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Die Eispiraten

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
480 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am28.06.20171. Aufl. 2017
Der Wikinger Alrik und seine Mannschaft gehen einem rasanten Geschäft nach: Sie schaffen Schiffsladungen voll Eis vom Ätna an die Adria. Das Einzige, was noch schneller ist als die Eispiraten, ist ihr Ruf - und der erreicht den Dogen von Venedig. Von ihm erhalten sie den Auftrag, die Gebeine des heiligen Markus aus Alexandria herauszuschmuggeln. In den Katakomben der Stadt stoßen die Eispiraten tatsächlich auf eine geheimnisvolle Mumie - und sehen sich plötzlich von Schatzjägern, Sektierern und Sarazenen verfolgt ...



Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, die letzten Geheimnisse von Stonehenge oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Eispiraten ist sein dritter Roman.
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Produkt

KlappentextDer Wikinger Alrik und seine Mannschaft gehen einem rasanten Geschäft nach: Sie schaffen Schiffsladungen voll Eis vom Ätna an die Adria. Das Einzige, was noch schneller ist als die Eispiraten, ist ihr Ruf - und der erreicht den Dogen von Venedig. Von ihm erhalten sie den Auftrag, die Gebeine des heiligen Markus aus Alexandria herauszuschmuggeln. In den Katakomben der Stadt stoßen die Eispiraten tatsächlich auf eine geheimnisvolle Mumie - und sehen sich plötzlich von Schatzjägern, Sektierern und Sarazenen verfolgt ...



Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, die letzten Geheimnisse von Stonehenge oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Eispiraten ist sein dritter Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732539895
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum28.06.2017
Auflage1. Aufl. 2017
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2195007
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 1

Rivo Alto, das Palatium des Dogen

Über der Lagune hing der Frosthauch des Januars. Die Hände des Dogen zitterten nicht nur vor Kälte, als er sich an den schweren Wollvorhang klammerte. Durch einen Spalt lugte er hinaus auf den Hof, auf das Meer der Gesichter. Von draußen strömte faulige Luft herein. »Was geschieht, wenn sie mich nicht wollen?« Er blickte hilfesuchend zurück in die Halle und wischte sich die glänzende Stirn.

»Nichts wird geschehen, Giustiniano«, sagte ein breit gebauter Mann mit einem Bart, so dünn wie ein Strich mit dem Federkiel. Ein Ausdruck von Argwohn verdarb seine Gesichtszüge. »Tretet endlich hinaus! Zeigt Euch dem Volk, damit es die Wahl bestätigen kann! Bei Euren Vorgängern war es ebenso.« Die übrigen sechs Tribunen in der großen Halle umringten die beiden Männer und nickten zu diesen Worten.

Aber der hochgewachsene Doge rührte sich nicht. Nur die Falten des Vorhangs bewegten sich, vom Zittern seiner bleichen Hände in Bewegung gesetzt. Der schwere Lederbesatz des Stoffes rutschte über den Mosaikboden. Draußen nahm das Raunen der Menge zu.

»Ihr lügt, Bonus«, sagte der Doge und schluckte schwer. »Meine Vorgänger sind allesamt tot. Sie wurden geblendet, hingerichtet oder ermordet. Weil das Volk sie nicht mochte. War es nicht so?«

Der Angesprochene schnaubte. »Wenn es die Wahrheit einfacher für Euch macht, vor Eure Untertanen zu treten: Ja, so war es. Aber für Euch, Giustiniano, wird es anders sein.«

Matelda hielt es nicht länger im hinteren Teil der Halle aus. Darauf bedacht, den nach Duftwasser riechenden Bonus nicht zu berühren, drängte sie sich an den versammelten Tribunen vorbei, hin zu ihrem Vater. Mit Mühe unterdrückte sie den Wunsch, ihm mit einer Umarmung Trost zu spenden. Doch das hätte sein Ansehen bei den Edelingen endgültig vernichtet - und ebenso sein Selbstvertrauen.

»Deine Vorgänger waren Schwächlinge«, sagte Matelda. »Einzig darauf bedacht, sich selbst zu bereichern. Aber du bist Giustiniano Partecipazio. Du wirst Rivo Alto zum Zentrum der Lagunenstädte machen und den Streit zwischen Franken und Byzantinern um unser Land beenden. Du wirst ihre Ansprüche tilgen, und dann werden wir frei sein, und unsere Schiffe werden Reichtümer aus fernen Ländern in die Lagune bringen. Geh hinaus und sage das deinen Untertanen. Sie werden dich lieben. So wie ich.«

Die Statur ihres Vaters straffte sich. »Du würdest einen besseren Dogen abgeben als ich, Matelda. Einen viel besseren.« Er seufzte. »Also gut. Ich will es versuchen.« Mit einem Ruck riss er den Vorhang beiseite und trat auf den schmalen Balkon hinaus.

Die Menge verstummte. Blicke aus vielen Hundert Augenpaaren trafen den Dogen, musterten den zipfeligen Corno auf seinem Kopf, die in gelbe Seide gehüllte schlanke Gestalt und die blaue Schärpe mit den Blumenornamenten um seine linke Schulter. Seinerseits schaute der Doge hinab auf die Menschen, die seine Untertanen sein sollten und zugleich seine Henker werden konnten.

»Die Hände!«, flüsterte Matelda hinter dem Vorhang. Giustiniano zeigte seine offenen Handflächen in der uralten Geste vollendeter Demut. »Sprich zu ihnen«, fuhr sie fort. »Erinnere dich an das, was ich dir soeben gesagt habe.« Doch bevor sie die Worte wiederholen konnte, fühlte sie sich am Arm gepackt und fortgezogen. Es war Bonus von Malamocco, der sich erdreistete, sie zu berühren. Als er sie losließ, schrie sie auf und trat nach ihm.

»Still, Mädchen!«, raunzte Bonus sie an. Auf seinem schwarzen Umhang blitzten silberne Stickereien - die Farben der Familie Malamocco. »Was glaubst du wohl, geschieht mit deinem Vater, wenn der Pöbel erfährt, dass ihm seine Tochter die Regierungsgeschäfte einflüstert?«

»Wenn Ihr wüsstet, was ich glaube, Tribun, würde es Euch den Schlaf kosten.« Vergebens suchte Matelda nach einem Weg um Bonus herum. Da begann ihr Vater auf dem Balkon zu sprechen.

»Menschen von Rivo Alto«, rief er, und seine Stimme bebte.

Matelda schloss die Augen und formte die Worte, die nun zu folgen hatten: Diese Stadt wird zum Zentrum der Laguneninseln werden. Byzantiner, Franken und Langobarden werden nicht länger eure Herren sein.

Auf dem Balkon jedoch blieb es still. Was trieb ihr Vater da? Gewiss, er war schon immer ein furchtsamer Mann gewesen. Aber er hatte doch gewusst, dass dieser Moment auf ihn wartete: der Augenblick, sich dem Volk zu zeigen. Viele Male schon hatte diese traditionelle Konfrontation über Leben und Tod entschieden. Verharrte das Volk in Schweigen, so lehnte es den Dogen ab. Jubelte es hingegen, galt das neue Oberhaupt als akzeptiert. Triumph oder Untergang lag auf den Zungen von Salzsiedern und Fischern, von Küfern und Steinmetzen, Goldschmieden und Stellmachern. Als vom Balkon her die Stimme Giustinianos endlich erklang, ließen seine Worte Matelda zu Eis erstarren.

»Was kann ich für euch tun, meine Untertanen?«, fragte der Doge die Menschen im Hof. »Was immer es ist, ich werde dafür sorgen, dass ihr es erhalten werdet. Denn ich bin euer neuer Doge, und ihr sollt mich lieben.«

In der Halle erstarben die Gespräche. Bonus von Malamocco schaute Matelda aus aufgerissenen Augen an. Zwei der Tribunen eilten auf die Balkontür zu, verhielten jedoch den Schritt, denn zum Eingreifen war es zu spät. Vom Hof stieg ein Raunen empor. Dann löste Giustinianos Angebot der Menge die Zunge. »Erlass uns die Steuern!«, schrie jemand. »Hol Tomaso aus dem Kerker!«, ein anderer. Ein weiterer forderte einen Posten als Salzmeister. Mehrere verlangten nach äthiopischen Sklavinnen und dem Kopf des byzantinischen Kaisers. Der Einfall eines besonders Vorwitzigen, die Kanäle sollten einmal im Monat mit Wein gefüllt werden, brach höhnischem Gelächter Bahn.

Giustiniano blickte sich Hilfe suchend nach seiner Tochter um. Schon immer hatte ihr Vater sie an einen Vogel erinnert, doch stets war er ihr wie ein Raubvogel erschienen, ein König der Lüfte. Jetzt jedoch war er zu einem flügellahmen Sperling geschrumpft. Matelda ballte die Fäuste. »Lasst mich vorbei, bevor sie meinen Vater in der Lagune ersäufen«, zischte sie Bonus zu. Doch der Tribun schien sie nicht länger wahrzunehmen. Wie versteinert starrte er zum Balkon hinüber, dorthin, wo das Unglück der venetischen Politik seinen Lauf nahm.

Diesmal verbarg sich Matelda nicht hinter dem Vorhang. Sie trat neben ihren Vater auf den Balkon hinaus. Von der Menge drangen Pfiffe herauf. Lauthals äußerte eine von Alkohol schwere Stimme die Vermutung, der neue Doge wolle dem Volk seine Tochter schenken.

»Was tust du hier?«, fragte Giustiniano. »Bist du von den Geistern aller Heiligen verlassen?«

Da hellte sich Mateldas Miene auf. Mit der Eleganz der Lagunengeborenen winkte sie der Menge und warf ihr eine Kusshand zu. Weit beugte sie sich über die Brüstung und rief den Menschen ihrer Heimatstadt etwas zu.

»Einen Heiligen herbeischaffen? Ihr seid ja von Sinnen. Da hätten wir uns besser auf die nubischen Sklavinnen und die Kanäle voller Wein einlassen sollen.« Bonus quälte seine Stimme auf die Höhe eines Vogelschreis. Er war rot angelaufen, und eine Ader pulsierte auf seiner Stirn. Von Entsetzen getrieben war die Versammlung in den Ratssaal gerauscht, wo die Flaggen der Lagunenstädte die Wände schmückten und die Faltstühle aus Nussbaum und Fohlenleder darauf warteten, den Gesäßen der Edelinge zu schmeicheln. Doch die Erregung vertrieb die Tribunen immer wieder von ihren Plätzen und ließ sie umherwandern. Einzig der Doge verharrte auf seinem Sitz und stützte den Kopf in eine Hand. Matelda hatte sich hinter ihm aufgestellt. Sanft ruhten ihre Hände auf den Schultern ihres Vaters.

»Ihr irrt, Bonus«, sagte sie mit ruhiger Stimme. »Was ich den Venetern versprach, war keineswegs irgendein Heiliger, sondern ein ganz besonderer.«

»Der heilige Markus«, stöhnte Tribun Falieri, Oberhaupt einer der drei mächtigsten Familien der Lagunenstädte. »Warum musste es ausgerechnet der heilige Markus sein?«

»Weil er meinem Vater das Leben retten wird«, sagte Matelda. Als der Doge ihre Hand berührte, verstummte sie. Giustiniano erhob sich.

»Es ist so, wie ich es euch allen schon gesagt habe: Ich bin der Aufgabe des Dogats nicht gewachsen«, sagte er. »Dafür braucht es Männer, wie die Römer es waren. Ich aber bin nur ein Veneter. Es wird das Beste sein, wenn ich ins Exil gehe. Dann bleibe ich wenigstens am Leben. Jedenfalls für kurze Zeit.«

Einige der Tribunen sahen zu Boden. Bonus blickte aus dem Fenster. Falieri sagte: »Das ist unmöglich. Jeder hier im Raum weiß das.«

»Euer Vater war Doge, nun sollt Ihr Doge sein«, warf Marcello von der Dynastie Oro ein. »Nur durch Euer Dogat, das zweite in Folge, wird der Titel des Dogen endlich erblich.«

Giustiniano winkte ab. »Ja, ja. Und der nächste Doge ist dann einer Eurer Söhne. Derjenige, der meine Tochter und damit den Titel heiratet - und ihn in seiner eigenen Familie weitervererbt.«

Schweigen lastete auf dem Saal. Vom Hof her waren noch immer die Rufe der Menge zu hören.

Noch einmal ergriff Bonus das Wort. »Es muss einen anderen Weg geben. Einen anderen Heiligen, den wir herbeischaffen können.«

Falieri schüttelte den Kopf. »Nein, Bonus. Ihr habt doch gehört, wie das Volk geschrien hat. Wie begeistert es war von der Ankündigung, unsere Inseln zur letzten Ruhestätte des heiligen Markus zu erheben. Wollt Ihr etwa zu den Leuten hinaustreten und sagen, dass sie zwar einen Heiligen bekommen werden, aber wir erst sehen müssen, auf welchen Märtyrer es derzeit einen...

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Autor

Dirk Husemann, Jahrgang 1965, gräbt als Wissenschaftsjournalist und Archäologe Geschichten aus. Er studierte Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Ethnologie in Münster und schreibt Reportagen und Sachbücher, zum Beispiel über die älteste Stadt der Welt in Syrien, die letzten Geheimnisse von Stonehenge oder Fleischdoping bei den antiken Olympischen Spielen. Die Eispiraten ist sein dritter Roman.
Die Eispiraten

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