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Blutiger Klee

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
320 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am09.07.20122012
Ein alter Mann wird vor einer Wallfahrtskapelle mitten im berühmten Salzkammergut getötet. Das Opfer gehörte zum Adel, der in Österreich zwar längst abgeschafft ist, aber immer noch über Macht verfügt. Chefinspektor Artur Pestallozzi und Gerichtsmedizinerin Lisa Kleinschmidt begeben sich auf eine Spurensuche, die sie weit zurück in die Vergangenheit des idyllischen Ortes und der einflussreichen Familie führt. Verblüffenderweise scheint niemand Interesse an der Klärung des Falles zu haben.

Marlene Faro, geboren und aufgewachsen in Wien, arbeitete jahrelang als freie Journalistin für internationale Magazine wie Stern, Geo oder Cosmopolitan und verfasste Reisereportagen, Porträts und Interviews. 1996 landete sie mit ihrem ersten Buch über die Welt der Frauenzeitschriften einen Bestseller, der auch verfilmt wurde. Es folgten weitere Romane, Erzählungen und Sachbücher. Marlene Faro lebt heute abwechselnd in Wien und im Salzkammergut.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,50
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EUR11,99
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextEin alter Mann wird vor einer Wallfahrtskapelle mitten im berühmten Salzkammergut getötet. Das Opfer gehörte zum Adel, der in Österreich zwar längst abgeschafft ist, aber immer noch über Macht verfügt. Chefinspektor Artur Pestallozzi und Gerichtsmedizinerin Lisa Kleinschmidt begeben sich auf eine Spurensuche, die sie weit zurück in die Vergangenheit des idyllischen Ortes und der einflussreichen Familie führt. Verblüffenderweise scheint niemand Interesse an der Klärung des Falles zu haben.

Marlene Faro, geboren und aufgewachsen in Wien, arbeitete jahrelang als freie Journalistin für internationale Magazine wie Stern, Geo oder Cosmopolitan und verfasste Reisereportagen, Porträts und Interviews. 1996 landete sie mit ihrem ersten Buch über die Welt der Frauenzeitschriften einen Bestseller, der auch verfilmt wurde. Es folgten weitere Romane, Erzählungen und Sachbücher. Marlene Faro lebt heute abwechselnd in Wien und im Salzkammergut.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839238967
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum09.07.2012
Auflage2012
Reihen-Nr.1
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2429637
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;I;8
2;II;177
3;III;298
4;Ein paar persönliche Zeilen ...;312
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Leseprobe


II

Leo fand bereits nach der zweiten Runde eine Parklücke, zwischen einem Mercedes-Cabrio mit CD-Kennzeichen und einem aufgemotzten, knallrot lackierten VW-Beetle. Sie stiegen aus und gingen auf das Anwesen zu, das sich ganz im Gegensatz zu den Nachbarhäusern nicht hinter einer festungsähnlichen Mauer versteckte. Pestallozzi war die Adresse gleich bekannt vorgekommen, jetzt wusste er auch, warum. Im Erdgeschoss der Villa am Salzachkai befand sich die bekannteste Galerie der Stadt, hier fanden mehrmals im Jahr Vernissagen statt, zu denen sogar die internationale Prominenz anrauschte. Erst vor ein paar Tagen hatte er die Exfrau von Mick Jagger - oder war es die von Paul McCartney gewesen? - in einem Kulturbeitrag der Abendnachrichten gesehen, wie sie am Arm eines Mannes gelangweilt eine spinnenähnliche Installation betrachtete. Rund um die Villa erstreckte sich ein Park mit sorgfältig gestutzten Hecken und Buchsbaumkugeln, Skulpturen aus schimmerndem Metall waren so lässig wie Bocciakugeln auf dem grünen Rasen platziert. Der Blick auf die Berge ringsum war einfach atemberaubend, selbst wenn man als Einheimischer an die Schönheit der Landschaft gewöhnt war.

Leo drückte bereits die Nase gegen eine der riesigen Scheiben der Galerie, die offenbar geschlossen war. Pestallozzi rechnete jeden Moment damit, dass ein Alarm losschrillen würde, ausgelöst von Leos vorwitziger Nasenspitze. Aber nichts dergleichen geschah. Nur eine Frau erschien hinter den Scheiben, sie trug eine geblümte Kittelschürze und Gummihandschuhe, von denen Seifenschaum tropfte, und deutete eindringlich nach rechts. Leo und Pestallozzi nickten der Frau freundlich zu, dann nahmen sie den Weg, den sie ihnen gezeigt hatte. Sie bogen um die Ecke und stießen auf den Nebeneingang zur Galerie, der offenbar für das Personal der Cateringunternehmen bestimmt war, die für die Vernissagenbuffets zuständig waren, für die Lachsbrötchen und den Champagner. Und für die Arbeiter, die mit weißen Handschuhen die Skulpturen und Gemälde schleppten, so behutsam wie Spenderherzen. Pestallozzi hatte einmal einen Bericht über Speditionen gesehen, die auf Kunsttransporte spezialisiert waren, und war schon vom bloßen Zuschauen nervös geworden.

Neben der Klingel für die Galerie glänzte nur ein einziger weiterer vergoldeter Knopf neben der Sprechanlage, Top 1 stand darüber. Leo sah ihn fragend an, und Pestallozzi nickte, Leo drückte auf den Goldknopf. Eine Minute verging, Leo bemühte sich angestrengt, nicht zu wippen oder zu zappeln, Pestallozzi war so cool wie immer. Hundertprozentig wurden sie gerade von einer Kamera gescannt, aber er hob nicht den Kopf. Dann ertönte ein Summen, und die Tür öffnete sich. Sie betraten einen Vorraum mit weißen Bodenfliesen, der einzige Schmuck war eine klobige Glasvase, die Leo bis zum Nabel reichte, gefüllt mit Ästen. Links ging es durch eine weitere Tür zur Galerie, gegenüber befand sich ein Aufzug, dessen Tür offen stand. Leo sah sich nach Pestallozzi um, der nickte wieder, sie betraten den Aufzug, und Leo drückte auf den einzig möglichen Knopf. Die Tür schloss sich, und sie schwebten nach oben. Leo grinste und rollte mit den Augen, Pestallozzi schüttelte den Kopf. Dieser Leo, offenbar hatte er sich wieder einmal einen alten James Bond im Nachtprogramm reingezogen, dann verwechselte er tags darauf immer Salzburg mit Monte Carlo. Aber es blieb keine Zeit mehr für mahnende Worte, der Aufzug hielt bereits mit einem Ruck, die Tür surrte zur Seite, und da stand auch schon die Dame des Hauses, oder präziser gesagt, die Dame von Top 1 , die ihnen endlich Audienz gewährte.

Henriette Gleinegg, eine der letzten großen Gastgeberinnen der internationalen Society , wie sie von den Gesellschaftsreportern gebetsmühlenartig beschrieben wurde. Sogar Pestallozzi war sie ein Begriff, obwohl er diese Seiten immer überblätterte. Sie trug einen Kaftan aus durchsichtigem Stoff, darunter weiße Leggings und ein weißes Spitzenhemd. Pestallozzi wusste, dass sie 44 Jahre alt war, doch ohne dieses Wissen hätte er sie nur schwer einschätzen können. Die Frau im Kaftan hätte 35 oder auch 50 sein können, ihre Haut erzählte jedenfalls von vielen Stunden, die sie in der Sonne verbracht hatte. Ihre Augen waren dramatisch dunkel geschminkt, an ihren Handgelenken klirrten dünne Goldreifen. Außerdem war sie barfuß. Und sie streckte ihnen nicht die Hand zur Begrüßung entgegen, sondern breitete stattdessen die Arme aus und wandte sich mit einer theatralischen Bewegung dem Inneren der Wohnung zu. »Allora, commissari!«

Einen Moment lang erinnerte ihre Silhouette Pestallozzi an die Fledermäuse, die auf T-Shirts und Lampions bereits das Herannahen von Halloween verkündeten. Dann war die Assoziation auch schon wieder weggewischt, zum Glück. Sie stellten sich vor und machten beide einen ganz kleinen Diener, dann betraten sie das riesige Loft, das offenbar den gesamten ersten Stock über der Galerie einnahm. Leo hätte beinahe gepfiffen, im letzten Augenblick gelang ihm ein neutrales Hüsteln. Eine Wohnlandschaft aus sandfarbenem Leder bildete das Zentrum des Raumes, sie sah abgenutzt und zugleich einladend bequem aus. Bunte Kissen und arabisch anmutende Decken mit Quasten und Troddeln lagen nachlässig durcheinandergewürfelt auf den Sitzflächen und am Boden, ein niedriger quadratischer Couchtisch aus grob behauenem Holz stand in der Mitte und war mit silbernen Aschenbechern, Zeitschriften, Gläsern und Kerzen gut bestückt. An der rechten Seite war eine futuristische Küchenzeile installiert, die atemberaubend teuer aussah. Ihr Glanzstück war einer dieser altmodischen Herde, die in Wirklichkeit ein Hightech-Wunderwerk waren. Leo hätte zu gerne ein paar Würstchen darauf gebrutzelt, nur so, um den funkelnden Dunstabzug zu testen.

Auf der linken Seite stand eine weiß lackierte Anrichte mit Schubladen, die nach oben hin immer schmäler wurde. Die Wand über der Anrichte bedeckte ein Arrangement aus moderner Kunst und verästelten Geweihen, auf denen Schals und Halsketten und ein paar zerrupfte Strohhüte hingen. Es sah ziemlich respektlos aus, wenn man bedachte, dass dies die Wohnung der Tochter eines Jägers war. Und ziemlich cool. Am Ende der Wand schwang sich eine Treppe hinauf ins Dachgeschoss, die so luftig wirkte wie ein Mobile aus weißem Draht.

Vor ihnen ging der Raum in eine Terrasse über, die Glastüren waren zur Seite geschoben, der Himmel draußen schimmerte dunstig wie über dem Meer, erst hinter dem gegenüberliegenden Salzachufer ragten die Berge auf. Schilf wuchs aus einem blauen Keramiktopf, ein cremeweißer Sonnenschirm knatterte leise im Wind. Darunter stand ein Liegestuhl, auf dem ein aufgeschlagenes Buch lag.

»Schön haben Sie es hier«, sagte Pestallozzi.

Henriette Gleinegg machte eine nachlässige Bewegung, Pestallozzi nahm es ihr nicht krumm. Man konnte sich an allem Schönen sattsehen, an allem Überfluss satt essen. Diese Frau war immerhin nicht ganz so arrogant, wie er es insgeheim erwartet hatte. Sie nahmen auf der Ledergarnitur Platz, ihre Gastgeberin blieb stehen.

»Sie trinken doch einen Espresso?«

»Gerne«, sagte Pestallozzi. Leo sah beleidigt drein. Immer wandten sich alle an den Chef, nie wurde er extra gefragt. Andererseits, was hätte er sonst sagen sollen? Einen Kakao, vielleicht?

Henriette Gleinegg ging zur Küchenzeile und begann an der Nespresso-Maschine zu hantieren. Es zischte und sprudelte, Porzellan klirrte, dann kam sie mit einem Ta­blett zurück. »Den Valentin habe ich weggeschickt.«

»Ihren ...?«

Sie ließ ein Geräusch wie ein heiseres Schnauben hören und stellte die Tassen und eine Schale mit Würfelzucker auf den Tisch.

»Mein Faktotum, sozusagen. Mein Mädchen für alles. Bloß, mit Mädchen habe ich keine allzu guten Erfahrungen gemacht. Die zicken herum und haben ständig Liebeskummer und tragen heimlich meine Kleider. Das kann mir mit dem Valentin nicht passieren. Na ja, hoffe ich wenigstens.«

Sie lachte wieder, ihre Stimme klang nach einer Packung Zigaretten täglich, mindestens. Leo ließ drei Stück Zucker in seinen Kaffee plumpsen, dann blickte er sich fragend um. Und wo waren die Löffel, bitte schön? Aber niemand nahm das Problem zur Kenntnis. Pestallozzi trank seinen Espresso ungerührt schwarz und bitter, und diese ­Gleinegg zündete sich gerade eine Zigarette an, mit einem Tischfeuerzeug aus jadegrünem Stein, so groß und kantig und schwer, dass man einem Neandertaler den Schädel damit hätte einschlagen können. Diese kleine Beobachtung musste er sich merken. Gut gemacht, Leo, auch wenn dich sonst keiner lobt.

»Sie wissen, warum wir da sind«, sagte der Chef gerade. »Und es ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. In dieser Situation, die bestimmt nicht leicht ist für Sie und Ihre Familie.«

Sie nahm einen tiefen Zug und blies den Rauch durch die Nasenlöcher wieder aus, Leo beobachtete sie widerwillig fasziniert. Eine Frau, die rauchte, würde er nie küssen.

»Die Situation war nie leicht«, sagte sie. Sie sah Pestallozzi so forschend und nachdenklich an, als ob sie erst eine Entscheidung fällen müsste.

Und darum geht es ja wohl auch, dachte Pestallozzi. Wie viel soll sie mir erzählen? Er hielt still und ließ den Blick der Frau über sein Gesicht wandern. Sie nahm einen Schluck vom Kaffee und sah ihn wieder an.

»Ich lese ganz gerne Krimis«, sagte sie und deutete mit dem Kinn zur Terrasse, wo das aufgeschlagene Buch auf dem Liegestuhl lag. »Und ich habe sehr viele Gespräche mit einem Freund geführt, der Psychiater ist. Obwohl ich nicht in Analyse bin, um das klarzustellen. Außerdem...

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Autor

Marlene Faro, geboren und aufgewachsen in Wien, arbeitete jahrelang als freie Journalistin für internationale Magazine wie Stern, Geo oder Cosmopolitan und verfasste Reisereportagen, Porträts und Interviews. 1996 landete sie mit ihrem ersten Buch über die Welt der Frauenzeitschriften einen Bestseller, der auch verfilmt wurde. Es folgten weitere Romane, Erzählungen und Sachbücher. Marlene Faro lebt heute abwechselnd in Wien und im Salzkammergut.