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Sommer

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
260 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am15.12.20171. Auflage
Die beklemmend schöne Liebesgeschichte eines einfachen Mädchens vom Lande und eines gebildeten Städters, die an den gesellschaftlichen Konventionen zerbricht - ein amerikanischer Klassiker der Pulitzer-Preisträgerin und Autorin von »Zeit der Unschuld« Edith Wharton

Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie beklemmend schöne Liebesgeschichte eines einfachen Mädchens vom Lande und eines gebildeten Städters, die an den gesellschaftlichen Konventionen zerbricht - ein amerikanischer Klassiker der Pulitzer-Preisträgerin und Autorin von »Zeit der Unschuld« Edith Wharton

Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492979726
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum15.12.2017
Auflage1. Auflage
Seiten260 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2054 Kbytes
Artikel-Nr.2498520
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Ein Mädchen trat aus Anwalt Royalls Haus am Ende der einzigen Straße von North Dormer und blieb davor stehen.

Es war ein früher Juninachmittag. Der durchsichtige, frühlingshafte Himmel schüttete einen Regen silbriger Sonnenstrahlen auf die Dächer des Dorfs und auf das Weideland und die Lärchenwälder, die das Dorf umgaben. Ein sanfter Wind regte sich zwischen den runden weißen Wolken auf den Schultern der Hügel und trieb ihre Schatten über die Felder und den grasbewachsenen Weg hinunter, der dort, wo er durch North Dormer führt, die Bezeichnung Straße annimmt. Der Ort liegt hoch und offen da, und es fehlt ihm der Schatten, der in den geschützter gelegenen Dörfern Neuenglands reichlich vorhanden ist. Die Gruppe Trauerweiden um den Ententeich und die Rottannen vor dem Tor zum Anwesen der Hatchards sind nahezu die einzigen Schattenspender an dem Stück Straße zwischen Anwalt Royalls Haus und der Stelle am anderen Ende des Dorfs, wo die Straße oberhalb der Kirche ansteigt und an der schwarzen Wand aus Schierlingstannen entlangführt, die den Friedhof umgibt.

Der sanfte Juniwind kam die Straße heruntergeweht, schüttelte die trübseligen Wipfel der Tannen vor dem Haus der Hatchards, erfaßte den Strohhut eines jungen Mannes, der eben unter ihnen entlangging, und wirbelte ihn geradewegs über die Straße in den Ententeich.

Während er hinüberrannte, um ihn herauszufischen, stellte das junge Mädchen vor Anwalt Royalls Tür fest, daß es sich um einen Fremden handelte, daß er städtische Kleidung trug und daß er übers ganze Gesicht lachte, wie eben ein unbekümmerter junger Mensch über derlei Mißgeschicke lacht.

Ihr Herz krampfte sich ein wenig zusammen, und aus Scheu, die sie manchmal überkam, wenn sie Leute mit Feiertagsgesichtern sah, zog sie sich ins Haus zurück und tat, als suche sie nach dem Schlüssel, obwohl sie wußte, daß sie ihn bereits in ihre Tasche gesteckt hatte. Im Flur hing ein hoher grünlicher Spiegel mit einem vergoldeten Adler darüber, und sie betrachtete kritisch ihr Spiegelbild und wünschte sich zum tausendsten Mal, sie hätte blaue Augen wie Annabel Balch, die manchmal aus Springfield kam, um eine Woche bei der alten Miss Hatchard zu verbringen; dann rückte sie den von der Sonne gebleichten Hut über ihrem kleinen braunen Gesicht zurecht und ging wieder ins Sonnenlicht hinaus.

»Wie ich das alles hasse!« murmelte sie.

Der junge Mann war durch das Tor der Hatchards verschwunden, und sie hatte die Straße für sich allein. North Dormer ist zu allen Zeiten ein öder Ort, und um drei Uhr an einem Juninachmittag sind die wenigen arbeitsfähigen Männer draußen auf den Feldern oder im Wald, und die Frauen sind drinnen und mühen sich lustlos mit dem Haushalt ab.

Das Mädchen ging die Straße entlang, ließ den Schlüssel an ihrem Finger baumeln, und blickte mit jener erhöhten Aufmerksamkeit um sich, die die Anwesenheit eines Fremden an einem vertrauten Ort hervorruft. Welchen Eindruck, fragte sie sich, machte wohl North Dormer auf Leute aus anderen Teilen der Welt? Sie wohnte dort, schon seit sie fünf Jahre alt war, und hatte das Dorf lange für einen recht bedeutenden Ort gehalten. Aber vor ungefähr einem Jahr hatte Mr. Miles, der neue Pfarrer der Episkopalgemeinde in Hepburn, der jeden zweiten Sonntag herüberkam - wenn die Wege nicht von Karrenspuren zerpflügt waren -, um in der Kirche von North Dormer Gottesdienst abzuhalten, in einem Anfall missionarischen Eifers beschlossen, die jungen Leute nach Nettleton zu einem Bildervortrag über das Heilige Land mitzunehmen; und das Dutzend Mädchen und Jungen, das die Zukunft von North Dormer verkörperte, war in einen Bauernwagen verfrachtet und über die Berge nach Hepburn gefahren, in einen Bummelzug gesetzt und nach Nettleton gebracht worden. Im Verlauf dieses unglaublichen Tages hatte Charity Royall zum ersten und einzigen Mal eine Bahnfahrt erlebt, in Läden mit Schaufenstern geguckt und Kokosnußtorte probiert, sie hatte in einem Theater gesessen und einem Herrn zugehört, der unverständliche Dinge erzählte, begleitet von Bildern, die sie sich mit Vergnügen angesehen hätte, wenn seine Erklärungen sie nicht gehindert hätten, sie zu verstehen. Dieses Erlebnis hatte ihr bewußt gemacht, daß North Dormer ein kleiner Ort war, und es hatte einen Wissensdurst in ihr geweckt, den ihre Stellung als Betreuerin der Dorfbibliothek nicht hervorzurufen vermocht hatte. Ein, zwei Monate lang vergrub sie sich fieberhaft und wahllos in den staubigen Bänden der Hatchard-Gedächtnis-Bibliothek; dann verblaßte allmählich der Eindruck, den Nettleton auf sie gemacht hatte, und sie fand es leichter, North Dormer als das Maß aller Dinge hinzunehmen, als ihre Lektüre fortzusetzen.

Der Anblick des Fremden weckte wieder Erinnerungen an Nettleton, und North Dormer schrumpfte auf seine wirkliche Größe. Während sie das Dorf hinauf und hinunter blickte, von Anwalt Royalls Haus mit dem verblaßten roten Verputz am einen Ende bis zu der weißen Kirche am anderen Ende, nahm sie es mitleidlos wahr. Da lag es, ein vom Wetter gebeuteltes, von der Sonne verbranntes Dorf in den Bergen, von der Welt vergessen, von Eisenbahn, Autobus, Telegraph und allen Mächten, die in einer Gemeinschaft von heute das Leben der einzelnen miteinander verbinden, links liegen gelassen. Es gab keine Läden, kein Theater, keine Vorträge, kein »Geschäftsviertel«; nur eine Kirche, die jeden zweiten Sonntag geöffnet wurde, sofern es der Zustand der Straßen erlaubte, und eine Bibliothek, für die seit zwanzig Jahren keine neuen Bücher mehr gekauft worden waren und in der die alten auf den muffigen Regalen ungestört vor sich hin moderten. Und doch hatte man Charity Royall stets zu verstehen gegeben, sie müsse es als Privileg betrachten, daß das Schicksal sie nach North Dormer verschlagen hatte. Sie wußte, daß North Dormer, verglichen mit dem Ort, wo sie herkam, alle Segnungen höchster Zivilisation verkörperte. Jeder im Dorf hatte ihr das gesagt, seit sie als Kind hierhergebracht worden war. Selbst die alte Miss Hatchard hatte einmal bei einer schrecklichen Gelegenheit zu ihr gesagt: »Mein Kind, du darfst nie vergessen, daß es Mr. Royall war, der dich vom Berg heruntergeholt hat.«

Sie war »vom Berg heruntergeholt« worden; von der zerklüfteten Felswand, die jäh über den niedrigeren Abhängen des Eagle Range anstieg und einen stets düsteren Hintergrund für das einsame Tal abgab. Der Berg war gut fünfzehn Meilen entfernt, aber er stieg so schroff von den niedrigeren Hügeln auf, daß es beinahe schien, als werfe er seinen Schatten auf North Dormer. Und er wirkte wie ein großer Magnet, der die Wolken anzog, um sie dann im Sturm über das Tal zu verteilen. Wann immer, selbst bei klarstem Sommerhimmel, ein feiner Dunstschleier über North Dormer hinwegzog, trieb er auf den Berg zu wie ein Schiff auf einen Strudel, verfing sich zwischen den Felsen und zerriß in viele Wolkenfetzen, um dann in Regen und Dunkelheit von neuem über das Dorf hinwegzufegen.

Charity hatte keine klare Vorstellung von dem Berg; aber sie wußte, daß es ein schlimmer Ort war und eine Schande, von dort herzustammen, und daß, was immer ihr in North Dormer auch widerführe, sie nie vergessen dürfe, wie ihr Miss Hatchard es einst ins Gedächtnis gerufen hatte, daß sie von dort heruntergeholt worden war, und daß sie ihren Mund halten und dankbar sein müsse. Sie blickte zu dem Berg hinauf, während ihr all das durch den Kopf ging, und bemühte sich wie gewöhnlich, dankbar zu sein. Doch der Anblick des jungen Mannes, wie er durch Miss Hatchards Tor gegangen war, hatte das Bild der glitzernden Straßen von Nettleton wieder in ihr wachgerufen, und sie genierte sich wegen ihres alten Sonnenhuts, hatte North Dormer satt und dachte neidisch an Annabel Balch aus Springfield, deren blaue Augen irgendwo in weiter Ferne Herrlichkeiten betrachteten, die noch imponierender waren als die Herrlichkeiten von Nettleton.

»Wie ich das alles hasse!« sagte sie noch einmal.

Auf halbem Weg die Straße hinunter blieb sie vor einem windschiefen Tor stehen. Dann ging sie hindurch und über einen ziegelgepflasterten Weg zu einem merkwürdigen kleinen Backsteintempel mit weißen Holzsäulen, die einen Giebel trugen, auf dem in verblaßten Goldbuchstaben die Inschrift stand: »Honorius-Hatchard-Gedächtnis-Bibliothek, 1832«.

Honorius Hatchard war der Großonkel der alten Miss Hatchard gewesen; aber sie hätte zweifellos den Satz umgedreht und als ihren einzigen Ruhmestitel die Tatsache hervorgehoben, daß sie seine Großnichte sei. Honorius Hatchard hatte sich nämlich zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts einer bescheidenen Berühmtheit erfreut. Wie die Marmortafel im Inneren der Bibliothek den seltenen Besuchern mitteilte, hatte er bemerkenswerte literarische Gaben besessen, eine Reihe Prosatexte mit dem Titel »Der Einsiedler von Eagle Range« geschrieben, sich der Bekanntschaft mit Washington Irving und Fitz-Greene Halleck rühmen können und war in der Blüte seiner Jahre von einem Fieber dahingerafft worden, das er sich in Italien zugezogen hatte. Dies war die einzige Verbindung zwischen North Dormer und der Literatur gewesen, eine Verbindung, an die pietätvoll erinnert worden war durch die Errichtung der Gedenkstätte, in der Charity Royall jeden Dienstag- und Donnerstagnachmittag an ihrem Schreibtisch unter dem stockfleckigen Stahlstich des verstorbenen Dichters saß und sich fragte, ob er sich in seinem Grabe wohl toter fühle als sie in seiner Bibliothek.

Lustlos betrat sie ihr Gefängnis, setzte den Hut ab, hängte ihn an eine Minervabüste aus Gips, öffnete die Fensterläden und lehnte sich hinaus, um nachzusehen, ob in dem Schwalbennest über einem der Fenster...
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Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.