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Kronus' Kinder

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
240 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am01.12.20152015
Susan Andretti hat einen neuen Job als Systemberaterin. Bei ihrem Kunden Kronus in Bremen fasst sie schnell Fuß, doch dann wird der zweijährige Enkel des Großindustriellen entführt. Während Susan mit den Schatten ihrer eigenen Vergangenheit kämpft, unterstützt sie die Familie bei der Suche nach dem Kind. Je tiefer sie hinter die Fassade des Familienkonzerns blickt, desto mehr Abgründe tun sich auf, die sie am Ende selbst zu verschlingen drohen.

Alexa Stein wurde 1966 in Nürnberg geboren und kam 1990 der Liebe wegen nach Bremen, wo sie ihre Leidenschaft für den Norden, das Schreiben und mörderisch gute Geschichten entdeckte. Sie ist Mitglied der »Mörderischen Schwestern« und im »Syndikat«, war Gastdozentin für Kreatives Schreiben an der Universität Bremen und leitet seit 2011 das Krimifestival »Prime Time - Crime Time«. www.alexa-stein.de
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Produkt

KlappentextSusan Andretti hat einen neuen Job als Systemberaterin. Bei ihrem Kunden Kronus in Bremen fasst sie schnell Fuß, doch dann wird der zweijährige Enkel des Großindustriellen entführt. Während Susan mit den Schatten ihrer eigenen Vergangenheit kämpft, unterstützt sie die Familie bei der Suche nach dem Kind. Je tiefer sie hinter die Fassade des Familienkonzerns blickt, desto mehr Abgründe tun sich auf, die sie am Ende selbst zu verschlingen drohen.

Alexa Stein wurde 1966 in Nürnberg geboren und kam 1990 der Liebe wegen nach Bremen, wo sie ihre Leidenschaft für den Norden, das Schreiben und mörderisch gute Geschichten entdeckte. Sie ist Mitglied der »Mörderischen Schwestern« und im »Syndikat«, war Gastdozentin für Kreatives Schreiben an der Universität Bremen und leitet seit 2011 das Krimifestival »Prime Time - Crime Time«. www.alexa-stein.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783734993688
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.12.2015
Auflage2015
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431001
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2. Kapitel

Susan stieg aus dem Wagen, sah auf ihre Armbanduhr. Auf die Minute pünktlich. Sie knöpfte den neuen Blazer zu und ging über den Parkplatz zum Firmengebäude der Kronus GmbH. Sie arbeitete jetzt seit einem Monat für Systems. Schon zwei Tage nach dem Bewerbungsgespräch hatte sie den Vertrag im Briefkasten gefunden, den Vertrag und einen Zettel, dass sie am Montag um neun Uhr anfangen sollte. Ein Monat, in dem Berger ihr im Eilverfahren eingetrichtert hatte, was sie an Basiswissen für die Projektbetreuung benötigte. Alles andere ergäbe sich in der Praxis, hatte er gesagt. Seine Anforderungen waren hoch, und er war verdammt schwer einzuschätzen. Jeder Tag, den sie mit ihm zusammenarbeitete, verstärkte diesen Eindruck. Immer, wenn sie dachte, sie wüsste was er vorhatte, reagierte er anders. Launisch war er allerdings nicht. Alles schien gut überlegt, selbst seine Stimmungen.

Frau Gruber, die Sekretärin des Firmeninhabers, führte sie in ein mehr als großzügiges Büro und ließ sie mit der Bemerkung zurück, dass der Senior gleich käme.

Unschlüssig sah Susan sich um, rieb die Handflächen gegeneinander, aber sie blieben kalt, wie der Raum mit seinen schweren englischen Möbeln. Selbst der seidige Schimmer des rotbraunen Holzes und der weiche Duft nach Bienenwachs vermochten dem Raum keine heimelige Atmosphäre zu verleihen.

Die Rahmen der vier Portraits, die hinter dem Schreibtisch hingen, hoben sich kaum von der Wandvertäfelung ab, ließen die Gesichter mit der Wand verschmelzen. Hagere Gesichter, umrahmt von sorgfältig geschnittenen, blonden Haaren, graue Augen, das erste mit Bart, die anderen sorgfältig rasiert. Sie alle saßen vor diesem Schreibtisch, den linken Arm auf die Lehne dieses Stuhles gelegt, selbst der Aktenschrank schien noch aus der Gründerzeit zu stammen, als habe sich der Raum über die Generationen hinweg nicht verändert. Sie alle blickten streng auf Susan herab, nur das Gesicht mit dem Bart hatte ein Zwinkern in den Augen.

Als sie es genauer betrachtete, bemerkte sie, dass der Stehkragen nicht so dicht saß, die Hand leicht gebogen auf der Lehne lag, als wollten die Finger augenblicklich lostrommeln. Die Zipfel des Schnauzbartes schienen noch zu zucken, als würde die ganze aufgesetzte Strenge jeden Augenblick von einem Lachen vertrieben.

Als die Tür geöffnet wurde, zuckte sie zusammen, und bevor sie sich dafür schelten konnte, kam Henning Kronus auf sie zu, füllte den vorher so geisterhaft geordneten Raum mit Leben.

Berger hatte recht, dieser Mann flößte einem schon durch seine bloße Anwesenheit Respekt ein.

Er begrüßte sie mit einem kräftigen Handschlag und bat sie, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Erst als sie saß, ließ er sich in dem hohen Ledersessel nieder. Er lächelte freundlich, gleichwohl ließ sein Blick keinen Zweifel daran, wer hier das Sagen hatte. Die Ruhe und Bestimmtheit, mit der er sich ihr zuwandte, ließ ihn aufmerksam erscheinen, erinnerte Susan an den väterlichen Ausdruck des Schnauzbartes über ihm.

An der Wand zu ihrer Rechten hing ein Ausschnitt aus dem Weser Kurier, mit der Überschrift Bremer Traditionsunternehmen für soziale Verdienste ausgezeichnet. Sie kannte den Artikel. Er war vor einem halben Jahr in der Rubrik Märkte & Macher erschienen. Henning Kronus hatte in dem Interview die Firma stolz als seine Familie bezeichnet, für die er sich auch über geschäftliche Angelegenheiten hinaus verantwortlich fühlte.

Der Senior stützte die Ellenbogen auf die Mahagoniplatte und verschränkte die schmalen, knochigen Hände. Beide Ringfinger wurden von Standessymbolen geschmückt. Der Rechte von einem schmalen, goldenen, der Linke von einem dunkelgrünen Siegelring.

Seine Bewegungen waren rund und geschmeidig, wobei er einen frischen Duft verströmte, der von einer erdigen Basisnote getragen wurde. Lediglich die leicht erschlaffte Haut und das weiße Haar ließen erahnen, dass er vor wenigen Monaten 70 geworden war.

Er folgte Susans Blick zu dem Zeitungsbericht. »Tradition hat bei uns höchste Priorität. Selbst in der vierten Generation ist die Firma zu 100 Prozent im Besitz der Familie. Und so wird es bleiben.«

Als Susan nicht antwortete, lächelte er. »Das mag weltfremd klingen, doch glauben Sie mir, nichts - absolut nichts - kann den Erfolgsfaktor einer intakten Firmenstruktur ersetzen. Genau genommen ist ein Unternehmen nichts anderes als eine Großfamilie. Mein Sohn und meine Tochter sind seit Jahren hier tätig. Sie haben von der Botenabteilung angefangen alle Abteilungen durchlaufen. Es ist wichtig, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Verstehen Sie, was ich meine?«

Susan nickte. »Nichts ist schlimmer für ein Unternehmen, als ein Geschäftsführer, der seinen Betrieb ausschließlich aus Statistiken kennt.«

Henning Kronus zwinkerte ihr zu. »Ich sehe, wir verstehen uns. Und das ist wichtig. Schließlich wird die Umstrukturierung auf Basis Ihres Systems das Rückgrat unserer Firma bilden. Ich muss allerdings gestehen, von EDV nicht allzu viel Ahnung zu haben. Deshalb wird die Projektleitung bei meinem Sohn liegen. Doch zögern Sie bitte nicht, mich jederzeit anzusprechen.«

Er griff zum Telefon, runzelte die Stirn, als er auflegte, erneut wählte, und Frau Gruber bat, seinen Sohn zu ihm zu schicken.

Wenige Minuten später betrat eine Frau den Raum. Ohne zu wissen wer sie war, erkannte Susan sie sofort als eine Kronus. Sie war Mitte 30, hochgewachsen und schlank, beneidenswert schlank. Susan fand sich selbst zu klein, zu pummelig, auch wenn ihre Mutter ihr immer wieder versichert hatte, dass sie eine schöne, eine weibliche Figur habe. Weiblich, was sagte das anderes aus, als dass die Männer sie auf ihren Busen reduzierten. Weiblich, sie hasste allein das Wort. Sie hätte so gern einen Körper, der sportlich und dynamisch wirkte, wie jener, der dort im Türrahmen stand.

Henning Kronus zog die Brauen nach oben.

Die Frau machte einen kleinen Schritt nach vorn, ohne die Hand von der Türklinke zu nehmen. »Georg ist nicht im Haus. Da dachte ich â¦«

»Was soll das heißen? Er wusste von dem Termin.«

»Es gab augenscheinlich Wichtigeres.« Sie trat weiter in den Raum und verschränkte die Arme.

Henning Kronus blieb stumm, aber seine Wangenmuskeln spannten sich. Unwillkürlich blickte Susan zu den Portraits, die mit zustimmenden Blicken dem Senior den Rücken stärkten. Schließlich wandte er sich wieder an Susan.

»Frau Andretti, darf ich Ihnen meine Tochter vorstellen? Sie wird Sie vorerst mit unserer Vertriebsstruktur vertraut machen.«

Seine Tochter wartete, bis er ausgesprochen hatte, dann ging sie auf Susan zu. Sie hatte die großen, grauen Augen ihres Vaters, doch strahlten sie bei ihr eine andere Wirkung aus. Sie verliehen dem schmalen Gesicht etwas Mädchenhaftes, das nicht ganz zu dem Businesskostüm und dem bequemen Chic der Schuhe passte und dennoch ihren schlichten Stil betonte.

»Andrea Kronus. Ich freue mich sehr auf unsere Zusammenarbeit.« Sie streckte Susan die Hand entgegen und lächelte.

Schon beim Betreten des Büros roch Susan die Anwesenheit eines Babys. Der Duft nach Schafsfett und Vanille, begleitet von dem säuerlichen Geruch verdauter Milch. Andrea Kronus ging zu dem Kinderwagen, der neben ihrem Schreibtisch stand, beugte sich darüber. »Das ist mein Sohn Julian. Er ist sechs Monate alt.«

Susan trat näher und sah auf den schlafenden Jungen. Sein Gesicht war leicht gerötet und die kleine Nase zuckte, wie die eines Kaninchens. Als seine Mutter behutsam die Zudecke zur Seite schlug, gähnte er, ohne die Augen zu öffnen. Sie zog ihre Hand zurück, schaukelte den Wagen ein wenig hin und her und setzte sich.

Susan blieb stehen. »Wie friedlich er aussieht.« Vorsichtig berührte sie seine warme, feuchte Wange. Das Kind bewegte sich, suchte mit seiner kleinen Faust ihren Finger. Susan deckte ihn wieder zu und setzte sich Andrea Kronus gegenüber.

»Der Schein trügt. Wenn ihm etwas nicht passt, kann er sich durchaus lautstark bemerkbar machen. Haben Sie Kinder?«

»Nein.« Die Antwort kam schärfer heraus, als Susan es beabsichtigt hatte. Andrea Kronus sah sie an, als würde sie eine Erwiderung überlegen, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen griff sie zum Telefon.

»Kaffee?«

Während Frau Gruber servierte, reichte Andrea Kronus Susan eine Mappe, schlug ein Organigramm auf. »Unser weltweiter Vertrieb wird von unterschiedlichen Vertretungen wahrgenommen, die eine lose Verbindung zum Stammhaus in Bremen haben, was die Zusammenarbeit erschwert. Noch sind wir kein Konzern. Mein Vater konnte sich bisher nicht dazu durchringen.« Sie klopfte mit einem Stift gegen ihren Oberarm. »Unsere Tochtergesellschaften arbeiten darüber hinaus mit eigenständigen EDV-Programmen, was den Austausch von Daten immens verkompliziert.«

Susan konnte sich kaum Notizen machen, so schnell flogen ihr die Worte entgegen. Je mehr Andrea Kronus erzählte, desto mehr Farbe bekamen ihre Wangen. Alles was sie sagte, hörte sich an, als hätte sie es schon Dutzend Mal referiert. Und das, obwohl sie spontan für ihren Bruder eingesprungen war. Ihre Begeisterung steckte Susan so an, dass es ihr vorkam, als würden sie seit Jahren zusammenarbeiten.

»Ist denn geplant, auch die Tochtergesellschaften mit Systems auszustatten?«, wollte sie wissen.

»Wenn es nach mir ginge, sofort, mein Vater jedoch â¦, er möchte erst die Implementierung hier im Hause abwarten.«

Bevor Susan eine weitere Frage stellen...

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Autor

Alexa Stein wurde 1966 in Nürnberg geboren und kam 1990 der Liebe wegen nach Bremen, wo sie ihre Leidenschaft für den Norden, das Schreiben und mörderisch gute Geschichten entdeckte. Sie ist Mitglied der »Mörderischen Schwestern« und im »Syndikat«, war Gastdozentin für Kreatives Schreiben an der Universität Bremen und leitet seit 2011 das Krimifestival »Prime Time - Crime Time«.www.alexa-stein.de