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Gegen unseren Willen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
350 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am27.01.20171. Auflage
Ein Standardwerk der Frauenbewegung Am Ende ihrer gründlichen Erforschung einer häufig verschwiegenen, häufig verharmlosten entwürdigenden Gewalthandlung kommt die Autorin Susan Brownmiller zu dem bestürzenden Schluß, die Drohung, Anwendung und kulturelle Billigung sexueller Gewalt sei ein allgegenwärtiger Einschüchterungsprozeß, von dem alle Frauen betroffen seien, mögen sie nun tatsächlich Opfer einer Vergewaltigung gewesen sein oder nicht. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Susan Brownmiller ist eine amerikanische Journalistin, Autorin und Frauenrechtsaktivistin. Bekannt geworden ist sie durch ihr Buch zum Thema Vergewaltigung: ?Gegen unseren Willen?.
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Produkt

KlappentextEin Standardwerk der Frauenbewegung Am Ende ihrer gründlichen Erforschung einer häufig verschwiegenen, häufig verharmlosten entwürdigenden Gewalthandlung kommt die Autorin Susan Brownmiller zu dem bestürzenden Schluß, die Drohung, Anwendung und kulturelle Billigung sexueller Gewalt sei ein allgegenwärtiger Einschüchterungsprozeß, von dem alle Frauen betroffen seien, mögen sie nun tatsächlich Opfer einer Vergewaltigung gewesen sein oder nicht. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Susan Brownmiller ist eine amerikanische Journalistin, Autorin und Frauenrechtsaktivistin. Bekannt geworden ist sie durch ihr Buch zum Thema Vergewaltigung: ?Gegen unseren Willen?.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105615195
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum27.01.2017
Auflage1. Auflage
Seiten350 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1406 Kbytes
Artikel-Nr.2206683
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vorwort

Susan Brownmiller war empört - und nicht nur sie! Eine bundesdeutsche Illustrierte griff ihr gerade in Amerika erschienenes Buch auf und präsentierte das Thema »Vergewaltigung« mit einem reißerischen Titelbild: Das Opfer sexy, jung, blond, kauert mit offener Bluse, hohen Hacken und zerrissenem Rock, den Blick schreckensweit, in einer Garagenecke.

Die Autorin war vor allem deshalb empört, weil sie gerade solche Klischees aus der Welt räumen will, weil nachgewiesen ist, daß Alter und Aussehen bei einer Vergewaltigung überhaupt keine Rolle spielen. Konsequenterweise untersagte sie das Erscheinen einer Übersetzung ihres Buches in der Türkei, wo dem Verlag eine ähnlich verkaufsfördernde Aufmachung vorschwebte.

Vergewaltigung ist als Thema attraktiv, wenn es Sexualphantasien weckt. Das wiederum geschieht um so leichter, je stärker Bild- und Wortwahl darauf abzielen. Die Verwechslung von Phantasie und Wirklichkeit beflügelt Witzblätter, Büttenredner, Richter, Nachbarn und den sogenannten Volksmund und läßt Frauen zögern, gegen das ihnen widerfahrene Unrecht aufzubegehren.

Hat nicht auch mancher Leser zu diesem Buch gegriffen, weil er (sie) sich »Anregendes« verspricht? Werden sich lustvolle Assoziationen einstellen, auch wenn die Autorin die einzelnen Fälle ganz nüchtern aufrollt? Es ist anzunehmen. Dank allgegenwärtiger pornographischer Vorbildung, wobei Pornographie selbst noch weiterer Erklärungen bedürfte, werden bei der Schilderung eines Vorgangs, in dem Sexualorgane und Gewalt eine Rolle spielen, aus Demütigung, Schmerz und Angst mehr oder minder automatisch Begehren, Verführung und Umarmung, Mannequinfiguren und Leinwandgesichter. Deshalb kann nicht oft genug betont werden:

Bei Vergewaltigung geht es um Brecheisen, Fausthiebe und ein Messer an der Kehle, um Lebensangst, Demütigung und aufgezwungene Schwangerschaft. Nur in den Sexualphantasien geht es um leidenschaftliches Liebesspiel.

Zum Beispiel: Ein Mann liest von einer Vergewaltigung und fragt sich: Waren da nicht Frauen, die in seinen Armen (oder Wünschen) gebettelt haben: »Nimm mich, faß mich fest an, mach mit mir, was du willst!«? Ergo wollen es die Weiber doch so, sie wollen genommen werden, und das brutal.

Frauen mögen alles mögliche wollen, vielleicht wollen auch einige beim Liebesspiel geschlagen werden[1][1], sie wollen aber bestimmt nicht vergewaltigt werden, denn Vergewaltigung ist Gewalt - gegen den Willen der Frau.

Susan Brownmiller fragt in diesem Buch auch, welche Rolle Vergewaltigung in weiblichen Sexualphantasien spielt und welche Schlüsse das für reale Wünsche zuläßt. Auch bei Frauen neigt die Phantasie zur Verharmlosung, gewinnt ein imaginärer Ungestümer in einem Zeitungsbericht die Züge von Jean-Paul Belmondo. Doch liegen Welten zwischen einer Vergewaltigung und der Angst davor und dem Tagtraum, von Jean-Paul Belmondo (oder einer attraktiven Frau) »genommen« zu werden. Mit Begehren und Begehrtwerden, also mit Verführungsphantasien und keineswegs mit realistischen Vergewaltigungsphantasien hat denn auch zumeist das Geschehen auf der Kinoleinwand zu tun: Gewalt tut nicht weh, das Sträuben der Schönen ist Geplänkel, denn der ebenfalls schöne Held ist ihr unmißverständlich schon zugetan und sie auch ihm.

Wer jedoch bezogen auf die Realität meint, daß Geplänkel und Widerstand einer Frau nicht auseinanderzuhalten seien, ist in höchstem Grade zynisch und bedient sich schamlos des Vorurteils, daß Frauen keinen eigenen Willen haben (wie ja auch die Kirchen so ihre Schwierigkeiten hatten, Frauen eine Seele zuzugestehen!). Solange solche Vorurteile bei uns vorherrschen, besteht allerdings die Gefahr, daß Filme, in denen Frauen mit Gewalt zur »Räson« gebracht werden, falsche Vorstellungen verfestigen und Gewalt gegen Frauen beschönigen.

Alkohol spielt auf beiden Seiten des Atlantik übrigens eine große Rolle bei Vergewaltigungen. Vielleicht deshalb, weil nur so die Männer ihre Sinne ausreichend betäuben können, um die angeekelte, ängstliche oder wütende Abwehr einer Frau nicht mehr wahrzunehmen; um die Vorstellung von einem Tier in ihr aufrechtzuerhalten, das ständig nur darauf lauert, sexuell bezwungen zu werden und sich, Hauptsache Mann, hingebungsvoll, ohnmächtig keuchend und der Sinne nicht mächtig auf den Rücken zu rollen.

Im Laufe der Diskussionen, die das Buch von Susan Brownmiller in den USA auslöste, beschäftigte sich die Filmkritikerin Molly Haskell mit weiblichen Sexualphantasien. Sie fand heraus, daß gerade die Frauen, die sich durchsetzen können, die unabhängig und sexuell aktiv sind, Verführungsphantasien haben, in denen Vergewaltigung eine Rolle spielt. »Ich mag meine Phantasien von meiner Vernunft und Einstellung her gesehen überhaupt nicht, aber ich erlaube sie mir quasi wie einen Luxus«, erklärte ihr eine Feministin.[2]

Träume von Passivität, Genommenwerden und sich Ausliefern als Ausgleich für die bewußt angestrebte Last der Unabhängigkeit, auf die keine dieser Frauen je wieder verzichten würde. Zumal jede weiß, welchen Preis der traditionell angebotene Schutz vor dem Mann durch einen Mann erfordert, nämlich Unterwürfigkeit, Denkhemmung und ständige sexuelle Verfügbarkeit. Es wäre aber auch ein Wunder, wenn die Entwicklung vom Weibchen zur selbständigen Persönlichkeit, von der romantischen Idealisierung des Mannes zum besonders kritischen Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht ohne große seelische Konflikte verlaufen würde. Aber auch wenn bei Frauen realistische Vergewaltigungsphantasien auftreten, kann das keinesfalls als Wunsch nach einer tatsächlichen Vergewaltigung interpretiert werden. Der von Molly Haskell befragte amerikanische Psychiater Robert Seidenberg meint, solche Phantasien seien Ausdruck der sexuellen Unterdrückung, Einengung und Machtlosigkeit, die das Leben vieler Frauen bestimmt.

Die deutsche Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich[3] befaßte sich bereits vor Jahren mit dem Thema. Sie interpretiert masochistische weibliche Sexualphantasien als Ausdruck eines Strafbedürfnisses dafür, daß die Frau eigentlich Rache- und Haßgefühle dem Mann gegenüber hegt, und entdeckt solche Gefühle oft gerade bei äußerlich »gehorsamen« Frauen. Die Haßgefühle seien entstanden aus der Idealisierung des verglichen mit der Mutter stärkeren, äußerlich mächtigeren Vaters und aus mangelnder Identifizierung mit der Mutter. Welches Mädchen möchte sich schon gern mit einer Mutter identifizieren, die unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet und sich jammernd in alles fügt? So verhindert der Vater (Mann bzw. die Männerrolle), daß das Mädchen ein Vorbild beim eigenen Geschlecht findet, und kann gleichzeitig ihren Idealvorstellungen unmöglich entsprechen. Und sie kann seine Rolle auch nicht übernehmen.

Strafphantasien haben schließlich bei Männern wie bei Frauen auch mit unglücklicher, schulderzeugender Sexualerziehung zu tun. Eine sensible, aufgeklärte frühkindliche Erziehung könnte hier wie auch bei den verstümmelnden Rollenzwängen Abhilfe schaffen.[4]

Susan Brownmillers Buch durchzieht der Erklärungsversuch, daß Vergewaltigung Resultat von Haß und Begierde ist, die gleichzeitig vorhanden sind. Unterwerfung und Bestrafung der Frauen also deshalb, weil Männer sich von diesen Wesen psychisch wie sexuell bedroht und abhängig fühlen, von Wesen, denen, gemessen an allem, was ideal ist[5], d.h. der männlichen Rolle entspricht, nur Verachtung gebührt.

Daß zur Zeit soviel von Identitätskrisen und Rollenverunsicherung bei Männern wie Frauen gesprochen wird, kann vielleicht hoffen lassen, daß Neubestimmungen, ermöglicht und gefestigt durch geschlechtsneutrale Arbeitsteilung, gegenseitigen Haß und Mißtrauen verringern werden.

Sexuelle Träume bieten Frauen auch ein Reich ohne Schwangerschaftsängste und moralische Vorschriften. Sie werden zwar verführt, genommen oder geben sich hin, doch unterliegt die Situation voll ihrer Kontrolle, ihren Wünschen. Der Frauen-Alltag dagegen kennt Hunderte zur Gewohnheit gewordener Schutzmaßnahmen und Ängste vor einer nicht kontrollierbaren Situation. Jede Frau hat gelernt, Traum und Wirklichkeit säuberlich zu trennen. Da ist eine Abneigung gegen Tiefgaragen, dunkle Wege und Bürohäuser nach Dienstschluß. Aber als moderne Frau behält sie solche Ängste für sich, sei es beim Trampen, beim Nachhausegehen ohne Begleitung oder beim Besuch einer fremden Stadt. »Das kann mir nicht passieren!« beruhigt sie sich und lacht mit Männern über Anzüglichkeiten, verurteilt betroffene Frauen, um die beängstigende Möglichkeit eines solchen Schicksals weit von sich zu weisen. Sie lacht die Angst weg, bis es ihr dann doch widerfährt: Überraschenderweise ist es jemand, den sie ganz gut kennt, von dem sie eine solche Brutalität nie erwartet hätte.

Die tiefsitzende Angst, mit der sie ein Leben lang herumläuft, hat dies nicht einmal verhindern können! Aber auch das, was Frauen am meisten fürchten, der nächtliche Überfall durch einen Fremden, ereignet sich immerhin häufig genug, um die Bewegungsfreiheit aller Frauen einzuschränken. Und noch als Betroffene sucht die Frau die Schuld bei sich, denn auch sie hat die Mär vom ewig lockenden Weib verinnerlicht: die Frau animiert zur Tat allein durch ihre Existenz!

Ist es nicht so, daß Männer krank werden, wenn sie´s nicht bekommen, daß es sich staut und herausmuß? Schuldgefühle, weil allmächtige Männertriebe unbefriedigt bleiben? Fast scheint es verdammte Frauenpflicht und Schuldigkeit zu sein, dem Triebmythos die notwendigen Prostituierten zu stellen! Wann werden Männer endlich...
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