Planken auf. Doch was zwischen den Schnäbeln verschwand, war nicht das Futter der Seeleute. Die Vögel fraßen Würmer und Schnecken, die sich auf den Schiffsplanken wanden. Eine der Glucken hielt triumphierend eine fette Nacktschnecke im Schnabel und machte sich mit ihrer Beute davon, um sie ungestört verschlingen zu können. Berauscht von ihrem Fang wäre sie beinahe gegen die Beine eines Mannes gerannt, der am Achterdeck lehnte. Seine Kleidung war ebenso kostbar und prunkvoll wie die des Taurus. Seinen Kopf zierte dünnes helles Haar, seine jugendliche Gestalt war wohlgenährt und von einem ausschweifenden Leben im Überfluss gezeichnet. Gerade schüttete er das letzte Gewürm aus einem Holzeimer auf das Deck.

Taurus legte dem Kapitän eine mächtige Hand auf die Schulter. »Die Götter, Triarch? Wenn die Götter Euch meinen Neffen Lazarus Iulius Olympiodorus zu Hilfe schicken, so müssen sie Teufel sein.«

Wenig später glitt die Poseidonia durch die Dünung des Kaspischen Meeres. Die Ruderzüge der Besatzung übertrugen sich auf den Rumpf des Schiffes und brachten das Holz zum Vibrieren. Von Osten her wehte den Männern ein heißer Wind entgegen, der sie ebenso zum Schwitzen brachte wie die Tatsache, dass er das Setzen der Segel verhinderte. Nur von der Muskelkraft ihrer fünfzig Ruderer angetrieben, schoss die Dromone in Richtung Asien.

Die beiden Byzantiner standen am Bug, wo der Vordersteven die Wellen teilte. Taurus hatte sich ein Tuch aus Seide um den Kopf geschlungen, um das sorgfältig gepflegte Haar zu schützen. Der Stoff zeigte den byzantinischen Greifen, ein Ornament, das allerorten Schrecken hervorrief und Taurus Respekt einbrachte. Nur hier nicht. Kreischend schwebte ein Dutzend Möwen über dem Deck und schien das Bild des mythischen Artgenossen auf dem Tuch zu verhöhnen.

Taurus taxierte die Vögel mit unheilvollem Blick. »Das Land der Barbaren«, sagte er. »Selbst die Möwen sind hier wild und dumm. Wenn wir doch schon wieder in der Kaiserstadt wären.« Er kniff die Augen zusammen. Der Horizont war eine ungebrochene Linie zwischen dem tiefen Blau des Wassers und dem nur geringfügig helleren Blau des Himmels. Taurus seufzte.

»Um genau zu sein«, hob sein Begleiter an, »befinden wir uns in einem von Byzanz abhängigen Gebiet. Erst am jenseitigen Ufer beginnt die Fremde. Der Kaiser selbst ist demnach Herr dieses kleinen Meeres und«, er blickte nach oben, »damit auch dieser Möwen.« Olympiodorus hatte die Arme um den Leib geschlungen, um zu verhindern, dass der Wind an seinen Kleidern riss. Seine Hände waren rot angelaufen,...

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Autor

Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, das wahre Alter der Neandertaler oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Seidendiebe ist sein zweiter Roman.
Die Seidendiebe