Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Zeit der Unschuld

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am15.12.2017Auflage
Eine Geschichte von Liebe, Leidenschaft und Entsagung vor dem Hintergrund der morbiden New Yorker Gesellschaft - in den 1870er Jahren - einer der großen Klassiker der amerikanischen Literatur der Pulitzer-Preisträgerin Edith Wharton Newland Archer, ein junger Anwalt aus der New Yorker High Society, verlobt sich klassenbewusst mit May . Als Mays Cousine Ellen nach einer gescheiterten Ehe mit einem europäischen Grafen nach New York zurückkehrt, verliebt sich Newland in die galante Gräfin. Der Vernunft gehorchend, unterwirft sich Newland jedoch dem Codex der Gesellschaft und opfert seine Liebe und sein Glück: Er nimmt den Auftrag von seiner Kanzlei an, Ellen von der Scheidung abzubringen und dringt auf eine schnelle Heirat mit May ...

Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR20,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR3,99

Produkt

KlappentextEine Geschichte von Liebe, Leidenschaft und Entsagung vor dem Hintergrund der morbiden New Yorker Gesellschaft - in den 1870er Jahren - einer der großen Klassiker der amerikanischen Literatur der Pulitzer-Preisträgerin Edith Wharton Newland Archer, ein junger Anwalt aus der New Yorker High Society, verlobt sich klassenbewusst mit May . Als Mays Cousine Ellen nach einer gescheiterten Ehe mit einem europäischen Grafen nach New York zurückkehrt, verliebt sich Newland in die galante Gräfin. Der Vernunft gehorchend, unterwirft sich Newland jedoch dem Codex der Gesellschaft und opfert seine Liebe und sein Glück: Er nimmt den Auftrag von seiner Kanzlei an, Ellen von der Scheidung abzubringen und dringt auf eine schnelle Heirat mit May ...

Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492979719
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum15.12.2017
AuflageAuflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse1626 Kbytes
Artikel-Nr.2498522
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

An einem Januarabend Anfang der siebziger Jahre sang Christine Nilsson in einer »Faust«-Inszenierung der New Yorker Musikakademie die Margarethe.

Es war zwar damals schon die Rede davon, in einem äußeren Stadtbezirk, »hinter den Vierziger Straßen«, ein neues Orpernhaus zu errichten, das sich an Glanz und Kostspieligkeit mit denen der großen europäischen Hauptstädte messen könne; dennoch kam die Gesellschaft nach wie vor jeden Winter in den verblaßten roten und goldenen Logen der alten gemütlichen Akademie zusammen. Die Konservativen liebten sie, weil sie klein und unbequem war und so die gefürchteten »Neuen« fernhielt, die eben anfingen, New York zu erobern; die Sentimentalen aber schätzten die historischen Erinnerungen und die Musikbeflissenen die ausgezeichnete Akustik, die ja in Sälen, die für das Anhören von Musik erbaut sind, stets eine problematische Angelegenheit ist.

Es war Madame Nilssons erstes Auftreten in diesem Winter, und ein »außergewöhnlich glänzendes Publikum« - so hatte die Tagespresse es bereits zu bezeichnen gelernt - war versammelt, um sie zu hören. Durch die glatten verschneiten Straßen war man in eigenen Kutschen, in geräumigen Landauern oder in den bescheideneren, aber bequemeren Mietdroschken herbeigekommen. Fuhr man in einer Mietdroschke an der Oper vor, so galt das als beinahe so vornehm wie im eigenen Wagen; fuhr man damit heim, so hatte dies sogar den ungeheuren Vorteil, daß man - mit scherzhafter Anspielung auf demokratische Grundsätze - in das erstbeste Fahrzeug der wartenden Reihe klettern konnte, anstatt unter dem Portikus der Akademie nach der von Frost und Schnaps geröteten Nase des eigenen Kutschers Ausschau halten zu müssen. Es war die äußerst bedeutende Entdeckung eines der großen Mietdroschkenunternehmer gewesen, daß es die Amerikaner noch schneller von den Vergnügungen weg- als zu ihnen hinzog.

Als Newland Archer die Hintertür der Klubloge öffnete, hatte sich der Vorhang gerade vor der Gartenszene gehoben. Ebensogut hätte der junge Mann auch früher eintreffen können, denn er hatte um sieben nur mit seiner Mutter und seiner Schwester zu Abend gegessen und sich dann mit einer Zigarre in der gotischen Bibliothek zwischen den polierten Bücherschränken aus Nußbaum und den kreuzblumenverzierten Stühlen aufgehalten, dem einzigen Raum, in dem Mrs. Archer das Rauchen gestattete. Aber New York war in erster Linie Metropole, und als deren Bewohner wußte man genau, daß »man« nicht pünktlich zur Oper kam; und was »man« tat oder nicht tat, spielte in Newland Archers New York eine ebenso wichtige Rolle wie die unergründlichen Totemgesetze, die vor Jahrtausenden die Geschicke seiner Vorväter beherrscht hatten.

Der zweite Grund seiner Verspätung war ein persönlicher. Er hatte bei seiner Zigarre die Zeit vertrödelt, weil er im Grunde ein Ästhet war und der Gedanke an ein bevorstehendes Vergnügen ihm oft innigeren Genuß gewährte als dessen Verwirklichung. Dies traf besonders zu, wenn es sich - wie bei ihm in den meisten Fällen - um einen erlesenen Genuß handelte. Diesmal aber war der Augenblick, auf den er sich freute, etwas so Seltenes und Köstliches, daß - ja selbst im Einvernehmen mit dem Manager der Primadonna hätte er den Zeitpunkt seines Eintretens in die Akademie nicht passender wählen können als eben jetzt, da sie sang: »Er liebt mich - er liebt mich nicht - er liebt mich!« und auf die fallenden Blütenblätter ihre tauklaren Töne niederperlen ließ.

Natürlich sang sie M´ama! und nicht »er liebt mich«, denn in der Musikwelt verlangte eine unbedingte und unabänderliche Regel, daß der deutsche Text französischer Opern, von schwedischen Künstlern gesungen, ins Italienische übersetzt wurde, damit das englischsprechende Publikum ihn besser verstünde. Dies schien Newland Archer ebenso selbstverständlich wie alle übrigen Konventionen, die sein Leben bestimmten: zum Beispiel die Notwendigkeit, zwei silberbeschlagene Haarbürsten mit seinem Monogramm in blauer Emaille zum Scheiteln seines Haars zu benutzen oder in Gesellschaft nie ohne eine Blume im Knopfloch - möglichst eine Gardenie - zu erscheinen. »M´ama... non m´ama!...«, sang die Primadonna, bis endlich ihre ganze Liebe befreit aufjauchzte: »M´ama«!, wobei sie das zerrupfte Gänseblümchen an die Lippen preßte und die großen Augen zu dem in engem purpurrotem Wams und mit Federmütze neben ihr stehenden kleinen braunen Faust-Ca-poul hob, dessen verschlagene Züge sich vergeblich bemühten, so rein und echt auszusehen wie sein argloses Opfer.

Newland Archer hatte sich gegen die Rückwand der Klubloge gelehnt. Jetzt wandte er den Blick von der Bühne ab und prüfte aufmerksam die gegenüberliegende Seite des Hauses. Direkt ihm gegenüber befand sich die Loge der alten Mrs. Manson Mingott, die wegen ihrer ungeheuren Körperfülle schon längst nicht mehr die Oper besuchen konnte, aber bei festlichen Gelegenheiten stets von einigen jüngeren Familienmitgliedern vertreten wurde. Diesmal nahmen ihre Schwiegertochter, Mrs. Lovell Mingott, und ihre Tochter, Mrs. Welland, die vorderen Reihe ein; und leicht verborgen hinter diesen brokatbekleideten Matronen saß ein junges Mädchen in Weiß, das den Blick verzückt auf das Bühnenliebespaar gerichtet hielt. Als Madame Nilsson ihr »M´ama!« durch das schweigende Haus jubelte - die Logen verstummten stets während des Blumenorakels -, stieg ein warmes Rot in die Wangen des Mädchens, überzog ihre Stirn bis an die Haarwurzeln ihrer blonden Flechten und tönte den zarten Ansatz der Brust bis an die verhüllende Tüllspitze, die von einer einzigen Gardenie gehalten wurde. Sie senkte den Blick auf den riesigen Maiglöckchenstrauß in ihrem Schoß, und Newland Archer sah, wie ihre weißbehandschuhten Fingerspitzen die Blumen sanft berührten. In seiner Eitelkeit befriedigt, atmete er auf und wandte den Blick wieder der Bühne zu.

An der Ausstattung hatte man nicht gespart; sie wurde sogar von Leuten gerühmt, die wie er die Opernhäuser von Paris und Wien gesehen hatten. Der Vordergrund war bis an die Rampenlichter mit smaragdgrünem Tuch bedeckt. In der Mitte bildeten symmetrische Buckel wolliggrünen Mooses, die von Eisenbügeln eingefaßt waren, die Grundformen von Sträuchern, die wie Apfelsinenbäumchen aussahen, aber mit großen hell- und dunkelroten Rosen besteckt waren. Aus dem Moos unter den Rosenbäumchen ragten riesige Stiefmütterchen hervor, die größer als die Rosen waren und ganz den blütenartigen Federwischern glichen, die weibliche Gemeindemitglieder für ihre angeschwärmten Pfarrer herstellten, und hier und dort blühte ein auf einen Rosenzweig gepfropftes Gänseblümchen in einem Übermaß, das einem einen Vorgeschmack auf die Wunderschöpfungen Luther Burbanks, des berühmten Züchters, schenkte.

Inmitten dieses Zaubergartens stand Madame Nilsson im weißen Kaschmirgewand, aus dessen Schlitzen blaßblau er Satin hervorschimmerte. An ihrem blauen Gürtel hing ein Täschchen, und zu beiden Seiten ihres Musselinleibchens ruhten die dicken gelben Zöpfe. Mit niedergeschlagenen Augen lauschte sie Monsieur Capouls leidenschaftlichem Werben und tat sehr unschuldig und verständnislos, wenn er mit Wort und Blick immer wieder heftig auf das Parterrefenster des hübschen Backsteinhäuschens wies, das von rechts schräg aus der Kulisse vorsprang.

»Das liebe Kind!« dachte Newland Archer, und sein Blick glitt wieder zu dem Mädchen mit den Maiglöckchen zurück. »Sie ahnt nicht einmal, worum es sich handelt.« Und er betrachtete ihr versunkenes junges Antlitz mit einem erregten Besitzgefühl, in dem das Selbstbewußtsein des wissenden Mannes sich mit leiser Ehrfurcht vor ihrer abgrundtiefen Reinheit mischte. »Wir werden den Faust miteinander lesen... an den italienischen Seen...«, dachte er, und in einem leichten Nebel verschmolz ihm der Schauplatz seiner Flitterwochen mit den Meisterwerken der Literatur, die seiner Braut zu vermitteln er als sein männliches Vorrecht ansah. Heute nachmittag erst hatte May Welland ihm zu verstehen gegeben, daß er ihr »nicht gleichgültig« sei - mehr durfte ein Mädchen in New York nicht gestehen -, und schon eilte seine Phantasie dem Verlobungsring, dem Brautkuß und dem Marsch aus dem »Lohengrin« voraus, und er sah sie bereits in irgendeinem verwunschenen Winkel Europas neben sich.

Er wünschte durchaus nicht, daß die künftige Mrs. Newland Archer ein einfältiges Gänschen bliebe. Dank seiner Führung sollte sie so viel gesellschaftlichen Takt und schlagfertiges Wissen erwerben, daß sie es mit den beliebtesten verheirateten Frauen der »jüngeren Gesellschaft« aufnehmen konnte, die es so angenehm verstanden, die Männer huldigend an sich zu ziehen und sie gleichzeitig spielend im Zaum zu halten. Wäre er seiner Eitelkeit ganz auf den Grund gegangen - was er manchmal beinahe tat -, so hätte er dort den Wunsch gefunden, seine Frau möchte ebenso welterfahren und darauf aus sein, Gefallen zu erregen, wie jene verheiratete Dame, deren Reize ihn zwei leichtbewegte Jahre hindurch gefesselt hatten - ohne sich natürlich im entferntesten zu dem Fehltritt hinreißen zu lassen, der das Leben jenes unglücklichen Geschöpfs beinahe zerstört hätte und seine eigenen Pläne für einen ganzen Winter durcheinanderbrachte.

Wie aber solch ein Wunder von Feuer und Eis entstehen und einer rauhen Welt standhalten sollte, das auszudenken hatte er sich nie die Zeit genommen; es genügte ihm vielmehr, diese Ansicht zu hegen, ohne sie im einzelnen zu untersuchen, denn er wußte, daß er hierin mit all den sorgfältig gekämmten Herren mit weißer Weste und Blume im Knopfloch...
mehr

Autor

Edith Wharton (1862-1937) entstammte der New Yorker Patrizierschicht. Als Kind verbrachte sie längere Zeit in Frankreich, Deutschland und Italien, so dass sie, wie sie später meinte, Europa 'unausrottbar im Blut' hatte. Sie genoss eine sorgfältige Erziehung, ihre frühen literarischen Neigungen wurden jedoch kaum gefördert; schriftstellerische Ambitionen ziemten sich für Töchter aus ihren Kreisen nicht. Edith Wharton übersiedelte nach einer schwierigen Ehe 1906 nach Paris. Sie widmete sich nun ganz ihrer dichterischen Aufgabe, schrieb Romane, Erzählungen, Reiseberichte, kulturhistorische Essays. Ihre Vielseitigkeit und ihr Erzähltalent wurden mehrfach geehrt: 1921 erhielt sie den Pulitzerpreis, 1923 verlieh ihr die Yale University als erster Frau die Ehrendoktorwürde; es folgten die Goldene Medaille des National Institute of Arts and Letters und die Aufnahme in die American Academy of Arts and Letters. Edith Wharton gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen Amerikas.