Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Reise nach Karlsbad

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am21.07.20171. Auflage
Eine junge Frau von Stand auf der Suche nach einer guten Partie Karlsbad 1824: Die junge Bettina von Denkewitz, Majorstochter aus Berlin, lernt während der Sommerfrische zwei wohl situierte Junggesellen kennen. In den einen verliebt sie sich, mit dem anderen verlobt sie sich. Die Eltern sehen Letzteres mit Freude, und auch Bettina ist erleichtert über den Antrag des Baron Baringsdorf. Schließlich will sie nicht als alte Jungfer enden - der heimlich begehrte Lord Clarendon ist schon einer anderen versprochen. Doch dann stürzt auf einer Landpartie die Kutsche des Barons um, und die Kurgesellschaft wird gehörig durcheinander gewirbelt ... Ein Roman wie von Jane Austen: geistreich, spöttisch und voller Vertrauen in die Unfehlbarkeit des Herzens

Ruth Berger ist Historikerin und Autorin der Romane Die Reise nach Karlsbad, Die Druckerin, Miss Lucy Steele und Gretchen, die von der Presse alle begeistert aufgenommen wurden. Ruth Berger lebt in Frankfurt.
mehr

Produkt

KlappentextEine junge Frau von Stand auf der Suche nach einer guten Partie Karlsbad 1824: Die junge Bettina von Denkewitz, Majorstochter aus Berlin, lernt während der Sommerfrische zwei wohl situierte Junggesellen kennen. In den einen verliebt sie sich, mit dem anderen verlobt sie sich. Die Eltern sehen Letzteres mit Freude, und auch Bettina ist erleichtert über den Antrag des Baron Baringsdorf. Schließlich will sie nicht als alte Jungfer enden - der heimlich begehrte Lord Clarendon ist schon einer anderen versprochen. Doch dann stürzt auf einer Landpartie die Kutsche des Barons um, und die Kurgesellschaft wird gehörig durcheinander gewirbelt ... Ein Roman wie von Jane Austen: geistreich, spöttisch und voller Vertrauen in die Unfehlbarkeit des Herzens

Ruth Berger ist Historikerin und Autorin der Romane Die Reise nach Karlsbad, Die Druckerin, Miss Lucy Steele und Gretchen, die von der Presse alle begeistert aufgenommen wurden. Ruth Berger lebt in Frankfurt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688103881
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum21.07.2017
Auflage1. Auflage
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2424639
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Teil I

1 Ankunft und erste Bekanntschaften

Am Abend eines Julitags im Jahre 1824 traf in einer hoch bepackten Berline nebst einem kleineren Wagen eine augenscheinlich den besten Kreisen entstammende Familie vor dem Hotel Impérial in Karlsbad ein. Während eine matronenhaft beleibte, aber elegante Frau mittleren Alters, zwei nach der neuesten Mode gekleidete junge Mädchen und zwei weitere junge Frauen, deren einfache Kleidung sie als Zofen auswies, mit einer großen Zahl von Koffern und Truhen auf dem Trottoir vor dem Hotelportal warteten, war ihr einziger männlicher Begleiter, ein älterer Herr, in die Empfangshalle vorgeeilt, um dort die nötigen Regelungen zu treffen. Nur wenige Augenblicke hatten sich die Frauen draußen aufgehalten, die ältere mit gelassener Miene auf einen Gehstock gestützt, die jüngeren in steter leichter Bewegung, um die unangenehme Steifheit der Glieder nach langem, beengtem Sitzen abzuschütteln, da eilte ein livrierter Bediensteter, sie hineinzubitten und den Transport des Gepäcks an seinen Bestimmungsort zu veranlassen.

Trotz der Kürze der Zeit, welche die Frauengesellschaft vor dem Portal zugebracht hatte, erregte sie währenddessen einige Aufmerksamkeit bei drei jüngeren Herren, die in einem Salon seitlich des Eingangs beisammensaßen, von wo man die Allee überblicken konnte - ein Umstand, um dessentwillen sich gerade dieser Sitzplatz bei den fraglichen Herren schon seit mehreren Wochen großer Beliebtheit erfreute.

«Nun, lieber Bruder», kommentierte der Jüngste von ihnen die Szene, «kann unter diesen neu eingetroffenen Schönheiten eine vor deinem wählerischen Auge bestehen?» Der Angesprochene, ein etwa dreißigjähriger strohblonder Mann mit ebenmäßigen, etwas harten Gesichtszügen, entgegnete scherzhaft, dabei aber nur mühsam einen Anflug von Ärger verbergend, die älteste der Damen entspreche, von ihren körperlichen Vorzügen bis zu ihrem ganzen vornehmen Auftreten, am ehesten seinem Bilde von der Frau, die er dereinst auf den Landsitz seiner Väter heimzuführen gedenke; man müsse allerdings befürchten, dass sie nicht mehr ungebunden sei. Darauf ergriff auch der dritte das Wort, ein dunkelhaariger, um ein weniges jüngerer Mann mit fast schwarzen Augen, dessen auffallend blasse Gesichtsfarbe auf wenig Aufenthalt im Freien, vielleicht auch auf Krankheit schließen ließ: Ihm hätten von den fünf Schönheiten gleich zwei gut gefallen - zunächst eine der Zofen, ein Mädchen mit unzähmbaren roten Locken, und dann die ältere der beiden Töchter, ein eher zu mageres, aber doch recht hübsches Ding, das, so habe er es jedenfalls empfunden, von besonderer, charmanter Lebhaftigkeit zu sein schien.

Diese Worte waren in ausgezeichnetem, fehlerfreiem Deutsch gesprochen, wiewohl man merkte, dass dies nicht die Muttersprache des Dunkelhaarigen war.

«Das passt nun wieder ganz zu dir, James», lachte der Jüngste der Runde. «Da gehen wir beiden Brüder schon seit zwei Sommern vergeblich auf Brautschau, haben an jeder was zu mäkeln und können die Rechte nicht finden, während dein Herz allem mit Begeisterung zufliegt, was langes Haar hat. Aber sieh dich vor, dass du deiner Lebhaften nicht gar zu schöne Augen machst, du bist anderweitig vergeben, und ich habe noch Pläne mit ihr, vielleicht ist sie doch was für unseren Franz» - wobei er dem dritten mit spitzbübischem Lächeln auf die Schulter klopfte.

Die junge Dame, von der hier in so saloppem Ton gesprochen wurde, war Bettina von Denkewitz, die älteste Tochter eines Majors, der seinen Rang in der Berliner Gesellschaft weniger militärischem Ruhm als seinen Ländereien in Schlesien und seinem vertrauten Ein- und Ausgang am Hofe verdankte (war er doch der Jugendfreund eines langjährigen hohen Hofbeamten, des Grafen von Z.).

Seit seinem Rückzug aus dem aktiven Militärdienst einige Jahre zuvor hatte der Major seine ganze Familie nach Berlin umsiedeln lassen. Zum einen sagte ihm das Leben in der Stadt mit seinen beständigen gesellschaftlichen Aktivitäten mehr zu als eine zurückgezogene Existenz in einem der entlegensten Winkel der deutschen Lande. Zum andern war er überzeugt, dass den beiden Töchtern der Schliff eines weiten gesellschaftlichen Umgangs bei der Anbahnung einer Ehe ebenso nützlich sein werde, wie eben dieser Umgang selbst mannigfaltige Kontakte zu den besten Familien eröffnete, sodass sich eine gute Partie früher oder später von allein ergeben müsste.

Leider hatten sich der Major und seine Frau, eine Rheinländerin von einfachem, aber stabilem Gemüt, bisher, was ihre ältere Tochter Bettina betraf, in dieser Hoffnung auf krasseste Weise enttäuscht gesehen. Das Mädchen war zwar von Gesicht und Körper nicht unansehnlich und konnte trotz seiner bedauerlichen Magerkeit als hübsch gelten, wenn es ein wenig Sorgfalt auf seine Toilette verwendete, aber es war dabei auf geradezu krankhafte Weise schüchtern und nervös. So hatte es sich bisher stets geweigert, an größeren Gesellschaften oder gar Bällen teilzunehmen, ja, zog sich sogar anlässlich gewöhnlicher Abendeinladungen im elterlichen Hause oft genug mit Migräne oder einer anderen Unpässlichkeit, von der man nicht wusste, ob sie vorgeschoben war oder sich aus Aufregung tatsächlich eingestellt hatte, leidend in sein Bett zurück. War Bettina doch einmal bei einem gesellschaftlichen Ereignis anwesend, bedeutete dies für ihre Mutter, die jede ihrer Regungen ängstlich beobachtete, mehr eine Qual denn eine Freude: Auf Ansprache, zumal von Männern, reagierte sie oft mit auffälligem, heftigem Erröten, dessen Intensität in keinem Verhältnis zum Anlass stand; wurde sie zu einem Musik- oder Gesangsvortrag aufgefordert, schien der Mutter ihre Darbietung, wenn Bettina denn nach langem, eher linkischem als damenhaftem Zieren sich schließlich dazu entschloss, stets mangelhaft, nie so geschliffen und perfekt wie der Vortrag anderer junger Damen, und jedenfalls wesentlich schlechter als das, was ihr Begabung und Fleiß ermöglichten und was man von ihr hören konnte, wenn die Familie unter sich war.

So verwunderte es kaum, dass Bettina von Denkewitz noch keinen ernsthaften Verehrer vorzuweisen hatte, ein Umstand, der ihrer Mutter umso peinlicher war, als sich im Kreise ihrer Damenbekanntschaften das Gespräch unentwegt um Avancen drehte, die dieser oder jener galante junge Mann aus gutem Hause der einen oder anderen strahlend schönen, sicher auftretenden und beliebten Tochter machte, gemacht hatte oder zweifelsohne zu machen im Begriffe war. Die bedauernswerte Majorin konnte bei solchen Unterhaltungen wenig aus der eigenen Erfahrung beisteuern. Sie profitierte zumindest insofern, als sie hier Material schöpfte, mit dem sie ihrer Tochter am Mittagstisch illustrieren konnte, wie erfolgreich andere junge Damen von ihren Reizen, ihrer Bildung und ihren Begabungen Gebrauch zu machen verstanden und wie sehr Bettinas Unfähigkeit zu sicherem gesellschaftlichem Auftreten ihr selbst und letztlich auch ihrer Familie schade, deren ganze Hoffnung und ganzer Ehrgeiz auf eine glückliche und standesgemäße Verheiratung der beiden Töchter ausgerichtet sei.

In der Tat verhielt es sich so, dass das Ehepaar von Denkewitz mit besonderer, besorgter Aufmerksamkeit das Werden und Gedeihen der beiden Töchter, Bettinas und der erst fünfzehnjährigen Luise, verfolgte, denn andere Kinder waren ihm nicht geschenkt. Ein kleiner Sohn war, einige Jahre nach der Geburt Luises, tot auf die Welt gekommen. Während der Niederkunft hatte auch die Mutter in größter Gefahr geschwebt, sodass der Arzt, ein alter Bekannter der Familie des Majors, diesem, nachdem die Krise überstanden war, im Geheimen eine traurige Mitteilung machen musste: Er befürchte, dass die Majorin eine weitere Schwangerschaft nicht überleben werde. Ein unglücklicher Ausgang sei zwar nicht absolut sicher, aber nach seiner Erfahrung in einem Fall wie dem ihren doch mehr als wahrscheinlich. Als alter Freund fühle er sich verpflichtet, den Major von dieser seiner Befürchtung zu unterrichten, und überlasse ihm nun die Entscheidung, ob er der Hoffnung auf ein weiteres Kind, möglicherweise den ersehnten Stammhalter, gegenüber etwaigen Risiken mehr Gewicht beilegen wolle als umgekehrt. Dem Major, der an seiner Frau hing, war ihre gütige, lebhafte, manchmal etwas bestimmende, aber sehr vertraute Anwesenheit lieber als ein hypothetischer Stammhalter, den er nicht kannte und der sich als ein wenig liebenswerter Mensch erweisen mochte, wenn nicht ohnehin wieder als Totgeburt. So enthielt er sich denn künftig einiger Freuden des Ehelebens, um andere dafür umso länger genießen zu können. Seiner Frau, die er bald nach ihrer völligen Wiederherstellung über die Umstände informierte, war diese Entwicklung zunächst gar nicht unlieb gewesen. Später jedoch schlich sich nach und nach eine schwer zu beschreibende wehmütige Gemütstönung bei ihr ein, etwas wie eine leichte Verbitterung über das Schicksal, über einen Mangel in ihrem Leben, den andere Frauen selbst niederen Standes nicht leiden mussten.

Umso mehr konzentrierte sie sich nun auf ihre beiden Töchter und die vielerlei Aktivitäten, die mit deren Gesunderhaltung, Bildung und Ausstattung zusammenhingen und die am Ende ihrer Unterbringung in einem der Stellung der Familie angemessenen und glücklichen Ehestand dienen sollten.

Dass sie dem Erreichen dieses Ziels bisher nicht näher gekommen war, musste an sich noch nicht als Grund für ernste Sorge genommen werden: Bettina beendete gerade erst ihr zwanzigstes Lebensjahr, ein Alter, in dem der Jungfernstand alles andere als eine Schande bedeutete. Ihre beständigen gesellschaftlichen Misserfolge gaben allerdings einigen Anlass, sich Gedanken zu machen, und während eines Gesprächs mit ihrem Gatten, in dem die...

mehr

Autor

Ruth Berger ist Historikerin und Autorin der Romane Die Reise nach Karlsbad, Die Druckerin, Miss Lucy Steele und Gretchen, die von der Presse alle begeistert aufgenommen wurden. Ruth Berger lebt in Frankfurt.