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Unser kreatives Gehirn

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
640 Seiten
Deutsch
Droemer Knaurerschienen am26.10.20171. Auflage
Dick Swaab beschreibt in seinem ebenso informativen wie zugänglichen Grundlagenbuch zur Hirnforschung, wie die Entwicklung unseres Gehirn durch unsere Umwelt beeinflusst wird. Unser Leben ist komplex: Wir arbeiten, treiben Sport, befassen uns mit Kunst und Musik, sind Teil eines großen sozialen Gefüges. Wie wir leben, was wir tun, aber auch was wir erleiden, das alles prägt unser Gehirn. Der international renommierte niederländische Hirnforscher Dick Swaab beschreibt in seinem neuen Buch, wie unsere jeweilige Umgebung und ihre spezifischen Reize die Entwicklung unseres Gehirns bestimmen. War Swaabs letztes Buch 'Wir sind unser Gehirn' ein Blick in unser Inneres, richtet der populäre Wissenschaftler nun den Fokus auf die die Wechselwirkung zwischen der Welt und unserem Gehirn.

Dick Swaab, geboren 1944, war Professor für Neurobiologie an der Universität Amsterdam und dreißig Jahre lang Direktor des Niederländischen Instituts für Hirnforschung. 1985 gründete er die Niederländische Gehirnbank, die er bis 2005 leitete. Dick Swaab war 1996 Gastprofessor am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und hält sich bis heute oft zu Forschungszwecken in Deutschland und Österreich auf. Bei Droemer erschien 2011 'Wir sind unser Gehirn', für das er 2014 in Berlin den renommierten ECNP Media Award erhielt.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR34,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR29,99

Produkt

KlappentextDick Swaab beschreibt in seinem ebenso informativen wie zugänglichen Grundlagenbuch zur Hirnforschung, wie die Entwicklung unseres Gehirn durch unsere Umwelt beeinflusst wird. Unser Leben ist komplex: Wir arbeiten, treiben Sport, befassen uns mit Kunst und Musik, sind Teil eines großen sozialen Gefüges. Wie wir leben, was wir tun, aber auch was wir erleiden, das alles prägt unser Gehirn. Der international renommierte niederländische Hirnforscher Dick Swaab beschreibt in seinem neuen Buch, wie unsere jeweilige Umgebung und ihre spezifischen Reize die Entwicklung unseres Gehirns bestimmen. War Swaabs letztes Buch 'Wir sind unser Gehirn' ein Blick in unser Inneres, richtet der populäre Wissenschaftler nun den Fokus auf die die Wechselwirkung zwischen der Welt und unserem Gehirn.

Dick Swaab, geboren 1944, war Professor für Neurobiologie an der Universität Amsterdam und dreißig Jahre lang Direktor des Niederländischen Instituts für Hirnforschung. 1985 gründete er die Niederländische Gehirnbank, die er bis 2005 leitete. Dick Swaab war 1996 Gastprofessor am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und hält sich bis heute oft zu Forschungszwecken in Deutschland und Österreich auf. Bei Droemer erschien 2011 'Wir sind unser Gehirn', für das er 2014 in Berlin den renommierten ECNP Media Award erhielt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783426442616
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum26.10.2017
Auflage1. Auflage
Seiten640 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse20519 Kbytes
Artikel-Nr.2361829
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Die Entwicklung unseres Gehirns
im kulturellen Umfeld



I
Neurodiversität:
Jedes Gehirn wird zu
etwas Einzigartigem



Erkenne dich selbst.

INSCHRIFT AM APOLLONTEMPEL IN DELPHI

 

Scanne dich selbst.

Ein KOLLEGE VON DICK FRANS SWAAB (DFS)


Die Interaktion zwischen Gesellschaft und Gehirn hat im Zuge der evolutionären Menschwerdung nicht nur unser soziales Gefüge äußerst kompliziert gemacht, sondern auch unser Gehirn ungeheuer komplex werden lassen. Es besteht aus 80 bis 100 Milliarden Gehirnzellen - die Anzahl entspricht dem Zwölffachen der Weltbevölkerung. Diese Zellen sind innerhalb weniger Monate von ihrem Entstehungsort in der Nähe der Hirnventrikel zu ihrem Bestimmungsort im Gehirn gewandert, wo sie dann den Rest unseres Lebens bleiben, sich ausdifferenzieren, ihre Ausläufer bilden und Kontakte zu anderen Hirnzellen knüpfen. Jede einzelne Gehirnzelle, für sich genommen schon atemberaubend komplex, steht schließlich mit 1000 bis 100 000 anderen Gehirnzellen in Kontakt. An diesen Kontaktstellen, den Synapsen, werden übrigens die Informationen »im Gedächtnis« gespeichert.

Ein menschliches Baby kommt unbeholfen und hilfsbedürftig, mit einem weitgehend unausgereiften Gehirn zur Welt. Das Gehirn eines Neugeborenen wiegt 350 Gramm. Das bedeutet, dass noch 75 Prozent des Netzwerks angelegt werden müssen, ein Prozess, auf den das soziale und kulturelle Umfeld einen bedeutenden und dauerhaften Einfluss ausüben kann. Dieser Einfluss macht sich, besonders was die »höheren Funktionen« angeht, beim Knüpfen von Verbindungen geltend. Denn die 17 Milliarden Hirnzellen in der Hirnrinde, die für unsere spezifisch menschlichen Leistungen, einschließlich denen unserer Kultur, verantwortlich zeichnen, sind größtenteils schon vor unserer Geburt, in der Gebärmutter, entstanden.

Allerdings müssen sich auch nach unserer Geburt noch etwa 60 Milliarden Hirnzellen im Cerebellum, dem Kleinhirn, bilden. Das Kleinhirn organisiert nicht nur die Feinmotorik und die Bewegungen, die wir erst erlernen müssen, um sie später automatisch ausführen zu können. Aktuelle Studien belegen, dass auch kulturelle Aspekte unbewusst erlernt und vom Kleinhirn im Zusammenspiel mit der Hirnrinde verinnerlicht werden. Auch die Zellen des Gyrus dentatus im Hippocampus, die für Gedächtnisprozesse wesentlich sind, müssen sich nach der Geburt erst entwickeln. Eine relativ geringe Anzahl von Neuronen des Hippocampus kann sich sogar noch im Erwachsenenalter neu bilden (siehe XVI.1).

Der rasante Entwicklungsprozess des Gehirns in den ersten Lebensjahren lässt sich übrigens durch Messungen des kindlichen Schädelumfangs leicht nachverfolgen. Zwischen dem Schädelumfang eines Kindes und der DNA-Menge in seinem Gehirn, die für die Zahl der Gehirnzellen steht, besteht ein linearer Zusammenhang.

Früher, als ich als Famulus auf der Entbindungsstation Kindern auf die Welt geholfen habe und die Aufgabe hatte, ihren Schädelumfang zu messen, war dieser Zusammenhang noch nicht bekannt. Es ist wichtig, die Entwicklung des Gehirns im Blick zu behalten, denn eine Entwicklungsstörung des Gehirns erhöht das Risiko auf spätere psychiatrische Erkrankungen, und zusätzliche Stimulation kann dazu beitragen, eine Verzögerung der geistigen Entwicklung zu kompensieren.



Abb. I.1 Pablo Picasso, Paulo dessinant (1923). Eine behagliche Umgebung.
© akg-images



 

Die Bildung von Nervenfaserverbindungen zwischen den verschiedenen Hirnregionen wird noch lange fortgeführt, im präfrontalen Cortex, der Struktur, wo unser moralischer Rahmen abgesteckt wird und unsere Impulse gehemmt werden, sogar noch bis zum 24. Lebensjahr. Demzufolge kann das soziale und kulturelle Umfeld, in dem ein Kind aufwächst, im positiven wie im negativen Sinn großen Einfluss auf die Entwicklung dieser Hirnregion ausüben. Faktoren, die sich positiv auswirken, sind eine sichere, liebevolle und anregende Umgebung, in der ein Kind aufwächst, und eine ausreichende und qualitativ gute Ernährung. Negative Faktoren sind ein stressiges Umfeld, Vernachlässigung, Missbrauch und eine unzureichende oder qualitativ minderwertige Ernährung.

Jedes Hirnsystem muss sich in einem bestimmten Zeitraum entwickeln. Daher gibt es jeweils eine Phase, in der ein Kind am besten eine Sprache, lesen und schreiben oder ein Musikinstrument spielen lernt. Diese »kritische« Phase ist sowohl günstigen als auch ungünstigen Faktoren gegenüber besonders sensibel. Ist sie abgeschlossen, hat sich das Erlernte in den dafür vorgesehenen Kreisläufen der Gehirnstrukturen verankert; sind die entsprechenden Dinge in diesem Zeitraum nicht gelernt worden, werden die jeweiligen Hirnkreisläufe für andere Aufgaben genutzt. Das Erlernen solcher Kompetenzen fällt dann später viel schwerer oder ist sogar unmöglich. Daher können sich Ernährungsmangel vor oder nach der Geburt, Vernachlässigung, Armut und soziale Diskriminierung dauerhaft auf die Hirnentwicklung und damit auch auf das Verhalten und die Fähigkeiten eines Kindes auswirken.

In Bezug auf die epigenetischen Veränderungen der DNA, die für diese dauerhaften Umgebungseffekte verantwortlich sind, gibt es einige neue Erkenntnisse. Epigenetische Veränderungen sind chemische, umweltinduzierte Veränderungen der DNA, die Gene entweder dauerhaft stilllegen oder gerade aktivieren. Womöglich sind einige dieser Effekte sogar vererbbar. Vielleicht besteht deshalb bei den Kindern von Holocaust-Überlebenden ein größeres Risiko, später an einer Angststörung zu erkranken. Epigenetische Effekte stehen zurzeit im Fokus von relativ neuen Forschungsrichtungen, der sozialen und kulturellen Neurowissenschaften. Die Kombination von Hirnforschung und Sozialwissenschaften hat in letzter Zeit einen rasanten Aufschwung genommen.


1. Die Entwicklung unseres Charakters



Wenn sich jemand auf eine für uns ärgerliche Weise verhält,

vermuten wir, dass er schlecht ist,

und weigern uns, der Tatsache ins Auge zu blicken,
dass sein unangenehmes Verhalten die Folge von Ursachen ist,

die, wenn man sie weit genug zurückverfolgt, bis weit vor

seine Geburt führen und daher bis zu Ereignissen, für die er

in keiner Weise verantwortlich gemacht werden kann.

BERTRAND RUSSELL


Unser Charakter lässt sich durch das Maß beschreiben, in dem die fünf Dimensionen, die in der Psychologie als die »Big Five« bekannt sind, darin zum Tragen kommen. Diese fünf Dimensionen sind:

 


Offenheit versus Introversion


Verträglichkeit versus Herrschsucht


Gewissenhaftigkeit versus Nachlässigkeit


Emotionale Stabilität versus emotionale Instabilität


Intellektuelle Autonomie versus Abhängigkeit



Auch um den Charakter von Haustieren zu beschreiben, und sogar von Pferden, wird auf diese fünf Faktoren zurückgegriffen. Die Erblichkeit jedes dieser fünf Persönlichkeitsmerkmale liegt bei schätzungsweise 33 bis 65 Prozent. Der Rest des Charakters bildet sich in der Frühphase der Entwicklung aus. Um im Leben erfolgreich zu sein, braucht man neben einem einigermaßen hohen IQ, Neugier, Ehrgeiz und Motivation auch eine gute Mischung der Big Five.

Meiner Auffassung nach ließen sich die Big Five noch durch andere charakterprägende Aspekte ergänzen, etwa Männlichkeit versus Weiblichkeit, Heterosexualität versus Homosexualität, den IQ, Kreativität versus Einfallslosigkeit sowie vorhandene oder fehlende Spiritualität. Das Wort »Charakter« stammt aus dem Griechischen und bedeutet »eingeprägt«. Die Merkmale unserer Persönlichkeit ändern sich im Lauf unseres Lebens nur geringfügig, sie stabilisieren sich in der mittleren Lebensphase. Genetische Faktoren prägen vor allem die Persönlichkeitsmerkmale im Kindes- und Jugendalter, wohingegen sich Umgebungsfaktoren das ganze Leben lang auf sie auswirken können. Daher nimmt der relative Anteil an Ererbtem mit dem Alter ab.



Abb. I.2 Gustav Klimt, Danaë (1907/1908). Links Zeus´ goldene Spermien, rechts Zellen eines Embryos im Frühstadium, die die Empfängnis symbolisieren. Klimt hat Darwin gelesen und war fasziniert von der Struktur der Zelle als Baustein des Lebens. In Wien besuchte er auch Obduktionen menschlicher Körper des Pathologen und Anatomen Emil Zuckerkandl, der auf seine Bitte hin für eine Gruppe von bildenden Künstlern, Schriftstellern und Musikern eine Reihe von Vorlesungen zur Biologie und Anatomie hielt (Kandel, 2012). Klimt nutzte sein Wissen auch in der Praxis: Er hatte mindestens 14 Kinder von mehreren Frauen.
© Galerie Würthle, Wien



Den resting state nennt man in einem funktionellen Scan die Hirnaktivität, bei der die Testperson wach ist, aber keinerlei Aufgabe ausführt. Eigentlich ist die Bezeichnung etwas unglücklich, weil das Gehirn niemals ruht. Doch lässt sich in einem solchen Ruhezustand erkennen, welche Hirnregionen und welche Verbindungen zwischen ihnen sehr aktiv sind. Denn diese Regionen weisen zur gleichen Zeit die gleichen Fluktuationen von Aktivität auf. Diese Fluktuationen sind entscheidend dafür, wie unser Gehirn mit der Außenwelt interagiert.

Im Ruhezustand besteht zwischen den Werten, die eine Person hinsichtlich der Big-Five-Kategorien erreicht, und der Aktivität in unterschiedlichen Hirnregionen eine deutliche Korrelation. Das Merkmal »Offenheit« geht mit Aktivität zwischen anderen Gebieten einher als das Merkmal »Gewissenhaftigkeit«. Die...


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Autor

Dick Swaab, geboren 1944, war Professor für Neurobiologie an der Universität Amsterdam und dreißig Jahre lang Direktor des Niederländischen Instituts für Hirnforschung. 1985 gründete er die Niederländische Gehirnbank, die er bis 2005 leitete. Dick Swaab war 1996 Gastprofessor am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München und hält sich bis heute oft zu Forschungszwecken in Deutschland und Österreich auf. Bei Droemer erschien 2011 "Wir sind unser Gehirn", für das er 2014 in Berlin den renommierten ECNP Media Award erhielt.