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Ich bin eure Stimme

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
376 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am31.10.20171. Auflage
Von der IS-Sklavin zur Trägerin des Friedensnobelpreises 2018: Das bewegende Schicksal der Jesidin Nadia Murad und ihr Kampf um Gerechtigkeit. Am 3. August 2014 endet das Leben, wie Nadia Murad es kannte. Truppen des IS überfallen ihr jesidisches Dorf Kocho im Norden Iraks. Sie töten die Älteren und verschleppen die Jüngeren. Kleine Jungen sollen als Soldaten ausgebildet werden. Die Mädchen werden verschleppt und als Sklavinnen verkauft. An diesem Tag verliert Nadia Murad 44 Angehörige. Für sie beginnt ein beispielloses Martyrium: Drei Monate ist sie in der Gewalt des IS, wird Opfer von Demütigung, Folter, Vergewaltigung. Nur mit Glück und unvorstellbarem Mut gelingt ihr die Flucht vor ihren Peinigern. Sie schafft es in ein Flüchtlingslager und kommt von dort aus nach Deutschland. Tausende andere junge Frauen befinden sich bis heute in der Gewalt des IS. Deren Stimme zu sein und sie zu befreien hat Nadia Murad sich zur Aufgabe gemacht. Heute kämpft sie dafür, dass das Verbrechen des IS als Völkermord anerkannt wird und die Verantwortlichen vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden. Die Vereinten Nationen ernannten Nadia Murad zur Sonderbotschafterin, darüber hinaus wurde sie mit dem Friedensnobelpreis und dem Vaclav-Havel-Preises für Menschenrecht ausgezeichnet. Nun erzählt sie ihre bewegende Geschichte.

Die Jesidin Nadia Murad, geboren 1993, wurde im August 2014 vom 'Islamischen Staat' aus ihrem Heimatdorf im Irak entführt und drei Monate lang als Sklavin gefangen gehalten und mehrfach missbraucht. Von Mossul aus gelang ihr die Flucht in ein Flüchtlingslager, wo sie von einem Hilfsangebot der Landesregierung Baden-Württembergs für jesidische Frauen erfuhr. Seitdem lebt Nadia Murad in Deutschland. Im September 2016 wurde sie von den UN als Sonderbotschafterin für die Würde von Opfern von Menschenhandel ernannt. Unterstützt von Amal Clooney kämpft sie für die Anerkennung des Völkermordes durch den 'Islamischen Staat' an den Jesiden sowie für die Befreiung weiterer Jesiden aus der Gefangenschaft.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR19,99
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextVon der IS-Sklavin zur Trägerin des Friedensnobelpreises 2018: Das bewegende Schicksal der Jesidin Nadia Murad und ihr Kampf um Gerechtigkeit. Am 3. August 2014 endet das Leben, wie Nadia Murad es kannte. Truppen des IS überfallen ihr jesidisches Dorf Kocho im Norden Iraks. Sie töten die Älteren und verschleppen die Jüngeren. Kleine Jungen sollen als Soldaten ausgebildet werden. Die Mädchen werden verschleppt und als Sklavinnen verkauft. An diesem Tag verliert Nadia Murad 44 Angehörige. Für sie beginnt ein beispielloses Martyrium: Drei Monate ist sie in der Gewalt des IS, wird Opfer von Demütigung, Folter, Vergewaltigung. Nur mit Glück und unvorstellbarem Mut gelingt ihr die Flucht vor ihren Peinigern. Sie schafft es in ein Flüchtlingslager und kommt von dort aus nach Deutschland. Tausende andere junge Frauen befinden sich bis heute in der Gewalt des IS. Deren Stimme zu sein und sie zu befreien hat Nadia Murad sich zur Aufgabe gemacht. Heute kämpft sie dafür, dass das Verbrechen des IS als Völkermord anerkannt wird und die Verantwortlichen vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden. Die Vereinten Nationen ernannten Nadia Murad zur Sonderbotschafterin, darüber hinaus wurde sie mit dem Friedensnobelpreis und dem Vaclav-Havel-Preises für Menschenrecht ausgezeichnet. Nun erzählt sie ihre bewegende Geschichte.

Die Jesidin Nadia Murad, geboren 1993, wurde im August 2014 vom 'Islamischen Staat' aus ihrem Heimatdorf im Irak entführt und drei Monate lang als Sklavin gefangen gehalten und mehrfach missbraucht. Von Mossul aus gelang ihr die Flucht in ein Flüchtlingslager, wo sie von einem Hilfsangebot der Landesregierung Baden-Württembergs für jesidische Frauen erfuhr. Seitdem lebt Nadia Murad in Deutschland. Im September 2016 wurde sie von den UN als Sonderbotschafterin für die Würde von Opfern von Menschenhandel ernannt. Unterstützt von Amal Clooney kämpft sie für die Anerkennung des Völkermordes durch den 'Islamischen Staat' an den Jesiden sowie für die Befreiung weiterer Jesiden aus der Gefangenschaft.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426450123
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum31.10.2017
Auflage1. Auflage
Seiten376 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3142 Kbytes
Artikel-Nr.2361822
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil I

1

Im Frühsommer 2014, als ich mich gerade auf mein letztes Schuljahr vorbereitete, verschwanden außerhalb von Kocho, dem kleinen jesidischen Dorf im Nordirak, in dem ich geboren wurde und das ich bis vor Kurzem noch für den Ort hielt, an dem ich auch den Rest meines Lebens verbringen würde, zwei Bauern von ihren Feldern. Die beiden Männer, die sich eben noch friedlich im Schatten improvisierter Planen ausgeruht hatten, fanden sich von einem Moment auf den anderen als Gefangene in einem kleinen Raum in einem der Nachbardörfer wieder, wo hauptsächlich sunnitische Araber lebten. Außer den beiden Bauern hatten die Entführer auch eine Henne und eine Handvoll ihrer Küken mitgenommen, was uns verblüffte. »Vielleicht hatten sie einfach Hunger«, sagten wir uns, auch wenn dieser Gedanke nicht direkt dazu beitrug, uns zu beruhigen.

Kocho ist Zeit meines Lebens ein jesidisches Dorf gewesen, gegründet von nomadischen Bauern und Schafhirten, die in dieser einsamen Gegend eine Siedlung errichteten, um ihre Frauen vor der wüstenartigen Hitze zu schützen, während sie mit ihren Schafen zu besseren Weidegründen zogen. Sie wählten einen Landstrich, der sich gut für die Bewirtschaftung eignete, aber riskant gelegen war - am südlichen Rand des Sindschar-Distrikts, in dem die meisten der irakischen Jesiden lebten, sehr nah am nicht-jesidischen Teil des Irak. Als Mitte der Fünfzigerjahre die ersten jesidischen Familien dort eintrafen, wurde Kocho noch von sunnitischen Arabern bewohnt, die für Großgrundbesitzer in Mossul arbeiteten. Die jesidischen Familien hatten jedoch einen Anwalt engagiert, um das Land zu kaufen - dieser Mann, selbst Muslim, wird heute noch als Held gepriesen -, und als ich auf die Welt kam, war Kocho bereits auf etwa zweihundert Familien angewachsen, alle Jesiden und so eng miteinander verbunden wie eine einzige große Familie, und das waren wir auch beinahe.

Das Land, das uns zu etwas Besonderem machte, machte uns zugleich auch verwundbar. Wir Jesiden werden seit Jahrhunderten unseres Glaubens wegen verfolgt, und verglichen mit den meisten anderen jesidischen Dörfern und Städten liegt Kocho weit entfernt vom Dschabal Sindschar, dem schmalen Höhenzug, der uns seit Generationen Zuflucht geboten hat. Lange waren wir ein Spielball im Machtkampf zwischen den sunnitischen Arabern und sunnitischen Kurden im Irak; beide gegnerischen Kräfte verlangten von uns, dass wir unser jesidisches Erbe verleugnen und uns der kurdischen oder arabischen Kultur anpassen sollten. Bis 2013, als die Straße von Kocho ins Gebirge endlich befestigt wurde, brauchten wir mit unserem weißen Datsun-Pick-up für die Fahrt über sandige Pisten und durch die Stadt Sindschar fast eine Stunde bis dorthin. Der Ort, an dem ich aufgewachsen bin, lag deshalb näher an Syrien als an unseren heiligsten Tempeln, näher an der Fremde als an den sicheren Bergen.

Eine Fahrt in Richtung Gebirge war immer ein schönes Erlebnis. In Sindschar gab es Süßigkeiten und besondere Lammsandwiches, die man in Kocho nicht bekam, und mein Vater hielt fast immer dort an, damit wir uns kaufen konnten, was wir gerne haben wollten. Unser Pick-up wirbelte beim Fahren jede Menge Staub auf, aber trotzdem fuhr ich lieber hinten mit, an der frischen Luft, legte mich, bis wir aus dem Dorf heraus waren, flach auf die Ladefläche des Wagens, um vor den neugierigen Blicken unserer Nachbarn geschützt zu sein, und hob dann den Kopf, um den Wind in den Haaren zu spüren und das weidende Vieh zu betrachten, an dem wir vorbeirauschten. Schnell vergaß ich alles um mich herum und richtete mich immer weiter auf, bis mein Vater oder mein ältester Bruder Elias mir zubrüllten, ich solle aufpassen, sonst würde ich von der Pritsche fliegen.

In der Gegenrichtung, fort von jenen Lammsandwiches und dem schützenden Gebirge, lag der restliche Irak. In Friedenszeiten brauchte ein jesidischer Händler, wenn er es nicht eilig hatte, vielleicht eine Viertelstunde für die Fahrt von Kocho bis ins nächstgelegene sunnitische Dorf, um dort sein Getreide oder seine Milch zu verkaufen. Wir hatten Freunde in diesen Dörfern - Mädchen, die ich auf Hochzeiten traf, Lehrer, die während des Schulhalbjahrs in der Schule von Kocho übernachteten, Männer, die wir einluden, unsere neugeborenen Jungen bei der rituellen Beschneidung zu halten, und die der betreffenden jesidischen Familie danach als kiriv verbunden blieben, das ist eine Art Patenonkel. Muslimische Ärzte kamen nach Kocho oder Sindschar, um uns zu behandeln, wenn wir krank waren, und muslimische Händler machten bei uns halt und verkauften Kleider und Süßigkeiten, Dinge, die es in den wenigen Läden von Kocho, die größtenteils Waren des täglichen Bedarfs führten, nicht gab. Meine heranwachsenden Brüder fuhren oft in nicht-jesidische Dörfer, um sich dort mit Gelegenheitsjobs ein bisschen Taschengeld zu verdienen. Die Beziehungen waren durch Jahrhunderte des Misstrauens belastet - es fiel schwer, darüber hinwegzusehen, wenn ein muslimischer Hochzeitsgast unser Essen ablehnte, auch wenn dies noch so höflich geschah -, aber dennoch gab es aufrichtige Freundschaften. Diese Verbindungen gingen etliche Generationen zurück, hatten die osmanische Herrschaft, die britische Kolonisation, Saddam Hussein und die Zeit der amerikanischen Besatzung überdauert. In Kocho waren wir besonders bekannt für unsere engen Beziehungen zu den Bewohnern sunnitischer Dörfer.

Doch wenn im Irak gekämpft wurde - und im Irak schien ständig gekämpft zu werden -, wirkten diese Dörfer auf uns, ihren kleinen jesidischen Nachbarort, bedrohlich, und alte Vorurteile verwandelten sich schnell in Hass. Dieser Hass führte nicht selten zu Gewalt. Seit mindestens zehn Jahren, seit die Iraker in einen Krieg gestürzt worden waren, der 2003 mit dem Einmarsch der Amerikaner begann, sich dann zu noch brutaleren lokalen Auseinandersetzungen steigerte und schließlich in umfassenden Terrorismus überging, war die Entfremdung zwischen uns und diesen Nachbardörfern enorm angewachsen. Ihre Bewohner begannen, Extremisten Unterschlupf zu gewähren, die Christen und nicht-sunnitische Muslime kategorisch ablehnten und, schlimmer noch, uns Jesiden als kuffÄr ansahen, als Ungläubige, die den Tod verdienten. 2007 fuhren einige dieser Extremisten mit einem Tankfahrzeug und drei Wagen in das belebte Zentrum von zwei gut sechzehn Kilometer nordwestlich von Kocho gelegenen jesidischen Ortschaften, sprengten dort jeweils ihre Wagen in die Luft und töteten damit viele Hundert Menschen, die ihnen entgegengelaufen kamen in der Annahme, sie hätten Waren gebracht, die auf dem Markt verkauft werden sollten.

Das Jesidentum ist eine uralte monotheistische Religion, tradiert durch mündliche Überlieferungen heiliger Männer. Obwohl sie durchaus Gemeinsamkeiten mit den zahlreichen anderen Religionen im Nahen Osten aufweist, vom Mithraismus und Zoroastrismus bis hin zum Islam und Judentum, ist sie doch einzigartig und manchmal selbst für die heiligen Männer, die unsere erinnerten Glaubenslehren und Brauchtümer bewahren, schwer zu erklären. Ich stelle mir meine Religion als einen uralten Baum vor, mit Tausenden von Jahresringen, von denen jeder eine Geschichte aus der langen Tradition der Jesiden zu erzählen hat. Leider nehmen viele dieser Geschichten einen tragischen Verlauf.

Heute gibt es weltweit nur etwa eine Million Jesiden. Zeit meines Lebens - und auch schon lange vor meiner Geburt, das weiß ich - war und ist es diese Religion, die unsere Identität bestimmt und uns als Gemeinschaft zusammenschweißt. Sie hat uns aber auch zum Ziel der Verfolgung durch größere Gruppen gemacht, von den Osmanen bis zu Saddams Baathisten, die uns attackierten oder uns zwingen wollten, uns ihnen zu unterwerfen. Sie beleidigten unsere Religion, bezeichneten uns als Teufelsanbeter oder Unreine und verlangten, dass wir unserem Glauben abschwören sollten. Jesiden überlebten über Generationen hinweg immer wieder solche Angriffe, mit denen man uns auslöschen wollte, indem man uns entweder tötete, uns zum Konvertieren zwang oder uns einfach von unserem Land vertrieb und uns alles nahm, was wir besaßen. Bis 2014 hatten dreiundsiebzigmal Kräfte von außen versucht, uns zu vernichten. Früher nannten wir diese Anschläge auf Jesiden Fermane, ein osmanischer Begriff - das war, bevor wir das Wort »Genozid« lernten.

Auch deshalb brach, als wir von den Lösegeldforderungen für die beiden entführten Bauern erfuhren, im ganzen Dorf Panik aus. »Vierzigtausend US-Dollar«, verlangten die Entführer am Telefon von den Frauen der Bauern. »Oder ihr kommt mit euren Kindern her, und die ganze Familie konvertiert zum Islam.« Andernfalls, sagten sie, würden sie die Männer töten. Das Geld war nicht der Grund, weshalb die Frauen vor Ahmed Jasso, unserem Mukhtar oder Dorfältesten, weinend zusammenbrachen; vierzigtausend US-Dollar waren zwar eine absurd hohe Summe, aber letztlich war es nur Geld. Doch wir alle wussten, dass die Bauern lieber sterben als konvertieren würden, und daher vergossen die Dorfbewohner Tränen der Erleichterung, als die Männer eines Nachts durch ein zerbrochenes Fenster entkommen konnten, durch die Gerstenfelder flohen und lebend bei ihren Familien eintrafen, bis zu den Knien mit Schmutz bedeckt und atemlos vor Angst. Doch die Entführungen hörten nicht auf.

Bald darauf wurde Dishan, ein Angestellter meiner Familie, der Tahas, von einer Weide in der Nähe des Sindschar-Gebirges verschleppt, wo er unsere Schafe hütete. Meine Mutter und meine Brüder hatten Jahre darauf verwandt, diese Schafe zu kaufen und zu vermehren, und jedes einzelne davon war wie eine Trophäe. Wir waren stolz auf unsere...

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Die Jesidin Nadia Murad, geboren 1993, wurde im August 2014 vom "Islamischen Staat" aus ihrem Heimatdorf im Irak entführt und drei Monate lang als Sklavin gefangen gehalten und mehrfach missbraucht. Von Mossul aus gelang ihr die Flucht in ein Flüchtlingslager, wo sie von einem Hilfsangebot der Landesregierung Baden-Württembergs für jesidische Frauen erfuhr. Seitdem lebt Nadia Murad in Deutschland. Im September 2016 wurde sie von den UN als Sonderbotschafterin für die Würde von Opfern von Menschenhandel ernannt. Unterstützt von Amal Clooney kämpft sie für die Anerkennung des Völkermordes durch den "Islamischen Staat" an den Jesiden sowie für die Befreiung weiterer Jesiden aus der Gefangenschaft.