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Ein ehrenwerter Tod

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
272 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am02.10.2017Auflage
Während herbstliche Stürme über Triest hinwegfegen, wird eine junge Frau aus der Ukraine brutal zusammengeschlagen und vor den Toren eines Klosters liegen gelassen. Da Commissario Benussi am Herzen operiert wird, müssen seine beiden Mitarbeiter Elettra und Valerio beweisen, was in ihnen steckt. Doch viel können sie über Julija, so der Name des Opfers, nicht herausfinden, nur dass sie kürzlich ein Baby verloren hat - ob ungewollt oder nicht wissen sie nicht, denn Julija liegt im Koma. Kurz darauf wird eine vierundsechzigjährige Touristin im Park einer Villa erstochen. Hat derselbe Täter erneut zugeschlagen? Sämtliche Hinweise führen zu dem Bed & Breakfast, in dem die Amerikanerin übernachtet hat, beziehungsweise zu den anderen amerikanischen Gästen dort. Doch alle Verdächtigen haben für die Tatzeit ein hieb- und stichfestes Alibi ...

Roberta De Falco ist das Pseudonym einer erfolgreichen Drehbuchautorin, die mit den Großen des italienischen Kinos zusammengearbeitet hat. Sie lebt in Triest, Rom und Orvieto.
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Produkt

KlappentextWährend herbstliche Stürme über Triest hinwegfegen, wird eine junge Frau aus der Ukraine brutal zusammengeschlagen und vor den Toren eines Klosters liegen gelassen. Da Commissario Benussi am Herzen operiert wird, müssen seine beiden Mitarbeiter Elettra und Valerio beweisen, was in ihnen steckt. Doch viel können sie über Julija, so der Name des Opfers, nicht herausfinden, nur dass sie kürzlich ein Baby verloren hat - ob ungewollt oder nicht wissen sie nicht, denn Julija liegt im Koma. Kurz darauf wird eine vierundsechzigjährige Touristin im Park einer Villa erstochen. Hat derselbe Täter erneut zugeschlagen? Sämtliche Hinweise führen zu dem Bed & Breakfast, in dem die Amerikanerin übernachtet hat, beziehungsweise zu den anderen amerikanischen Gästen dort. Doch alle Verdächtigen haben für die Tatzeit ein hieb- und stichfestes Alibi ...

Roberta De Falco ist das Pseudonym einer erfolgreichen Drehbuchautorin, die mit den Großen des italienischen Kinos zusammengearbeitet hat. Sie lebt in Triest, Rom und Orvieto.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492978149
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum02.10.2017
AuflageAuflage
Reihen-Nr.4
Seiten272 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1260 Kbytes
Artikel-Nr.2366753
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Inspektorin Elettra Morin hatte kein Auge zugemacht. Und nicht nur wegen der Bora, die sich die ganze Nacht über erbittert gegen die alten Fenster ihrer Einzimmerwohnung in der Via Tigor geworfen hatte.

Schuld war ihr Kollege Valerio Gargiulo, der wie ein betrunkener Husar schnarchte. Sie hätte ihn geweckt, aber sie wusste, dass es nutzlos war. Es wäre ihm nur unendlich peinlich gewesen. Schließlich war sie es gewesen, die nach dem Essen darauf bestanden hatte, dass er über Nacht blieb. Sie hatten beide zu viel getrunken, und das Resultat war dieses großartige Konzert aus Zisch-, Grunz- und Röchellauten, das sie über Stunden wach gehalten hatte.

Sie beschloss, noch ein wenig zu lernen. Der interne Kommissarlehrgang stand bevor, und sie hoffte, es dieses Mal wirklich zu schaffen. Wenn sie bestand, würde sie wahrscheinlich Triest verlassen müssen, das war ihr klar. Den hitzköpfigen und empfindlichen Commissario Ettore Benussi, ihren Vorgesetzten, konnte sie bestimmt nicht verdrängen, auch wenn er seit Jahren schon von der sehnlichst erwarteten Pensionierung redete. Er würde es niemals ertragen beiseitezutreten.

Doch die Vorstellung war ihr gar nicht mal so unangenehm.

Triest wurde ihr allmählich zu eng.

Ihr ganzes Leben wurde ihr allmählich zu eng.

Die Beziehung zu Valerio, die in Wirklichkeit wesentlich besser lief, als sie es jemals erwartet hätte, war an einer schicksalsträchtigen Klippe angelangt: Ein »Qualitätssprung« musste her. Nach zwei Jahren Beziehung »ohne Verpflichtungen« begann Gargiulos sprichwörtliche neapolitanische Geduld fadenscheinig zu werden.

Was Laura betraf, ihre leibliche Mutter, die sie erst jüngst wiedergefunden hatte, so schwankten Elettras Gefühle zwischen Schuld und dem dringenden Bedürfnis, die Flucht zu ergreifen. War es nicht Mutter Teresa gewesen, die gesagt hatte, dass mehr Tränen vergossen werden wegen erhörter Gebete als wegen unerhörter? In Wahrheit hatten Tränen eigentlich nichts damit zu tun, was sie gegenüber dieser Fremden empfand, die jahrelang ihre Fantasie beschäftigt hatte. Da waren Enttäuschung, Fremdheit, Unduldsamkeit. Alles Gefühle, die ihr keine Ehre machten, das wusste sie, aber sie wurde sie nicht los. Umso weniger, als besagte Erzeugerin im Gegensatz zu ihr ganz begeistert darüber schien, die verlorene Tochter wiedergefunden zu haben, und sie per WhatsApp mit Herzchen und Emojis überschüttete, die ihre Nerven aufs Äußerste strapazierten.

Das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Sie sah auf die Uhr. Es war kurz nach sieben.

»Ja, Pitacco? Wo? In Ordnung, ich bin gleich da. Ja, ich benachrichtige den Commissario.«

Valerio war bereits auf den Beinen, vom Läuten des Telefons geweckt, und zog sich an.

»Ein Mädchen wurde halb tot aufgefunden.«

»Wo?«

»Bei Pater Florence.«

»Gib mir zwei Minuten.«

Valerio ging ins Bad, während Elettra ihren Vorgesetzten anrief.

Es war der letzte Tag im Oktober, und die Kälte begann sich bemerkbar zu machen.

 

Seit einiger Zeit fühlte Kommissar Ettore Benussi sich nicht gut. Ohrensausen, Schwindel und Übelkeit machten ihm zu schaffen, sodass er noch reizbarer und unduldsamer wurde als ohnehin schon. Seiner Frau Carla hatte er nichts davon gesagt, weil er ihre Neigung, sich als Krankenschwester zu betätigen, fürchtete. Sie würde ihn sofort zum Blutbild schicken, und er ließ sich nicht gern piksen. Er wusste, dass es lächerlich war, aber wenn er nur eine Nadel sah, war er schon nah an einer Ohnmacht.

Der Reflex war einfach stärker als er.

An diesem Morgen hatte er jedoch einen gehörigen Schreck bekommen, als er im Bad das Gleichgewicht verloren und zu Boden gestürzt war, nachdem ihm ein stechender Schmerz ins rechte Bein gefahren war. Genau an der Stelle, an der er es sich vor zwei Jahren gebrochen hatte, als er einen jungen Mann zu retten versucht hatte, der sich umbringen wollte.

Nur mit großer Anstrengung, verstärkt noch durch die Leibesfülle, die ihm die einfachsten Bewegungen erschwerte, gelang es ihm, wieder auf die Beine zu kommen. Schnaufend ließ er sich auf den Toilettensitz fallen.

Mit einem tiefen Seufzen betrachtete er sich im Spiegel. Nach einem halben Jahrhundert ehrenvollen Dienstes bei der Polizei - was war nur aus dem ehrgeizigen, allseits gefürchteten Commissario Ettore Benussi von der Kriminalpolizei Triest geworden?

Das, was er da vor sich sah.

Ein hässlicher Mann von sechzig Jahren, das Haar spärlich und angegraut, die Haut von schrecklichen dunklen Flecken durchzogen und, was noch deprimierender war, schon wieder in einem Meer aus kompaktem Fett ersoffen; den ewigen Kampf gegen die Waage hatte er unwiderruflich verloren. Ein gescheiterter Schriftsteller, der sich der Illusion hingegeben hatte, seinem Leben mit dem Schreiben - und erfolgreichen Veröffentlichen - eines Kriminalromans eine Wendung geben zu können, welcher jedoch vollkommen unbeachtet geblieben war. Nach Erscheinen war er sofort untergegangen in der Masse vergleichbarer Bücher, die den aufgeblähten Buchmarkt überschwemmten. Ein unzulänglicher Vater einer höchst komplizierten Tochter, die mit achtzehn Jahren nichts wollte als Triest verlassen, ansonsten aber nicht die geringste Vorstellung davon hatte, was sie mit ihrem Leben anfangen könnte. Ein enttäuschender Ehemann für Carla, seine Frau, der es, nach einer traumatischen Entführung durch einen Verrückten, wie vielen anderen Frauen gelungen war, sich aus der Asche zu erheben und sich mit noch mehr Energie und Einsatz ins Leben zurückzustürzen. Die Tatsache, dass sie ihn immer noch liebte, verstärkte seine Schuldgefühle. Was hatte er ihr denn zu bieten außer seiner ständig schlechten Laune und einem unbegründeten Groll gegen alles und alle?

Ein typischer Italiener.

Das war er.

Stets großzügig gegenüber eigenen Schwächen und intolerant gegenüber denen anderer; polemisch, verächtlich gegenüber seinesgleichen, die prinzipiell schuld waren an allen Missständen des Landes; Missstände, für die er sich, wie alle anderen Italiener auch, nicht im Mindesten verantwortlich fühlte.

»Ettore!« Die durchdringende Stimme seiner Frau riss ihn aus seinen nutzlosen Grübeleien.

»Ich bin im Bad!«, wollte er antworten, aber es wurde nur ein ersticktes Röcheln.

Carla schaute besorgt herein. Sie sah, wie er zittrig im derangierten Schlafanzug auf der Toilette saß, blass und zerzaust.

»Was ist denn mit dir passiert?«

Benussi räusperte sich und versuchte, den Schmerz im Bein zu überspielen.

»Nichts ... wieso?«

»Du siehst schrecklich aus!«

»Es ... ist nichts, mir ... geht´s gut.«

»Sicher?«

»Natürlich!«

Carla verbarg ihre Skepsis nicht, zog es aber vor, das Spiel mitzuspielen. »Morin hat angerufen, sie sagt, bei Pater Florence habe es einen Überfall gegeben.«

»Ich ... ich komme!«

Seine Stimme klang erstickt und schwach. Carla drehte sich um und sah ihn an, verunsichert.

»Alles in Ordnung?«

Mit einer verärgerten Handbewegung forderte der Kommissar seine Frau auf hinauszugehen. »Aber klar, alles bestens ... Nun geh schon.«

Als sich die Tür endlich schloss, versuchte er aufzustehen, indem er sich an der Wand abstützte. Kaum hatte er es mühsam in die aufrechte Position geschafft, spürte er, wie es ihn erneut zu Boden zog.

Alarmiert durch die Geräusche, steckte Carla abermals den Kopf durch die Tür. »Was ist passiert?«

»Der Kopf ...«

»Was ist mit deinem Kopf?«

»Er dreht sich mir ...«

»Stütz dich auf mich, ich helfe dir.«

»Nein, es ist ... nichts ...«, sagte er kaum hörbar.

»Hast du schon wieder eine Diät angefangen?«

»Ja ...«, log er.

»Wahrscheinlich bist du unterzuckert. Komm, leg dich noch mal hin. Ich hole dir was zu essen.«

Während er sich fühlte wie Pinocchio gegenüber Geppetto, verließ der große Commissario Benussi das Badezimmer und zog es vor, sein Unwohlsein lieber darauf zurückzuführen, dass er zu wenig gegessen habe, als sich etwas wesentlich Beunruhigenderem zu stellen, dem er sich in keinerlei Hinsicht gewachsen fühlte.

 

Der Himmel über Triest war mit dicken Wolken bezogen, die alles andere als zuversichtlich stimmten. Die dunkle Bora, die die ganze Nacht gewütet hatte, zeigte keinerlei Neigung nachzulassen. Als reichte das noch nicht, hatte es auch noch angefangen, in Strömen zu regnen.

Valerio Gargiulo fühlte sich unwohl. Er fuhr nicht gern bei solchem Wetter. Außerdem ärgerte er sich über den vergangenen Abend. Er hätte nicht nachgeben dürfen, er hätte zum Schlafen nach Hause gehen sollen. Er ertrug seine Nachgiebigkeit gegenüber Elettra nicht mehr. Jeden Morgen beschloss er, dass es ihm reichte, dass er genug hatte von diesem Hin und Her, und jeden Abend, kaum dass sie vorschlug, gemeinsam zu essen, gab er nach, ohne es wirklich zu wollen. Später bereute er es.

Das war keine Liebe.

Das war eine Krankheit.

Er musste unter allen Umständen hier weg, eine Versetzung beantragen, diese unterkühlte und unzugängliche Stadt verlassen, die ihn vor vier Jahren verführt hatte, doch ohne ihm jemals das Gefühl vermitteln zu können, angenommen worden zu sein, genau wie seine Kollegin Elettra Morin. Er sehnte sich nach Wärme, nach...
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