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Schopenhauers Fluch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
279 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am02.08.20172017
Als Kommissar Bellinger von der Kripo Frankfurt zu einer Mordermittlung hinzugezogen wird, kann er seinen Augen kaum trauen. Das Mordopfer ist die Frau seines Freundes Daniel Rixen. Rixen ist Sektionsassistent und ein charismatischer Mann mit dunkler Vergangenheit. Alle Indizien deuten auf Rixen als Täter hin, doch Bellinger zweifelt nicht an dessen Unschuld. Lässt er sich von seinem Freund blenden? Weitere Morde an Frauen aus Rixens Vergangenheit geschehen und eine Postkarte mit einem Schopenhauer-Zitat macht die Ermittlungen komplizierter, als sie ohnehin schon sind.

Eva Krüger, Jahrgang 1962, studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Medizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Heute lebt und arbeitet die promovierte Ärztin in Bad Homburg. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter. Mit Schopenhauers Fluch gibt sie ihr Debüt im Gmeiner-Verlag.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR5,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR5,99

Produkt

KlappentextAls Kommissar Bellinger von der Kripo Frankfurt zu einer Mordermittlung hinzugezogen wird, kann er seinen Augen kaum trauen. Das Mordopfer ist die Frau seines Freundes Daniel Rixen. Rixen ist Sektionsassistent und ein charismatischer Mann mit dunkler Vergangenheit. Alle Indizien deuten auf Rixen als Täter hin, doch Bellinger zweifelt nicht an dessen Unschuld. Lässt er sich von seinem Freund blenden? Weitere Morde an Frauen aus Rixens Vergangenheit geschehen und eine Postkarte mit einem Schopenhauer-Zitat macht die Ermittlungen komplizierter, als sie ohnehin schon sind.

Eva Krüger, Jahrgang 1962, studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Medizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Heute lebt und arbeitet die promovierte Ärztin in Bad Homburg. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter. Mit Schopenhauers Fluch gibt sie ihr Debüt im Gmeiner-Verlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839255100
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum02.08.2017
Auflage2017
Seiten279 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431618
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Ein Rückzieher kam für sie nicht infrage. Darüber waren sie sich gestern bei ihrem Gespräch auf dem Friedhof einig geworden. Sowohl der Zeitpunkt als auch der Zielort konnten nicht besser gewählt werden. Sogar die Wettervorhersage schien wie auf Bestellung in ihren Operationsplan hineinzupassen.

Ihrem allerersten perfekten Mord durfte nun kein Hindernis im Weg stehen.

So geschah es, dass sich Atman und Brahman auf der Rückbank eines saphirblauen Mercedes Baujahr 1979 in Bad Homburg fanden. Der Oldtimer parkte in einer kaum beleuchteten, von mächtigen Rosskastanien gesäumten Straße.

Mit höchster Konzentration überprüften sie ihre Ausgangslage und checkten die Uhrzeit: 22:55. Wie zwei Raubtiere aktivierten sie ihre unsichtbaren Empfangssensoren und erlaubten sich einen verstohlenen Blick aus dem Seitenfenster: Um sie herum herrschten Ruhe und Frieden, die Einwohner des Hardtwalds, einer gehobenen Gegend der Kurstadt, blieben brav in ihren Häusern.

Über dem Weißen Turm im Südwesten zuckte ein Blitz. Ein himmlisches Zeichen, deuteten sie in ihrer Begeisterung, doch dann ließen sich nicht mehr ablenken. Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit galt einzig und allein ihrem Zielobjekt: einer blütenweißen Villa mit breiter, von Säulen umrahmter Eingangstreppe im Philosophenweg.

Ihre Anspannung wuchs, ihr Atem beschleunigte sich, sie verspürten den unverwechselbaren Schauder der Erregung. Jetzt hieß es für sie, auf ihre Zielperson zu warten, ohne die Nerven zu verlieren.

Atman sah auf die Armbanduhr: 22:57. Er strotzte geradezu vor Tatendrang.

Inzwischen verschleierte eine gewaltige Wolkenformation den Mond, ein Frühsommergewitter bahnte sich an.

Brahman kontrollierte die Uhrzeit: 22:59. Sein Herzschlag raste vor Aufregung.

Hinter dem Residenzschloss erklang ein Donnergrollen. Ein gutes Omen, freuten sie sich diebisch und spähten erneut durch das Autofenster. Sie fühlten sich lebendig wie nie zuvor. Dabei war ihr Unternehmen ein Klassiker: Beobachtung, Analyse, Zugriff.

Endlich öffnete sich das überdachte Portal der luxuriösen Villa.

Drei vornehm aussehende Damen traten heraus und stiegen die Treppe hinab. Im Vorgarten blieben sie stehen neben einem lila blühenden Fliederbaum und schienen sich über etwas Amüsantes zu unterhalten. Eine von ihnen - ihre Zielperson - gestikulierte erregt und lachte.

Von dem Anblick hypnotisiert, versanken sie in eine völlig andere Welt, in ihre Welt.

Wie ein Mantra rezitierten sie im Gleichklang:

Wir sind Illusionisten und Atheisten.

Wir sind Pessimisten und Sadisten.

Uns treibt die Gier, die Gier, die Gier.

Unser Wille soll geschehen.

Knapp eine Minute später fuhr ein Taxi vor die Villa und hielt an am schmiedeeisernen Zaun mit den goldfarbenen Schwertlilien an den Spitzen. Die Frauen verabschiedeten sich voneinander mit einem exaltierten Bussibussi am Gartentor. Nachdem zwei von ihnen in das Taxi gestiegen waren, eilte die dritte zu ihrem geparkten Wagen.

Atman und Brahman gingen in Position.

Mit den Schatten verschmolzen zogen sie ihre Empfangssensoren geräuschlos wieder ein, dann krochen sie auf den Fußboden. Für fremde Augen nicht wahrnehmbar, lauerten sie wie eine chamäleonartige Kreatur - jeden Moment bereit, sich an ihre Beute heranzuschleichen und zuzuschlagen -, denn sie wussten, dass einem Vorspiel die Ekstase folgt.

*

Hannelore Baronin von Kisseleff überquerte den Philosophenweg mit energischen Schritten und stoppte vor ihrem Oldtimer, der im Schatten zwischen zwei nostalgisch anmutenden orange leuchtenden Straßenlaternen stand. Wie jeden Donnerstag hatte sie einen netten Abend mit ihren Bridgefreundinnen verbracht und zu ihrer Überraschung sogar zweimal hintereinander gewonnen. Zufrieden und bestens gelaunt griff sie nach ihrer Dior-Handtasche und fischte den Autoschlüssel heraus. Nun schloss sie die Tür ihres noblen Mercedes auf, setzte sich auf den Fahrersitz und warf salopp ihre Handtasche auf den Beifahrersitz. Der Duft von Chanel Nummer 5 erfüllte den Innenraum. Es war kurz nach 23:00 Uhr.

Während sie ihren Schlüssel in die Zündung steckte, um den Motor anzulassen, hatte sie plötzlich das Gefühl, als ob sich die Schatten um sie herum bewegen würden. Irgendwie seltsam, dachte sie â¦ Und da fiel schon jemand über sie her, begleitet vom Sirren einer Nylonschlinge, die sich ihr in Sekundenschnelle fest um den Hals legte und ihr den Atem raubte.

»Bleib ruhig!«, vernahm sie eine künstlich verzerrte Stimme.

Sie deutete ein Nicken an, die Augen weit aufgerissen vor Angst.

Ihr Gesicht lief blau an. Um Himmels willen, schoss es ihr durch den Kopf, lässt mich da jemand mit Absicht spüren, wie es denn wäre, nicht mehr atmen zu können? Soll es der Vorgeschmack des Todes sein?

Urplötzlich ließ man sie wieder Luft holen, doch nur, um im nächsten Moment die Nylonschlinge um ihren Hals noch fester zuzuziehen. Um Himmels willen, fragte sie sich, will mir hier jemand seine Überlegenheit auf diese Art demonstrieren? Ihre Augen traten aus den Höhlen, die feinen Äderchen platzten, ihr Magen krampfte. Doch dann lockerte sich die Schlinge unerwartet, ausreichend für ein trockenes, rasselndes Keuchen.

Sie hustete, schnappte nach Luft, ihre Gesichtsfarbe wurde binnen Sekunden wieder rosig.

»Das reicht«, zischte die verzerrte Stimme vom Rücksitz des Wagens. »Fahr los!«

Ihr Herz flatterte. Das kann nur ein böser Traum sein, dachte sie, einer dieser Träume, in denen man sich selbst als Schauspieler in einem Stummfilm sieht.

Sie legte den Gang ein und ließ den Wagen anrollen. In dem Moment fing es an, in Strömen zu regnen.

Die unheimliche Stimme hinter ihren Ohren wies ihr den Weg.

Nun verließen sie das Wohnviertel, um den Mercedes nach wenigen Minuten inmitten von monumentalen Stieleichen, Rotbuchen, Ahornen und Lärchen im Wald anzuhalten.

Ihre Angst betäubte sie.

Das perfide Spiel aus Zuziehen und Loslassen der Schlinge wurde noch etliche Male wiederholt, zwischendurch verfiel sie immer wieder in eine Art Dämmerzustand. Bildersequenzen aus ihrem Leben liefen vor ihrem inneren Auge ab im Sekundentakt. Und dann kam das letzte Bild, in dem sie sich selbst wie in einem Zauberspiegel sah - die glücklichste Braut der Welt, die ihrem Bräutigam, Daniel Rixen, das Jawort gibt. Oh Gott! Wäre Rixen - mit seinem Körper wie aus Stahl und der Faust wie aus Eisen - im Moment bei ihr gewesen, hätte er sie beschützt. Mit einem einzigen Schlag würde er ihren Angreifer vernichten. Doch sie war allein und den dunklen Mächten ausgeliefert. Himmel! Niemand konnte sie in diesem Wald retten!

Spätestens jetzt war ihr klar, dass sie sterben würde. Sie träumte keinen bösen Traum. Sie war gefangen in der Realität, einer Realität, die den schlimmsten Albtraum übertraf.

Tränen liefen ihr über die Wangen, sie spürte ihren salzigen Geschmack auf den Lippen. Ihre Panik stieg in ungeahnte Höhen. Wer wollte sie so sehr leiden lassen? Warum sollte ihr Leben hier und jetzt beendet werden? Sie hatte doch nie jemandem etwas Böses getan! Einem Impuls folgend, versuchte sie sich umzudrehen, um ihren Angreifer von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Ein Fehler. Die Schlinge wurde von hinten wieder fester zugezogen, sie schnitt in ihr Halsfleisch wie eine Rasierklinge. Ihr Körper versteifte sich.

»Warum?«, krächzte sie.

»Weil alles Leben Leiden ist.«

Der unnachgiebige Druck der Nylonschlinge nahm ihr den Rest des Bewusstseins. Ihr Krächzen verstummte, und sie sackte auf dem Fahrersitz in sich zusammen. Als sie für den Bruchteil einer Sekunde zu sich kam, galt ihr letzter Gedanke Rixen, ihrem geliebten frisch angetrauten Mann.

Stille.

Ihr elegant frisierter Kopf fiel schlaff zur Seite.

*

Atman und Brahman lehnten sich - gleichermaßen erschöpft wie erleichtert - auf der Rückbank zurück. Ihr Wille war geschehen - in der realen Welt und nicht nur in ihrer Vorstellung. Sie setzten soeben ihre Träume in Taten um. Dabei hatten sie sich Zeit gelassen, und sie genossen jeden einzelnen Augenblick.

Ein Donnerschlag ertönte und ließ den Waldboden erbeben.

Sie schlossen die Augen. Nun hatten sie sich endgültig der finsteren, der übersinnlichen Seite des Lebens verschrieben.

Mitternacht.

Das Unwetter im Hardtwald nahm sintflutartige Ausmaße an. Der Sturm peitschte ohne Erbarmen gegen die Windschutzscheibe des Mercedes.

Sie schlugen die Augen auf.

Jetzt holte Atman tief Luft und riss der Baronin den Ehering aus Platin vom Finger. Brahman blinzelte kurz und warf die Nylonschlinge und den Stimmenverzerrer in eine Plastiktüte. Mit akribischer Sorgfalt überprüften sie den Tatort auf Spuren ihrer Doppelexistenz in dieser Welt.

Der Mond war ihr einziger Zeuge.

Atman, in seinem grünen Ganzkörperoverall, mit doppelten Latexhandschuhen und doppelten Gummischuhüberziehern ausgestattet, entriegelte die Hintertür, um aus dem Mercedes der Baronin auszusteigen. Brahman folgte ihm wie die Nachgeburt.

Sie kontrollierten die Uhrzeit: 00:05 Uhr.

Wie zwei Phantome der Nacht tauchten sie in den Wald ein. Und da begann schon das Bildnis ihrer nächsten Zielperson vor ihren Augen zu leuchten - umrahmt von goldenen Blitzen und silbernen Mondstrahlen....

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