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Inselroulette

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
281 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am05.02.20142014
Eine Frau wird vermisst. Von Beruf ist sie Fitnesscoach, ihr Arbeitsplatz ein Wellnesshotel auf Sylt. Kriminalrat Tomas Jung wird beauftragt, sie zu finden. Bald schon türmen sich Fragen auf. Warum vermisst sie nur der Manager des Hotels, aber nicht ihre Familie, ihre Freunde, ihre Nachbarn? Führt sie ein Doppelleben? Zusammen mit Charlotte Bakkens, einer jungen Kriminalkommissarin, arbeitet Jung daran, Licht in das Dunkel zu bringen. Sie stehen vor Rätseln. Bis Jung sich an seinen Lieblingsplatz erinnert ....

Reinhard Pelte ist Diplommeteorologe und war im Öffentlichen Dienst tätig. Mehrere Jahre in Portugal lebend, hat er die Welt durch zahlreiche Fahrten zur See kennengelernt. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, ist Weinliebhaber und raucht hin und wieder eine gute Zigarre. Sein Debüt gab er 2009 mit »Inselkoller«.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEine Frau wird vermisst. Von Beruf ist sie Fitnesscoach, ihr Arbeitsplatz ein Wellnesshotel auf Sylt. Kriminalrat Tomas Jung wird beauftragt, sie zu finden. Bald schon türmen sich Fragen auf. Warum vermisst sie nur der Manager des Hotels, aber nicht ihre Familie, ihre Freunde, ihre Nachbarn? Führt sie ein Doppelleben? Zusammen mit Charlotte Bakkens, einer jungen Kriminalkommissarin, arbeitet Jung daran, Licht in das Dunkel zu bringen. Sie stehen vor Rätseln. Bis Jung sich an seinen Lieblingsplatz erinnert ....

Reinhard Pelte ist Diplommeteorologe und war im Öffentlichen Dienst tätig. Mehrere Jahre in Portugal lebend, hat er die Welt durch zahlreiche Fahrten zur See kennengelernt. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, ist Weinliebhaber und raucht hin und wieder eine gute Zigarre. Sein Debüt gab er 2009 mit »Inselkoller«.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839243602
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum05.02.2014
Auflage2014
Reihen-Nr.6
Seiten281 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430119
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Vermisst

Das Spritzwasser von der Straße verschmierte die Frontscheibe. Er fluchte leise und drückte den Hebel der Scheibenwaschanlage. Was für ein Wetter? Alles andere, nur kein Sommer. Der schien im April stattgefunden zu haben. Der Wonnemonat danach war allein für Landwirte erfreulich. Mai kühl und nass füllt dem Bauern Scheune und Fass. Sie freuten sich zu früh. Im Juni, Juli und jetzt auch im August konnte von Sonne und Wärme keine Rede sein. Mit Ausnahme der letzten Woche. Eine der seltenen mit ein paar sonnigen Tagen. Aber sonst? Von einigen spärlichen Unterbrechungen abgesehen, nichts als Regen, Wolken und Wind. Mein Gott, stöhnte er, waren das etwa die Vorboten des viel beschworenen Klimawandels? Er schüttelte unwillig den Kopf und trat aufs Gas.

Lastete er dem Wetter an, wofür es eigentlich gar nichts konnte? Auch früher waren die Sommer hier oben im Norden dann und wann trostlos gewesen. In Wahrheit war er einfach nur übellaunig, gestand er sich ein. Insbesondere seit dem japanischen Inferno ließen ihn seine Beklemmungen nicht mehr los. Cara hatte in Japan eine Wohnung gefunden und einen Job angetreten, als der Supergau von Fukushima ihre Hoffnungen jäh zunichtemachte. Während eines der schweren Nachbeben tobte, hatte er seine Tochter am Telefon gehabt. Als die Verbindung abbrach, musste er fürchten, ihre Stimme zum letzten Mal gehört zu haben. Die Tränen schossen ihm in die Augen. Er konnte nichts tun. In seiner Hilflosigkeit telefonierte er mit Botschaften, Konsulaten, dem Auswärtigen Amt und Fluggesellschaften. Er schickte SMSs mit Infos, Telefonnummern, E-Mail-Adressen von Hilfsorganisationen und sorgte für Kredit auf ihrem VISA-Konto. Als sie den Empfang quittierte, atmete er auf. Aber nur vorübergehend. In der Folgezeit eskalierten die Horrornachrichten und wurden immer bedrückender.

Am Ende gelang Cara die Flucht aus dem Wahnsinn. Nach einer Odyssee um die halbe Welt hatte Jung sie am Hamburger Flughafen in die Arme geschlossen. Er war dankbar, dass Clemens sich angeboten hatte, ihn zu begleiten und sie zurück nach Hause zu chauffieren. In Neumünster war Cara eingeschlafen. Als sie zu Hause angekommen waren, musste er sie gewaltsam wecken. Seitdem hielt Jung eine Mischung aus Wut und Angst gefangen. Die Phasen voller Dankbarkeit und Erleichterung änderten daran nichts.

*

Seinen Weg zur Bezirkskriminalinspektion auf Norderhofenden hätte er inzwischen im Schlaf gefunden. Die Vertrautheit beruhigte ihn. Flensburgs Verkehr war problemlos. Nur die dänischen Autofahrer sorgten gelegentlich für Aufregung.

»Moin, Petersen«, begrüßte er den Wachhabenden am Aufgang zum Treppenhaus.

»Moin, Herr Oberrat. Wie geht's der Schulter?«

»Gut. Wird schon wieder.«

»Hauptsache, Sie können Auto fahren.«

»Finden Sie? Es gibt da auch noch ein paar andere Kleinigkeiten, für die ich meinen Arm brauche.«

Sie lachten, und Tomas Jung verschwand im Treppenaufgang zu seinem Büro.

Er schloss die Tür hinter sich, öffnete das Fenster und ließ frische Luft herein. Es lag lange zurück, dass er sich über die armselige Ausstattung seines Arbeitszimmers aufgeregt hatte. Inzwischen hatte er schätzen gelernt, sich hier besser konzentrieren zu können als irgendwo sonst. Allein auf den Blick aus dem Fenster hätte er nicht freiwillig verzichten mögen. Sogar heute. Unter dem grauen Himmel lag das Wasser im Hafenbecken wie flüssiges Blei. Der Mastenwald am Ostufer verschwamm im Dunst. Weiter draußen, am Harniskai, ragten die riesigen Silos der Raiffeisengenossenschaft in den trüben Himmel. Der spitze Turm von St. Jürgen, hoch oben über dem Ostufer, war gerade noch auszumachen. Aber man musste schon wissen, wo er zu finden war.

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seiner Andacht. Normalerweise wartete er stumm, bis der Besucher die Tür geöffnet hatte. In aller Regel kannte er seine Besucher, und sie kannten ihn und seine Gewohnheiten. Es klopfte noch einmal.

»Ja«, rief er laut.

Sein Chef betrat den Raum und streckte ihm zur Begrüßung die Hand entgegen. Tomas Jung stutzte. Das erlebte er zum ersten Mal, seit er in Flensburg seine Arbeit aufgenommen hatte. Nur bei seiner Ernennung zum Leiter des S-Kommissariats, dem Dezernat für unaufgeklärte Kapitalverbrechen, hatte es eine Ausnahme gegeben.

»Moin, Jung. Wie geht's der Schulter?«, begrüßte ihn der Leitende. Die Anteilnahme in seiner Stimme machte Jung unsicher. Zugleich amüsierte es ihn, dass Holtgreve zu den gleichen Worten griff wie vorhin Petersen. Nur ohne Titel. Er wiederholte seine Antwort.

»Darf ich mich setzen?«

»Bitte«, erwiderte Jung verwundert. Es war nicht Holtgreves Art, um etwas zu bitten.

»Was führt Sie zu mir?«, kam Jung zur Sache.

»Zuallererst will ich mich nach Ihrer Genesung erkundigen. Als wir hörten, was passiert war, befürchteten wir schon das Schlimmste. Schrecklich. Sie haben uns ganz schön Angst eingejagt, Jung.«

»Tut mir leid. Es geht mir gut. Danke der Nachfrage.«

»Der Mann wird übrigens demnächst vor Gericht kommen.«

»Und wie lautet die Anklage?«, fragte Tomas Jung skeptisch.

»Mord und versuchter Mord.«

»Hat er ein Geständnis abgelegt?«

»Nein. Er schweigt wie ein Grab.«

»Ein guter Strafverteidiger könnte die Anklage auseinandernehmen wie …«

»Er hat keinen Anwalt«, unterbrach ihn Holtgreve.

»Was?«

»Er wird pflichtverteidigt. Einen eigenen Verteidiger hat er abgelehnt.«

Tomas Jung lehnte sich zurück und starrte gegen die Decke. Er wollte sich nicht weiter dazu äußern.

»Was sagen die Ärzte?«, kam Holtgreve zurück zum Ausgangspunkt.

»Nichts«, erwiderte Jung lakonisch.

»Nichts?«

»Ich gehe nicht mehr hin. Ich glaube, es läuft auch so. Ich habe ein gutes Gefühl.«

»Na schön. Aber seien Sie vorsichtig und überlasten Sie sich nicht.«

»Zurzeit sehe ich nicht, dass ich in Gefahr bin«, erwiderte Jung und lächelte versonnen.

Holtgreve lachte. Tomas Jung konnte sich nicht erinnern, ihn jemals zuvor auf diese Art lachen gehört zu haben.

»Haben Sie etwas für mich?«, fragte er vorsichtig.

»Ja. Das ist mein zweiter Punkt.« Holtgreve machte eine Pause und sah Jung zweifelnd in die Augen.

»Ich würde mich über Arbeit freuen«, kam Jung ihm entgegen.

»Schon gut. Das glaube ich Ihnen gerne.« Holtgreve schwieg, als müsse er sich sammeln.

»Wie lange arbeiten wir eigentlich schon zusammen?«, fragte er unvermittelt.

Hatten sie überhaupt jemals zusammengearbeitet?, überlegte Tomas Jung. Laut sagte er:

»Ich habe die Jahre nicht gezählt. Aber es müssen viele sein.«

»Richtig. Höchste Zeit, dass wir zum Du übergehen, oder?«

Tomas Jung wollte spontan Nein sagen, bremste sich aber rechtzeitig und antwortete:

»Okay. Ich heiße Tomas.«

»Henning«, erwiderte Holtgreve und reichte ihm die Hand über den Schreibtisch. Das zweite Mal an einem einzigen Tag nach Jahren körperloser Unverbindlichkeit. Was war nur in seinen Chef gefahren?

»Wir müssen das begießen«, fuhr Holtgreve munter fort und sah auf die Uhr. »Noch ein bisschen zu früh. Ich hol dich zum Mittagessen ab. Okay?«

»Gern«, antwortete Jung, ohne eine Miene zu verziehen. Auf was durfte er sich noch gefasst machen?

»Bevor ich dich mit etwas Neuem betraue, habe ich eine Bitte. Ich brauche für den Innenminister einen detaillierten Bericht über die Ereignisse in Québec. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass einer meiner Leute im Dienst sein Leben verliert.«

»Fast.«

»Ja. Natürlich. Entschuldigung.«

»Kein Problem. Ich mache mich sofort an die Arbeit. Noch etwas?«

»Nein«, erwiderte Holtgreve fahrig. »Wir besprechen alles Weitere später. Bis dann.«

*

Als Holtgreve die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte Tomas Jung sich zurück. Normalerweise hätte er jetzt die Hände hinter dem Kopf verschränkt und über die ungewohnte Freundlichkeit seines Chefs und dessen Motive nachgedacht. Aber seine lädierte Schulter hinderte ihn daran. Ihm schoss durch den Kopf, dass er eigentlich nichts von seinem Chef wusste. Nicht einmal sein Vorname wäre ihm auf Anhieb eingefallen. Von seiner Familie wusste er nur, dass es sie gab. Frau und Kinder hatte er nie zu Gesicht bekommen. Er wusste nicht einmal, wo Holtgreve wohnte. Und was wusste er schon über die Gründe seines Verhaltens? Nichts! Die Vermutung lag nahe, dass die Veränderung mit der Messerattacke in Québec zu tun hatte. Tomas Jung war es recht so. Es kann nur besser werden, sagte er sich und klappte seinen Laptop auf. Während er auf die Passworteingabe wartete, beschäftigte ihn die Frage, welchen Schlips Holtgreve heute zum Anzug getragen hatte. Hatte er überhaupt einen Schlips getragen? Der Signalton riss ihn aus seiner Grübelei. Er machte sich an die Arbeit. Der Bericht ging ihm flüssig von der Hand.

*

Die Überraschungen nahmen kein Ende. Holtgreve holte ihn pünktlich um zwölf ab. Er trug ein weißes Hemd und den Kragen offen. Sie spazierten zu Fuß in die Neustadt. Der Leitende hatte in der Walzenmühle einen Tisch reserviert, an dem sie reden konnten, ungestört. Tomas Jung kannte ihn bisher nur als Teetrinker, der sich...

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