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Tödlicher Dank

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
186 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am24.02.20171. Auflage
Sie hatte ihm den Weg zum erfolgreichen Dramatiker mit allen Mitteln geebnet. Als sie dann unheilbar erkrankt und er zudem an die große Liebe seines Lebens gerät, da kommt es zu dieser unbegreiflichen Tat. Er droht, an seiner Schuld zu zerbrechen, und will sie tilgen - koste es, was es wolle ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Winston Mawdsley Graham (1908-2003) war ein britischer Schriftsteller. Bekannt wurde Graham vor allem durch seine Poldark-Serie, eine Reihe historischer Romane, die von der BBC verfilmt wurde. Sein wohl erfolgreichstes Werk war der Thriller ?Marnie?, den Alfred Hitchcock mit Sean Connery und Tippi Hedren in den Hauptrollen adaptierte. Graham war Mitglied der Royal Society of Literature und Träger des Order of the British Empire.
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Produkt

KlappentextSie hatte ihm den Weg zum erfolgreichen Dramatiker mit allen Mitteln geebnet. Als sie dann unheilbar erkrankt und er zudem an die große Liebe seines Lebens gerät, da kommt es zu dieser unbegreiflichen Tat. Er droht, an seiner Schuld zu zerbrechen, und will sie tilgen - koste es, was es wolle ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Winston Mawdsley Graham (1908-2003) war ein britischer Schriftsteller. Bekannt wurde Graham vor allem durch seine Poldark-Serie, eine Reihe historischer Romane, die von der BBC verfilmt wurde. Sein wohl erfolgreichstes Werk war der Thriller ?Marnie?, den Alfred Hitchcock mit Sean Connery und Tippi Hedren in den Hauptrollen adaptierte. Graham war Mitglied der Royal Society of Literature und Träger des Order of the British Empire.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105616376
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum24.02.2017
Auflage1. Auflage
Seiten186 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1127 Kbytes
Artikel-Nr.2240468
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erstes Buch

1

Einen Tag nach unserer ersten Begegnung flog ich nach London zurück. Ich hatte Harriet versprochen, Freitag abend pünktlich zu Hause zu sein.

Wir waren gerade in die neue Wohnung am Spanischen Platz umgezogen. Bei der Ankunft erfuhr ich, daß sie vier Freunde zum Abendessen eingeladen hatte - wahrscheinlich, weil sie ein bißchen mit der neuen Wohnung protzen wollte, und weniger aus reiner Sehnsucht nach Gesellschaft - obwohl im Fall Tim Dickinson vielleicht beides zusammenkam.

Der Mittelpunkt der Wohnung war das große Wohnzimmer; es war hoch und geräumig, mit zwei gewaltigen Fenstern. Den gekachelten Kamin hatten wir durch einen größeren aus Ziegelsteinen ersetzt. Davor standen zwei smaragdgrüne Plüschsofas rechteckig an den Kanten eines Angola-Teppichs. Hinter dem einen Sofa war eine geschnitzte afrikanische Truhe, die als Bar diente. Der lange Eßtisch, eine Marmorplatte auf schmiedeeisernen Beinen, stand zwischen den Fenstern.

Normalerweise kümmerte Harriet sich nicht viel um die Küche. Aber bei besonderen Gelegenheiten zeigte sie, was sie konnte. Das heutige Abendmenü war vorzüglich. Trotzdem konnte ich meine Gedanken kaum von dem Mädchen losreißen.

Nun bin ich weiß Gott alles andere als ein Schürzenjäger. In den sieben Jahren meiner Ehe mit Harriet hatte ich kaum eine andere angesehen. Natürlich hatten wir unsere Höhe- und Tiefpunkte; an letzteren war meist Harriets schwankende Gesundheit schuld. Ich hatte zielbewußt gearbeitet und war ganz zufrieden gewesen. Jedenfalls hatte ich nicht entfernt vorgehabt, in Paris über die Stränge zu schlagen.

Aber man braucht sich so etwas nicht vorzunehmen. Der Blitz schlägt ein, und «es» ist passiert.

Unsere Gäste heute waren: Ralph Diary, mein Agent, der nach acht Jahren «in der Wüste» endlich an mir verdiente, Jude, kahlköpfig, lispelnd, ruhig und gescheit; Tim Dickinson, ein alter Freund Harriets, groß und hager, Rechtsanwalt mit gutem Einkommen und guten Verbindungen, kriegsversehrt - er trug eine Beinprothese - und geschieden; die blonde Schauspielerin Mary Arlett und die Bühnenbildnerin Isabel Chokra, die mit dem Marine-Attaché der thailändischen Botschaft verheiratet war.

Sie fragten mich nach Paris aus. Ich erzählte ihnen, daß Paul Charisse die Regie meines neuen Stücks übernehmen wollte, und daß er hoffte, zwei Prominente für die Hauptrollen zu bekommen. Man wartete nur noch auf die französische Übersetzung, die in etwa einer Woche fällig war.

Was ich nicht erwähnte, war die Cocktailparty, die Charisse im Hotel gegeben hatte. Es war die banalste Art und Weise, ihr zu begegnen. Aber das Leben ist nun mal banal; man weicht ihm nicht aus, indem man vor dem Üblichen zurückschreckt.

Der Regisseur Paul Charisse brauchte sich als Sohn eines Zeitungsmagnaten nicht einzuschränken. Er war auch nicht sklavisch ans Theater gefesselt. Jules Leblanc, der fast sichere Hauptdarsteller, war ein untersetzter Zyniker. Er kommentierte die anwesende Gesellschaft.

«Das ist der Herzog Beloff. Sein Monokel verbirgt ein Glasauge. Er behauptet, er hätte das Auge im Krieg verloren, aber in Wirklichkeit hat Madame Job es ihm ausgestochen. O ja, Madame Job ist auch hier ... da drüben. Gesicht wie ein Wolfshund, nicht? Hübsch war sie nie, aber in ihrer lasterhaften Vitalität rasend interessant. Ihr Gatte ist so eine stinkreiche Toulouse-Lautrec-Figur; er besitzt eine Jacht in Cannes, die er nie benutzt, aber auch niemandem borgt. Und da, erkennen Sie unseren ehemaligen Kriegsminister? Er wird demnächst an seiner Schüttellähmung eingehen; er hat sich das Leiden durch zu häufiges Nicken zugezogen. Und das ist Lord Antar ... Als das Penicillin auf den Markt kam, war seiner Nase leider nicht mehr zu helfen ...»

Leblancs Lästerreden wurden von zarten Melodien untermalt, die eine ältere Dame in Chiffon, deren Gichtknoten an den Alten Fritz erinnerten, einem Konzertflügel entlockte. Wie weit war das alles von meiner vollgestopften Schriftstellerbude entfernt, in der ich vor knapp anderthalb Jahren den Grundstein zu diesem seltsamen Treffen gelegt hatte!

Sie saß in der Nähe des Flügels und unterhielt sich mit einem ausgehöhlten, aschgrauen Herrn. Als ich sie ansah, erwiderte sie meinen Blick.

Liebe, Sympathie, der erotische Funke - egal, wie man´s nennt - hängen, glaube ich, kaum von Äußerlichkeiten ab. Als ich jetzt, nur vierundzwanzig Stunden später, beim Abendessen mit meiner Frau und unseren vier Freunden plauderte, konnte ich mir ihr Gesicht nicht mehr genau vergegenwärtigen. Es war auf jeden Fall reizend; aber daran lag es nicht. Es liegt nie nur daran. Trotzdem beunruhigte es mich als Schriftsteller, daß ich dieses plötzliche Verliebtsein nicht richtig begründen konnte. Wie sollte ich je glaubhafte Figuren auf die Bühne stellen, wenn ich nicht einmal über mein eigenes Innenleben Bescheid wußte?

Tim Dickinson fragte mich wieder etwas. Zugleich sah ich, daß Harriet ihr Sektglas nachfüllte.

«Charisse hat schon bei zwei Anouilh-Stücken Regie geführt», antwortete ich. «Zwei von den schwarzen Stücken. Mein Stil liegt ihm sicher. Allerdings verstehe ich nicht recht, warum manche Leute dauernd über die Ähnlichkeit zwischen Anouilh und mir -»

«Blödsinn, lieber Morris. Anouilh - verzeih - ist immer noch der Meister dieses Genres. Euch verbindet lediglich der Sinn für wüste Komik und verzweifelte Groteske. Und daß ihr euch darüber halbtot lacht.»

Wir diskutierten darüber eine Weile in aller Freundschaft. Tim als Theaterliebhaber hatte mehr Argumente als wir andern zusammen. Er war der hochgebildete Amateur, wie sie uns oft Vergnügen, aber noch öfter Ärger machen. Er hatte ein paar Semester Psychologie studiert, bevor er auf Jura umsattelte, und sich nach seiner Amputation als Psychiater in einem Lazarett betätigt.

Isabel Chokra, die ich vom Theater her länger kannte als die anderen Gäste, verwickelte Tim nun glücklicherweise in ein Gespräch über Anouilh; ich überließ mich wieder meinen eigenen Gedanken.

Ich weiß nicht mehr, wie wir uns kennenlernten; unser erstes Gespräch jedenfalls war nicht am Flügel. Ich fragte sie auf französisch, ob ich ihr noch ein Glas Champagner holen dürfte, und sie erwiderte: «Danke, der Kellner bringt mir grad eins. Übrigens bin ich Engländerin.» Von nahem wirkte sie nicht so zerbrechlich wie von weitem; ihre Lippen waren voller. Auch war sie jünger, als ich gedacht hatte. Sie lächelte offen und rückhaltlos; sie schien lebensfreudig und lebenshungrig zu sein.

«Macht´s Ihnen Spaß hier?» fragte ich.

«O ja. Und Sie sind also Morris Scott ...» Ihre Stimme war sehr reizvoll und seltsam singend. «Haben Sie nicht gerade einen sensationellen Erfolg in London gehabt?»

«Das Stück läuft noch. Verzeihung, darf ich nach Ihrem Namen fragen? Offizielle Vorstellungen scheinen hier nicht üblich zu sein.»

«Warum auch? Ich bin nur zufällig hier. Alexandra Wilshere, Sekretärin.»

Ein Kellner kam mit einem vollen Tablett, und wir nahmen beide ein Glas. Es war keine gewöhnliche Party, wo man nur mit Fußschmerzen und leichtem Sodbrennen herumsteht; hier bahnte sich etwas Neues an. Ich war zwar erst zweiunddreißig, aber darauf war ich nicht gefaßt.

Der Sekt hatte nichts damit zu tun. Auch heute gab es drei Flaschen, für die Harriet gesorgt hatte. Vielleicht löste er den andern die Zunge; meine nicht. Ich sah mir meine Frau über den Tisch hinweg genau an.

Sie war neununddreißig, hochgewachsen und überschlank. Ihr feinknochiges, intelligentes Gesicht war nie im üblichen Sinne «schön» gewesen und mit den Jahren und wegen ihres Leidens war sie immer herber geworden. Sie trug ihren bevorzugten Hausanzug; cremefarbene Seidenbluse und schwarze Samthosen. Das also war Harriet, die mich sieben tapfere Ehejahre hindurch ermutigt, beraten, angeregt und unterstützt hatte.

Sie sprach über ihr ewiges Thema: mich. Leider vertrug sie seit zwei Jahren keinen Alkohol mehr. Eine Abstinenzlerin war sie nie gewesen, aber jetzt stieg ihr ein harmloses Gläschen manchmal zu Kopf wie andern eine halbe Flasche Whisky. Das hing mit ihrer geschwächten Widerstandskraft zusammen.

«Hauptsache», sagte sie gerade, «er läßt sich nicht einschüchtern und fängt nicht an zu klügeln. Ich halte Morris für ein Naturtalent. Das Technische schafft er instinktiv - so was hat man eben, oder man hat es nicht. Hoffentlich wird er nie so hochgelobt, kritisiert und analysiert, wie der arme Christopher Fry; den hat man ja total zerredet. Wenn er sich bl-bloß von allem zurückziehen könnte, v-von all der Klugschnackerei, den hinkenden V-vergleichen ...»

Was sie sagte, stimmte, aber ihr alkoholbedingter Scharfsinn reizte mich heute mehr als sonst. In diesem Stadium redete sie immer von mir als ob ich gar nicht dabei wäre. Ich kam mir vor wie ein Rennpferd, auf das Fachkundige die größten Hoffnungen setzten. Ihr Besitzerstolz war verständlich, aber konnte ihr nicht mal irgendein Psychologe, notfalls sogar Tim, die Auswirkungen auf mich klarmachen?

Mechanisch glitten meine Gedanken wieder zu dem zweiundzwanzigjährigen Mädchen von gestern abend. Unsere Unterhaltung war bald von Paul Charisse unterbrochen worden, der mich mit ein paar französischen Bühnengrößen bekannt machte.

Ich entwich ihm bei erster Gelegenheit und ging wieder zu Alexandra. Da brach die Gesellschaft leider schon auf.

«Ich bin Sekretärin der Comtesse de la Fayarde», erwiderte sie auf meine Frage. «Das ist die dunkle Dame da. Amerikanerin. Der Graf ist ihr vierter Mann. Heute abend...

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Autor

Winston Mawdsley Graham (1908-2003) war ein britischer Schriftsteller. Bekannt wurde Graham vor allem durch seine Poldark-Serie, eine Reihe historischer Romane, die von der BBC verfilmt wurde. Sein wohl erfolgreichstes Werk war der Thriller >Marnie