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Das gefälschte Lächeln

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
313 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am08.03.20172017
Carl Werner Mackenbach wird tot in seiner Villa aufgefunden, offensichtlich erschlagen mit einer Kopie der 'Mona Lisa'. Für Kommissar Unger passt etwas nicht ins Bild: Warum hängt in der Sammlung des angesehenen Kunstliebhabers eine Reproduktion? Oder handelt es sich etwa um das Original? Unger und sein Team stoßen bei ihren Ermittlungen unter anderem auf den über 100 Jahre zurückliegenden Raub des Gemäldes aus dem Louvre. Hängt dort etwa seit einem Jahrhundert eine Fälschung?

Kay Jacobs, Jahrgang 1961, studierte Jura, Philosophie und Volkswirtschaft in Tübingen und Kiel. Er promovierte über Unternehmensmitbestimmung und war anschließend viele Jahre in unterschiedlichen Kanzleien als Rechtsanwalt tätig. Heute lebt er mit seiner Familie in Norddeutschland und schreibt über all das, was er als Anwalt erlebt hat oder hätte erlebt haben können. Für »Kieler Helden« wurde er mit dem Silbernen Homer ausgezeichnet. Näheres unter: www.kayjacobs.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,99
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextCarl Werner Mackenbach wird tot in seiner Villa aufgefunden, offensichtlich erschlagen mit einer Kopie der 'Mona Lisa'. Für Kommissar Unger passt etwas nicht ins Bild: Warum hängt in der Sammlung des angesehenen Kunstliebhabers eine Reproduktion? Oder handelt es sich etwa um das Original? Unger und sein Team stoßen bei ihren Ermittlungen unter anderem auf den über 100 Jahre zurückliegenden Raub des Gemäldes aus dem Louvre. Hängt dort etwa seit einem Jahrhundert eine Fälschung?

Kay Jacobs, Jahrgang 1961, studierte Jura, Philosophie und Volkswirtschaft in Tübingen und Kiel. Er promovierte über Unternehmensmitbestimmung und war anschließend viele Jahre in unterschiedlichen Kanzleien als Rechtsanwalt tätig. Heute lebt er mit seiner Familie in Norddeutschland und schreibt über all das, was er als Anwalt erlebt hat oder hätte erlebt haben können. Für »Kieler Helden« wurde er mit dem Silbernen Homer ausgezeichnet. Näheres unter: www.kayjacobs.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839253083
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum08.03.2017
Auflage2017
Seiten313 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431523
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Dreierlei stand für Hermann Weber fest: Erstens, es würde der größte Kunstraub werden, den es je gegeben hatte. Zweitens, er selbst würde sich vollständig im Hintergrund halten. Drittens, er würde reich werden. Schon seit Wochen hatte er kaum an etwas anderes denken können als an seinen Plan.

Jetzt saß er fast eine halbe Stunde auf einer Parkbank in den Jardins du Trocadéro, spielte ein wenig mit seinem Spazierstock, drehte an seinem Victor-Emanuel-Bart und beobachtete den Kerl gegenüber mit der aktuellen Ausgabe des Le Figaro, gefaltet auf Seite fünf, mit einem Eselsohr in der Ecke.

Von Kunst verstand Weber nichts. Das musste so sein. Wäre er als Kunstliebhaber bekannt, würde man sich wegen häufiger Besuche im Louvre vielleicht sogar an sein Gesicht erinnern, das wäre viel zu gefährlich. Womöglich würde er bei seinem Vorhaben auch noch mit Skrupeln zu kämpfen haben oder eines Tages könnte der Wunsch entstehen, sich anderen Kunstliebhabern zu offenbaren. Nein, ein Kunsträuber durfte auf keinen Fall ein Kunstliebhaber sein.

Auf die Idee, ein Gemälde zu rauben, war Weber gekommen, nachdem er ein Jahr zuvor, im Sommer 1910, auf einer Reise nach Florenz halbwegs gelangweilt durch die Uffizien geschlendert war. Beim Anblick von Botticellis Geburt der Venus hatte er sich gefragt, was wohl der monetäre Wert eines Gegenstands sein mochte, der nie zum Kauf angeboten werden würde. Er wusste es. Erst Tage später war ihm der bahnbrechende und im Grunde recht naheliegende Gedanke gekommen, dass sich vielleicht doch irgendwann Umstände ereignen könnten, die zum Handel mit einem als unhandelbar geltenden Gegenstand führen würden.

Der Kerl gegenüber war sichtlich nervös. Er schaute den Weg entlang nach rechts, dann nach links, stand von seiner Parkbank auf, setzte sich wieder, drehte sich ruckartig um, blickte nach hinten, dann wieder nach rechts. In der einen Hand knitterte er die Zeitung, in der anderen seine Arbeitermütze. Zwischendurch steckte er sich immer wieder eine Gitanes an, inzwischen die vierte. Es wurde Zeit. Weber erhob sich von seiner Bank, schritt gemächlich in Richtung Eiffelturm, machte einen weiten Rechtsbogen und näherte sich dem Kerl schließlich von hinten.

»Monsieur Peruggia?«, fragte er.

Der Kerl fuhr herum und stand überhastet auf, als wäre er gerade bei einem Diebstahl überrascht worden. »Oui«, antwortete er und machte einen Diener.

»Hermann Weber.« Weber zog sein Exemplar des Le Figaro aus dem Mantel, gefaltet auf Seite fünf mit einem Eselsohr in der Ecke.

»Nehmen Sie wieder Platz«, sagte Weber auf Französisch, die einzige Sprache, die in Paris nicht auffiel und in der er sich mit Peruggia leidlich würde verständigen können.

Peruggia setzte sich, und Weber nahm daneben Platz.

»Sie müssen entschuldigen, dass ich Sie warten ließ«, fuhr Weber fort. »Ich wollte mir erst einen Eindruck von Ihnen verschaffen.«

»Selbstverständlich.«

Der Eindruck fiel nicht gerade positiv aus. Peruggia war nervös, vielleicht zu nervös, und zu unterwürfig. Weber mochte beides nicht. Andererseits hatte Peruggia unverzichtbare Fähigkeiten und Kenntnisse. Wenn Weber seinen Plan nicht mit ihm verwirklichte, würde er ihn vielleicht gar nicht verwirklichen können.

»Nehmen Sie zunächst einmal das hier.« Weber zog einen 100-Franc-Schein aus seiner Tasche und hielt ihn Peruggia hin. Das musste in etwa der Monatslohn für einen einfachen Handwerker sein. »Da, nehmen Sie. Er gehört Ihnen.«

»Aber Monsieur, ich kann doch nicht â¦«

»Nehmen Sie!«

Das war ein Befehl, und Peruggia gehorchte.

»Sie können das Geld behalten, auch wenn wir nicht miteinander ins Geschäft kommen sollten. Ich fordere eine einzige Gegenleistung: Sie dürfen niemandem von mir und unserem Treffen erzählen. Niemandem, niemals! Haben wir uns verstanden?«

»Jawohl. Danke.«

»Ich gehöre einer nicht sehr zimperlichen Organisation an. Sie würden es bitter bereuen, wenn Sie jemals gegen Ihre Verschwiegenheitspflicht verstießen.« Diese Worte kamen wie Rasierklingen aus Webers Mund, während er gelangweilt durch die Gegend schaute. Dabei war er überhaupt nicht gelangweilt, eher das Gegenteil. Er gehörte auch keiner Organisation an, er war Einzelkämpfer, nicht einen einzigen Mitstreiter hatte er. Peruggia hätte das Geld nehmen und ihn später bei der Polizei denunzieren können. Ihm selbst würde dann bestenfalls die Flucht bleiben.

»Sie können sich auf mich verlassen.« Peruggia steckte das Geld weg, seine Bewegungen wurden ruhiger. Er schien begriffen zu haben, dass er Akteur in einem Spiel war, in dem man Gelassenheit zumindest vortäuschen musste.

»Was für eine Organisation ist es denn?«, fragte er.

»Eine deutsche Organisation. Mehr brauchen Sie darüber nicht zu wissen.« Weber ließ eine Pause, die zum heiklen Teil des Gesprächs überleitete.

»Sie wurden mir als italienischer Patriot geschildert.« Wurde er nicht, eher als Kleinkrimineller, aber das hätte jetzt nicht gepasst. »Meine Organisation fragt sich: Was macht einer wie Sie in Frankreich?«

»Tja, das Geld, das Geld«, antwortete Peruggia larmoyant. »Ich komme aus einem kleinen Dorf in der Lombardei. Da gibt es keine Arbeit, da muss man in die Fremde.«

»Ich habe mich über Sie erkundigt: Ihr Geburtsort heißt Dumenza, drei Kilometer östlich vom Lago Maggiore, ein Kilometer westlich von der Schweizer Grenze. Ein Viertel der erwachsenen männlichen Bevölkerung lebt vom Schmuggel, davon sitzt ein Viertel im Knast. Im Falle einer Generalamnestie würde in Dumenza Wohnungsnot herrschen.«

»Wer redet so?«

»Das tut nichts zur Sache.«

Ein ehemaliger Schulkamerad von Peruggia und jetziger Schmuggler redete so. Weber hatte diesen Mann vor einiger Zeit - sagen wir: beruflich - kennengelernt und er war es gewesen, der Peruggia empfohlen hatte.

»Ein Italiener wird in Frankreich nicht gerade freundlich behandelt, nicht wahr?« Weber knüpfte wieder an das vorherige Thema an. »Die Franzosen überfallen ihre Nachbarländer, beuten sie aus, schänden ihre Frauen und rauben ihre Kunstgegenstände. Und wenn man ihr Land besucht, behandeln sie einen wie Abschaum.« Weber schaute Peruggia in die Augen. »Ich bin Deutscher. Wir sind Verbündete.« Weber spielte auf den Dreibund zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien an, dem die Entente zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland gegenüberstand. Weber hoffte, dass Peruggia die Anspielung verstand.

Nach einer Weile erhob sich Weber von der Parkbank. »Gehen wir ein Stück.«

Hastig steckte Peruggia sich eine Gitanes an und folgte.

»Würden Sie bitte â¦«, sagte Weber und deutete auf die Zigarette.

»Aber natürlich.« Peruggia kramte seine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche und hielt sie Weber hin.

»Nein, ich bin Nichtraucher. Sie sollen den Stängel ausmachen.«

Peruggia nahm einen betont lässigen Zug von seiner Gitanes und schnippte sie anschließend ebenso lässig weg. Damit waren die Verhältnisse geklärt: Man gab sich entspannt, und der Chef war Weber.

»Sie haben im Louvre gearbeitet, wie ich höre. Was haben Sie da gemacht? Alte Werke restauriert?«

»Nicht direkt. Ich habe die Schutzverglasung für die Gemälde hergestellt. Wie Sie sicher wissen, hat es seit einigen Jahren in mehreren Museen Säureanschläge gegeben. Davor hat man im Louvre Angst.«

»Aber eigentlich sind Sie Künstler, nicht wahr? Maler.«

Das war Peruggia nicht, sondern Anstreicher. Er bevorzugte den Begriff »Dekorationsmaler« und behauptete gern, sich auch mit Kunstmalerei zu beschäftigen, was allerdings mächtig übertrieben war. Weber wusste das, aber er erwartete keinen Widerspruch, und Peruggia schwieg.

»Deshalb zog es Sie in den Louvre, zu den alten Meistern. Es muss Sie geschmerzt haben, jeden Tag die großen italienischen Werke zu sehen, die von den Franzosen geraubt wurden.«

»Ja, das ist wohl wahr«, seufzte Peruggia.

Im Louvre gab es keine aus Italien geraubten Kunstwerke mehr - die in der napoleonischen Zeit verschleppten Gemälde und Statuen waren längst zurückgegeben worden. Doch das wusste Peruggia offenbar nicht.

»Eine Schande ist das«, bekräftigte er seine Äußerung.

»Aber Sie tun nichts dagegen. Sie nehmen es so hin.«

»Was soll ich denn machen? Ich kann doch nicht einfach ein Gemälde von der Wand reißen und mitnehmen.«

»Nein? Wieso nicht?«

Peruggia zog die Augenbrauen hoch und schaute in die Ferne. Er war ein einfacher Mann ohne Bildung, aber offensichtlich besaß er eine Art natürliche Schläue, den Hang zur Verschlagenheit, den man der ungebildeten Landbevölkerung gern nachsagte. Weber konnte sehen, wie es in Peruggias Kopf arbeitete.

»Von welchem Gemälde sprechen wir?«, fragte Peruggia nach einiger Zeit.

»Du entscheidest.« Das war nicht ungefährlich. Im Grunde kam nur ein Gemälde des Louvre in Betracht, nur ein Gemälde von italienischer Herkunft würde einen wirklichen Spitzenpreis erzielen. Doch es war nicht sicher, dass der ungebildete Bergbauer Peruggia gerade dieses Gemälde wählen würde.

»La Gioconda, die Mona Lisa«, sagte Peruggia feierlich und dann noch mal: »Die Mona Lisa.«

Weber nickte und in Peruggias Kopf arbeitete es weiter.

»Und welche Rolle spielt Ihre Organisation dabei?«

»Wir helfen dir, das Gemälde an seinen angestammten Platz nach Italien zurückzubringen. Wenn du auf eigene Faust...

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Kay Jacobs, Jahrgang 1961, studierte Jura, Philosophie und Volkswirtschaft. Er promovierte über Unternehmensmitbestimmung und behauptet hartnäckig, nicht abgeschrieben zu haben. Später war er viele Jahre in unterschiedlichen Kanzleien als Rechtsanwalt tätig. Heute lebt er mit seiner Familie in Norddeutschland und schreibt über all das, was er als Anwalt erlebt hat oder hätte erlebt haben können.Mehr unter: www.kayjacobs.de