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Mondjahre

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
466 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am05.02.20142022
Deutsches Reich 1914. Johanna, Sophie und Luise sind drei mutige, starke und schöne junge Frauen, die Zukunft liegt verheißungsvoll vor ihnen. Doch dann bricht der Krieg aus und sie lernen das Leben von seiner finstersten Seite kennen. Sophie erwartet ein Kind von einem Franzosen, der jetzt Feind ist, Luise und Johanna geraten in russische Gefangenschaft. Der Krieg verlangt ihnen alles ab. Aber er macht sie auch stärker.

Eva-Maria Bast, Jahrgang 1978, ist Journalistin, Autorin und Leiterin des Medien- und Journalistenbüros Bast Medien Service, Büro Bast & Thissen. Eva-Maria Bast initiierte und schrieb die Buchreihe 'Geheimnisse der Heimat', die 2011 in der edition Südkurier startete, rasch zu einem regionalen Bestseller wurde und für die der Südkurier 2012 mit dem Oscar der Zeitungsbranche, dem deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad Adenauer Stiftung (Kategorie Geschichte) ausgezeichnet wurde. Die Reihe wird seither laufend erweitert. 2012 begann sie sich auch der Belletristik zu widmen. Nach zwei Krimis ist 'Mondjahre' nun ihr erster historischer Roman. Eva-Maria Bast lebt mit ihrer Familie in Überlingen am Bodensee.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR11,99
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDeutsches Reich 1914. Johanna, Sophie und Luise sind drei mutige, starke und schöne junge Frauen, die Zukunft liegt verheißungsvoll vor ihnen. Doch dann bricht der Krieg aus und sie lernen das Leben von seiner finstersten Seite kennen. Sophie erwartet ein Kind von einem Franzosen, der jetzt Feind ist, Luise und Johanna geraten in russische Gefangenschaft. Der Krieg verlangt ihnen alles ab. Aber er macht sie auch stärker.

Eva-Maria Bast, Jahrgang 1978, ist Journalistin, Autorin und Leiterin des Medien- und Journalistenbüros Bast Medien Service, Büro Bast & Thissen. Eva-Maria Bast initiierte und schrieb die Buchreihe 'Geheimnisse der Heimat', die 2011 in der edition Südkurier startete, rasch zu einem regionalen Bestseller wurde und für die der Südkurier 2012 mit dem Oscar der Zeitungsbranche, dem deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad Adenauer Stiftung (Kategorie Geschichte) ausgezeichnet wurde. Die Reihe wird seither laufend erweitert. 2012 begann sie sich auch der Belletristik zu widmen. Nach zwei Krimis ist 'Mondjahre' nun ihr erster historischer Roman. Eva-Maria Bast lebt mit ihrer Familie in Überlingen am Bodensee.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839243848
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum05.02.2014
Auflage2022
Reihen-Nr.1
Seiten466 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430131
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

99 Jahre später

Stuttgart, Baden-Württemberg, August 2013

Worte fielen auf Papier. Sie formten sich zu Sätzen, bildeten Aussagen, wurden nach und nach zu einer Geschichte. Das Papier, auf das sie flossen, war hässlich. Der Stift, mit dem Zita sie schrieb, auch. Die grauen, linierten Blätter wurden am oberen Rand von einer dünnen Metallspirale gehalten, der Stift war ein einfacher Plastikkugelschreiber, dessen Mine schmierte und Schlieren zwischen den Worten bildete.

Zita hielt inne und legte den Kugelschreiber mit einer langsamen Bewegung auf die Tischplatte. Es schmerzte sie, die Worte mittels solch hässlicher Instrumente niederzuschreiben. Worte mussten, das wusste sie, achtsam behandelt werden. Wer Worte hat, ist mächtig. Mit dieser Macht galt es, gewissenhaft umzugehen. Worte können nicht nur schön sein und lyrisch, sie können auch verletzen, kränken, ja, sogar vernichten. Hilde Domin kam ihr in den Sinn und ihr Gedicht »Unaufhaltsam«, das mit den Worten endet: »Besser ein Messer als ein Wort. Ein Messer kann stumpf sein. Ein Messer trifft oft am Herzen vorbei. Nicht das Wort. Am Ende ist das Wort. Immer am Ende das Wort.«

Mit einer raschen Bewegung zog sie ihr iPad aus der Tasche. Nicht, um auf ihm weiterzuschreiben, konnte doch das Schreiben auf dem technischen Gerät das Gefühl des Schreibens mit der Hand nie ersetzen und waren es doch ganz andere Worte, die hervorquollen, wenn sie einen Stift in der Hand hatte, als wenn sie tippte.

Nein, Zita, die Schriftstellerin und Studentin der Literatur und der Geschichte, hatte anderes im Sinn: Sie strich sich ihre schweren, dunklen Haare hinter die Ohren, wählte sich ins World Wide Web ein, öffnete die Startseite von eBay, klickte auf Antiquitäten und Kunst und tippte »Notizbuch« in die Suchmaske.

Das Foto, das Sekunden später auf dem Bildschirm erschien, zog Zita in seinen Bann. Ein Verkäufer bot ein wunderschönes Notizbuch aus Silber an. Seine Oberfläche war ziseliert, an der Seite befand sich ein kleiner, silberner, ebenfalls ziselierter Stift, der durch an der Vorder- und Rückseite des Büchleins befestigte Laschen gesteckt wurde und damit gleichzeitig einen Verschluss bildete. Man konnte lose Blätter zwischen Buchdeckel und Buchrücken klemmen. Das kleine Kunstwerk stamme aus der Zeit des Jugendstils, schrieb der Verkäufer, und Zita wusste, dass sie es haben musste. Sie begriff nicht, warum ihr Herz so hart gegen die Brust schlug, als sie das erste Gebot abgab. Sie hatte eigentlich nie zu den Frauen gehört, die angesichts eines Gegenstands, den sie sich wünschen, in Hysterie verfallen. Erst später, als die Geschichte um das Büchlein ihren Lauf nahm und sich die Leben so vieler Menschen dadurch veränderten, sollte sie dieses harte Schlagen ihres Herzens rückwirkend als eine Art Vorahnung begreifen.

Der Verkäufer hatte noch weitere Bilder ins Netz gestellt, und als Zita sie anklickte, sah sie zu ihrem Entzücken, dass sich in dem Notizbuch noch ein alter, vergilbter, mit sehr verblasster Tinte beschriebener Block befand. Die Bildansicht ließ sich nicht vergrößern, auch dann nicht, als sie versuchte, das iPad auszutricksen. Es hielt stur und eckig an der Größe fest, die irgend jemand ihm vorgegeben hatte.

Vier Besucher hatten bereits auf das Büchlein geboten, das Angebot endete in 59 Minuten. Hastig tippte sie eine Zahl ein und klickte auf »bieten«.

Ein dickes rotes Kreuz spie sie drohend an. »Sie wurden von einem anderen Bieter überboten«, höhnte die Schrift. »Bitte geben Sie ein höheres Gebot ein.« Zita tat, wie ihr geheißen, wurde wieder überboten, spielte das Spiel noch viele weitere Male, kämpfte einen harten Kampf mit einer, die »antikmami« hieß, und blendete die Welt, in der sie sich befand, ein Café in der Stuttgarter Innenstadt, völlig aus. Nur zweimal nahm sie am Rande ihres Bewusstseins die Wirtin wahr, die sie streng fragte, ob sie noch etwas wünsche, was sie stets bejahte und durch »einen Kaffee bitte« ergänzte, den die Wirtin ihr gleich darauf neben das iPad knallte. Und dann ging, und ihr Lächeln hinter sich herschleifte.

In stummer Verbissenheit rang Zita mit »antikmami« um das Büchlein, bis Ebay ihr zum erfolgreichen Kauf gratulierte und die Zahlungsinformationen schickte. Zita verließ eilends das Café und hastete zu ihrer Bank, zum Nachtschalter, um die Überweisung von 300 Euro sofort vorzunehmen - die Onlineüberweisung vom iPad aus hatte nicht geklappt - konnte sie es doch kaum erwarten, die Kostbarkeit in Händen zu halten.

Das Päckchen war winzig klein und der Verkäufer hatte die Pappe mit mehreren Schichten dickem, braunen Klebeband umwickelt. Zita zerrte heftig an den glänzenden Bändern, die dieser Ungeduld erfolgreich ihre Zähigkeit entgegensetzten, nicht nachgaben, sich nicht lösten, bis sie schließlich kapitulierte, in ihr Büro ging, eine Schere holte, und das Klebeband aufschnitt.

Während sie die glitzernden Klebestreifen sorgsam entfernte, schämte sie sich mit einem Mal ihrer Ungeduld. Sie schien ihr ein unwürdiger Empfang für dieses lang erwartete Büchlein. Jetzt schnitt sie Klebebänder und Pappe vorsichtig auseinander und barg das darin liegende, in Zeitungspapier eingewickelte Büchlein wie einen Schatz in den Händen.

Aus seinen Hüllen befreit, lag es vor ihr. Es war genau so, wie sie es sich ausgemalt hatte, und nicht größer als ihre Handfläche. Am oberen Rand des Büchleins befand sich eine Öse, und Zita stellte sich vor, wie seine ehemalige Besitzerin - aus der Femininität des Stückes schloss sie, dass es einmal einer Frau gehört haben musste - es um den Hals getragen hatte. Vielleicht an einem hellblauen Seidenband? Oder an einer dicken, silbernen Kette? Zita konnte die Frau vor sich sehen - es war wie eine Vision. In ihrer Vorstellung war sie dunkelblond, hatte ein madonnenhaftes Gesicht, grünblaue Augen und trug die Haare am Hinterkopf aufgesteckt. Ihr Kleid war unter dem Mieder weit und fiel bis zum Boden hinab und in ihren Ohrläppchen steckten hellblaue Gemmen-Ohrringe.

Auf der Rückseite des Büchleins waren ein See und Berge eingraviert. Ganz schwach war auch die Schrift zu lesen. »Überlingen am Bodensee.« Ein Reiseandenken?

Andächtig klappte Zita das Büchlein auf, dazu musste sie zuvor den Stift herausziehen. Ein Meisterwerk der Kunst, dachte sie und ließ ihre Finger langsam und zärtlich über die Hülle wandern, als liebkose und erforsche sie das Gesicht eines noch fremden Geliebten.

Vor den beschriebenen Blättern klemmte, im Deckel befestigt, ein vergilbtes und augenscheinlich aus einer Zeitung herausgerissenes Bild von einem Mann mit dunklen Haaren. Es war offensichtlich, dass das Bild sehr alt war. Der Mann blickte gerade, klar und entschlossen in die Kamera. Zita betrachtete es nachdenklich, berührte es vorsichtig und blätterte dann weiter.

Die Notizblätter, die sich im Büchlein befanden, waren vergilbt, die hellblaue, verschnörkelte Schrift verblasst, sie ließ sich nicht leicht entziffern, zumal es sich um altdeutsche Schrift - oder war es Sütterlin? - handelte. Zita trat näher ans Fenster ihres Wohnzimmers, um besser sehen zu können. Die herrliche Aussicht auf Stuttgart nahm sie nicht wahr. Langsam gewöhnte sie sich an das Schriftbild, sie las mit angehaltenem Atem, verschlang die Worte, die eine andere Jahrzehnte zuvor geschrieben hatte, voller Verzweiflung, wie es schien, und voll tiefer, reiner Liebe.

Die Tinte war verwischt, als habe die Schreiberin beim Lesen geweint. Auch die Schrift war zitterig. Es war ein Gedicht von Bertolt Brecht:

Morgens und abends zu lesen:

Der, den ich liebe

hat mir gesagt,

dass er mich braucht.

Darum gebe ich auf mich acht,

sehe auf meinen Weg und

fürchte von jedem Regentropfen,

dass er mich erschlagen könnte.

Bertolt Brecht

Mit angehaltenem Atem blätterte Zita weiter.

Rußland, Petrograd, Mai 1917

Es wird Zeit zu gehen, wir sind in Gefahr. Eine Taube vor dem Fenster. Sie kündet von einer Freiheit, die es vielleicht nie mehr für uns geben wird. Gejagte sind wir, Verfolgte. Selbst der Stift in meiner Hand, mein einziger Vertrauter, fühlt sich kalt an. Sie zwingen uns hineinzugehen, mitten ins Dunkel. Aber etwas müßen wir mitnehmen, denn der Weg ist gefährlich. Einen Zettel, auf dem ein Wort steht: Licht. Und eine Empfindung, die wir nicht vergessen dürfen: Liebe.

Zita starrte nachdenklich auf Stuttgarts Lichter hinunter. Petrograd. Das war der russische Name für St. Petersburg. Im März 1917 hatte Russland unter den Feuern der Revolution buchstäblich in Flammen gestanden. Ob der Eintrag zwei Monate später mit der Februarrevolution zusammenhing? Was aber tat eine Deutsche mitten im Ersten Weltkrieg in St. Petersburg? Wenn die Schreiberin eine Russin gewesen wäre, dann hätte sie doch sicherlich nicht in Sütterlin und in deutscher Sprache geschrieben. Ob sie eine Kommunistin war, die sich den Bolschewiki angeschlossen hatte? Zita glaubte es nicht. Alles, was die andere schrieb, klang nicht kämpferisch - eher so, als sei sie tieftraurig und verzweifelt.

Nachdenklich blätternd betrachtete sie das nächste Blatt im Block. Es war eindeutig von einer anderen Person, denn die Schrift war nicht so kantig wie die...

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Autor

Eva-Maria Bast, Jahrgang 1978, ist Journalistin, Autorin und Leiterin des Medien- und Journalistenbüros Bast Medien Service, Büro Bast & Thissen. Eva-Maria Bast initiierte und schrieb die Buchreihe "Geheimnisse der Heimat", die 2011 in der edition Südkurier startete, rasch zu einem regionalen Bestseller wurde und für die der Südkurier 2012 mit dem Oscar der Zeitungsbranche, dem deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad Adenauer Stiftung (Kategorie Geschichte) ausgezeichnet wurde. Die Reihe wird seither laufend erweitert. 2012 begann sie sich auch der Belletristik zu widmen. Nach zwei Krimis ist "Mondjahre" nun ihr erster historischer Roman. Eva-Maria Bast lebt mit ihrer Familie in Überlingen am Bodensee.