Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Sinnenrausch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
306 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am01.07.20152015
Jonas Wildberger macht eine grausige Entdeckung: In der Brust seiner toten Mutter steckt ein Fleischmesser. Sein Vater, ein renommierter Philosophieprofessor, sitzt wie versteinert neben ihr. Die Beweislage ist eindeutig: Kommissar Tannenberg verhaftet Ansgar Wildberger. Jonas begibt sich auf Spurensuche, will die Tat des Vaters verstehen. Dabei verrennt er sich immer mehr in dessen Forschung, steigert sich in einen Wahn, der darin gipfelt, dass seine eigene Frau Hannah plötzlich in Lebensgefahr schwebt.

Bernd Franzinger lebt bei Kaiserslautern. Mit seinen überaus erfolgreichen Tannenberg-Krimis gehört er zu den bekanntesten Autoren der deutschen Krimiszene.
mehr
Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR11,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextJonas Wildberger macht eine grausige Entdeckung: In der Brust seiner toten Mutter steckt ein Fleischmesser. Sein Vater, ein renommierter Philosophieprofessor, sitzt wie versteinert neben ihr. Die Beweislage ist eindeutig: Kommissar Tannenberg verhaftet Ansgar Wildberger. Jonas begibt sich auf Spurensuche, will die Tat des Vaters verstehen. Dabei verrennt er sich immer mehr in dessen Forschung, steigert sich in einen Wahn, der darin gipfelt, dass seine eigene Frau Hannah plötzlich in Lebensgefahr schwebt.

Bernd Franzinger lebt bei Kaiserslautern. Mit seinen überaus erfolgreichen Tannenberg-Krimis gehört er zu den bekanntesten Autoren der deutschen Krimiszene.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839248102
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Auflage2015
Reihen-Nr.15
Seiten306 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430805
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Jonas


Montag, 5. Dezember, 22.30 Uhr

Heute Morgen war ich dort.

In dem Haus, in dem es passiert ist.

In meinem Elternhaus.

In dem Haus, in dem ich bis vor drei Jahren gelebt habe.

Unter einem Dach mit einem gemeingefährlichen Verbrecher.

Dem Mörder meiner Mutter!

Wahnsinn!

Ich hatte mir fest vorgenommen, dieses Haus nie mehr zu betreten.

Noch nicht einmal der nervige Kommissar hat es geschafft, mich dazu zu bringen. Obwohl er schon an Mutters Todestag wollte, dass ich noch mal ins Haus reingehe, um nachzuschauen, ob etwas fehlt.

»Sie wollen wissen, ob etwas fehlt?«, hab ich ihn angebrüllt. »Ja, es fehlt etwas: meine Mutter!«

So ein Idiot!

Der Typ ist ganz cool geblieben, hat sich nicht provozieren lassen.

»Entschuldigung, Herr Wildberger. Ich will Sie wirklich nicht quälen«, hat er rumgesülzt, obwohl ihm natürlich klar war, dass er genau das getan hat, indem er mich bedrängt hat, in dieses Scheiß-Haus zurückzukehren.

»Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir unsere Arbeit tun müssen. Und dazu gehört eben auch die Abklärung aller denkbaren Möglichkeiten. Zum Beispiel müssen wir in Erwägung ziehen, dass ein Einbrecher die Tat begangen haben könnte. Und dafür müssten wir eben wissen, ob etwas gestohlen wurde. Theoretisch könnte es schließlich so gewesen sein. Allerdings muss ich eingestehen, dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand wenig dafür spricht.«

Einbruch - so ein Quatsch! Na ja, diese hirnrissige Arbeitshypothese hat die Kripo dann ja auch ziemlich schnell verworfen. »Wegen der Spurenlage, die nicht den geringsten Anhaltspunkt für ein gewaltsames Eindringen in Ihr Elternhaus liefert«, wie mir dieser komische Tannenberg Stunden später telefonisch mitgeteilt hat.

Deshalb war es auch nicht mehr nötig gewesen, dass ich mir das antue. Hätte ich eh nicht getan. Noch heute Morgen war ich mir ganz, ganz sicher, dass ich dieses Haus nie wieder betreten würde. Weil ich es einfach nicht ertragen könnte. Hab ich gedacht.

Und dann hat es mich plötzlich magisch dort hingezogen.

Ich konnte nichts dagegen machen.

Mein Körper hat mir nicht länger gehorcht.

Meine Beine sind einfach losgelaufen.

Wie ferngesteuert.

Und dann stand ich auf einmal vor der Haustür.

Plötzlich war alles wieder da, alles.

Sogar der Geruch nach frisch gebrühtem Kaffee, den ich bis zu diesem Zeitpunkt völlig vergessen hatte.

Meine Hand griff in die Hosentasche.

Der Schlüssel war eiskalt.

Mein Körper erstarrte.

Ich schloss unwillkürlich die Augen.

Auf meiner inneren Leinwand wurde ein Film abgespielt:

Ich entriegele die Tür, trete in den Flur.

In Großaufnahme sehe ich, wie sich mein Mund in Zeitlupentempo weit öffnet.

Ich rufe: »Muâ¦!«

Dann schließt er sich, um sich wenig später wieder zu öffnen und das Wort zu vollenden: »â¦tter!«, dröhnt es in meinem Kopf.

»Ich hab frische Brötchen gekauft«, höre ich nun in normaler Geschwindigkeit, allerdings unheimlich hallend.

Nachdem meine Worte verklungen sind, lausche ich einen Moment ins Haus hinein und schaue die Treppe hoch.

Dann drehe ich den Kopf nach rechts in Richtung des Wohnzimmers.

Noch immer keine Antwort.

Während ich auf die geschlossene Küchentür zugehe, rufe ich noch einmal: »Muuutter! Wo bist duuuu?«

Aber alles bleibt still.

Ich drücke die Messingklinke herunter, öffne die Tür.

Mein erster Blick fällt direkt auf ihn.

Er sitzt nur zwei Schritte entfernt von mir am Tisch, sein nach vorn gebeugter Rücken ist mir zugewandt.

Die Ellbogen ragen auf beiden Seiten über den Stuhl hinaus, kurz oberhalb der Sitzfläche.

Seine Arme liegen also nicht auf dem Tisch.

Die Hände kann ich nicht sehen.

Der Kopf ist zur Brust hin geneigt.

Ich sehe nur die Haare des Hinterkopfes.

Er scheint zu schlafen.

Dann entdecke ich Mutter.

Sie liegt ausgestreckt auf dem Rücken.

In ihrer linken Brust steckt ein Messer.

Es hat einen langen, schwarzen Griff.

Ein paar Zentimeter darunter befinden sich ihre Hände.

Die Finger sind ineinander verschränkt.

Es sieht aus, als ob sie beten würde.

Ihre Bluse ist voller Blut.

Im ersten Moment bin ich wie versteinert, mein Körper gehorcht mir nicht.

Ich will zu ihr hin, kann aber nicht.

Plötzlich geht es doch.

Ich hechte zu Mutter, versuche am Hals ihren Pulsschlag zu ertasten.

Aber ich spüre ihn nicht.

Dann am Handgelenk - auch nichts.

Ich sehe von der Küchentür aus wie ich - wieder in Zeitlupe - aufspringe.

Nun stehe ich seitlich versetzt etwa einen Meter vor ihm.

Die imaginäre Kamera ist direkt auf mich gerichtet.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht schreie ich: (Ich kann das erste Wort, das ich gebrüllt habe und das mit V beginnt, nicht schreiben, weil ich seit diesem Tag keinen V. mehr habe!!!) »Was ist passiert?«

Er reagiert nicht, blickt nicht einmal zu mir auf.

Ich sehe sein Gesicht nicht, nur die Stirn, die Brille und die Nasenspitze.

Ich packe ihn an den Schultern, schüttele ihn.

Er setzt mir keinen Widerstand entgegen.

Sein Körper ist völlig schlaff.

Er scheint sich in einem Trancezustand zu befinden.

Ich lasse ihn los, renne ins Wohnzimmer zum Telefon, rufe den Notarzt.

Dann laufe ich zurück in die Küche.

Alles ist unverändert.

Plötzlich überkommt es mich.

Ich fange an â¦

Verdammt, was soll das? Warum quäle ich mich damit? Ich kann ja sowieso nichts daran ändern. Seit diesem verfluchten Samstagmorgen ist nichts mehr so, wie es einmal war.

Mutter ist tot!

Was soll diese ganze bescheuerte Psychokacke überhaupt? Das bringt doch nichts!

»Jonas, du darfst dich jetzt nicht aufgeben«, hat Wolfgang vorhin gesagt. »Die Idee mit dem Tagebuch ist exakt die richtige Strategie, mit der du diese Extremsituation bewältigen kannst. Du musst unbedingt damit weitermachen, egal wie schwer es dir auch fallen mag. Du musst dich mit den schrecklichen Ereignissen offensiv auseinandersetzen.«

»Ich muss überhaupt nichts!«, habe ich ihn angeschrien.

»Doch, doch, Jonas, das musst du. Das bist du dir und vor allem auch deiner Mutter schuldig. Sie hätte nicht gewollt, dass du dich hängen lässt.«

»Was weißt denn du schon, was Mutter gewollt hätte.«

»Glaub mir, ich weiß es.«

»Woher? Hat dir das heute Nacht der liebe Gott eingeflüstert, oder was?«

»Du musst dir minutiös in Erinnerung rufen, was passiert ist«, hat er weitergeredet. »Du musst detailliert aufschreiben, was du denkst und was du fühlst. Ohne es zu wissen, hast du heute Morgen schon den ersten wichtigen Schritt dafür getan, als du dich zurück in die Trauma auslösende Situation begeben hast.«

»Laber, laber, laber.«

»Das war genau das Richtige, Jonas. Die Psychologen nennen diese Methode Konfrontationstherapie . Dadurch kannst du die psychische Extremsituation, in der du dich verständlicherweise gerade befindest, Stück für Stück bewältigen. Du wirst sehen, dass dein Gehirn, wenn du es immer und immer wieder mit dem passenden Input fütterst, die dramatischen Ereignisse mit der Zeit verarbeiten wird.«

»Verarbeiten? Glaubst du denn wirklich, dass man solch einen Wahnsinn verarbeiten kann?«, hab ich meinen Patenonkel, den berühmten Gehirnforscher, gefragt. »Am Ende behauptest du noch, dass man mit albernen Psychospielchen wie diesem die schrecklichen Erinnerungen aus meinem Gedächtnis löschen kann. Vielleicht sogar vollständig - wie eine überflüssige Datei von der Festplatte eines Computers?«

»Mit dem, was du Psychospielchen nennst, geht das sicherlich nicht. Ein weitgehendes Löschen wäre nur mit einem konventionellen chirurgischen Eingriff oder einer Laserbehandlung möglich«, hat Wolfgang geantwortet.

Danach hat er eine Pause eingelegt und ist gedankenverloren in seinem Arbeitszimmer umhergewandert.

»Jonas, du glaubst ja gar nicht, was mit der modernen Lasertechnik alles möglich ist«, hat er anschließend gesagt. Dabei hat er mir ganz tief in die Augen geschaut. »Aber diese Option wollen wir vorerst nicht weiter verfolgen. - Wir waren gerade bei der therapeutischen Verarbeitung von schrecklichen Erlebnissen, nicht wahr?«

»Ja, das waren wir«, hab ich geantwortet. »Nur kann ich nicht daran glauben, dass das auch tatsächlich funktioniert.«

»Aber natürlich funktioniert es«, hat Wolfgang behauptet, aber er hat gleich einschränkend hinzugefügt: »Zumindest in den meisten Fällen. Allerdings können diese therapeutischen Maßnahmen nur etwas Positives bewirken, wenn du nichts verdrängst und nicht vor deinen schmerzhaften Erinnerungen wegrennst, sondern dich ihnen stellst. Damit tust du genau das, was vor dir viele Schriftsteller und Philosophen bereits intensiv gemacht haben: Sie haben sich ihren gesamten Kummer von der Seele geschrieben. Das ist so ziemlich das einzige Mittel, das dir jetzt helfen kann. Außer den...

mehr