Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Mord im Dreivierteltakt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
196 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am30.06.20171. Auflage
Er erpreßt seinen Partner mit einem Mord, den dieser gar nicht begangen hat. Und als das «Opfer» plötzlich wiederauftaucht, gerät er in tödliche Panik ... Horatio Green, der berühmte Detektiv, leuchtet hinter die Kulissen dieses Mörder-Theaters - und ihm bleibt der Atem weg ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

John Beverley Nichols (1898-1983) war ein britischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. Er schrieb eine Reihe von Krimis, Kinderbüchern, Romanen und Kurzgeschichten, veröffentlichte aber auch Sachbücher zu Themen wie Politik, Reisen und der Gärtnerei.
mehr

Produkt

KlappentextEr erpreßt seinen Partner mit einem Mord, den dieser gar nicht begangen hat. Und als das «Opfer» plötzlich wiederauftaucht, gerät er in tödliche Panik ... Horatio Green, der berühmte Detektiv, leuchtet hinter die Kulissen dieses Mörder-Theaters - und ihm bleibt der Atem weg ... (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

John Beverley Nichols (1898-1983) war ein britischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. Er schrieb eine Reihe von Krimis, Kinderbüchern, Romanen und Kurzgeschichten, veröffentlichte aber auch Sachbücher zu Themen wie Politik, Reisen und der Gärtnerei.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105618400
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum30.06.2017
Auflage1. Auflage
Seiten196 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1417 Kbytes
Artikel-Nr.2403531
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

»Der makaberste Mord des Jahrhunderts.« So nannte ihn der Kriminalreporter des Seabourne Herald in der Morgenausgabe des darauffolgenden Tages, und die kleine Schar erschreckter Fremder, die sich in den Fall hineingezogen sahen, wären die letzten gewesen, die an dieser Bezeichnung etwas auszusetzen gehabt hätten.

Makaber. Das war das richtige Wort. Kein anderes hätte besser gepaßt. Dieser Mord wirkte so wohlüberlegt düster, als wäre er von einem Schriftsteller für das Grand Guignol geschrieben worden.

Und doch hätte man sich keinen englischeren Schauplatz vorstellen können. Der große Pier von Seabourne ist gleichsam eine kleine Welt für sich, die sich zusammensetzt aus den Überbleibseln des elisabethanischen England. Von den vielen farbigen Lichtern strahlend hell erleuchtet, streckte der Pier seinen juwelenbesetzten Arm in die dunklen Wellen hinein. Von den Drehkreuzen auf der Promenade, die der hereinströmenden Menschenmenge wegen klapperten wie Kastagnetten, bis zur eine Viertelmeile entfernt liegenden rosabeleuchteten Konzerthalle war lärmende Musik zu vernehmen: Trompetengeschmetter und Violinengeschluchze, abgehackte Jazzklänge aus dem Tanzpalast, silbernes Klingeln des Musikkastens aus der Automaten-Arkade. Alle diese Melodien stießen aufeinander und bekämpften sich in wildem Durcheinander, und doch empfand man sie, dank des immerwährenden Rauschens der See, als eine seltsame Harmonie.

Es war wohl diesem unaufhörlichen Auf und Ab der Musik, die in jeder Bude und in jeder Galerie widerhallte, zuzuschreiben, daß an jenem schicksalsschweren Tag keiner der Passagiere der Geisterbahn mit völliger Sicherheit behaupten konnte, den Schuß gehört zu haben. Und auch wenn jemand ihn tatsächlich gehört hätte, wäre seine Aussage doch von zweifelhaftem Wert gewesen; denn die Geisterbahn lief neben einer Schießbude aus, wo die fröhlichen jungen Männer von Seabourne beim andauernden Knattern der Gewehrsalven ihre Geschicklichkeit an farbigen Zelluloidbällen übten, die auf emporschießenden Wasserstrahlen tanzten.

Die Geisterbahn liegt am Ende des Piers, gegenüber der Konzerthalle; links von ihr steht die Schießbude und rechts die Hütte der Phrenologin Madame Tamara. Die Bahn befindet sich in einem langen, einer bemalten Scheuer ähnlichen Holzbau, dessen Rückseite der See zugewendet ist. Ihr Geleise schlingt unzählige Schleifen und überschneidet sich so oft, daß ihre Passagiere eine lange Fahrt zu machen glauben, obgleich die ganze Länge des Baus kaum zwanzig Meter beträgt.

Es gibt nur einen Eingang - durch das Drehkreuz. Man bezahlt einen Shilling, betritt einen Bahnsteig und wartet dort, bis die Bahn aus dem Karton-Tunnel heransaust und die kreischenden und laut lachenden jungen Leute, die ihre Kleider zurechtzupfen und ihr Haar glätten, ablädt. Mit Mühe und Not erwischt man einen freien Platz, und los geht´s.

In jener betreffenden Nacht - man schrieb den zwanzigsten August - war jeder Wagen voll besetzt. Der Kassierer Bill brauchte sich nicht aus seiner Glaskabine hinauszulehnen, um der Menschenmenge zuzurufen: »Hereinspaziert, hereinspaziert!« und schaurige Andeutungen über die Schrecken, die ihrer warteten, fallenzulassen; er war viel zu sehr damit beschäftigt, das Kleingeld abzuzählen. Und Mac, der Betreuer der Maschinen, der mit seinen Spannern und Schraubenziehern schwitzend unter den stöhnenden Fußplanken herumhantierte, schwor sich, Gehaltsaufbesserung zu verlangen, wenn noch mehr solche Nächte kommen sollten.

Genau fünf Minuten nach neun Uhr ertönte er - der Schrei, der allen Lärm verstummen ließ. Er klang so schrill, so tierisch in seinem Entsetzen, daß er den Höllenspektakel der Musik und des Gelächters noch übertönte und Bill zu Mac hinunterrief: »Schalte den Strom aus!« Als Bill auf den Bahnhof stürzte, sah er, daß er richtig gehandelt hatte. Das Mädchen, das schrie - wollte es denn nie mehr aufhören? -, stand im hintersten Wagen der Bahn, die Hände an den Mund gepreßt, und starrte reglos vor Entsetzen auf den Körper einer Frau, die zusammengesunken, mit seitwärts hängendem Kopf, im Sitz neben ihr lag. Ein scharlachroter Fleck verbreitete sich rasch über die weiße Satinbluse der Toten. Sie sah aus wie eine billige Puppe, über die jemand rote Tinte ausgegossen hatte.

»Ich will sie zu Hause haben, ich will sie zu Hause haben!« schluchzte der kleine Mann und streckte die Hand nach der Segeltuchplane aus, die man über ihren Körper geworfen hatte.

»Tut mir sehr leid, Mr. Fothergill.« Die rauhe Stimme des jungen Konstablers klang, als meine er wirklich, was er sagte.

»Tut mir leid. Aber es ist unmöglich, ganz einfach unmöglich.«

»Sie war meine Frau«, sagte der kleine Mann beharrlich. »Es ist nicht recht, sie wegzubringen, und schon gar nicht an einen solchen Ort!«

Es war fünfundzwanzig Minuten später, und die Dinge gingen rasch vonstatten. Die tote Frau war als Gattin Henry Fothergills identifiziert worden, der nun, neben der Leiche kniend, erbärmlich schluchzte. Er wohnte schon seit langer Zeit in Seabourne und beaufsichtigte die Automaten auf dem Pier. Er war ein ganz und gar unauffälliger Mensch, klein und farblos, mit einem schwachen Kinn und blassen, vorstehenden Augen.

Das Mädchen, das geschrien hatte, als der Zug ins Licht der Neonröhren - und damit auch ins Licht der Öffentlichkeit - gerasselt war, hieß Doris Eyre und war Stenotypistin in Hammersmith, von wo aus sie einen Tagesausflug nach Seabourne unternommen hatte. Sie hatte nicht das geringste über das Verbrechen auszusagen, da sie überhaupt nichts damit zu tun hatte.

Bei der kleinen Gruppe, die in Erwartung der Ambulanz herumstand, befand sich auch ein Mann von ungefähr sechzig Jahren, ein Dr. Mickleham, der in der Nähe der Geisterbahn herumgeschlendert war, als diese den schicksalhaften Tunnel verlassen hatte. Alles an Dr. Mickleham war glatt und weich, angefangen bei seiner gepflegten Mähne bis hinunter zu den Lackschuhen. Die Untersuchung von Leichnamen des unteren Mittelstandes war nicht seine Spezialität; seine Tätigkeit bewegte sich in anderen, einträglicheren Bahnen; aber er hätte nicht gut über ein Unglück hinwegsehen können, das sich direkt vor seiner Nase ereignete. So hatte er denn seine Dienste angeboten, die allerdings bereits überflüssig waren. Sogar ein Kind hätte einen solchen Fall diagnostizieren können: sofortiges Eintreten des Todes, verursacht durch einen Schuß ins linke Ohr.

Dr. Mickleham trat zu Traill, dem jungen Konstabler. Er empfand die Nähe des tränenreichen Mr. Fothergill als ziemlich unangenehm. »Wann erwarten Sie den Kommissar?« begann er, sah aber gleichzeitig, daß seine Frage bereits beantwortet war. Kommissar Cobb durchschritt soeben die Schranke, gefolgt von zwei Männern der Ambulanz. Traill ging zu ihm und sprach leise auf ihn ein. Cobb nickte, blickte zu Mr. Fothergill hinüber und stieß einen Seufzer aus. Er war nur allzu vertraut mit solchen Umständen, da verstörte Verwandte um den Besitz des geliebten Körpers kämpften. Er trat zu dem kleinen Mann, legte ihm die Hand auf die Schulter und klärte ihn freundlich, aber bestimmt über die Maßnahmen auf, die in solchen Fällen vom Gesetz vorgeschrieben sind: von der Überbringung des Leichnams ins Leichenhaus bis zu der Leichenschau durch den Pathologen und schließlich dem Urteil des Kronrichters. Er sprach absichtlich mit eintöniger und gedämpfter Stimme, und zwischendurch gab er den Ambulanzführern ein Zeichen, auf das hin sie lautlos die Bahre hoben und davonschlichen.

Mr. Fothergill widersprach nicht mehr. Er schien wie betäubt zu sein, und wahrscheinlich hatte er es gar nicht erfaßt, daß die Männer seine Frau weggetragen hatten.

Dann fuhr er plötzlich auf. »Weshalb unternehmen Sie nichts?« schrie er. »Weshalb verfolgen Sie ihn nicht?«

»Wen denn?«

»Doyle, so hieß er. Julian Doyle. Den Mann, mit dem sie heute abend zusammen war.«

Cobb warf Traill einen scharfen Blick zu. »Was meint er damit?«

»Wie kann ich das wissen, Sir?« erwiderte Traill. »Er erwähnt den Namen zum ersten Mal.«

Cobb wandte sich wieder an Fothergill. »Woher wissen Sie, daß sie mit diesem Mann zusammen war?«

»Weil sie es mir sagte.«

»War er unter den Passagieren der Geisterbahn? Hat ihn jemand gesehen?«

Traill schaltete sich ein. »Alle Passagiere stoben auseinander wie erschreckte Kaninchen, sobald sie sahen, was geschehen war. Ausgenommen diese junge Dame hier.« Er wies auf die tränenüberströmte Doris Eyre.

»Sie war bestimmt mit Doyle zusammen«, wiederholte Fothergill. »Sie sagte es mir.«

»Wissen Sie etwas über ihn? Wo könnte man ihn finden?«

»Natürlich kenne ich ihn. Er ist Nigel Fleets Klavierbegleiter.«

»Du mein Gott!« Der Ausruf kam von dem geschniegelten Dr. Mickleham. Der Name des berühmten Nigel Fleet, des leuchtenden Sterns am Firmament der Unterhaltungskünste, ließ ihn die Ohren spitzen. »Du mein Gott!« wiederholte er. »Mr. Fleet ist einer meiner Patienten. Und ich glaube, ich habe auch Mr. Doyle einmal kennengelernt.«

Cobb nickte kurz. Er rief Traill zu sich und gab ihm Anweisungen. Der junge Mann salutierte schneidig, schwang sich über die Schranke und verschwand in der Dunkelheit. In diesem Augenblick vernahm Cobb einen Laut, als hätte jemand einen Sack Mehl fallen lassen. Er drehte sich um und sah, daß Mr. Fothergill ohnmächtig geworden war.

Nun war es gut, daß Dr. Mickleham hier war und seine kleine Tasche bei sich trug. Es war auch gut, daß er den von Cobb befürchteten hysterischen...
mehr

Autor

John Beverley Nichols (1898-1983) war ein britischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist. Er schrieb eine Reihe von Krimis, Kinderbüchern, Romanen und Kurzgeschichten, veröffentlichte aber auch Sachbücher zu Themen wie Politik, Reisen und der Gärtnerei.