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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
260 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am13.08.2018Deutsche Erstausgabe
Was passiert, wenn ein ganzes Land plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten ist? Die Ressourcen knapp werden? Nicht alle überleben können? Die Menschen zu Selbstversorgern werden, Eltern ihre Kinder suchen, die in Banden hungernd durchs Land irren. Milizen marodieren. Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse herrschen.

In einem abgelegenen isländischen Fjord lebt der ehemalige Journalist Hjalti aus Reykjavik unter primitiven Bedingungen auf dem alten Hof seines Großvaters. Er versorgt die Schafe, bewirtschaftet das karge Land und lebt von dem, was er dem Boden und dem Meer abtrotzt. Gesellschaft leistet ihm neben den Schafen nur noch sein Hund. Hjalti führt einen harten Kampf ums Überleben, denn Island ist seit geraumer Zeit von der Außenwelt abgeschottet, seine Lebensgefährtin Maria und deren Kinder von ihm getrennt, ihr Schicksal ungewiss. An den langen, einsamen Abenden protokolliert er die Ereignisse, die zu dieser Situation geführt und die ehrgeizige Innenministerin Elín Olafsdottir dazu gezwungen haben, den Ausnahmezustand auszurufen.


Sigri?ur Hagalín Björnsdóttir, geboren 1974, studierte Journalismus in Salamanca, Spanien und in New York. Sie ist eine in Island sehr bekannte Journalistin und arbeitet für den Icelandic National Broadcasting Service. Blackout Island (st 4889), ihr erster Roman, stand in Island gleich nach Erscheinen 2016 auf den Bestsellerlisten.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWas passiert, wenn ein ganzes Land plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten ist? Die Ressourcen knapp werden? Nicht alle überleben können? Die Menschen zu Selbstversorgern werden, Eltern ihre Kinder suchen, die in Banden hungernd durchs Land irren. Milizen marodieren. Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse herrschen.

In einem abgelegenen isländischen Fjord lebt der ehemalige Journalist Hjalti aus Reykjavik unter primitiven Bedingungen auf dem alten Hof seines Großvaters. Er versorgt die Schafe, bewirtschaftet das karge Land und lebt von dem, was er dem Boden und dem Meer abtrotzt. Gesellschaft leistet ihm neben den Schafen nur noch sein Hund. Hjalti führt einen harten Kampf ums Überleben, denn Island ist seit geraumer Zeit von der Außenwelt abgeschottet, seine Lebensgefährtin Maria und deren Kinder von ihm getrennt, ihr Schicksal ungewiss. An den langen, einsamen Abenden protokolliert er die Ereignisse, die zu dieser Situation geführt und die ehrgeizige Innenministerin Elín Olafsdottir dazu gezwungen haben, den Ausnahmezustand auszurufen.


Sigri?ur Hagalín Björnsdóttir, geboren 1974, studierte Journalismus in Salamanca, Spanien und in New York. Sie ist eine in Island sehr bekannte Journalistin und arbeitet für den Icelandic National Broadcasting Service. Blackout Island (st 4889), ihr erster Roman, stand in Island gleich nach Erscheinen 2016 auf den Bestsellerlisten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518757369
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum13.08.2018
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.4889
Seiten260 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2677 Kbytes
Artikel-Nr.2507754
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Hjalti


Das Land treibt im eiskalten Nordatlantik, 65 Grad Nord, 18  Grad West, und die Wintersonne lässt alles messerscharf erscheinen, wenn sie sich ausnahmsweise mal blicken lässt. Hjalti sitzt an seinem Schreibtisch und schaut aus dem Fenster auf die schmuddelige, frostige Stadt, Plastikfetzen hängen in den Bäumen wie zerfledderte Partygirlanden. Die Wiesen frieren unter den schmutzigen Eisflächen, ein fauliger Frühling ist im Anmarsch.

Wenn es doch endlich anfangen würde zu schneien.

Der Kontaktabriss ist zu einer monotonen Konstante in den Nachrichten und auf den Webseiten geworden, die Zeitung druckt nur noch die Wochenendausgabe, um Papier zu sparen. Elín hat die Anzahl der Pressekonferenzen reduziert, hält sie immer montags und donnerstags, kurze Berichte zur Lage der Nation, nur wenige Fragen und Antworten. Stumme Angst liegt über dem Land, das Leben geht weiter, aber die Leute bleiben abends zu Hause, sitzen bei Kerzenlicht hinter verschlossenen Türen und unterhalten sich leise.

Hjalti zündet keine Kerzen an. Er ist seit vier Wochen von morgens bis abends in der Redaktion, auch an seinen freien Tagen, er kann nicht schlafen. Hjörleifur und Úlfhildur versuchen mit vereinten Kräften, ihn zu überreden sich freizunehmen, aber er wimmelt sie ab, er ist am besten über die Entwicklungen informiert, jetzt müssen alle Einsatz bringen.

Ich sollte Leifur anrufen, denkt er, ich sollte Mama besuchen. Aber er tut es nicht, kann den Gedanken an die Leere und Panik in den Augen seiner Mutter nicht ertragen, den säuerlichen, klaustrophobischen Geruch auf der Demenz-Abteilung.

~

Wir haben keine Angst.

Wir haben nichts zu befürchten.

Wir leben seit fast zwölfhundert Jahren in Island und sind immer allein klargekommen. Manchmal war es schwierig, manchmal war es kalt, aber wir haben überlebt. Und wir sind immer noch hier, mit unserer schönen, alten Sprache, mit unseren Geschichten und Gedichten, mit unserem fruchtbaren Land, dem Meer voller Fische, den Flüssen voll grüner Energie. Wir haben die stärksten Männer und die schönsten Frauen, die die gesündesten Kinder zur Welt bringen. Wir haben die höchste Lebenserwartung von allen Nationen. Wir halten zusammen, wir packen die Dinge an, wir tun das, was getan werden muss. Vorwärts Island!

Vorwärts Island! Die Menge jubelt begeistert, und der junge Mann schreitet mit hochgereckter Faust über die Bühne. Hinter ihm, über ihm und um ihn herum erscheinen Bilder von saftigen Wiesen, Nordlichtern und Wasserfällen, die isländische Fahne. Ein mehrstimmiger Chor intoniert das wehmütige Lied Ich bin heimgekehrt, und die Zuschauer stimmen mit ein: Es grünt das Feld, der Winter flieht, die Sonne wärmt den Grund ...

Ganz schön überzeugend, der Knabe, sagt Hjalti, und Elín nickt.

Er kann die Menschen mitreißen. Man muss ihn nur ein bisschen auf Spur bringen, aber die Kinder lieben ihn. Sie dreht sich zu ihm. Bist du okay?

Die Frage bringt ihn aus dem Konzept, er hatte nicht mit solchen Vertraulichkeiten gerechnet, hier im Seitenflügel des Sportstadions, er ist nur da, um über das Winterfestival zu berichten, das größte Fernsehereignis der Saison nach dem Ausfall der Eurovision-Übertragung.

Du siehst toll aus, sagt er. Die weiße Königin macht ihrem Namen heute alle Ehre. Sie trägt ein weißes, enganliegendes Kleid und einen himmelblauen Schal um die Schultern, die blonden Locken fallen ihr auf den Rücken, sie ist nicht mehr die ernste Pragmatikerin im Kostüm, die die Leute aus dem Fernsehen kennen.

Danke, sagt sie, greift nach seiner Hand und drückt sie, eine sittsame und zugleich deplatzierte Berührung.

Der junge Mann spricht abwechselnd zum Publikum und in die diversen Kameras, die ihm vom Aufnahmeleiter angezeigt werden, zwischendurch gibt es immer wieder Schwenks über die Tribünen. Der Aufnahmeleiter wählt einzelne fotogene Zuschauer aus und projiziert sie auf die Fernsehbildschirme in den Wohnzimmern, eine junge Frau schaukelt ein süßes Kleinkind auf den Knien, ein älteres Paar schenkt sich aus einer Thermoskanne Tee ein, ein paar Jugendliche haben ihre Gesichter in den Farben der isländischen Fahne geschminkt und winken fröhlich in die Kamera.

Die Begeisterung im Stadion ist wie eine Druckwelle, die halbe Nation scheint zusammengekommen zu sein, entschlossen, alle Sorgen und Zweifel zu vergessen und zu feiern, dass der Frühling bevorsteht, wir sind noch hier, das Leben geht trotz allem seinen gewohnten Gang.

Der Kinderchor stellt sich auf der Bühne auf, kleine Mädchen in weißen Kleidern und Jungen in blauen Westen, ihre dünnen Stimmen singen vom Frost in Island, von Lämmern und Goldregenpfeifern und Schafhirten. Sie sind im Publikum kaum zu hören, aber was macht das schon, alle kennen die Lieder, und viele singen mit. Dann ist Elín an der Reihe.

Sie scheint zu schweben, als sie die Bühne betritt, zielstrebig und optimistisch und lächelnd. Liebe Isländer, frohes Fest! Vorwärts Island! Ein Hoch auf euch alle! Ein Hoch auf die Nation und unser Land - und Applaus für Sindri! Er und die anderen Jungs aus der Nationalmannschaft werden ab drei Uhr auf dem Fußballplatz sein und Autogramme geben und mit den Kindern kicken!

Sie stellt sich hinter das Rednerpult und lässt den Blick über die Menschenmenge schweifen.

Liebe Landsleute. Zunächst einmal möchte ich euch meine Dankbarkeit ausdrücken. Ich möchte euch für euren Mut, euren Fleiß und eure Selbstbeherrschung danken. Es ist jetzt einen Monat her, seit unser Kontakt zur Außenwelt abgerissen ist. Ich will heute nichts zum Stand der Dinge sagen, wir haben genug Zeit mit Sorgen verbracht. Das Einzige, woran wir heute denken sollten, ist, dass wir hier sind, in unserem schönen Land, das uns das Schicksal zugewiesen hat, und dass es uns gut geht! Viele befürchteten, es könnte Chaos ausbrechen, die Bevölkerung könnte die Geduld verlieren, wenn es keinen Kontakt mehr zum Ausland gibt. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Sie macht eine Pause, blickt über das Stadion, das Licht verleiht ihren Haaren einen goldenen Glanz, ihre Augen leuchten.

Ihr habt Besonnenheit und Vernunft bewiesen. Und vor allem Einigkeit. Die Nation hat ihre Differenzen und Interessenskonflikte ad acta gelegt und sich darauf fokussiert, durchzuhalten, den Frieden zu wahren und weiterzumachen. Ich möchte mich besonders für die Nachsicht bedanken, die ihr unserer Regierung entgegengebracht habt. Nach dem Kontaktabriss waren wir mit vielen schwierigen Entscheidungen konfrontiert, wir waren gezwungen, die Aufgaben der Minister zu übernehmen, die sich im Ausland befinden, wir mussten die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht neu strukturieren, die Führung des Landes und der Kommunen umgestalten und unsere Schwerpunkte neu setzen, und die Veränderungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie fangen gerade erst an.

Ihre feinen Gesichtszüge verdunkeln sich.

Aber ich will nicht nur Dank sagen, ich will auch offen sein. Heute ist ein Festtag, heute feiern wir gemeinsam, aber Vieles könnte auch besser laufen. Obwohl der größte Teil der Bevölkerung Schulter an Schulter steht und uns unterstützt, gibt es auch solche, die gegen uns arbeiten, gegen die Nation. Ihr wisst, wen ich meine. Diese Leute haben zu Aufständen und Protesten aufgerufen, sie haben versucht, Angst und Wut zu schüren, haben den Individualismus vor die Solidarität gestellt. Natürlich muss es in der isländischen Gesellschaft immer möglich sein, Kritik zu äußern, aber diese Kritik sollte konstruktiv sein. In dieser Zeit der Herausforderungen, in der Solidarität am allerwichtigsten ist, kann man Kritik, die spaltet und zerstört, nur als Landesverrat bezeichnen.

Das Publikum lauscht aufmerksam, dann brandet Applaus auf, der immer lauter wird, jemand ruft »vorwärts Island!« und Tausende antworten »vorwärts Island!«. Ein Lächeln zieht sich über Elíns Gesicht.

Ja, vorwärts Island! Ich weiß, dass die Bevölkerung sich nicht in die Irre führen lässt, sie lässt sich nicht auf Abwege bringen. Und nun will ich die Gelegenheit nutzen und eine Neuigkeit verkünden - und einige sehr wichtige Personen vorstellen.

Eine Gruppe von acht Leuten besteigt die Bühne und stellt sich neben dem Rednerpult ...

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Autor

Sigridur Hagalín Björnsdóttir, geboren 1974, studierte Journalismus in Salamanca, Spanien und in New York. Sie ist eine in Island sehr bekannte Journalistin und arbeitet für den Icelandic National Broadcasting Service. Blackout Island (st 4889), ihr erster Roman, stand in Island gleich nach Erscheinen 2016 auf den Bestsellerlisten.
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Björnsdóttir, Sigríður Hagalín