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Schwabing 62

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am14.02.20242024
In München-Schwabing wird die 36-jährige Berenike von Rahnstedt ermordet aufgefunden. Der junge Kriminalhauptkommissar Korbinian Hilpert und sein Kollege Ludwig Waldleitner übernehmen die Ermittlungen. Die Liste der Verdächtigen ist lang, da die Ermordete als Schwabinger Künstlerin ein äußerst lockeres und teilweise ausschweifendes Leben führte. Das Ermittlerduo muss tief in die Münchner und vor allem die Schwabinger Szene - kurz nach den Schwabinger Krawallen - eintauchen.

Gretel Mayer, geboren 1949 in München, war als Fremdsprachensekretärin, Übersetzerin und jahrelang als Buchhändlerin tätig, bevor sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt schon seit Jahrzehnten in Unterfranken liegt, schlägt ihr Herz noch immer für das Alpenvorland und ihre Geburtsstadt München. www.gretelmayer.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
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Produkt

KlappentextIn München-Schwabing wird die 36-jährige Berenike von Rahnstedt ermordet aufgefunden. Der junge Kriminalhauptkommissar Korbinian Hilpert und sein Kollege Ludwig Waldleitner übernehmen die Ermittlungen. Die Liste der Verdächtigen ist lang, da die Ermordete als Schwabinger Künstlerin ein äußerst lockeres und teilweise ausschweifendes Leben führte. Das Ermittlerduo muss tief in die Münchner und vor allem die Schwabinger Szene - kurz nach den Schwabinger Krawallen - eintauchen.

Gretel Mayer, geboren 1949 in München, war als Fremdsprachensekretärin, Übersetzerin und jahrelang als Buchhändlerin tätig, bevor sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt schon seit Jahrzehnten in Unterfranken liegt, schlägt ihr Herz noch immer für das Alpenvorland und ihre Geburtsstadt München. www.gretelmayer.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839278406
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum14.02.2024
Auflage2024
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.12825033
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


3. Juli 1962

München-Schwabing
Trautenwolfstraße

Am nächsten Morgen, wie immer war die Familie Hilpert viel zu spät dran, lief Wolferl dann nach unten, um seinen Schulranzen zu holen. Kurze Zeit später - Korbinian machte sich gerade im Flur ausgehfertig - stand Wolferl wieder vor der Tür. Seine Augen waren noch dunkler als sonst, und seine Stimme zitterte.

»Ich kann die Mama nicht aufwecken. Sie rührt sich nicht, obwohl ich sie ein paar Mal ganz fest gestupst habe.«

*

Polizeipräsidium München
Ettstraße

Ludwig Waldleitner, von seinen besten Freunden kurz Lucki genannt, öffnete das Fenster der Abteilung Mord I im Polizeipräsidium an der Ettstraße und spähte nach draußen. Elvira Hutschler, die Sekretärin vom Diebstahl, ging gerade wiegenden Schrittes in Richtung Eingang; sie trug ein eng anliegendes zitronengelbes Kostüm und blickte nach oben. Ludwig konnte sich gerade noch ins Zimmer zurückziehen und hoffte, dass sie ihn nicht gesehen hatte. Seit der letzten Weihnachtsfeier ging er ihr aus dem Weg; nach zu viel Punsch und Glühwein waren sie sich nähergekommen, und das bedauerte Ludwig bis heute.

Dass ich einfach immer wieder meine Finger nicht von den Frauen lassen kann, dachte er sich. Ich müsste es doch langsam lernen, ich bin schließlich ein verheirateter Mann mit Kind, verdammt noch mal!

Doch auch die Verbindung mit Sonja, seiner jetzigen Frau, war ja aus solch einem heißen, aber eigentlich als kurz und unverbindlich gedachten Verhältnis entstanden. Doch ruckzuck war Sonja schwanger geworden, man beschloss zu heiraten, und innerhalb kürzester Zeit hatte Ludwig für Frau und Kind zu sorgen.

Das begonnene Jurastudium hängte er an den Nagel und ging zur Polizei, was durch seinen Onkel, den früheren Polizeipräsidenten, um einiges erleichtert wurde. Die Ehe mit Sonja bedauerte er zuweilen, nicht aber, dass er Polizist geworden war! Seit nun über einem Jahr war er in der Abteilung Mord I bei seinem alten Kollegen und Freund Korbinian Hilpert tätig. Ihn kannte er schon aus dessen Anfangszeiten im Präsidium, als Ludwig dort ebenfalls auf Fürsprache seines Onkels eine Schnupperzeit vor seinem Studium absolviert hatte. Und gerade auf diesen Korbinian wartete er nun und sorgte sich, denn es war eigentlich überhaupt nicht dessen Art, sich zu verspäten.

In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Alma Mader, die Sekretärin der Abteilungen Mord I und II, stürzte herein. Alma Mader, groß gewachsen und korpulent, war wohl um die 50 Jahre alt, doch niemand im Präsidium wusste das so genau. Sie hatte ein Talent zu großen Auftritten, und ihr großer Busen bebte, als sie mit eindeutig theatralischem Tonfall verkündete:

»Unklarer Todesfall, könnte Mord oder Totschlag sein, in der Trautenwolfstraße!«

»Was?« Ludwig stutzte.

»Das ist doch beim Korbinian!«

»Ja.« Alma Mader stand ähnlich einer Wagnerwalküre breit und riesig im Türrahmen.

»In seinem Haus! Eine gewisse Berenike von Rahnstedt, 36 Jahre alt, Künstlerin und Schriftstellerin!«

Hatte ihre Stimme bei der Nennung des Berufs der Toten nicht einen leicht abfälligen Unterton? Alma Mader war nämlich trotz ihres außergewöhnlichen Vornamens und ihres theatralischen Gehabes eine gestandene Münchnerin und pflegte zumeist absolut kleinbürgerliche Ansichten.

Schwabinger Künstlerflitscherl, wolltest du wohl eigentlich sagen, dachte Ludwig bei sich, hielt aber den Mund, denn mit der gewichtigen Alma Mader durfte man es sich keineswegs verderben.

»Ist die Kremser schon dort?«, fragte er.

Patrizia Kremser war die neue Chefin der Gerichtsmedizin, Nachfolgerin des legendären Lippl, der über Jahrzehnte hinweg in absolut zuverlässiger, doch etwas absonderlicher Art seinen Dienst verrichtet hatte. Ein Zweizentnermann, immer mit wallendem schwarzem Mantel über dem Medizinerkittel, mit einem eindeutigen Hang zum Alkohol und zu sonderbarer altertümlicher Ausdrucksweise.

Patrizia Kremser war das schiere Gegenteil von Lippl; klein und äußerst zierlich, eine runde Nickelbrille im hübschen, doch stets ernsthaft blickenden Gesicht, war sie ein Ausbund an Sachlichkeit und Zuverlässigkeit. Es ging das Gerücht, dass sie einen hohen Schemel benutzen musste, um die Sezierung der ihr Anvertrauten richtig durchführen zu können.

»Ich fahr sofort hin«, sagte Ludwig, und bevor er danach fragen konnte, meinte die Mader, dass schon ein Wagen für ihn bereitstünde.

*

München-Schwabing
Trautenwolfstraße

Bereits wenige Minuten später fuhr Ludwig in einem taubengrauen Borgward nach Schwabing. Es war später Vormittag, und auf der Münchner Leopoldstraße, die ja eindeutig von der abendlichen und nächtlichen Aktivität ihrer Passanten lebte, war es noch sehr ruhig. Vor dem Haus in der Trautenwolfstraße standen zwei Streifenpolizisten, und aus dem Fenster seiner Wohnung im zweiten Stock winkte Korbinian. Bereits aus dieser Entfernung bemerkte Ludwig, dass Korbinians gesunde Gesichtsfarbe - Voralpenlandbräune nannte Ludwig sie immer scherzhaft - einer fahlen Blässe gewichen war. Alt schaut er plötzlich aus, dachte Ludwig erschrocken.

Auch ihm wich die Farbe aus dem Gesicht, als er wenig später im Wohnzimmer der Familie Hilpert stand. Auf dem neuen kakaofarbenen Sofa saß tränenüberströmt Evi Hilpert mit zwei Kindern. Elsi, die Tochter, schluchzte laut und verzweifelt, aber der kleine dunkelhaarige Bub neben ihr vergoss absolut lautlos Tränen aus seinen großen schwarzen Augen. Starr, aufrecht und wie abwesend saß er da und schien die Tröstungsversuche Evis und ihrer Tochter überhaupt nicht wahrzunehmen.

»Wolfgang von Rahnstedt, der Sohn der Toten«, raunte ihm Korbinian zu.

»Er hat sie heute Morgen gefunden ... und wir sind schuld dran ... wir hätten schon gestern nach ihr schauen sollen! Sie ist schon seit fast 24 Stunden tot, meint die Kremser.«

Gemeinsam stiegen Korbinian und Ludwig die Treppe hinunter zur Wohnung der Toten. Unter der Tür begegneten sie Patrizia Kremser. Sie trug den üblichen schlichten weißen Arztkittel, der ihr aber, wie Ludwig bemerkte, hervorragend stand, und, so klein und zierlich sie war, schleppte sie schwer an ihrem mächtigen Arztkoffer.

»Die Schönheit, meine Herren, ist Frau von Rahnstedt auch in dieser misslichen Lage noch erhalten geblieben«, sagte sie, und sowohl Korbinian als auch Ludwig waren erstaunt über diese emotionale Aussage, die so gar nicht zu der sonst so nüchternen, und geschäftsmäßigen Kremser passte.

»Alles Weitere nach der Obduktion. Ich werde diese umgehend durchführen und melde mich dann«, fuhr sie gleich wieder wie gewohnt mit strenger Stimme fort. Sie muss wohl so sein, dachte Korbinian bei sich. Als erste Frau in der Rechtsmedizin in dieser Position kann sie sich keinerlei Ausrutscher erlauben.

Korbinian und Ludwig betraten die Wohnung, an deren Eingangstür ein wohl selbst gefertigtes Schild hing, auf dem zwei recht geschickte Zeichnungen die Nike von Samothrake und den kleinen Wolfgang Amadeus Mozart zeigten, die durch ein Herz miteinander verbunden waren. Darunter stand in zierlicher, aber schwungvoller Schrift »Niki und Wolferl von Rahnstedt«.

Ludwig, der den großbürgerlich gediegenen Wohnstil seines Elternhauses, die oft gesichtslosen und manchmal auch äußerst geschmacklosen Wohnungen von Kollegen und seine eigene, hauptsächlich von Sonjas puppigem Geschmack dominierte Behausung kannte, hatte so etwas wie die Rahnstedt´sche Wohnung noch nie gesehen. Eine gelungene Mischung aus lässiger Eleganz, überbordender Dekoration und Chaos, eine typische Schwabinger Künstlerwohnung eben. Man konnte die Funktion der einzelnen, oft durch Tüllstoffe und Seidendraperien voneinander getrennten Räume kaum erkennen. In einer Ecke stand ein schlichter Kohleofen, auf dem wohl auch gekocht worden war, daneben ein wackliges Schränkchen mit einigen Tellern und Töpfen. In der Ecke daneben befand sich wohl Wolferls Reich, eine Art buntes Matratzenlager, das übersät war mit Spielzeug und Malutensilien. Im nächsten Raum wurde der Blick sofort auf einen wunderschönen alten Sekretär mit kostbarer Intarsienarbeit gelenkt, auf dem sich Papiere und Bücher stapelten. Auch einige im Raum verteilte Tischchen waren überhäuft mit Büchern, Papieren und vollen Aschenbechern. An einer Wand neben dem Fenster hing ein großes Gemälde, das in wilden Farben und ziemlich verzerrt zwei Frauen zeigte, die eng aneinandergeschmiegt und sich umarmend auf einem Sofa saßen. Ludwig konnte die Signatur »L.B.« und die Jahreszahl »1961« ausmachen.

Gegenüber auf dem großen Bett lag auf dunkelroter Seidenbettwäsche Berenike von Rahnstedt und schien zu schlafen. Lediglich der süßliche, Ludwig und Korbinian mittlerweile wohlbekannte Geruch des Todes und, wenn man näher an die Tote herantrat, ein nicht sehr großer Blutfleck, der von den dichten Locken Berenikes fast verdeckt wurde, wiesen darauf hin, dass die Frau eindeutig tot war. Patrizia Kremser hatte ein weißes Laken teilweise über die Tote gebreitet, das Ludwig nun zögerlich und äußerst behutsam anhob. Berenike von Rahnstedt war vollkommen nackt, und Ludwig, der auch in dieser Situation seinen taxierenden Männerblick nicht ganz abstellen konnte, stellte fest, dass sie außerordentlich schön und wohlproportioniert war. Er bemerkte jedoch auch, dass Korbinian neben ihm mit dieser Nacktheit Schwierigkeiten hatte und es ihm Pro­bleme bereitete, sich der Toten zu nähern.

Dieser kurze stille Augenblick allein mit der toten Berenike war jedoch rasch vorbei, als die Männer der...

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Gretel Mayer, geboren 1949 in München, war als Fremdsprachensekretärin, Übersetzerin und jahrelang als Buchhändlerin tätig, bevor sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt schon seit Jahrzehnten in Unterfranken liegt, schlägt ihr Herz noch immer für das Alpenvorland und ihre Geburtsstadt München.

www.gretelmayer.de